Volltext Seite (XML)
gierung wird das allerdings nie eingesttheu. i— Lon anderer Seite wird dazu gemeldet: Die Ursachen der Eisenbahnkataftroph« bei Borkt werden immer rätselhafter. Die Regierung erklärt« jetzt, der Zug sei sehr langsam gefahren, während es erst hieß, zu schnelles Fahren an der Kurve habe die Entgleisung herbeigeführt. Außerdem ist nicht die Lokomotive entgleist, sondern der im Zuge befindliche Wageu de- Berkehr-minist-rS. Darnach wird es immer wahrscheinlicher, daß hier doch etwas mehr, als bloßer Zufall obgewaltet hat. Bon dem Wagen, in welchem sich da- «aiserpaar befand, wurde der Boden herausgerissen, die Insassen stürzten auf den Bahndamm und wurden mit dem Waggondach bedeckt. Auch die- Herau-reißen des Bodens ist mehr als merkwürdig, man denkt doch dabei ganz von selbst an eine Explosion. Die kleine Großfürstin Olga flog aus dem Wagen den Bahndamm hinab, blieb aber unverletzt. Großfürst Michael lag einige Minuten unter den Trümmern, blieb aber auch unverletzt. Zwei Schritte vom Kaiser wurde ein Bedienter getötet, welcher ihm Kaffee reichte, uiw «in Hund. Auch dieser Umstand deutet auf Explosion von Sprengstoffen hin. — Der Zar hat die ihm von den Monarchen übersandten Glückwunschtelegramme zu seiner Errettung dankend beantwortet und ist in Gatschina eingetroffen. Serbien. — Der von dem angesehensten Teil der Belgrader Bevölkerung zu Ehren de- Königs am Mittwoch abend veranstaltete Fackelzug hatte einen glänzenden Lerlauf. Eine unabsehbare Menschenmenge folgte demselben. Der König erschien mit dem Kronprinzen auf dem Balkon des Palais und wurde von der Volksmenge mit begeisterten, unaufhörlichen Zurufen stürmisch begrüßt. Der Groß händler Pavlovic begrüßte namens der Belgrader Bür ger den König, indem er demselben für den die wärmste Fürsorge bekundenden Schritt der VerfassungSrevision dankte und versicherte, daß alle Parteien in der schwieri gen Arbeit dieser Revision den König mit Begeisterung unterstützen würden. Letzterer dankte herzlichst, hob die Notwendigkeit der Einigkeit aller Parteien hervor und versicherte, daß eS sein sehnlichster Wunsch sei, das serbi sche Volk glücklich zu mnchen. Zu diesem Zwecke wolle er alle seine Kräfte aufbieten, wie ein Mensch, der, selbst im Leben unglücklich, andere zu beglücken suche. Er hege den innigsten Wunsch, dem Laterlande nützlich zu sein und das Glück, die Wohlfahrt und die Größe Serbiens zu fördern. Vermischtes. * Bei Bochum ist am 27. Oktober abends das Pul- verhauS der Zeche „Prinz-Regent" m die Luft geflogen. Die Unglücksstätte, z Stunden von Bochum entfernt, bietet ein grauenvolles Bild der Verwüstung. Uebcr «in Dutzend Häuser wurden ihrer Dächer beraubt oder wurden doch sonst so arg zerstört, daß der Aufenthalt darin zur Zeit unmöglich ist. Keine Fensterscheibe blieb ganz; starke Bäume liegen entwurzelt und wie Rohr geknickt am Boden. Ueber die Entstehung der Explosion ist bis j-tzt soviel bekannt, daß die das Pulvermagazin umgebende Umzäunung von teergetränkten Eisenbahn schwellen bereits seit 4 Uhr nachmittags gebrannt habe, daß aber zum Löschen wegen der großen Gefährlichkeit niemand habe gewonnen werden können. Um H6 Uhr trat dann die Katastrophe ein, der leider auch ein Men schenleben zum Opfer fiel. Vier Personen wurden mehr oder minder schwer verwundet, darunter der anwesende Gendarm. Man vermutet allgemein, daß das Ereignis auf einen Akt der Rache eines Arbeiters zurückzuführen ist. * Man schreibt aus Leer, 30. Oktober; Gestern abend ereignete sich auf dem hiesigen Bahnhof ein be dauernswerter Unfall. Der nach Ncuschanz fahrende Zug der Oldenburger Staatsbahn hatte sich bereits in Bewegung gesetzt, als ein Geschäftsreisender der Genever- brennerei S. F. Koolmann u. ko. in Weener sich noch auf das Trittbrett schwingen wollte, um noch mitzukom men. Den Warnungsruf des Schaffners überhörend, kam der Reisende zu Kall, geriet mit den Beinen zwi schen das Trittbrett des Waggons und den Perron und erlitt schwere Beinbrüche. Nachdem ein Bahnassistent Len ersten Verband angelegt hatte, wurde der Unglückliche, der bei Besinnung war, aber keine Schmerzen verspürte, nach dem evangelischen Krankenhause geschafft. 