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Deutsche Memme Zeitung. »Dahrhtit ud Recht, Freiheit nd Sesrh I» D-llucrttag, Iv. Jpli 187S. Zaseratr find «» die rxpedilt»a t» reiVi-L M feide». 3«serti,>»,«dühr für die Gp«U»»teile »» Pf, «Mer Si»»O°»dt »o Ps. von der VerfassuogS-Revisionskommission beantragte Lösung der Judenfrage einer lebhaften Kritik und hebt dabei hervor, daß die Regierung bereit- erklärt habe, fit könne angesicht- der Gefahren, welche dies« dem Art. 44 de- Berliner Vertrage- keine-weg- ent sprechende Lösung der Iudenfrage für Rumänien in sich berge, dem Anträge der Commission nicht zustimmen. *Lukarest, 8. Juli. Da« Ministerium Bra- tiano wird bei der Berathung der staat-bürgerlichen Verhältniff« der Juden in Rumänien die CabinetS- frage stellen. * Wien, 8. Juli abends. Meldungen der Politi schen Correspondenz. AuS Konstantinopel: „Der erste Secretär de- Sultans soll in den nächsten Tagen nach Kairo abgehen, um dem Khedive Tevfik-Pascha den Investiturferman zu überbringen. Namyt- Pascha soll gleichzeitig nach Kairo gehen, um sich authentisch über die Finanzlage Aegyptens zu infor- miren. — Der Sultan hat nachträglich die Ernen nung Gavril-Efendi's und Vulkovit-Bei'S zu ostru- melischen RegierungSdirectoren bestätigt." "Neuxork, 7. Juli. Nachrichten aus Panama vom 28. Juni zufolgt hat der Senat von Columbia den Präsidenten der Republik aufgefordert, in dem chilenischen Kriege den kriegführenden Staaten seine guten Dienste anzubieten. Bor der letzten Entscheidung. — Leipzig, 9. Juli. Die letzte Entscheidung in Sachen der Finanz- und Zollreform steht bevor; ja über einen der Hauptpunkte, den Frankenstcin'schen An trag, ist sie vielleicht schon gefallen, ehe dieser unser Artikel zur Presse geht. Suchen wir in diesem letzten Moment nochmals klar zu stellen, um was es sich handelt, denn durch das viele Hin- und Widerreden ist die eigentliche Sach lage zum Theil eher verdunkelt als aufgehellt worden. Was wgr der Gryndgedankt und der bestimmende Zweck der vom Rvchttayzkr betriebenen Fiuanzresorm? E« w« «ia - I) Verminderung der allzu drückend werdenden direc- ten Steuern durch Erhöhung dir indirecten, namentlich solcher von nicht unbedingt zum Leben nothwendigen, doch aber sehr weitverbreiteten VerbrauchSgegenständen, wie Taback; 2) Schaffung ausgiebiger Egener Einnahmen für- Reich (die logische Folge vosi I, da alle indirecten Steuern dem Reiche zufließen). Der Zweck unter 1, Ersetzung eines Theile- der direkten Steuern durch indirekte, wird jedenfalls bei Ausführung der Finanzreform erreicht — in welchem Umfange, läßt sich noch nicht gtnau übersehen. Durch diese Steuerreform wird zunächst nicht eine Vermeh rung der Steuern überhaupt, sondern nur eine andere Veranlagung und Bertheilung derselben bezweckt. Der Steuerzahler im Einzelstaate (z. B. in Sachsen) wird, wenn durch die vermehrten indirekten Steuern die Matrirularbeiträge erspart werden, um so viel weniger direkte Staatssteuern zahlen, er wird aber seinen Taback, seinen Kaffee und eine Reihe anderer täglicher Be dürfnisse (darunter leider auch einige unentbehrliche) etwas höher bezahlen müssen. Um wie viel, läßt sich auch noch nicht bestimmt sagen. Ebenso ist e« zur Zeit eine bloße Hoffnung, daß durch Errichtung einer Anzahl von Schutzzöllen für heimische Gewerbe der Ertrag dieser und namentlich auch der Arbeitsverdienst daraus sich steigern werde — eine Hoffnung, die wir, wenn denn nun einmal ein Schutzzollsystem eingeführt werden soll, wenigsten- in möglichst reichem Maße in Erfüllung