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denn je, und wieder sind es die schwer- und viel geprüften Siebenbürger Sachsen, gegen die ein neuer beispielloser Streich geführt werden soll. Um nicht mehr und nicht weniger handelt es sich, als den Deutschen Siebenbürgens den deut schen Gottesdienst zu verbieten. Ihre Selbst ständigkeit hat man verletzt, ihr materielles Ver mögen wurde angetastet, ihre alten Privilegien wurden ihnen geraubt, ihre Schulen werden ma- gyarisirt und nun geht es an ihre Kirche, an ihren Gottesdienst. Vorerst ist es nur eine Agi tation, die von magyarischen Hetzern in dieser Richtung eingelcitet wurde, aber wie bei frühe ren Vorgängen wird auch hier die Agitation ihre Früchte tragen. Erfreulicherweise beginnen die Deutschen in Ungarn und Oesterreich gegen das wüste und brutale Treiben der Magyaren, welche auch den gesammten Handel Ungarns ma- gyarisiren wollen, aufzutrelen. Es ist angeregt, sämmtlichen Blättern, welche die Deütschenhetze betreiben, die Anzeigen zu entziehen; deutsche Kapitalisten fangen an, ihre Gelder Ungarn zu entziehen; das deutsche Publikum kündigt unga rischen Assecuranzgesellschasten die Kunden; deut sche Fachmänner weigern sich, dem Rufe Ungarns Folge zu geben. — Einer der durch die Schlie ßung des deutschen Theaters in Pest zu Grunde gegangenen Schauspieler, welcher sich aus Ver zweiflung das Leben genommen hat, wurde am Freitag in Pest zur Ruhe bestattet. Auf feinem Grabe erhebt sich ein einfaches Kreuz in oen ungarischen Nationalfarben und mit der bitteren Inschrift: „Hier lieg ich nun frei von Sorgen und alles Jammers bar, es hat mich verhungern lassen, der edelherz'ge Magyar. Jüngst hab'ich, den Seinen zu helfen, noch mein Talent gelieh'n — jetzt übt er Wiedervergeltung: kevanebe pour 826§6äin!" — Die in der Bucht von Teodo ankernde Demonstrationsflotte hatte am 16. einen Anprall des gefürchteten Küstensturmes, der Bora, zu bestehen, wie er so furchtbar seit Jahren nicht vorgekommen. Die Schiffe konnten sich nur mit Nothankern halten, am besten die österreichischen und das deutsche, alle übrigen mußten ihre An kerplätze wechseln. Frankreich. — General Cissey sagt seinem Armeecorps in einem Tagesbefehle Lebewohl und verheißt die Einleitung einer Untersuchung, „um nichts würdige Verleumder zu Schanden zu machen". — Der Commune-Häuptling Felix Pyat ver herrlichte kürzlich offen in seiner Zeitung „Com mune" den Königsmord, indem er eine Samm lung eröffnete, um dem Polen Berezowski, der 1867 in Paris auf den Czaren fchoß, einen Ehren-Revolver darzubringen, welcher die In schrift tragen sollte: „1867. Paris, Moskau, Warschau. Dem Rächer dreier Völker, dem Rechtsvollstrecker an zwei Tyrannen, dem Arbei ter Berezowski die dankbaren Arbeiter Frank reichs." Wegen Vertheidigung des Königsmords wurde Pyat am 19. d. vom Pariser Gerichts hose in eontumaeiLin zu 2jährigem Gefängniß und 1000 Frcs. Geldstrafe, sowie der Leiter sei ner Zeitung zu 6monatigem Gefängniß und 1000 Frcs. Geldstrafe verurtheilt. Rußland. — Der „Agence Russe" bemerkt bezüglich der jüngsten Wendung in der Dulcigno-Frage, daß das Versprechen des Sultans, Dulcigno abzn- treten, allgemeine Beschwichtigung hervorgebracht habe, denn dasselbe berechtigte zu der Hoffnung, daß die Orient-Angelegenheiten nunmehr in ein normales Geleise kommen würden'. Im Inter esse des Sultans wäre, das freimüthige Ver sprechen auszuführen, während die Beweise des bösen Willens, welche er seitdem Montenegro ge geben, die Mächte zu der Ueberzeugung brächten, daß die feste Aufrechterhaltung des europäischen Einvernehmens jetzt unentbehrlicher als je sei. Türkei. — Am 17. begannen die Verhandlungen