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Zwickau verfügt«» Auflösung d«S fast ausschließ lich aus Eocialbemokraten grbildktt» Siadtver- ordn«t«ncollegiumS zu Meerane wurde in Zwickau eine Compagnie Miltlär in Bereiischaft gehalten; scharfe Patronen wurden auSgetheilt und ein Eptrazug bis 3 Uhr Morgens bereit gehalten. Doch wurde die Ruhe nicht gestört. Vorherge- gangen war dem Schritte der KreiSdirection ein hartnäckiges und langwieriges Zerwürfniß zwischen dem Siadiralhe und den Stadtverordneten, resp. deren Vorsitzenden, Bürgermeister Peucker und Chemiker Meister. Eine die beklagenSwerthe Lage und die schweren Schädigungen, welche aus so schroffen Parteiungen VaS städtische Gemein wesen erleidet, schildernde Petition vieler Bürger von Meerane hatte das Einschreiten der Kreis- direction veranlaßt. — 8 177 der Städteordnung, auf Grund dessen die Auflösung durch die Re- gierungöbehörve erfolgte, schreibt vor: „Sollte eine Stadtverordnetenversammlung fortwährend ihre Pflichten vernachlässigen und in Unordnung und Parteiung verfallen, so soll sie nach Besin- den aufgelöst und von der vorgesetzten Regierungs behörde die Bildung einer neuen Versammlung angeordnet werden. ES können die Schuldigen in einem solchen Falle auf gewisse Zeit, oder auf immer für unfähig zu einer neuen Wahl erklärt werden. Außerdem bleibt in den dazu geeigneten Fällen die gerichtliche Rüge Vorbe halten." Die Dresdner Medicinalbehörde findet sich veranlaß«, den zum Theil übertriebenen Gerüchten über die Verbreitung der Cholera in den Ort schaften Niedergorbitz ic. in osficieller Weise ent- gegenzutreten. In Langenleuba-Oberhain bei Penig ist wie der einmal durch Spielen von Kindern mit Zünd- Hölzchen Feuer auSgebrochen, daS rin HauS ein- Lscherre, wobei eines der Kinder solche Brand- wunden erhielt, daß es denselben erlag. Tagesgeschichte. Deutsches Reich. Der Schluß der ReichSlagSsesston ist schneller erfolgt, als eS angenommen werden konnte. ES ist dieö der Energie zu danken, mit welcher der Reichstag in den letzten Tagen seine Arbeiten erledigt hat. Im Ganzen find dem Reichstage 31 Gesetzentwürfe, 3 RechnungSnachweise, eine Uedersicht über die Einnahmen und Ausgaben von 1872, 7 Verträge, Iv Denkschriften, Rechen schaftsberichte rc., rin Bericht der Reichsschulden verwaltung und 7 Anträge auf strafrechtliche Verfolgung von Zeitschriften zugrgangen. Diese Vorlagen sind bis aus einen kleinen Theil er- ledig« worden. Aus dem Schoße des Reichstages find 28 Anträge erschienen, woraus 5 Gesetzen» würfe, entstanden sind, 1 abgelchnt, 1 zurückge zogen, 17 sind erledigt, 7 unerledigt geblieben, darunter die auf ein Preßgesetz und auf Ein führung der Civilehe. Die L eingcbrachten In terpellationen sind sämmilich beantwortet worden, I7S8 Petitionen sind eingegangen und bis aus 85 in Berathung gezogen. In den 15 Wochen bet Session waren zur Erledigung dieses Ma terials 61 Plenarsitzungen und 125 CommissionS- fitzungen erforderlich. Die französische Regierung ist benachrichtig« woiden, daß die allgemeine Räumung des noch von den deuischen Truppen besetzten Gebiets am Iv. Juli beginnt. General v. Manteuffel geht am Iv. nach Verdun. Die Forlschaffung deS Kriegsmaterials auS der Festung Belfort nach Straßburg dauert fort und wird ungefähr fünf Wochen in Anspruch Nehmen. ES kommt täglich ein Sonderzug mi« «wa 3V—35 Wagen nach Straßburg, so daß »iwa UVV—12ÜV Eisenbahnwagen nöthig sein »erden, sämmilicheS Kriegsmaterial von dort fort iu schaffen. Wie die „v. L.