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— Einer Einladung unseres KönigSpaares folgend, werden heute der Erbgroßyerzog von Sachsen-Weimar nebst Gemahlin zu einem mehr tägigen Besuche an unserm königlichen Hose in Dresden eintreffen. — In Dresden starb am Donnerstag im Alter von 75 Jahren ein hochverdienter Edelmann Sachsens, Kammerherr v. Watzdorf auf Störm thal, langjähriges Mitglied der Ersten Kammer, an deren Beralhungen er länger als drei Jahr- zehnte hindurch Theil genommen hat. — Wie jetzt verlautet, sollen im Laufe dieses Jahres wiever umfängliche Landwehrübungen stattftnden; namentlich wird die Einberufung solcher Landwehrosfiziere erfolgen, welche neuer dings aus der Reserve in die Landwehr über getreten sind, um weiterer Ausbildung, nament lich in Bezug auf selbstständige Commandos, ent gegengeführt zu werden. — Es scheinen Viele noch nicht zu wissen, daß die Termine bei Gericht nicht mehr, wie früher, eine Stunde stehen. So erschien dieser Tage ein Beklagter kurz vor 10 Uhr im Dres dener Landgericht, während er um 9 Uhr geladen und guten Glaubens war, er komme noch zu recht. Der Mann mußte natürlich hören, daß ein Versäumniß-Urtheil über ihn gesprochen wor den war. — Vor dem Strafgericht Freiberg soll dem nächst eine eigenthümliche Sache verhandelt wer den. Ein junges Mädchen in Possendorf ward vor einiger Zeit außerehelich Mutter. Da ihr das Kind hinderlich war, wandte sich die junge Mutter an eine Bekannte in Dresden, „am See", eine Federhändlerin, und diese schlug vor, das Kind in den Blättern „zur Adoption" auszubie ten. Dies geschah und eine Dresdner Hebamme erscheint, bestellt das Mädchen mit dem Kinde zu sich und dort nimmt eine feine Dame das Kind. Die Dame legt in die Hand der Mutter eine ansehnliche Summe und ohne sich genannt zu haben, macht sie zur Bedingung, daß nie mehr nach dem Kinde bez. nach ihr geforscht werden dürfe. Da aber der Vormund des Kindes nach demselben sehen will und über dessen Verbleib nur ausweichende Antworten erhält, so veran laßte er polizeiliche Erörterungen, welche endlich ergeben, daß das Kind in einer angesehenen Fa milie an Stelle eines plötzlich gestorbenen Kin des gleichen Geschlechtes und gleichen Alters un tergeschoben worden war. Wo das gestorbene Kind geblieben und warum die Unterschiebung vorgenommen worden, darüber wird die Gerichts verhandlung Ausschluß geben. Dem Paffendor fer Mädchen ward das Kind zurückgegeben, die betheiligten Personen aber sind verhaftet. — In Chemnitz sind in den letzten Tagen zwei Fälle von Erkrankungen an Trichinose vor gekommen. Auch aus Altenberg und Geising werden zwei gleiche Fälle gemeldet; hier sind die Erkrankten ein Flnschergeselle und ein Fleischer lehrling, die in Glashütte gearbeitet hatten, wo auch bei ihrem Meister noch trichinenhaltige Schweinefleischstücke gefunden wurden. — Der gestern aus Dresden mitgetheilte Tod eines jungen Mädchens ist, wie die Section er geben hat, nicht durch Blutvergiftung, fondern infolge einer eitrigen Gehirnhautentzündung ein getreten. — Aus einer der letzten Nummern der „Nord australischen Zeitung", der einzigen deutschen, die in Queensland erscheint, ist zu ersehen, daß ein sächsischer Landsmann, der unter den dortigen Polizelbeamten, lauter Engländern, Anstellung gefunden, zum großen Aerger dieser bei einem unter den Polizeibeamten abgehaltenen Preis- schießen der Sieg r geblieben ist und sich außer der Ehre, die dort als treffliche Schützen be kannten Engländer überflügelt zu haben, auch eine kostbare Uhr erschaffen hat. Der Betreffende ist der in Freiberg geborene Franz Schneider, der s. Z. beim 13. Bataillon der Leibbrigade, später bei der 9. Compagnie des 1. Leib-Grenadier- Regiments Nr. 100 als Unterofsiezier diente, sodann Dienste als Sergeant beim 6. Cavallerie- Regiment in Nordamerika nahm. Zur Theil- nähme am Feldzug 1870 nach Deutschland zu rückgekehrt, erwarb er sich bei Besetzung des Mont Avron das eiserne Kreuz 2. Claffe. — Bei Gera waren am vergangenen Mon tag auf den