zwi schen dem türkischen Obersten Hodri Bey und den montenegrinischen Delegirien über die von Ersterem vorgelegte Convention betreffs der Ue- bergabe Dulcignos. Nachdem von montenegrini scher Seite 2 Punkte des türkischen Entwurfs abgelehnt worden waren, erklärte Hodri Bey, die Verhandlungen aussetzen zu müssen, um neue Instructionen einzuholen. Amerika. — Die aus Ohio und Jndiania gemeldeten Wahlen mit ihrem den Republikanern günstigen Ausgange sind zwar nur für die Aemter in die sen Staaten bestimmt, sie gelten aber als An zeichen für den Ausfall der Präsidentenwahlen. Vermischtes. * Die Firma Gebrüder Stollwerck in Köln sandte durch die Post ihren sämmtlichen Kunden wie Zeitungsredactionen zur Erinnerung an die Vollendung des Kölner Domes eine galvanisch vergoldete Medaille. Diese zeigt aus der einen Seite den Dom in seiner Vollendung, auf der andern die Bildnisse des Königs Friedrich Wil helm IV. und des Kaisers Wilhelm. Zugleich mit der Medaille wurde eine photographische Ab bildung, eine kurze Baugeschichle des Domes und das von Scherenberg verfaßte Gedicht zur Feier der Vollendung des Domes versandt. * Rothenburg an der Tauber ist die Perle der allen süddeutschen Städte, der Culturhistori- ker Riehl nennt sie „die versteinerte Stadt". Die Bürger dieser Stadt werden im nächsten Jahre ein Festspiel aufführen: „Die Belagerung Rothenburgs durch Tilly und der Meistertrunk". Es stellt eine denkwürdige Erinnerung der Stadt dar aus der Zeit des 30jährigen Krieges, als der Bürgermeister durch einen Meisterlrunk die Stadt vor der Niederbrennung rettete. * Die Nachrichten über die Kartoffelernte auf dem Thüringer Walde lauten im Allgemeinen günstig; es ist zwar die Quantität des Ertrages nicht besonders reichlich, die Qualität aber ganz vorzüglich, so daß die Waldvewohner in ihrem Hauptnahrungsmittel dieses Jahr auch einerecht gute Kost erhalten. * Hans Makart, von seinen Verehrern der „Wiener Rubens" genannt, macht mit der Aus stellung seiner Colössalbilder in den größeren Städten auch colossale Geldgeschäfte. Sein neue stes Farbenwunder, der „Jagdzug der Diana", das jetzt in Berlin im Uhrsaale der Kunst akademie ausgestellt ist, soll in Wien nicht we niger als 150000 zahlende Bewunderer herbei gezogen haben. Makart's zum Theil mit über schwenglicher Phantasie ausgedachte und aus geführte Bilder lassen vielfach Correclheit der Zeichnung vermissen, aber in dem Reichthum ihrer Farbenwirkung stehen sie den alten Vor bildern nicht nach. * Ueber die Behandlung der Diphtheritis (Rachenbräune) theilt ein vielbeschäftigter Arzt des Gewerks-Kranken-Vereins in Berlin folgende Beobachtungen mit: Seitdem die Nachenbräune auch in unsrer Kaiserfamilie ein Opfer gefordert und die Kaiserin im Schmerze über den erlitte nen Verlust die Aufforderung an alle Fachmän ner richtete, Untersuchungen über diese Krankheit anzustellen und wenn möglich ein specifisches Mittel gegen dieselbe aufzufinden, wurden theils durch Broschüren, theils durch Artikel in den Zeitungen verschiedentlich- Erfahrungen veröf- entlicht, die bei Anwendung des einen oder an- )ern Mittels gemacht worden waren. Die Ei nen sahen in der Diphtheritis eine Krankheit, )ie hauptsächlich in der Blutvergiftung gefahr- drohend wäre, und legten das Hauptgewicht auf )ie Kräftigung des Körpers und Bekämpfung des Fiebers, um der stets drohenden Herzlähmung entgegen zu treten; die Anderen dachten haupt- ächlich an den diphtheritischen Belag im Nachen und Kehlkopf rc., und suchten diesen so schnell als möglich zu beseitigen. Von den Ersteren war es besonders ein Arzt in Charlottenburg, dessen Broschüre über Diphtheritis mir ausneh mend zusagt, vielleicht