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360 Tagesgeschichte. Deutsches Reich. Berlin, 25. Juni. Nachdem Präsident Sim fon in der heutigen Sitzung des Reichstages «ine Urbeisichl der ReichSlagSarbetten gegeben und der Alterspräsident von Frankenberg Sim son für die Lctlung der Geschäfte gedankt, schloß Fürst BiSmarck den-Reichstag mit folgender Er Äärung: „Der Kaiser bedauert lebhaft, durch rin mit GolteS Hilse in sicherer Besserung b«finb- licheS Unwohlsein verhindert zu sein, die Herren vor ihrer Trennung zu sehen und den Schluß der Sitzungen persönlich zu bewirken. Se. Ma jestät hat mich beauftragt, Ihnen zu erklären, wie gern der Kaiser selbst dem Danke der ver. kündeten Regierungen Ausdruck gegeben haben würde, daß sie sich auch in dieser Seision und zum Theil unter schwierigen Umständen d«r wei teren Ausbildung unserer verfassungsmäßigen Institutionen und der Lösung der Ausgaben, Welche unS der Krieg hinterlassen hat, mit hin- gebender Anstrengung gewidmet haben. Indem ich wich daraus beschränke, diesen Allerhöchsten Auf rag hiermit zu vollziehen, erkläre ich au> B'frhl Er. Majestät des Kaisers und im Na men der velbündrten Regierungen den Reichs- Schweiz. DaS offiziöse Organ des BundeSraiheS „Der Bund" hat, wie wir bereits milgeiheilt, den russischen UkaS über die russischen Studentinnen.- auf der Universität Zürich Satz für Satz wider- egt. Der Artikel schließt, wie folgt: „Dee UkaS ist, wie er vorliegt und verstanden werben muß, ein Act der Despotie und der gröbsten Rücksichtslosigkeit gegen die gutbeleumundeten Anstalten unserer freien Schweiz, «in schamloses Machwerk der Verleumdung nicht allein «egen» über einer achmngSwerchen Gesellschaft junger Zeute, sondern auch gegenüber unseren schwei zerischen Lehranstalten und ihren Lehrern, und ein Fauftschlag inS Gesicht der Autorität der Wissenschaft und der Freiheit der individuellen Ausbildung." Diese Spracht läßt an aUschwei- zerischer Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Die Kaiserin Eugenie soll Vie Reise nach Are- nenberg mit ihrem Sohne nicht bloS VeS Ver gnügens halber, sondern auch in der Absicht unternommen haben, dem jungen Prinzen seine erste militätische Ausbildung im schweizerischen )eere zu Theil werden zu lassen. Wenn die ibgenössuchen Behörden auch wohl wünschen mögen, mit dieser unbequemen Ehre verschont zu werben, können st« nach den bisher bestrhenben Grundsätzen doch kaum Widersprach dagegen er- lieben, da ähnliche Fälle schon früh« bagrwesen ind, wie ja auch Napoleon II>. seine uulnärt- che Karriere im Dienste der freien Schweiz er öffnete. ! tag für geschloffen." Da» Hau» stimmte stür misch in das vom Präsident Simson ausgebrachte Hoch auf den Kaiser ein. Der „ReichSanzeigrr" veröffentlicht die Ant wort de» Kaisers auf die regierungstreue G« stnnungen bekundende Adresse schlesischer Katho liken. Di« an den Herzog von Ratibor abressirte Antwort betont den wohlthuenden Eindruck, ven Vie Adresse gemacht und hebt hervor, daß der König, je dringender ihm die Sicherung des inneren Frt«den» am Herzen liege, umso höher Vie Wünsche und Stimmen seiner katholischen Unterihanen veranschlage, welche unbeirrt von Anfechtungen an dem Streben nach einer fried- fertigen Verständigung auf dem Voven des Gesetzes frflhalten. Sein Herzenswunsch werde dadurch erfüllt, daß daS so lange bestandene glückliche Verhältniß zwischen seinen Unterihanen verschiedener Confeifion neu befestigt werd«; «S werbe dadurch zugleich daS Vertrauen gestärkt, welches der König in die Anhänglichkeit seiner katholischen Unterihanen an daS