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Seite 7 P» Nr. 2S1 - SächAW« GtO.tAz.tt«»« - Dienstag, 10. November 1SLS Die Neuordnung des DienMrafrechts. Dresden. ' «esichttp»»» «r GruudstttSotw-ssernngS- ,»l«zen bnrch d«S rlestunumt. In dieser Woche wird die Besichtigung der GrundstückSentwässerungS- anlagen auf ihre bauliche und betriebliche Instand haltung hin in dem nachverzeichneten Gebiete diuchgeführtNordwestlich des EisenbahnkürperS bzw. Leipziger Straße und Bischof-Platz: Leipziger, Torgauer, Leisniger, Bürger-, Harkort- und Gut- schmid-Straße bis zum Bischofsplatz und in den innerhalb diese- StraßenzugcS liegenden Straßen «nd Platzteilen. Die Durchführung wird ungefähr vier Wochen beanspruchen. Die Besichtigung ge schieht durch Beauftragte des Rates, die mit amt lichen -lu-weisen versehen sind. Die BcsichtigungS- gebühr von 2 M. wird sofort gegen Empfangs- deMguug erhoben. Die Regelung ist im Ein- vmiehmen mit dem Allgcnwinen Hausbesitzerverein zu Dresden erfolgt. * Heimatkundliches Schulmnseum. Eine Aus- slellung über die „Ackerbaugebiete in Dres dens Umgebung" findet gegenwärtig im heimatkundlichen Schulmuseum des Dresdner Lehrervereins, Sedanstr. 19, statt. Sie will in allgemein verständlicher Weffe einsühren in die Grundlagen des Ackerbaues: Boden, Wetter, lüngung, in die Pflanzen- und Tierwelt, in die Wirtschaft nach Art und Höhe, in die Geschichte und d e Besiedelung der drei in Frage kommenden Legenden: um Wilsdruff, um Schönfeld und uin de» Lvckwitzbach. Die Reihe der eingehenderen Führungen (Mittwoch-) beginnt vr. Tempel vom sächsischen Pflanzenschutzdienst mit einer Ein führung in die ausgestellten pflanzlichen und tierischen Schädlinge am 11. November ^5 Uhr. Äm Bußtag, 18. November, ist das Museum von U—1 Uhr geöffnet, sonst Mittwochs und Sonn abends von 4—6 Uhr. * Dresden alS Songreßstadt. Das städtische Verkehrsamt teilt mit, daß der Deutsche Rad- sahr erb und in Magdeburg nunmehr endgültig beschlossen hat, seinen nächstjährigen Verbands'ag in Dresden abznhaltcn. Damit dürfte für diese Tagung mit einer Besucherzahl von rund 100000 deutschen Radfahrern und ihren Angehörigen zu rechnen sein. * In der Fenerbestattungsanstalt Dresden sanden im Monat Oktoberd. 1.193 Einäscherungen statt, und zwar 110 männlichen und 83 weiblichen <?eschlcchts. Boni Tage der Inbetriebnahme (22. Mai 1911) sind dies 17 201 Einäscherungen. * Sparkasse der Stadt Dresden. Im Monat Oktober sind bei der Sparkasse der Stadt Dresden rund I 008 000 RM. cingezahlt und rund 437 000 M Mückgezahlt worden, mithin betrugen die Nehreinzahlungen rund 571 000 RM. * Gepäckträger und Reisende. Auf unseren Bahnhöfen sind bekanntlich durch Dienst- abzeiche» und eine Nummer erkennb are Gepäckträger bestellt, die das Reise- und Handgepäck innerhalb des Bahnhossbereichs nach den von den Reisenden be- zeichneten Stellen zu bringen haben. Sie sollen ihre Dienstanweisung und den auf Verlangen vorzuzeigen, den Gebührcntarif bei sich tragen, auf Wunsch auch eine mit ihrer Nummer versehene Marke verabfolgen. Die Gebührensätze regeln sich nach dem Gewicht (nichi nach der Zahl) der Gepäckstücke und der Zeit- .dauer für die Beförderung. Bis zur Droschke wer den z. B. in Berlin für 25 lex 30 Pf. erhoben und bei größerem Gewicht für je angefangene 25 kx 15 Pf. zugeschlagen. Dauert die Bedienung länger als l'> Minuten, so erhöhen sich die Sätze um 50 Proz. stuck für die