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WOLFGANG AMADEUS MOZART (1756-1791) REQUIEM KV 626 in von Franz Xaver Süssmayr vervollständigter Gestalt Wohl kaum eine Schöpfung der musikalischen Weltliteratur war schon zum Zeitpunkt ihres Entstehens so von Geheimnissen umgeben, wie Mozarts letztes und unvollendet gebliebenes Werk: das REQUIEM: Die phantastische Geschichte berichtet vom mysteriösen, graugekleideten Unbekannten, der eines Tages (im Juli 1791) Mozart einen Brief überbrachte, in dem sich ein anonymer Auftraggeber nach dem Preis für die Vertonung einer Totenmesse und die voraussichtliche Kompositionsdauer erkundigte. Die tatsächlichen Umstände des Auftrages erweisen sich als eher banal und nahezu kurios: Der graue Bote war ein Verwalter des Grafen Walsegg zu Stuppach, der die Eigenart besaß, bei Komponisten Werke in Auftrag zu geben und diese als eigene Komposition aufführen zu lassen. Das Requiem war für den ersten Todestag seiner Gattin bestimmt. Obwohl ihm die rasche Abnahme seiner Kräfte das Komponieren sehr erschwerte, beschäftigte sich Mozart umgehend mit der Komposition. Mit Freuden sang er die fertiggestellten Sätze, seinem Schüler Franz Xaver Süssmayr erklärte er die Anlage der noch fehlenden Sätze. Am 5. Dezember 1791 starb Mozart, ohne das Requiem vollendet zu haben. In allen Details ausgearbeitet waren lediglich die ersten beiden Sätze: INTROITUS und KYRIE. In unvollständiger Niederschrift lagen DIES IRAE, TUBA MIRUM, REX TREMENDAE, RECORDARE, CONFUTATIS, LACRYMOSA (wobei der letzte Satz nach acht Takten abbricht) sowie DOMINE JESU CHRISTE und HOSTIAS des Offertoriums vor. Sie umfaßten den kompletten Vokalsatz, den Baß und gelegentliche Andeutungen der Instrumentation. Die Auftragslage veranlaßte Mozarts Witwe Konstanze, eine Ergänzung des Werkes vorzubereiten. Sie übergab die unfertige Partitur Franz Xaver Süssmayr und übertrug ihm die Vollendung des Werkes. War Süssmayr zwar bestrebt, sich an der Instrumentierung und Satzweise der Eingangsteile zu orientieren, weist seine Arbeit doch eine Vielzahl satztechnischer und grammatischer Inkorrektheiten auf, die Mozarts Sprache fremd sind. Die überwältigende und einzigartige Wirkung des Requiems bleibt davon unberührt. Sie erwächst nicht nur der "geheimnisvollen" Geschichte der Entstehung, sondern vielmehr der kompositorischen Dispostion, in welcher Mozart seine individuellen Ausdruckmöglichkeiten mit vielschichtigen Aufnahmen des "alten Stils" von Bach und Händel verschmelzt und gleichermaßen, insbesondere auf dem Gebiet der Harmonik, den Weg späterer kompositorischer Entwicklungen bezeichnet. Mozarts Requiem berührt über alle konfessionellen Bindungen hinaus die letzten und tiefsten Fragen des Menschseins. Uwe Grüner