Volltext Seite (XML)
' „Karlsr. Ztg." fteut sich der Prinz der ihm gestellten I neuen Aufgabe und wendet derselben seine «olle Hinge bung zu. — Reuß j. L. Die laufende Woche ist eine Fest woche für das Ländchen: am Dienstag, den 6. d., feier ten der regierende Fürst Heinrich XIV. und seine Ge mahlin Agnes, geborene Herzogin zu Württemberg, das Fest ihrer silbernen Hochzeit, an welchem die Bevölkerung des Fürstentums den herzlichsten Anteil nahm, denn sie ist dem Fürstenpaar, das seit nahezu 16 Jahren regiert, in innigster Liebe verbunden. Zu dem festlichen Tage wa ren zahlreiche Deputationen aus dem Lande gekommen. Montag vormittag begann der Empfang derselben, na mentlich des Landtags, der Zivilstaatsdiener und Hof beamten, der Städte und Landgemeinden, der Lehranstal ten rc. und am Dienstag wurden nach der kirchlichen Feier die Deputation der Landesgeistlichen, die Abge sandten fremder Höfe, das Staatsministerium und die Deputationen des Oberlandesgerichts, der Reichsbehörden, des Offizierkorps der Geraer Garnison und des 4. preu ¬ ßischen Jägerbataillons, dessen Chef der Fürst ist, em pfangen. Die Deputation des Stadt- und Gemeinde rats von Gera sprach die Bitte aus, das Jubelpaar möge das Protektorat über eine von der Stadt Gera mit 10000 M. eröffnete „Heinrich-Agnes-Stiftung" über nehmen, aus deren Zinsen alljährlich am 6. Febr. wür dige Ehepaare der Stadt, welche im Laufe des Jahres die silberne Hochzeit begehen, unterstützt werden sollen. Die Deputationen der verschiedenen Schulanstalten des Landes überreichten künstlerisch ausgestattete Adressen, so wie die Urkunde über eine Stiftung sämtlicher Lehrer an den Volksschulen des Fürstentums, deren Zinsen am 6. Febr. jeden Jahres nach Bestimmung des Fürsten paares einem fleißigen und braven Schüler des Landes lehrerseminars übergeben werden sollen. Die Geraer Handelskammer überreichte einen kostbaren silbernen und reich vergoldeten Tafelaufsatz. Die Damen von Gera überreichten ein Sofa nebst Tisch und sechs Stühlen; die Stickereien, die Holzschnitzarbeitcn, die eingelegten Arbeiten auf der Tischplatte, welche das reußische und württembergische Wappen darstellen, und die Polsterung sollen wahre Kunstwerke sein. Das Ganze ist in Gera angefertigt. Die Kammergutspächter des Landes über reichten große photographische Ansichten von sämtlichen 27 Kammergütern des Fürstentums. Verschiedene Pri vatpersonen Geras haben ebenfalls Geschenke überreicht. Dem Feste wohnten bei der Großherzog von Weimar, der Herzog von Altenburg, der Fürst von Reuß-Greiz nebst Gemahlin, die Herzöge Wilhelm und Nikolaus von Württemberg und noch eine Reihe anderer fürstlicher Personen, sowie Spezialgesandte der Könige von Sachsen und Württemberg. Die Stadt Gera hatte sich anläß lich der Feier auf das festlichste geschmückt. Schweiz. — Eine von der Munizipalität von Genf eingeführte Besteuerung der Firmentafeln. Balkons, Schilder von Nerzten und sogar der Hausglocken giebt zu vielen Kla gen Veranlassung; es haben infolgedessen viele Händler ihre Firmentafeln herabgenommen. Frankreich. — Die Prinzen von Orleans schöpfen durch die Haltung des Senats neuen Mut. Seit der Annahme des Gesetzes in der Kammer hat eine förmliche Pilger fahrt der Legitimisten, sowie der konservativen Republi kaner nach Chantilly, dem Wohnsitz mehrerer Prinzen, begonnen, wo man ebenso wie in den von den Prinzen in Paris bewohnten Hotels Listen zum Einzeichnen auf gelegt hat. Unter den zuerst Erschienenen nennt man neben dem Marschall Mac Mahon auch die Schwägerin und den Busenfreund des verstorbenen Thiers, in dessen Namen so gegen das Ausnahmegesetz protestiert wer den soll. — Eine große