weil dessen Behandlungs weise fast ganz der meinigen glich, so daß ich dessen Behandlung und Methode vollständig ac- ceptirte. Seit der Zeil habe ich bei einem Ma ¬ terial von etwa 30 Kranken keinen Todesfall zu verzeichnen gehabt. Bezüglich der andern Behandlungsarten gefiel mir die Idee eines Arztes in' Oberschlesien, durch Lockerung der Schleimhaut den Belag zu entfernen, was durch Pilosarpin geschieht, dessen Speichelfluß und Brechreiz erregende Wirkung schon lange vorher bekannt war. Dieser Arzt lobt sein Mittel un gemein und behauptet, bei einer Anzahl von ca. 80 Kranken bei Anwendung dieses Mittels kei nen Todesfall registrirt zu haben. Ich selbst habe seitdem beide Mittel, das der Herzlähmung entgegentretende sowohl als auch das den Belag lösende, angewandt und habe damit in der That Staunen erregende Resultate erzielt, so daß ich wohl fest behaupten kann, in der Vereinigung der beiden Mittel ein Specificum gegen diese mörderische Krankheit gesunden zu haben. * Auf dem Gem mipaß in der Schweiz ist ein Viehhändler, der 25000 Francs bei sich trug, von 2 Wallisern ermordet worden. * Der Führer eines am 11. d. in Würzburg eingetroffenen badischen Güterzuges wurde wäh rend der Fahrt von Wahnsinn befallen und mußte sofort in's Spital verbracht werden. * Vor etwa 14 Tagen verlor in Paris ein Engländer den Betrag von 28000 Psd. St. in Werthpapieren. Ein junger Soldat fand das Portefeuille und empfing hierfür die ausgeschrie bene Belohnung von 1000 Psd. (20000 M.) * Eine schwere Bürde nahm der vor einigen Tagen von Hamburg nach Newyork abgegangene Postdampfer „Wieland" in Havre an Bord. Derselbe empfing dort 11,800000 Francs in Gold, welche auf Anweisung von Hamburg aus der Pariser Bank gezahlt morden waren. Eine gleiche Summe dürfte wohl kaum ein anderer Dampfer über den Ocean getragen haben. * Schlafkappen nennt man in England und Amerika diejenigen Mittel, welche man vor dem Zubettegehen zu sich nimmt, um sich einen ruhi gen Schlaf zu sichern. Die gemeinne Schlaf kappe besteht in reinem oder verdünntem Brannt wein. Sogar Frauen der besseren Stände wen den „Schlafkappen" an; der Gebrauch ist über haupt ein sehr verbreiteter. Opium und Chlo ral wird viel, namentlich vom weiblichen Ge schlechte, genommen. Aerzte empfehlen als Schlaskappen leichte französische Weine, auch Fleischbrühe aus Liebig'schem Fleischextract und dergleichen mehr. * „An Ihre K. und K. Majestät, Maria The resia in Wien," dies war die Adresse eines vor Kurzem in einer Stadt des dalmatinischen Küsten landes aufgegebenen Briefes. Derselbe gelangte an seinen Bestimmungsort und ward nach fünf Tagen mit der einfachen Bemerkung zurückgesen det: „Ist gestorben". Vorlaute Vetterproxuosv äes wvieoroloxi- 8vkeo SureanL in l-eiprix kür Sen 21. Vvtdr.: trübes Letter del vvulx veränderter 1'emxsr»- tnr; rvltwelse Xlederovdlllxe. sLjn getreuer und zuverläs- siger Arbeiter, kann bei hohem Lohn vom Neujahr an Dienst erhal- ten. Nachweis in der Exped. des Tagebl. Soeben erschien und ist vorräthig in der Buchhandlung von C G. Roßberg: Regeln und Wörterverzeichnis für die deutsche Rechtschreibung zum Gebrauche i» den sächsischen Schu len. Im Auftrage des Königl. Ministeriums des Kultus und öffentlichen Unterrichts her ausgegeben. (Generalverordnung vom 9. Oc- lober 1880.) 4 Bogen 8° steif broschirt und geheftet. Ladenpreis 25 Pf. ord. Da das Regelbuch nebst Wörterverzeichniß laut Generalverordnung des Königlichen Kultus- Ministeriums von nun an in allen Schulen als Norm der deutschen Rechtschreibung zu dienen hat, so ist das Büchelchen guch für's Geschäfts- und Privatleben von allgemeiner Bedeutung und zur Anschaffung zu empfehlen.