-Z." hört, waren 106,666 Stück laborirte Hohlgeschoffe, 8ÜÜÜ Ctr. loses Pulver und etwa IVÜV Cir. Patronen für FestungSgeschütze dort ausgehäuft. Man steht, baß unser Heer gerüstet war. Gelegentlich der Vetheiligung evangelischer Soldaten an der FrohnleichnamSprozesston in Baiern, zu der alle Garnisonen vollzählig, also ohne Unterschied, ob auch Protestanten dabei, auSrücken mußten, bemerkt die „National - Zei tung", daß in Berlin besohlen worden war, zur BeisetzungSfeier für Se. königl. Hoheit den Prin zen Adalbert — welche bekanntlich auf den Frohn- leichnamStag fiel — keine katholischen Soldaten zu verwenden. Dies ist, so fügt daS Blatt hinzu, die Bedrängung der katholischen GewisstN in Preußen. Die persische Regierung hat einem unter nehmenden deutschen, jetzt in England ansässigen Industriellen, Baron v. Reuter, umfassende Con- cesfionen behufs Anlage von Eisenbahnen, Ca- nälen und sonstigen Verkehrsmitteln, Erhebung der Landessteuer, Ausbeutung der Bergwerke u. s. w. eriheilt. Dieselben sind von so um. fassender und weittragender Bedeutung, wie sie noch niemals von irgend einem Staa«e gegeben worden find. Durch dieses Abkommen, wenn eS zur Ausführung gelangt, würbe das persische Reich der europäischen Industrie und Specula- lion in ausgedehntem Maaße erschlossen werden. In solchem Falle würde der zwischen Persien und dem deutschen Reiche geschloffene Vertrag der deutschen Industrie- und HandelSwelt, inso weit sie sich bei der Ausführung jener Absichten beiheiligen will, wesentlich zu Statten kommen. Der Schah von Persien hat auch einer An zahl deulscher Künstler und Schriftsteller den Sonnenorden verliehen, u. A. Hin. v. Pullitz, Friedrich Bodenstedt, Emanuel Geibel, Adolf Stahr, Louise Mühlbach, Fanny Lewald, Marie v. Goyette-GeorgenS und Karl Eckert. Friedrich Hecker liegt in Mannheim an der Gesichtsrose darnieder. Oesterreich. Kaiserin Augusta ist als Stellvertreterin ihres k. Gemahls in Wien eingetroffen und wohnt im Schloß Schönbrunn. Kaiser Franz Joseph war ihr bis St. Pölten entgegengefahren und gelei tete sie nach Wien, wo sie von der Kaiserin Elisabeth auf dem Bahnhofe herzlichst empfangen wurde. — Wie groß, wie stattlich bist Du ge- worden! sagte sie zum Kronprinzen Rudolph. Dem Erzherzog Albrecht, dem man nicht gerade viel Preußenfreunbschaft nachsagt, drückte sie mit den Worten die Hand: Mein lieber alter Freund, seien Sie mir herzlichst gegrüßt! — Dem Statt halter sagte sie: Ich bin entzückt von Oesterreich. WaS ist dies doch für ein wunderschönes Land und wie sehr freue ich mich, eS im Augenblick seines höchsten Aufschwunges besuchen zu können ! — Die Kaiserin gilt als eine sehr glückliche Stellvertreterin Kaiser Wilhelms. Frankreich. DaS Leichenbegängniß deS in Versailles ver- storbenen radikalen Abgeordneten Brouffet, welcher nach seiner ausdrücklichen Anordnung ohne Assi stenz der Geistlichkeit beerdigt werden wollte, hat bei ver liberalen Partei gegen daS Ministerium und gegen den Präsidenten selbst große Aufre gung hervorgerufen. Der Kriegsminister beorderte rwar nach langem Bedenken eine Abtheilung Kürassiere, als gesetzliche EhreneScorte bei dem Begräbnisse eines Abgeordneten, der am Sitze der Nationalversammlung verschieben ist, nach >em Trauerhause, jedoch mi« dem Befehl, an dem §onduct nur dann Theil zu nehmen, wenn ein Geistlicher denselben begleite. AIS dies nicht geschah, kehrte die EScorte um, und ihrem Bri- ipiele folgten auch die anwesenden Abgeordneten der Rechten. Diesen Vorfall und die Verordnung beS Präfecten DucroS in Lyon, daß nichtkirch ¬ liche