Anzahl republikanischer Journale folgte dem Beispiele der „Republik Franyaise" und veröffent lichte Artikel, in denen nachgewiesen werden soll, daß der wahre Patriotismus die Verletzung des Ehrenworts von feiten der gefangenen Offiziere im Jahre 1870 gebot, daß also der neue Kriegsminister Thibaudin jedenfalls nur seine Pflicht (!) gethan habe. Spanien. — Die Zweite Kammer des Cortes hat die Ver längerung der Handelsverträge mit Deutschland, Schwe den und der Schweiz angenommen, und zwar bis zum 15. März. Die Zustimmung des Senats wird nicht bezweifelt. Sdchlmrd. — In dem Manifeste, in welchem der Zar seine' Krönung für den Monat Mai angesetzt, wird auf das furchtbare Ereignis der Ermordung Alexanders H. hin-! gewiesen und u. a. gesagt: „Unter den schweren Gefüh len der Trauer und des Schreckens, welche mit uns die Herzen Unserer getreuen Unterthanen umfingen, war es nicht an der Zeit, die Krönungsfeier zu bestimmen und zu vollziehen. Indem chir uns beugen vor den uner- Seruhigt, welche durch die schreckliche Miffethat hervor gerufen worden, als deren Opfer der Wohlthäter seine» Volkes, unser vielgeliebter Vater, fiel. Nunmehr naht die Zeit, den Willen Gottes und unsern und aller ge treuer Söhne des Vaterlandes heiligen Wunsch zu er füllen." Zivei gleichzeitig veröffentlichte Ukase enthalten die Aufforderung an die Gouvernementsadelsmarschalle, , die Stadthäupter der GouvernementSstädte (ausschließlich der sibirischen wegen zu großer Entfernung) und die Vorsitzenden der Gouvernements- und Landschaftsämter zur Teilnahme an der Krönungsfeier und die Einsetzung einer besonderen Krönungskommission. Türkei. — In Konstantinopel haben die Soldatenfrauen wieder einmal rebelliert. 2000 Weiber, meisten» Sol datenwitwen, stürmten ins Finanzministerium und for derten in stürmischer Weise die Auszahlung ihrer rück ständigen Pensionen. Der Finanzminister selbst geriet in Gefahr, Militär mußte emschreiten, um die Ordnung herzustellen. ' ' Asien. — Zentralindien. Unter den Bhilftämmen in Aliraspur ist ein ernster Aufstand ausgebrochen. Die Insurgenten plünderten mehrere Ortschaften und droh ten, die Stadt Aliraspur anzugreisen. Die englische Regierung sandte Truppen gegen die Aufrührer, welche wohl bloß mit primitiven Waffen, mit Bogen und Pfeile», ausgerüstet sind, aber durch mit Schießwaffen versehene Afghanen unterstützt werden. Vermischtes. * Die Kaiserin Augusta verleiht innerhalb der preußischen Monarchie und der Reichslande Elsaß- LothriNgen an weibliche Dienstboten, welche 40 Jahre lang ununterbrochen in derselben Familie gedient haben, eine Auszeichnung, bestehend in einem goldenen Kreuz nebst dem mit der Unterschrift der hohen Frau versehe nen Diplom. Eine Zusammenstellung der innerhalb der letzten 6 Jahre vorgekommenen Fälle dieser Art ergiebt nun, daß vom 1. Januar 1877 bis zum 1. Januar 1883 893 solche Auszeichnungen an Dienstboten verlie hen worden sind, ein schöner Beweis, daß Treue und Anhänglichkeit unter dem weiblichen Dienstpersonal doch noch nicht ganz ausgestorben sind. * Professor Virchow wird anfangs März eine ihm zur Herstellung seiner Gesundheit längst dringend em pfohlene Reise nach Italien antreten und sich zunächst nach Sizilien begeben. Anfangs war auch ein Ausflug nach Griechenland geplant zum Engpaß der Termopylen, bez. zur Untersuchung der Gräber des Leonidas und seiner Heldenschar. Schliemann hat sich alle Mühe ge geben, die Städte aufzufinden, seine Bemühungen sind aber fruchtlos gewesen, wie ei» dieser Tage bei Virchow eingelaufenes Telegramm bekundete. * Der Tod des italienischen Sängers Tamberlick ist gestern auch von uns nach verschiedenen Blättern gemel det