2 Stun den nach dem Unfall soll der Tod bereit- eingetreten sein. * Ueber eine fürchterliche Metzelei in Afrika wird über Liverpool berichtet. Der Schauplatz des Massacre ist Okrika, eine etwa 50 Meilen den Fluß Bonney hinauf gelegene Insel, welche seit Mai zum britischen Schutz gebiete gehört. Im September suchte ein Teil des Stammes Ogoni, einst ein mächtiges, jetzt aber durch innere Fehden in Parteien zersplittertes Volk, die Ver mittlung des Königs und der Häuptlinge von Okrika in «mein Streite zwischen ihm selber und einer anderen Partei nach. Die Ursache deS Streites waren die Oel- Märkts, welche offen zu hallen im Interesse der Okrikans als Zwischenhändler liegt. Die OkrtkanS ergriffen Partei sür die Kläger und erklärten den Gegnern derselben, daß sie im Falle von Feindseligkeiten mit eingreifen würden. Dies« Warnung blieb wirkungslos und die feindseligen OgoniS griffen die Freunde der Okrikans aus deren Rückkehr von den Märkten an; sie töteten «inen Häuptling, machten zahlreiche Gefangene und er beuteten viel Eigentum. Als die"Okrikans von diesem Ueberfall Kenntnis erhielten, machten sie mit ihren Freunden einen teuflischen Racheplan, den sie ohne Verzug zur Ausführung brachten. Unter dem Vor wande einer freundlichen Einladung zu einer Be sprechung zur Beilegung der Streitigkeiten zwischen den zwei Parteien wurden die OgoniS, begleitet von achtzig Häuptlingen, in eine Falle gelockt, gefangen genommen und nach Okrika geschleppt, wo sie barbarisch hingeschlach tet und gegessen wurden. Die Opfer umfaßten Frauen und Kinder und der Blutdurst der Okrikans erreichte einen solchen Grad, daß sie ihre Kinder nötigten, das Blut der Opfer zu trinken. Die Zustände in der Stadt während der Tragödie spotteten jeder Schilderung. Ueber« reste menschlicher Wesen lagen in allen Richtungen zer streut umher, während verstümmelte Leichen den Fluß Bonney hinunterschwammen. Nach der Gefangennahme der zur Besprechung eingeladenen OgoniS wurden ihre wehrlosen Dörfer überfallen und die Folge waren weitere Gräuellhaten. Der englische Konsul setzte die Bestattung der Hingemordeten durch und legte den Okrikans eine Buße von hundert Oxhoft Palmöl auf. * Der vcn Kadix in Bremen angekommene deutsche Dampfer „Merkur" passierte am 19. Oktober bei schwerem Weststurm auf der Höhe deS Miaho-FlusseS ein ge kentertes portugiesisches Fischerboot, an welchem sich ein Mann festklammerte. Mit vieler Mühe gelang es, den erschöpften Mann an Bord de- Dampfers zu holen. Der Gerettete erzählte, daß da- Fifcherfahrzeug nach Vianne gehörte und mit 25 Mann besetzt gewesen war. Fünfzehn Fischerleule waren bei dem Kentern deS Bootes ertrunken und die letzten neun Mann waren eine Stunde vor Ankunft des Dampfers „Merkur" von dem Boote fortgespült worden. Ter „Merkur" landete den Ge retteten, welcher ungefähr 24 Stunden auf dem kiel de» gescheiterten Schiffes zugcbracht hatte, in Vigo, woselbst sich der portugiesische Konsul seiner annahm. * Was der Kaiserbesuch der italienischen Regierung sür Kosten verursacht hat, verrät jetzt die florentinische „Nazione". Darnach wmden dafür rund 3 Millionen Lire (ü 80 Pf.) vom Staatsschatz ausgegeben, ungerechnet die 950000 Lire, welche König Humbert aus seiner Privatschatulle beigetragen hat. Dasselbe Blatt will wissen, daß Kaiser Wilhelm aus Anlaß deS Besuches in Italien allein 550000 Lire verausgabt hat. Die „Na zione" fügt noch hinzu, daß das Munizipium von Ca- stellamare 250000, das von Neapel 200000 