Beförderung des Gepäcks nach und von der Wohnung und für s listige Dienstleistungen ent hält der Tarif feste Sätze. Für die Berliner Bahn höfe bestehen noch besondere Gebühren für die Be förderung des Gepäcks zwischen Aufbewahrung^ und stbsertigungsstelle, über die der Tarif gleichfalls Aus- krmst gibt. Beschwerden über die Gepäckträger sind beim Vorstand der Gepäckabfertigung, beim Bahn- hefsvorstand oder dem zuständigen Eiscnbahnverkehrs- amt anzubringen. * Verband für Jugendhilfe. Im Praktikum sprach Dr. Günther von der Gewcrbeakademie Chemnitz über „Psychotechnische Eignungs- prüfniigen". Zunächst legte der Redner die Notwendigkeit dar, bei der Wahl eines Berufes einen jungen Menschen demjenigen Berufe zuzu- führen, für den er geeignet ist. Die Feststellung dieser Eignung ist möglich durch, die sogenannte pslichotcchnische Eignungsprüfung. Der Redner gab daraus eine Darstellung der Grundsätze, nach denen diese Prüfungen abgehalten werden sollen, und der Methoden, nach denen es möglich ist, für gewisse Eigenschaften eine Meßzahl zu erhalten, die man bei verschiedenen Bewerbern miteinander ver- glechen kann. Nach diesen allgemeinen Dar- legungen führte der Redner weiter aus, in welcher Weise in der Praxis die Auswahl der Lehrlinge für das Mechanikerhandwerk unter Zuhilfenahme psychotechnischer Eignungsprüfungen erfolgt, und zwar über d e Auslese der Lehrlinge bei der Jca st. G., die eine gutgeleitete Lehrlingsabteilung unterhält. Nähere Ausführungen über die Be- Währung der Eignungsprüfung im Mechaniker handwerk, d. h. b s zu welchem Grade die ge- smideuen Ergebnisse während der weiteren Aus bildung des Lehrlings Bestätigung finden, und ihre große Bedeutung für die Praxis, in der sich die psychotcchnische Ergänzmigsprüfung bei der Auswahl von Lehrlinge» als fthr zweckmäßig erwiesen und zu durchaus guten Ergebnissen geführt hat, be- schloffen den in eressantcn Bortrag, der lebhaften Beifall sand und eine anregende Aussprache hervorrief. * Säuglings- und Kleintinderpslrge, sowie «kfundheitspslege der Fran, abgehalten von Frau Funke-Peisker. Beginn: Donnerstag, den 12. November, nachmittags -1 Uhr, im Deutschen Hygiene-Museum, Zirkusstraße 38/40. Teilnehmer- gebühr 10 M. Anmeldungen im Deutschen Hygiene-Muscum und bei Beginn des Kurses. * * Die Fest,«»»« d«S Lustschlosses Pillnitz werden von heu'e ab ans die Dauer der Winter monate für die Besichtigungen geschlossen. H. In Erfüllung der Anweisung in Art. 129 Abs. 3 der Reich-verfassung führt der Entwurf (§8 100fgde.) die Wiederaufnahme de- Ver fahrens in da« Dienststrafrecht ein, und zwar soll die Wiederaufnahme eines jede» durch rechtskräftige Eutscheiduvg beendeten förmlichen oder nichtförm- lichen Dienststrafverfahrens zulässig sein, soweit nicht lediglich die Umwandlung der Strafen der Warnung, de- Verweises oder der Geldstrafe oder die Änderung der Entscheidung über einen Unter- haltszuschuß oder über die Kosten erstrebt wird. In der Ausgestaltung der Voraussetzungen für die Wiederaufnahme schließt ssch der Entwurf grund sätzlich und sinngemäß der Strafprozeßordnung an (vgl. dort §8 359, 368), er geht insofern aber noch weiter, als die Wiederaufnahme auch dann zu gelaffen wird, wenn «»eidliche Zeugenaussagen, auf welche die Entscheidung gegründet ist, oder dergleichen eidliche Zeugenaussagen, ohne daß eine Verletzung der Eidespflicht dabei in Betracht konimt, glaubhaft widerrufen