Königshaus zu setzen nie aufgehör» habe. In Angelegenheit einer künftigen Papstwahl lesen wir in den „Grenzboten": „DaS deutsche Reich wird also (nach den Worten Fürst Bis marcks im Reichstage) einem Papst, der nach Ansicht der deutschen Regierung nicht im geord neten Wege der Papftwahl zu der drrisachen Krone gelangte, die bisherigen Rechte VeS Pap. steS in Deutschland nicht etnräumen. Deutsch- land wird die so writgreisenben Rechte des Pap stes über seine katholischen Bürger nicht den Zu «ällen einer feindlichen Jntrigue auSliesern. Wenn der Kanzler so spricht, so weiß man bei «hm, daß er bereits die Mittel in der sichern Hand hält, die seinen Worten die Wirklichkeit geben. Als im Anfänge VeS JahreS 1879 der damalige Ministerpräsident in Baiern, Fürst Hohenlohe, den Versuch machte, die deutschen Regierungen zu einem Präventivschritt zu ver- einigen gegen die auf dem Concil in Rom sich vorbereitende UnfehlbarkeitSerklärung, da lehnte der damalig« uordbtutsche Kanzler die Mitwir kung ab. Der Schritt unterblieb und Vie Un fehlbarkeit drS Papstes wurde vom Eoncil zum Dogma erhoben. Aber die Folgen dieses Dog- maS nimmt daS deutsche Reich nicht gehorsam hin. ES hat begonnen, sich dagegen gewaltig zur Wehr zu setzen. Bei der Papstwahl würde eS sich wiederum um einen Präoentivschritt Han. dein. Durch die Erklärung vom 9. Juni Hai der deutsche Kanzler einen solchen Schritt feier lich abgelchnt. Nicht minder feierlich aber har er die Möglichkeit abgelehnt, daß Deutschland sich den Folgen jeder Wahltntrigue unterwerfen könne. DaS Rom der Carbmäle hat erfahren, baß eine Verletzung der Regeln der Papstwahl daS deutsche Reich zur Gegenwehr rufen wird, wweit eS sich um Vie Folgen einer unregelmä ßigen Papftwahl für Deutschland handelt." Die brutschen Bischöfe haben nachdem „Franks. Zourn." aus Rom bi« Weisung erhalten, aus ihren geheiligten Rechten zu bestehen und so ben Eonstict mit der Regierung auf die Spitze zu retben. Der Bischof Heykamp von Deventer hat die Deputation der deutschen «likatholiken freundliche empfangen und die Einweihung VeS MisfionS- bischosS Itr. ReinkenS bereitwillig zugesagt. Die Erklärung Berliner Redakteure gegen den Preßgrsktz-Eniwurf ist jetzt von fast allen Deutschen Zeitungen, abgesehen natüiltch von Ven osfitiellen unv osficiösen Blättern, unterzeichnet worden; von großen Blättern haben sich eigentlich nm die „Kreuz-Zeitung" und die „Kölnische Zeitung" ausgeschlossen. Der König von Baiern hat an den General v. d. Tann aus Veranlassung seines GeburtS- lageS ein in den schmeichelhaftsten AuSb-ücken abgefaßieS Handschreiben gerichtet. DaS Ge rüch», v. d. Tann habe aus Anlaß der brkann- »en CabinetSordrt de» König» übe« dir Bechei- liguna de» Militär» an der FrohnleichnamS- prozesffon seine Entlassung eing«r«icht, wird als falsch bezeichnet. Im Reichslande Elsaß - Lothringen haben am Sonntag die Wahlen zu den Bezirkstagen statt- gesunden, die ersten Wahlen unter Vieser Be völkerung seit der Anerion. Dieselben find in ver Stadt Straßburg, wie vorauSzusehen war, zu Gunsten der anttd,urschen Partei ausgefallen, welche ihre vier Eanditaien Lauth, Weyer, Goquel und Hueber sämmilich durchsetzte. Die der Ver söhnung geneigte elsässische Mittelpartei hat in- veß überall nicht unbeträchtliche Minoritäten erzielt. Ein solches Resultat läßt für die Zu kunft die Hoffnung auf ernstliche Erfolge übrig. Die Agitationen der französischen Partei wuiden verstänbiger Weise nirgends durch die Behörden inhibirt und Vie Sprache der französischen Wahl- Programme strafte die Deklamationen VeS ReichS- tagSabgrordnrte.t