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durch die Melodik und Orchesterbehandlung erzeugt wird. Der auf der Sonatenhaupt satzform beruhende Allegro-Satz beginnt mit einer ruhig fließenden Orchesterein leitung, die bereits thematisches Material bringt. Die Solo-Violine setzt hiernach mit dem Hauptthema ein, dessen spannungs reich-freundlicher Charakter hervorsticht. Dagegen erscheint das zweite Thema ver haltener, es wirkt durch lyrische Kanta- bilität. In zahlreichen thematischen Varia tionen und Fortspinnungen bietet sich ins besondere für den Solisten die Möglichkeit, unterschiedlichste Ausdrucksmomente dar zustellen. Dies gipfelt in der auskomponier ten Kadenz, die vor der Reprise steht. Die Reprise selbst führt den Satz zu einem aus gewogenen Schluss. Der zweite Satz, eine Canzonetta, wechselt von der Haupttonart D-Dur nach g-Moll. Ein liedhaft-melancho lisches erstes Thema überwiegt hier ein eher lebhaftes zweites. Insgesamt ist die Stimmung des in dreiteiliger Liedform an gelegten Satzes verhalten, betont wird dies zudem durch die Art des gelegentlichen Hervortretens der Klarinetten und Flöten. Das Finale hat tänzerischen Charakter. Hierzu tragen die aus kurzen Motiven ge bildeten Themen, der 2/4-Takt im raschen Tempo sowie die Durchsichtigkeit des Satzes bei. In mannigfaltigen Variationen breitet sich das motivische Geschehen aus und bietet dem Solisten reichhaltige Herausforderungen seines Virtuosentums. Mit temperamentvollem Schwung endet das Violinkonzert. Johannes Brahms’ Sin fonie Nr. 2 D-Dur op. 73 entstand im Sommer 1877 während eines Urlaubs in Pörtschach. Nachdem der Kompo nist sich nur sehr lang sam der Gattung an genähert und um seine 1. Sinfonie fast zwei Jahrzehnte gerungen hatte, schuf er kurz darauf in sehr kurzer Zeit seine 2. Sinfonie, die viele in Anspielung an Beethovens 6. Sinfonie als Brahms’ „Pastorale“ bezeichnen. Am 30. Dezember 1877 wurde das Werk im Musikvereins saal zu Wien mit Hans Richter als Dirigent uraufgeführt und bescherte Brahms einen rauschenden Erfolg. Der mit dem Kompo nisten befreundete Chirurg Theodor Billroth schrieb über das Werk: Das ist ja lauter blauer Himmel, Quellenrieseln, Sonnen schein und kühler grüner Schatten! Der Musikkritiker Eduard Hanslick lobte das Werk ebenfalls in den höchsten Tönen. Auch Brahms selbst war mit der Urauf führung seiner 2. Sinfonie äußerst zufrie den. Das Werk selbst war seiner Meinung nach allerdings zu melancholisch, wie er sich gegenüber seinem Verleger Fritz Simrock äußerte. Von Leipzig aus ging Brahms dann ab dem 10. Januar 1878 da mit selbst auf Tour. Auch hier war die öffentliche Reaktion äußerst positiv, wobei immer wieder der Naturaspekt betont wurde. Der Charakter ist in dieser melodien reichen Sinfonie ein völlig anderer als in der vorangegangenen. Kein Wunder also, dass sie vielfach als das unproblematische, optimistisch helle und freundliche Gegen stück zu Brahms’ erster Sinfonie gilt, in der ernste und grundsätzlich künstlerische Probleme behandelt werden. Im ersten Satz Allegro non troppo der zweiten Sinfonie zitiert Brahms sein Lied „Es liebt sich so lieblich im Lenze? Der zweite, langsame Satz ist etwas schwierig zu erfassen. Darin sind nur wenig ausgeprägte Melodien und thematische Arbeit im traditionellen Sinn vorhanden. Der dritte Satz erweist sich voller origineller Ideen. Der Schlussatz ist für den eher ernst gestimmten Brahms von geradezu heiterer Stimmung. Von den insgesamt vier von Brahms komponierten Sinfonien ist die zweite die am häufigsten im Konzertsaal erklingende.