werden. Im übrigen liegt zu 8 100 wieder eine Toppelfassung der Reichsregierung und des Reichsrats vor. Der Reichsrat will im Gegensätze zum strafgerichtlichen Verfahren ein Wiederaufnahmeverfahren zuungunsten des Beschuldigten auch auf Gruud neuer Tatsachen oder Beweis mittel zulassen, weil die Wirkungen eines falschen Freispruchs im Dienststrasrecht viel weitgreifcnder seien als im gerichtlichen Verfahren. Beim ge richtlichen Strafprozeß überwiege das öffentliche Interesse daran, daß ein rechtskräftig ab geschlossenes Verfahren nur in ganz besonderen Ausnahmesälleu wieder umgestvßen werden, könne, selbst wenn im einzelnen Falle der Rechts brecher zu Unrecht freigesprochen worden sei. Beim Dienststrafverfahren dagegen wirke sich die zu Un recht erfolgte Freisprechung des seines Amtes un würdigen Beamten dahin aus, daß der Schädlmg seine öffentlichen Funktionen zum Nachteile von Staat und Volk weiterführe und damit auch Len Beamtenkörper vergiftend anstecken könne. Der Reichsregierung erscheint der Standpunkt des Reichsrats nicht haltbar. Sie. führt dagegen an, daß durch die Wicderaufnahmemöglichkeit zuungunsten des Beamten nur auf Grund neuer Tatsachen und Beweismittel leicht die Möglichkeit eröffnet werde, daß die Verwaltung zum Zwecke der Beseitigung eines freigesprochenen oder nur gering bestraften, ihr aber aus irgendeinem Anlasse nicht genehmen Beamten dauernd dessen dienstliches und außer dienstliches Vorleben nach Tatsachen durchforscht, um diese zu einer wiederholten, auf Dienstent lassung gerichteten Disziplinarverfolgung zu be- nutzen. Dadurch werde aber der Beamte schwerer, durch die Sachlage nicht genügend gerechtfertigter Beunruhigung ausgesetzt, was bcaintcnpolitisch nicht tragbar sein würde. Eine Folge der Einführung des Wiederauf, nahmeverfahrens ist die Entschädigung unschuldig Verurteilter. Der Entwurf sieht sie in 8 116 für den Fall vor, daß ein zur Dienstentlassung verurteilter Beamter im Wiederaufnahmeverfahren freigesprochen oder mit einer geringen Dicnststrafe belegt wird, und zwar auch dann, wenn der Tatbestand nur als nicht ausreichend aufgeklärt befunden wird. Der Beamte soll von der Rechtskraft des aufgehobenen Urteils ab die Rechte und Pflichten eines Beamten im einst- Weiligen Ruhestand (Wartestandsbcamten) er halten und außerdem berechtigt sein, aus der Reichskasse eine Entschädigung nach den Vorschriften des Gesetzes über die Ent, schädigung der im Wiederaufnahmeverfahren frei gesprochenen Personen vom 20. Mai 1898 (RGBl. S. 345) zu verlangen. Gegen diese Regelung wird leicht eingcwendet werden, daß sie keine volle Entschädigung gewähre und daß es dazu nötig sei, den unschuldig verurteilten Be amten sofort wieder in eine seinem früheren Amte gleichkommcnde Stelle einzusetzen. Dies ist aber einmal um deswillen nicht möglich, weil der Ver waltung «richt immer freie Stellen der benötigten Art zur Verfügung stehen werden. Anderseits wird auch dein Beamten, der sich inzwischen viel- leicht eine andere Existenz begründet hat, nicht immer daran gelegen sein, in seine frühere Ver- waltung als aktiver Beamter wieder cinzutreten. Schließlich ist eine volle Entschädigung auch nur dann am Platze, wenn die Unschuld des Beamten erwiesen oder in bezug auf den die Dienstentlassung begründenden Umstand dargetan ist, daß e n be- gründeter Verdacht nicht mehr vmliegl. In diesen Fällen sind aber die Voraussetzungen des oben genannten