Hofwiesen in den ersten Nachmit tagsstunden nicht Hunderte, sondern vielleicht ein paar Tausende krähenartiger Vögel versamme die theils die Felder und Wiesen bedeckten, thei auf den Bäumen am Elsterufer saßen. Es sol die kleine polnische Krähe gewesen fein, die im Herbst nach dem südlichen Frankreich geht und im Frühjahr nach Polen und Galizien zurückkehrt. — Unglücksfälle und Verbrechen. In Leipzig machte am Donnerstag ein 35jährig«r Fischhändler, der schon früher Spuren von Geistesstörung an sich gezeigt, einen schrecklichen Versuch, sich da« Leben zu nehmen, in dem er sich mit einem Messer den Bauch ausschlitzte, der art, daß die Gedärme bloßgelegt wurden. Der Unglück liche wurde noch lebend nach dem Krankenhause gebracht. — In der Nacht zum Freitag entging ein Student in Leipzig einer nicht geringen Leben«gesahr. Beim Nach- hausekommen hatte er mittelst eine« Streichhölzchen« sein Licht angezündet, dabei aber außer Acht gelassen, daß ein Stückchen Phosphor abgesprungen und in seinen Mantel gesallen war. Nachdem er kaum eingeschlasen, erwachte er alsbald in Folge eine« heftigen Brandgeruchs und fand zu seinem nicht geringen Schrecken, daß nicht nur da« ganze Zimmer mit dichtem Rauch angesüllt, sondern auch sein Mantel, den er aus das Sopha abgelegt hatte, sammt letzterem in Brand gerathen war. G« gelang ihm noch rechtzeitig, den Brand wieder zu löschen und weitere Ge fahr zu beseitigen. — In einem Stcinbruche zu Bocksdorf bei Leisnig wurde am Mittwoch ein hochbetagter Zimmer mann todt aufgefunden; der Aermstc ist zcdensall« am Abend zuvor beim Nachhausegehen vom rechten Wege ab- gekommen und in den Steindruch gestürzt. — Bei Leisnig nahm sich ein geistesschwaches 75jährigc« Mütterchen, die Wittwe eines Fischeudorscr Tuchfabrikanten, durch Erträn ken in der Mulde da« Leben. — Als am Dienstag Abend gegen 7 Uhr der Bäcker Held au« Niedersrankenhein bei Geithain mit einem einspännigen Planwagen, von Zettlitz vom Brodhandel heimkehrcnd, da« sogenannte Zettlitzer Holz berührte, ertönte ein greller Pfiff. Held, dadurch aufmerksam gemacht, beugt sich nach vorn aus dem Wagen, ieht zu seinem Schrecken einen Menschen an der Sperr- eiste des Wagen« herausklettern, aber säst in demselben Augenblick auch einen von vorn auf sich eindringen. In einer Augst stößt Held den Angreifer mit einem Fuß kraftvoll in'« Gesicht, so daß er aus die Straße geschleu- nrt wird. Zu gleicher Zeit und zum Glück nimmt da« iferd eine so schnelle Gangart an, daß auch dem ersten lngreifer die Lust zu seinen räuberischen Plänen vergan- en sein mag, denn ein in die Plane eingeschnittene« gro- !e« Loch dürfte derartige Gelüste beweisen. Tagesgeschichte. Deutsches Reich. — Nach amilicher Mittheilung des General- commandos des V. Armeecorps ist die vom „Hamburger Correspondent" und von der Augs- mrger „Allgemeinen Zeitung" gebrachte Erzäh lung. nach welcher in Kalisch preußische Offiziere mit Insultationen bedroht worden seien, erfun- >en. Seit Monaten habe kein preußischer Of- izier die russische Grenze bei Ostrowo überschrit- en. Der freundschaftliche Verkehr, der früher Dischen den russischen und preußischen Offizieren »standen habe, sei nicht wieder ausgenommen worden, da das betreffende russische Regiment erst in nächster Zeit wieder seine alte Garnison in Kalisch beziehen wird. Ueberhaupt sei an der dortigen Grenze nicht das Geringste vorgefallen, was irgendwie einen Anlaß -zur Erfindung die- er Erzählung hätte geben können. — Erkundigungen, welche die Magd. Ztg. an unterrichteter Stelle eingezogen, haben erge- oen, daß die Nachrichten von Mehrforderungen im nächsten Militäretat znm Zwecke einer Ver mehrung und Vervollkommnung unserer Artil- erie durchaus unbegründet sind. Der Militär tat wird nur eine Erhöhung von ungefähr 5 Millionen M. ausweisen, die durch die gestiege nen Preise der Lebensmittel und Fourage mo- tivirt ist, und dies auch nur in dem Falle, daß es nicht gelingt, den Mehrbedarf durch Erspar nisse an andern Etatstiteln zu decken. Alle für die erhöhte