Begräbnisse nur in früher'MorgenSstunde und nur auf dem kürzesten Wege stattfinben sol len, faßt man als einen Beweis auf, daß die Regierung mit den Jesuiten gehe, welche fich erst Frankreichs bemächtigen wollten, «Hk sie ihre Angriffe gegen Italien richteten. Ein italienisches Blatt bringt die Nachricht, daß ein Brief Mac Mahon'S an den Papst dessen Segen für Frankreich erfleht und die unwandel bare Ergebenheit deS Lande» für den heiligen Stuhl versichert habe; darauf sei sofort der apo stolische Segen Mac Mahon und allen Ministern pr. Telegraph ertheilt worden. Die parlamentarische Revolution vom 24. Mal hat Emil Ollivier, dem Manne mit dem leichten Herzen, wieder frischen Muth gegeben; er hält sich jetzt wieder für möglich, und hat an die französische Akademie geschrieben, man möge endlich den Tag für seine Aufnahme festsetzen. Die Regierung will dem Schah einen groß- artigen Empfang bereiten. Die Feste werden aber wahrscheinlich alle in Versailles Statt fin den, da man Paris dafür bestrafen will, daß sein radikaler Gemeinderath fich geweigert hat, die Summe von I37.VVV FrcS. dem Präfecten zur Verfügung zu stellen, damit derselbe dem Schah ein Fest geben könne. Italien. Die „Jtal. Nachr." melden über ein gutes Stück Arbeit, daS der Papst vor hat. . „Man freut sich in clericalen Kreisen schon auf die großen ErcommunicationSfeierlichkeiten, welche am Sanct Peter- und PaulStage (29) oder bei der sonst nächstbesten Gelegenheit Statt finden werden. Der Papst will bekanntlich den König, feine Minister, alle Senatoren und Depuiirten, welche für die Aushebung der religiösen Corpo- rationen in der Stabt und Provinz Rom ge stimmt haben, feierlich ercommuniciren. Die PeterSkirche wird an jenem Tage schwarz ver hängt und auf allen Altären brennen wie in der Charwoche gelbe statt weiße Kerzen. So erzählt man sich wenigstens in den eingeweihlen Kreisen, denen wir übrigens die Verantwortlich, keit für dieses von ihnen verbreitete Gerücht überlassen. England. England bemüht sich mit Aufmerksamkeiten gegen den Schah von Persien und sucht in der Aufnahme Rußland zu verdunkeln, alles der Wichtigkeit deS freundschaftlichen Verhältnisses mit dem Schah für seine astatische» Besitzungen wegen, was ja bei Rußland ebenfalls mit inS Spiel kommt. ES ist ein Schachspiel zwischen Engländern und Russen um den Schah. Die Russen haben dem Schah in Petersburg ihre Soldaten, Reiter und Kanonen vorgesührt, um Eindruck auf ihn zu machen, die Engländer rei ten ihm ihre Fregatten und Panzerschiffe vor. Asien. AuS Sumatra eingeiroffene Nachrichten bestä tigen, daß die Holländer den Atchinesen als» Basis eines friedlichen Ausgleichs den Vorschlag gemacht haben, daß die Holländer den durch die Ein äscherung einer Moschee enistanbenen Scha den, sowie die Kriegskosten der Atchinesen er setzen, diese aber als Gegenleistung den Hollän dern gewisse Privilegien zugestehen. Der Sul tan von Atchin soll vollständig unabhängig bleibe» und ebenso verpflichteten sich die Holländer, sich jeder Einmischung in die religiösen muhame- vanischen Angelegenheiten von Atchin zu enthalten. Anonymus vom Sonnabend: Den Vogel erkennt man an den Federn! Da« Geschreibsel ist so ungeschickt» daß man sofort ersieht, aus welchem Lager es kommt. Geht dem Verfasser so viel SchicklichkeitSgesühl ab, daß er nicht mit Dank anerkennt, wenn in einem öffentlichen Blatte Anstößigkeiten wegbleiben, so greis' er nur ruhig zu den gegnerischen Organen, die gewiß seinem Geschmacke und Befallen an Unsauberkeiten mehr Rechnung tragen. D. Red.