Gesetze- vom 20. Mai 1898 erfüllt, und der Beamte kann also nach diesem Gesetze ver- langen, daß er in seinem Einkommen aus der Reichskaffe so gestellt werde, als sei er niemals entlassen worden. Da der An prnch den allge- meinen Grundsätzen über Schadensersatz unterliegt, wird dem Beamten allerdings di« Ersparung seiner Arbeitskraft seit seiner Entlassung an- zurechnen sein. Über den Anspruch soll die Dienst, strafkammer durch Beschluß entscheiden. Bon Ministerialrat Schulz», Dresden. Wesentlich verändert werden die Vorschriften über die Dienststrasgerichte, insbesondere in der Richtung einer Verstärkung des richterlichen Elements, das durch die Republikschutzgesetzgebung seinerzeit zum Schaden der Unabhängigkeit der Dienststrasgerichte ver- drängt worden war. Wenn 8 20 zunächst aus- spricht, daß „die Dienststrafgerichte unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen sind", so soll damit außer Zweifel gestellt werden, daß sie — anders als im geltenden Rechte — eigentliche Berichte sind. Ihrer Natur nach sind sie Ver- waltungsgerichte. Die Dienststraskammer soll aus einem Präsidenten, dessen Stellvertretern und Beisitzern bestehen. Die Zahl der Stellvertreter de- Präsidenten und der Beisitzer soll sich nach dem Bedürfnisse richten; sie wird vom Reichs- Minister des Innern festgelcgt. Die Vorsitzenden und ihre Stellvertreter müssen stets berufS- richterliche Beamte im Sinne der 88 1 flgde. des Gerichtsverfassnngsgesctzes oder mit Unab hängigkeit und Unabsetzbarkeit ausgestattete Ver- waltungsrichter, die Beisitzer müssen, soweit sie nicht berufsrichterliche Beamte oder Verwal tungsrichter sind, mindestens zehn Jahre Beamte sein. Bei den Entscheidungen haben außer dem Vorsitzenden zwei Beisitzer mitzuwirkcn, von denen einer tunlichst der Dienstlaufbahn des Beschul digten oder einer gleichwertigen, keiner einer geringeren angehöre.n soll. Bisher war die Mitgliederzahl des erkennenden Gerichts fünf; die Verringerung wird mit der durch die Zeitverhält nisse bedingten allgemeinen Forderung auf Ver- einfachung und Verbilligung der Rechtspflege be- gründet. An der Ernennung der Mitglieder durch den Reichspräsidenten wird sestgchalten. Die Amtsdauer der Mitglieder, die. erst durch das Nepublikschutzgesetz auf drei Jahre herabgesetzt worden war, soll wieder auf fünf Jahre ver- längert werde», um einen zu häufigen, der Stetigkeit der Rechtsprechung nachteiligen Wechsel zu vermeiden. Wenn ein Mitglied aus seinen» Hauptainte ausscheidet, soll jedoch auch sein Amt als Dienststrafrichter erlöschen. Der Dienststrashof, das Dicnststrafgcricht zweiter und letzter Instanz, soll in der Hauptverhandlung mit fünf, iin Be- schlußversahren mit drei Mitgliedern entscheiden. Auch hier wird eine Verringerung der Mitglieder- zahl des erkennenden Gerichts um zwei vor- gcschlagen. Ta im zweiten Rechtszuge die Be urteilung der Rechtsfrage«» überwiegende Be deutung hat, sollen außer dem Präsidenten in» Beschlußversahren mindestens eil» Beisitzer, in» Spruchverfahrei» mindestens zwei Beisitzer Mit- glieder des Reichsgerichts oder des Reichsvcrwal t ungsg erichts sei». Ei» Mit glied, sowohl im Beschluß- wie im Spruchvcr- fahren, soll auch hier, soweit möglich, der Dienst laufbahn des Beschuldigten oder einer gleich- wertigen, keiner aber einer geringere«» angchören. Eine sehr wichtige Neuerung bedeutet die Ausgestaltung des Beschlutzversahrens vor dem