Schulz über VaS „Zelotenthnm" der Elsaß-Lothringer zum Uederfluß noch ein mal Lügen. Seit einigen Tagen trifft daS FestungSmaterial aus Belfort in Straßburg rin, wo «S auSge- laden wird. Damit ist dort der erste Anfang zur Räumung gemacht. AuS Mühlhausen i. E. schreibt man der Schweizer Grenzpost: „Ein recht übersichtliche» Bild nnserS EulturlebenS empfangen wir durch einen die letzte Woche überschauenden Blick auf ben Kreis Mühlhausen. Zn Vieser Zeit wurden hier br«i lanbwirthschaftliche Vereine gegründet und zwei Klöster geschloffen. Außerdem geneh migten in derselben Woche BundeSrath und Reichstag den Bau einer den Kreis burchschnei denden und von der Bevölkerung lebhaft ge wünschten Eisenbahn. Glück zu!" AuS Danzig wird gemeldet: Von den polni- chen Flößern auf der Weichsel sind bisher, der „Danziger Zeitung" zufolge, 42 an der Cholera erkrankt, 25 gestorben und 4 genese». Wegen der Zunahme der Erkrankungen unter den Floß- bewohnern ist ein drittes Lazareth i:i dem eine Meile oberhalb DanzigS an der Weichsel bele genen Fort Neukähr errichtet worben, welcher Ort von den den Hafen besuchenden Schiffen nicht berührt wird. In der Stabt und im Ha- en Neufahrwaffer ist noch kein Cholerafall vor-- gekommen. Untermarrqrün schlug d«r Blitz am 18. Jun drei Mal hintereinander in die Teiegraphrnstangen und zerstörte die Leitung auf einer Strecke bi 14 Stangen, so daß e» erst dis den 19. frü möglich war, die Verbindung wieder herzukellen. Bor einigen Tagen ist in der zum Rittergut» Lockwitz bei Dresden gehörigen Kiesgrube in ei- «er Tiefe von ungefähr 6 Meiern ein Backzahn «lneS Mammuth gefunden und von Baron v Kapherr der naturhistoriichen Sammlung des Bitzthum'fchen Gymnasiums zu Dresden über- lassen worden. AuS Crimmitschau, 19. Juni, schreibt man dem „Eh. T.": „Gestern wurde ein Mann in einer hiesigen Spinnerei beim Putzen der Welle Von dem dazu gebrauchten Seil« um Hals und Besicht herum gefaßt und in die Höhe gezogen. Der Geistesgegenwart zweier daselbst arbeitenden Frauen ist e» zu banken, daß der Tod in diesem lrittschen Augenblicke, wo er nicht lange auf sich warten läßt, abgehalten wurde. Die eine Frau warf den Riemen herab, damit das Werk zum . Stehen kam, die andere hielt den in der Schwebe hängenden Mann so lange in die Höhe, btS Hülfe herbeikam. Der Patient hat eine Wunde H» HinterkopfeS und Quetschungen des Gesich- le» und Halles bavongetragen. Der Zustand Iß nicht lebensgefährlich. Am 11. d. M. spielten in Gastewitz mehrere Kinder „Schule", dab«i schlug der ben „Schul- meister" vorftellende Knabe einen andern von «Iwa 8 Jahren wegen eines angeblichen Ver gehens mit einem eisernen Labeftock zweimal über den Kopf, und dieser Knabe ist infolge jener Schläge trotz ärztlicher Hilfe vorgestern gestorben. ES wirb vor falschen Zwanzigmarkstücken bai rischen GevrägeS mit ber Jahreszahl 1872, so- wie preußischen einfachen FriebrichSV'or mit dem Bildnisse Friedrich Wilhelms lV., Jahreszahl 1846 gewarnt. Dieselben find in Formen, welche nach ächten Stücken verfertigt sind, auS Zinn grgoffen und galvanisch vergoldet. An den burch- schrinend weißen Stellen ber schwachen Vergol- bang, dem matten Aussehen beS GeprägeS, ber Mangelhaften Randverzierung, dem geringen Ge- Wichte und der Biegsamkeit sind sie leicht als falsch zu erkennen. ES find in den letzten Tagen in Berlin Fal- stffcate ber >v-Thaler - Nolen ber Weimar'schen Bank vorgekommen, weShalb in Vem Verkehr mit diesen Roten besondere Ausmerksamkeit ge- boten erschein«. Di« Falsifikate find an ihrer Hellen Farbe und dem Hellen Wasserzeichen kennt- Uch.