worden. Tamberlick hat sich nun selbst veranlaßt gesehen, diese Nachricht zu dementieren, mit dem Hinzu fügen, daß er sich vollkommenster Gesundheit erfreue und soeben erst unter enthusiastischem Beifall sein Benefiz im Theater zu Cadix gefeiert habe. * Wir berichteten unlängst von einem in Berlin viel Aufsehen erregenden Prozesse gegen einen Studenten der Theologie, der von einem Schutzmanne wegen angeblichen Widerstandes beim Brande der Hygiencausstcllung ver haftet und dabei nach seinen Angaben mißhandelt, in er ster Instanz auch wegen des dagegen vom Schutzmann behaupteten Widerstands verurteilt, in zweiter aber frei gesprochen worden war, worauf befremdltcherweise die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt hatte. Dieselbe ist aber jetzt von ihr zurückgezogen und die Freisprechung des durch das Vorkommnis schwer in seinen Studien gestörten jungen Mannes nun rechtskräftig geworden. * Die Untersuchung wegen des Attentates gegen den Kammergerichtsrat Keyßner in Berlin hat bereit» soweit Erfolg gehabt, als der Dienstmann ermittelt wor den ist, welcher von dem Attentäter mit dem Ueberbrin- gen der verhängnisvollen Schachtel betraut gewesen ist. Letzterer ist, wie der Dienstmann aussagte, ein schlanker blonder Mann, der etwa in der Mitte der 20er Jahre stehen mag. Auf dem Paket war keine Adresse vermerkt gewesen, der Dienstmann hatte den Auftraggeber daher ersucht, ihm dieselbe der Sicherheit wegen zu notieren, was der Herr nach einigem Zögern auch that, indem er auf einen ihm gereichten Zettel den Namm „Keyßner" und die Zahl „46" schrieb. Diesen Zettel hatte der Dirnstmann behalten und konnte ihn daher sofort der Polizei überliefern, welche feststellte, daß die Handschrift augenscheinlich mit den Schriftzügen übereinstinnne, welche der, wie gemeldet, am Montag dem KammergenchtSrate durch die Post zugestellte Drohbrief zeigt. Der Inhalt dieses yier volle eng geschriebene Seiten chattenden Briefs ist zpm Teil so sinnlos, daß die Vermutung nahe liegt, der Absender leide an Geistesstörung. Auch der Üm- stand, daß er in der geschehenen Weise durch esnen naL- träglDen.Brief.cmf seicht Spur geltittt hat, denket darM htit, daß e« mit ihm „Nicht ganz richtig" sei. kompanien des kgl. sächsischen und des kgl. württember- gischen Pionierbataillons teilnehmen. Das Kaisermanö ver findet beim 4. und 1l. Armeekorps statt. Zu den Uebungen deS Beurlaubtenstandes werden 85000 Mann Infanterie, 2600 Jäger, 11600 Mann Artillerie, 2500 Mann Pioniere, 5014 Mann Train und 400 Mann vom Eisenbahnreziment einberufen. — Das neueste Beiheft zum Amtsblatt des Reichs postamtes bringt einen Artikel über das erste Jahrzehnt der Reichspost- und Telegraphenverwaltung von 1872 bis 1881. Der Zeitraum 1867 bis einschließlich 1871 hatte^ wie es in dem Artikel heißt, 2 große Erfolge auf- zuwelsen: einmal wurde die bis dahin vorhandene Zer splitterung Deutschlands in eine ganze Reihe von Post- bez. Telegraphengebieten fast vollständig beseitigt, dann nach dem Wiedergewinn der Reichslande und Badens Eintritt das Reichspostgebiet in seinem gegenwärtigen Umfange hergestellt. Der Bildung dieses großen, ganz Deutschland mit Ausnahme von Bayern und Württem berg umfassenden Verwaltungsgebietes folgte am Anfang des Jahres 1876 die Wiedervereinigung der Verwal tungen des Post- und Telegraphenwesens, welche es mög lich machte, die Telegraphenanlagen durch Herstellung neuer Linien, Vermehrung der Leitungen und Stationen, sowie durch sonstige, die Sicherheit und Schnelligkeit der Telegrammbeförderung erhöhende Einrichtungen zu er weitern und dennoch das Defizit der bisherigen Tele graphenverwaltung, welches in den letzten 