Rcichsdicnststrafhofe, wie sie 8 93 des Entwurfs Vorsicht. Danach soll der Reichsdicust- strashos im Beschlußversahren, d. h. i» der Zu sammensetzung von nur drei Mitgliedern und ohne Hauptverhandlung, endgültig darüber entscheide,» können, 1. ob eine Berufung als unzulässig zu ver* werfen ist, weil die Vorschriften über ihre Einlegung und Begründung nicht beachtet sind, 2. ob eine Berufung als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen ist, 3. ob und in welchem Umfange im Falle der Nr. 2 unter Zurückweisung der Berufung im übrigen das auf Dienstentlassung lautende Urteil der Rcichsdienststrafkammcr mit Rück sicht auf einen Untcrhaltszuschuß abzu- ändcrn ist, 4. ob das Urteil aufzuhebei» und an dieselbe oder welche andere Reichsdienststrafkainmer zur nochmaligen Verhandlung und Entschei dung zurückzuvcrwcisen ist. Die Entscheidung im Beschlußversahren sott jedoch iin Falle der Nr. 2 nur zulässig sein, wenn das Urteil entweder nicht auf Dienstentlassung lautet oder wenn eS zwar die Dienstentlassung ausspricht, aber auf den tatsächlichen Feststellungen eines strafgerichtlichen Urteils beruht, derentwegen dieses eine Gefängnisstrafe von mindestens drei Monaten gegen den Beschuldigten verhängt. Die Entscheidung kann im Falle der Nr. 2 nur ein stimmig gcfaßt und braucht nicht begründet zu werden. Diese Ausgestaltung dcS Beschlußverfahrcns verfolgt den besonderen Zweck einer fühlbaren Ent- lastung de- Dicnststrafhoss. Da der zur Dienst- entlassung verurteilte Beamte bis zur Rechtskraft des Urteils mindestens einen Teil seines Dienst- einkommenS behalten muß, ist die Einlegung von Berufung auch in aussichtslosen Fällen zur Regel geworden. Daher kommt cS, daß mindestens 95 v. H. der jetzt dem Dienststrashofe zugehcnden Berufungs sache»» unter die Nr. 2 falle«» und daher künftig ohne Haupt Verhandlung erledigt werden können. Dem gleichen Zwecke einer Entlastung de» Dienst strafhof» dient übrigen» auch die Einführung eine» Gebühr für di« Berufung, wenn diese keinen oder nur teilweise Crfvlg hat (j 135); ihre Höhe soll nach Art und Maß der rechtskräftigen Strafe auf Hundertteile de- einmonatigen Diensteinkommen» (bis höchsten- 50 v. H.) durch die Ausführungs verordnung festgesetzt werden. Die Wirlfamteit de- formellen Dienststrafrecht ¬ erstreckte sich bisher nur auf die Dienstvergehen der Reichsbeamten, die während der Dienstzeit begangen und erkannt wurden. Grundsätzlich soll es dabei verbleiben. Ter En Wurf erfaßt aber darüber hinaus auch die Dienstvergehen, die sich ein Reichsbeamter vor seinem Antritt in den Reichsdienst als Beamter in anderem öffent lichen Dienst (Land, Gemeinde usw.) hat zu- schulde«» kommen lassen. Über die Frage, ob eine vor Eintritt in den öffentlichen Dienst be gangene Verfehlung dem formellen Dienststraf, recht unterliegen soll, ist c» zu einer Überein- stimniung zwischen Reichsregierung und Ncichsrat nicht gekommen. Während die Reichsregieruiig ausdrücklich feststellen will, daß solche Verfehlungen dem Dienststrafrecht unterliegen, will der Reichsrat diesen Standpunkt zwar grundsätzlich anerkenne», aber gleichwohl vorgeschrieben sehen, daß auf Reichsbeamte, die unter arglistiger Verschweigung von Handlungen, welche die Entlastung aus dem Dienste gerechtfertigt haben würden, eine An stellung erlangt haben, die Bestimmungen der ReichSdicnststrafordnung auch h «sichtlich dieser vvr- dienstlicher Verfehlungen Anwendung