und das von Rom 680000 Lire für die glänzende Begrüßung des deutschen Kaisers aufgewandt habe. * Eine Billardpartie um ein Menschenleben. Der in diesen Tagen erfolgte Tod des bekannten Pariser Journalisten Balathier giebt dem „Figaro < die Veran lassung zu folgender Erinnerung. Unter der Herrschaft der Kommune gehörte Balathier als damaliger Direktor der „Petite Presse" zu den zahlreichen Verhafteten, denen kurzerhand der Prozeß gemacht werden sollte. Sein Freund Cochinat verwandte sich vergebens bei dem Kommunarden Dakosta, dem bekannten Sprachkenner und Abenteurer, um seine Freilassung. Schließlich, als alle UeberredungSkünste erschöpft waren, bot er demselben eine Partie B.Uard um den Kopf des Gefangenen an. Dakosta, ein leidenschaftlicher Spieler, ging darauf ein, verlor dre Partie, und Balathier war gerettet. * Wissenschaftliche Erklärung der Hypnose! In einem unlängst in Brünn gehaltenen Vortrage hat ein österreichischer Arzt, l)r. Weiß, eine Anschauung über das Wesen der Hypnose bekannt gemacht, die vielleicht die befriedigendste unter allen bisher ausgestellten Theo rien sein dürfte. Hosrat Maynerl 1n Wien hat schon vor längerer Zeit experimentell nachgewtesen, daß die erhöhte Erregung der Hirnrinde eine abgeschwächte Er regbarkeit der subkortikalen Zentren, das heißt herunter der Rinde gelegenen Hirnsubstanz zur Folge hat und umgekehrt. Im Schlaf z. B. ist die Erregbarkeit der Hirnrinde herabgesetzt und daher entstehen durch den erhöhten Erregungszustand der subkortikalen Hirnteile die Halluzinationen des Traumes. Ebenso tritt bei der Hysterie auf geringen Reiz hin eine Abschwächung der Leistungen der Hirnrinde und infolgedessen eine gesteigerte Erregbarkeit der subkortikalen Zentren ein, ein Zustand, den Maynert als „reizbare Schwäche" be zeichnet. Auf diese geistreiche Theorie MaynertS gestützt, faßt vr. Weiß die Hypnose als einen abnormen funk tionellen psichischen Zustand auf, der bei Individuen mit reizbarer Schwäche hervorgerufen werden kann. Infolge dieses Zustandes ist der Entfaltung halluzina torischer Erregungszustände freier Spielraum gestattet. Die Hypnose steht in Parallele mit dem Schlafe, die Suggestionen mit den Träumen. Wie im Schlafe Er innerungsbilder aus dem wachen Zustande den Hallu zinationen des Traumes zu Grunde liegen, so ist es in der Hypnose. Wenn man einem Hypnotisierten sug geriert, er wäre ein Kind und er sich dementsprechend benimmt, so sind es Halluzinationen — Erinnerungs- ' M l bllder aus der Kindheit — wrlchr da» ganze Bemymtn beeinflussen. Infolge der mangelhaften Kontrolle der geistigen Thättgkett von feiten der geschwächten Hirn rinde, die bekanntlich das Bewußtsein kontrolliert, ver bleibt der Hypnotisierte in der Täuschung wie der Träumende, der seinen längst verstorbenen Freund vor sich sieht und mit ihm spricht, weil die Kontrolle der Hirnrinde, in der die Erinnerung von dem Tode seine» Freundes deponiert ist, fehlt. * Ein moderner Robinson Cruso«. Aus London . wurde kürzlich der „Frankfurter Zeitmig" geschrieben: Tin alter Herr, namens Murtagh, der in Brooklyn wohnt, erhielt Mitte September d. I. von einer der unbewohnten Inseln der Südsee, namen» Oji, eine» Brief, der von seinem Freund, Kapitän Green, geschrieben war. Dieser war seit 1858 verschollen und man glaubte, er sei mit seinem Schiffe „Konfederatton" damals unter* gegangen. Der Brief ist auf einem beschmutzten Blatt eines Logbuches geschrieben, Juli 1887 datiert und wurde von einem Walfischboot, das bei der Insel um jene Zeit , vorbeifuhr, gebracht. Der Schreiber deS Briefes sagt, daß wohl die ganze Mannschaft de» Schiffes „Kon* federation" längst als verloren betrachtet worden sei. Das Schiff sei in einem Sturm untergegangen, nach einer ncunwöchcntlichev Reise; die Mannschaft und zwei Frauen samt dem Kapitän hatten sich in die Boote