3 Jahren ih rer Selbständigkeit auf durchschnittlich 5 Millionen jährlich angewachsen war, zu beseitigen. Die zweite Wirkung aus dem Zeiträume vor dem Jahre 1872 be steht i» der Schaffung des für den Gesamtumfang des deutschen Reiches giltigen Postrechtes. Erwähnenswert ist, daß der Postanweisungsverkehr von dem Beginn bis zum Schluß des erwähnten Jahrzehnts um 453 Proz. gewachsen ist. Derselbe hat sich überhaupt zu einem der wichtigsten Mittel für Ausgleichung von Schuld und Forderung herausgebildet. Der allein mittelst Postan weisungen im letzten Jahre (1881) im Reichspostgebiet bewirkte Umsatz übertrifft in seiner Höhe den gesamten Münzmetallbestand Deutschlands, welchen vr. Soetbeer für 1880 auf 2337 Mill, berechnet; er erreicht den Umsatz der Reichsbank und ihrer sämtlichen Filialen in Rimessenwechseln, welcher im Jahre 1880 auf 2507 Mill. beziffert ist. In den 10^ Jahren vom 1. Januar 1872 bis Ende März 1882 betrugen die Ein nahmen aus Post und Telegraphie zusammen 1233,009147 davon kommen 1872 bis 1876 auf die Post im Durchschnitt jährlich 95,927 742 auf die Telegraphie im Durchschnitt jährlich 9,932328 In den übrigen 6j Jahren haben die Einnahmen aus Post und Tele graphie im Jahresdurchschnitt 128,531066^ betragen. — Die Handelskammer zu Grüneberg, welche be kanntlich vom Handelsminister ihrer staatlichen Funktio nen entkleidet worden war, ist seit dem 1. Januar da durch, daß keines ihrer Mitglieder den Vorsitz überneh men will, außer stände, ihre Obliegenheiten zu erfüllen. Nach Anzeige hiervon an den Fürsten Bismarck als Handelsminister ist nun von demselben an die Kammer ein Erlaß ergangen, in welchem eröffnet wird, daß der kgl. Regierungspräsident in Liegnitz angewiesen worden ist, die Erhebung der Handelskammerbeiträge einzustellen. Der Handelsminister behält sich vor, diese Anordnung außer Kraft zu setzen, sobald die Handelskammer sich in der Lage befinden wird, ihre Funktionen selbständig, wieder aufzunehmen, oder der Anschluß ihres Bezirks an einen benachbarten Handelskammerbezirk herbeigeführt sein wird. — Der Pariser Korrespondent der „Köln. Ztg." kann n zuverlässiger Weise mitteilen, daß der jetzige französische Kriegsminister Thibaudin in Mainz sein ffchristl cheS Ehrenwort gegeben hat und daß die von ihm unterschriebene Urkunde noch vorhanden ist. — Baden. Die zuerst von einer norddeutschen Zeitung gebrachte und darnach in verschiedene badische Blätter übergegangene Mitteilung, daß der Erbgroßher- zog gesonnen sei, seine militärische Laufbahn in der preu ßischen Armee aufzugeben, erweist sich als völlig grund los. Der Erbgroßherzog weilt bereits seit Mitte Januar in Potsdam, um dort seine militüHsche Berufsthätigkeit i als Hauptmann im 1. Garderegiment zu Fuß wieder aufzunehmen und ist ihm jetzt vorn Kaiser die Führung einer Kompanie übertragen Wörden. Nach der ämtlichen katarrhalischen Leiden befallen, daß er sich wahrscheinlich . Lei einer Spazierfahrt in voriger Woche zugezogen. Der Zustand ist keineswegs bedenklich, da aber die Aerzte sol chen Leiden des Monarchen bei seinem hohen Alter be sondere Aufmerksamkeit schenken, hütet er bei dem rauhen Wetter auf ärztlichen Rat das Zimmer. — Nach einer soeben im Armeeverordnungsblatt veröffentlichten kaiserlichen Ordre über die diesjährigen Manöver und Uebungen des Beurlaubtenstandes kommt in den Monaten August und September bei Graudenz eine größere Belagerungsübung nebst Minenkrieg in der Dauer von 5 Wochen zur Ausführung an welcher die Mineur kompanien des Garde-, ostpreußischen, pommerschen, bran- heubflrgischH, magdeburgischen, niederschlesischen und schlesischen Pionierbataillons und außerdem die Mineur-