Schlagfertigkeit der Armee in Aus sicht genommenen Mehrforderungen sollen bis zum Ablauf des MilitärSeptemnats, d. h. bis zum Jahre 1881 zurückgestellt werden. — Mitten in der schönsten politischen Ruhe wird Berlin aufgeschreckt — eine Reichstags- wähl ist nothwendig geworden. Braucht man erst zu sagen, welch eine Summe von Kämpfen und Aufregungen das in der Reichshauptstadt zur Folge haben wird! Der kranke ReichStagS- abgeordnete des 2. Berliner Wahlkreises Hoff mann hat sein Mandat niedergelegt. — Ueber die deutsche Abtheilung der Aus stellung in Sydney schreibt eine australische Zeitung: Die deutsche Ausstellung ist zuletzt fertig geworden, aber die von Professor Reuleaux und seinen Beiständen aufgewendete Mühe hat sie in den Stand gesetzt, ein Ergebniß herbei zuführen, welches vielleicht den Eindruck der Aus stellung aller anderen europäischen Staaten zu sammen übertrifft und für das Deutsche Reich höchst ehrenvoll ist. Die Anordnung der Zim mereinrichtungen, wo jeder ausgestellte Gegen stand den Platz hat, der ihm in einer wohlge ordneten Häuslichkeit naturgemäß gebührt, fin det vorzugsweise ungetheilte Anerkennung. An gesichts dieser Thatsache giebt sich Herr v. Zed litz, der Vertreter des Reichscommiffars, alle Mühe, auch die Beschickung der Ausstellung in Melbourne recht nutzbringend zu wachen und zu diesem Zwecke vorzugsweise CollectivauSstellun- gen der verschiedenen Jndustriebezirke zu Stande zu bringen. Oesterreich-Ungarn. — In Pest haben am Donnerstag, trotz eines vom Stadlhauptmann erlassenen Aufrufs zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung, in den Straßen zwischen dem Nationalcasino und dem Spital, in welchem sich die Leichen der Abends vorher getödteten Personen befanden, abermals große Volksmaffen sich angesamnielt, welche heftig ärmten und die Gaslaternen und Fenster zer trümmerten. Der erwähnte Aufruf deutet dar auf hin, daß bei den Ruhestörungen auch fremde Arbeiter die Hand im Spiele gehabt haben, unk ermahnt dieselben, die Gesetze des Landes zu achten, in welchem ihnen Brod gegeben werde. Die Preffe richtet Warnungen an die Bevölke rung. Die strengsten militärischen Maßnahmen rnd angeordnet. — Die Section der beiden Opfer des Krawalles hat constatirt, daß die Schüsse aus Militärgewehren erfolgten. Rußland. — Ein Petersburger Correspondent der offi« ciellen Wiener Abendpost hält es sür angemessen, den immer wieder durch die Zeitungen gehenden Nachrichten über Truppenconcentrirungen in den russischen Westprovinzen mit Nachdruck entgegen zutreten. Ihm zufolge befänden sich die in Polen und Littauen stehenden Regimenter auf dem voll kommensten Friedenssuße, die Compagnie zu äum 90 Mann, und es falle keinem vernünf tigen Mann in Rußland ein, kriegerische Gelüste u hegen, am wenigsten gegen Oesterreich oder )eutschland. „Man braucht nur einen Blick aus die ungeheuren Kosten des letzten Krieges zu werfen", schreibt der erwähnte Correspondent, um die Unmöglichkeit zu erkennen, einen neuen rieg leichtsinnig heraufzubeschwören. Der Be icht des Finanzministers berechnet allein für das ühr 1878 die besonderen Kriegskosten auf 48 Mionen Rubel Gold und ebensoviel Papier. Für 1879 sind die Kosten noch nicht ausgerech- iet. Die Kosten für die Staatsschuld, 109z Millionen im Jahre 1876, beliefen sich in diesem Jahre auf 156 Millionen und dürfen für 1880 uf fast 170 Millionen zu stehen kommen. Das nd die Errungenschaften, welche wir dem Pan- lavistenschwindel verdanken." Auch der „Russische Invalide" erklärt die Sen- ationstelegrumme ausländischer Blätter über Kriegsvorbereitungen Rußlands an seiner West- zrenze sür vollständig unbegründet und als aus )er Luft gegriffen, sowie als nicht entsprechend >en guten Beziehungen zu den Nachbarstaaten. Rußlands Friedensliebe habe noch im Monat )ecember eine Herabsetzung der Armee von 6000 Mann unter der Friedensstärke dictirt. Leitere Friedensmaßregeln und Truppenreduct- rungen seien in Aussicht genommen. Vermischtes. * Einer Reihe furchtbarer Verbrechen ist man