ge rettet und rach 40tägiger Fahrt die Korallenriff« der Insel Oji erreicht. Keine Wohnung wurde erblickt, doch war Wasser, Wildpret, Fische, Obst u. s. w. in Ueber» fluß vorhanden. Bis zum Dezember 1862 kam kei« Schiff in Sicht; da erschien eines; acht Männer be mannten ein Boot, um e- zu erreichen. Das Wetter war sehr stürmisch, und da sie nie zur Insel zurück« kehrten, glaubt Kapitän Green, daß sie verloren sind. Die zwei Krauen heirateten zwei Matrosen, und obschon . seither mehrere Todesfälle stattfanden, ist die Bevölkerung ' auf 12 Personen angewachsen und ganz glücklich und zufrieden. Nur haben die Leutchen Mangel an Kleidern. Während 30 Jahren haben sie nur mit drei Schiffen Verkehr ge habt, und der Brief, den Murtagh erhielt, wurde vor vier Jahren geschrieben und lag seither zum Absender« bereit. Green ist 68 Jahre alt und in guter Gesundheit. * Unter der Ueberschrift: „Ueber die Einführung de- Känguruh in Deutschland" veröffentlicht Philipp Freiherr von Böselager im „Waidmann" «inen Artikel, der auch in weiteren Kreisen Interesse erregen wird. Im Sommer de- vorigen Jahres erwarb Freiherr von Böselager 5 Stück Känguruhs, 2 Männchen und A Weibchen, welche er in seinem Jagdbezirk au-setzte. Die Tiere hielten sich vorzüglich und fanden auch an der Nahrung ihre» neuen Aufenthalte- Geschmack; besonder» wurden neben Gras und Blättern die jungen Triebe von Salweiden bevorzugt. 3 der Känguruhs, welche offenbar schon längere Zeit in der Gefangenschaft gelebt hatten, waren sehr zahm, die beiden anderen dagegen zeigten sich außerordentlich scheu und vorsichtig, scheuer noch, als eS durchweg das N.hwild ist. Mehrfach zeigte» sich Känguruhs zusammen mit Rehen auf einer Wald- wiese oder einem Schlag, beim Heranpirschen wurden dann stets die Känguruhs weit eher flüchtig, als die Rehe. Ende November wurde ein Weibchen verendet vorgefunden, wahrscheinlich von unbekannter Hand er schlagen. In den letzten Tagen des Dezember kamen 2 herrenlos jagende Hunde in das Revier und hetzten die Känguruhs. Die beiden Männchen wurden in «ine ent fernte fremde Jagd getrieben, das eine Weibchen flüch tete ins Dorf, wurde dort gefangen und vorläufig in einen Stall gebracht; das andere noch lebende Weibchen blieb dagegen im Revier und kam regelmäßig an den mit Rüben beschickten Kutterplatz. Dies Tier hielt den ganzen Winter hindurch selbst bei —18° L. im Freien gut aus, und auch das eine entflohene Männchen wurde noch im folgenden Frühjahr gesehen, sodaß dasselbe also den ganzen Winter ohne künstliche Fütterung überstanden hat. Es dürfte damit der Beweis geliefert sein, daß das Känguruh unser Klima in Deutschland verträgt. * Man hat von Tournüren gehört, die aus Roß haaren, Musselin, Zeitungspapier, Kiffen, Vogelkäfigen, Polstern u. s. w. hergestellt werden, man hat ferner häufig gelesen, daß die Damen ihre Tournüren zum Schmuggeln benutzt haben und daß aus denselben bei der Zoll-Visitation Weckuhren, Zigarren, Edelsteine und sogar Schnaps zum Vorschein gekommen sind, indessen daß eine Tournüre explodieren kann, dürfte doch noch nicht vorgekommen sein. Als kürzlich eine angesehene junge Dame, zu deren eleganter Toilette auch eine Tournüre von seltener Größe gehörte, eine öffentliche Vorlesung besuchte und sich auf den für sie reservierte» Sitz niederlaffen wollte, glitt sie aus und fiel auf de» Rücken. In demselben Augenblicke wurde von den i» der Nähe der gefallenen Dame befindlichen Personen da» Geräusch einer leichten Explosion wahrgenommen. Al» sich die Dame wieder erhob, bemerkte man, daß ihr Umfang außerordentlich zusammengeschrumpft war. Ihre aus Gummi hergestellte, durch Einblasen von Luft auf» gebauschte Tournüre war nämlich beim Hinfallen geplatzt. Die grenzenlose Verlegenheit der Dame und die Heiter keit der Beobachter kann man sich lebhaft vorstellen.