finde». Die Reichsregierung wendet hiergegen ein, daß eine solche Vorschr st mit den das Ticnststrasrecht be herrschenden Grundsätzen in Widerspruch treten würde. Wer nicht Beamter sei, könne sich nicht eines Dienstvergehens schuldig mache». Vordicnst- liche Verfehlungen könnten deshalb nur in der Weise berücksichtigt werden, daß der Verwaltung unter gew ssen Voraussetzungen das Recht gegeben werde, die Anstellung d.s Beamten wegen Irr tums über seine Person anzufechten. Tie Be fugnis hierzu, die übrigens schon nach geltendem Rechte anzuerkennen sei, dürfe aber aus systema tischen Gründen nicht in der Dienststrafordnung, sondern müsse im materiellen Beamtenrechte ge regelt werden, dessen Vorentwurf auch bereits eine solche Bestimmung enthalte. E ne weitere Ausdehnung der Wirksamkeit de» Dienststrafrcchts sicht der Entwurf in den 88 16, 17 vor, indem unter grundsätzlicher Festhaltung an dein Gedanken, daß Ruheständler nicht mehr Beamte sind und deshalb einem Dienst strafverfahren nicht mehr unterliegen, doch für Aus nahmefälle ein solches zugelastcn werden soll. So soll ein Dienststrafverfahren danr« fortgesetzt werden können, wenn ein Reichsbeamter, gegen den ein förmliches Dienststrafverfahren schwebt, in den Ruhestand tritt, und zwar mit dein Ziele der Aberkennung des Ruhegehalts, der Hinterbliebenen- Versorgung usw., sofern der Beamte nicht auf diese Rechte unter Übernahme der baren Auslagen des Verfahrens verzichtet. Weiter soll aber auch gegen einen Beamten in» Ruhestande eü» Dienst strafverfahren mit dem gleichen Ziele eingeleitet werden können, wenn er a) wegen eines vor Eintritt in den Ruhestand begangenen Verbrechens oder Vergehens zu einer gerichtlichen Strafe verurteilt ist, die den Verlrist der öffentlichen Ämter kraft Ge setzes oder kraft richterlichen Ausspruchs zur Folge hat, d) wegei» eines vor oder nach Eintritt in den Ruhestand begangenen Hoch- oder Landes verrats verurteilt ist, oder v) vor oder nach Eintritt in den Ruhestand seine Pflicht zur Amtsverschwiegenheit derart schuldhaft verletzt hat, daß sich die Dienst- entlassung gerechtfertigt hätte. Der Reichsrat schlägt insoweit eine noch weitergehendere Fassung vor, indem er auch dann gegen den Ruheständler disziplinarisch vorgehen will, wenn er vor seinem Eintritt in den Ruhe stand sich eines Dienstvergehens schuldig gemacht hat, das die Dienstentlassung gerechtfertigt hätte. Für eine solche Ausdehnung »der Wirksamkeit des Dienststrasrechts glaubte die Michsregierung keine«» zwingenden Grund zu sehen. Für die Beamten der Länder und Gemeinden hat die Rcichsdienststrafordnung selbst verstäub! cy keine unmittelbare Wirkung. DajedochnachArt.128(3) der Reichsverfassung die Grundlagen des Be- amlenverhältniffes durch Reichsgesetz zu regel«» sind und die Reichsregierung außerdem auch an der Ermächtigung in Art. 10 der Reichsverfassung, Grundsätze für das Recht der Beamten aller öffent lichen Körperschaften auszustellen, Gebrauch machen will, ist damit zu rechnen, daß die wesentliche«» Bestimmungen der Reichsdienststrafordnung auch für die Staat», und Gemeindebeamten Geltung erhalten werden. Von Sachsen aus ist übrigen« eine solche einheitliche Regelung auch bei dieser Materie nachdrücklichst gefordert worden. Die bevorstehenden Verhandlungen des Reichstags über die Vorlage der Reichsdienststrasordnung würden daher unmittelbare Bedeutung auch für da» sächsische Beamtcnrecht hab«».