gehen zu sehen wünschen. So viel über die Wirkungen der Finanzreform in Bezug auf die Veranlagung der Steuern! Wa- nun aber da- Gebaren mit den daraus zu vereinnahmen den Geldern betrifft, so ging die Meinung de- Reichs kanzler- anfangs au-gesprochenermaßen entschieden dahin, daß die Einzelstaaten damit so lange gar nichts zu thun haben sollten, bis der ganze Bedarf de-Reiche- gedeckt wäre; erst dann sollte ein etwaiger Ueberschuß an sie vertheilt werden. Durch den Franckenstein'schen Antrag ist dies nun anscheinend dahin abgeändert, daß alle Reichseinnahmen über etwa 105 Mill. M. (die DnrchschnittSsumme der letzten Jahre) oder, nach Windt- horst's Antrag, über 130 Mill. M., den Einzelstaaten gehören sollen. Davon würden diese dann die vom BundeSrathe und Reichstage festgestellten Matricularbei- träge ans Reich abführen, den Rest für sich behalten. Streitig oder unklar ist eS bisjetzt noch, ob diese „Ueberweisung" der Reichseinnahmen an die Einzel» staaten iu natura oder, was die Summe der Matri- cularbeitrage betrifft, bloö auf dem Papier vor sich gehen soll. Der Unterschied ist ein sehr praktischer. Im erster» Falle könnte einmal ein Einzelstaat die Auszahlung der Matricularbeiträge verweigern, oder verzögern, oder sich außer Stande erklären, solche zu leisten; im zweiten Falle (wo da- Reich die betreffende Summe gleich innebehält) kann so etwa- nicht vor» kommen. Darüber nun, meinen wir, wird die national liberale Partei sich vor der Abstimmung über den Franckenstein'schen Antrag eine ganz sichere authentische Auslegung haben verschaffen müssen, und von der Art dieser Auskunft war eS abhängig, wir sie zu stimme« hatte. Wenn das richtig ist, was gestern au- dem BundeSrathe gemeldet ward, so möchten wir glauben, der BundeSrath habe diejenige Auslegung zu der seinigen gemacht, bei welcher allerdings der Francken- stein'sche Antrag seinen gefährlichen particularistischen Hintergedanken, freilich aber auch, wie uns scheint, seine ganze Wichtigkeit für das Centrum verlieren würde. Denn in dem gemeldeten Zusatz des Bundeö- ratheS zum Franckenstein'schen Anträge hieß eS: der Ueberschuß der Reichseinnahmen über die bisherige DurchschnittSsumme solle an den Matricularbeiträge» Nr. 158. Leidig. «Ochtia! aujcr Sonata»». tt,U4. prei» 7». do Pf. S«»« »inttln« Naauoer «Pf. Telegraphische Depeschen. * Lmr, 8. Juli. Se. Maj. der Kaiser hat gestern der Vorstellung im Theater beigewohnt. Die Cur gebrauchte allrrhöchstderselbe heute i» gewohnter Weise. Zum Diner haben der Herzog Bernhard von Sachsen- Meiningen und der Fürst von Schwarzburg. Rudol stadt Einladungen erhalten. *»«*lau, 8. Juli. Bei der heute im hiesigen Ostbezirk stattgehabten Neuwahl eine- ReichStagS- abtzeordueteu an Stelle deS verstorbenen Abg. Reinders erhielt Justizrath Leonhard (national-liberal) 5682 Stimmen, Hasenclever (Socialdemokrat) 5415 Stimmen und Hager (Centrum) 2933 Stimmen. Es ist eine Stichwahl zwischen Leonhard und Hasenclever erfor derlich. "Stuttgart, 8. Juli. Der StaatS-Anzeiger für Würtemberg veröffentlicht eine königliche Verordnung, durch welche die Kammern zum 16. Juli einbe- rufen werden. * Wien, 8. Juli mittags. Das Fremdenblatt wider legt in einem Leitartikel über das Resultat der Wahl bewegung die Behauptung, daß man am Beginn einer Reaktion stehe, und constatirt, daß nach dem Ergebnisse der Wahlen keine staatsrechtliche Partei stark genug sei, um die Regierung in den Wirbel von Versaffvng-conflicten hineinzuziehen. Die Hauptauf- giche deS nächsten Unterhauses werd« die Herstelluug deS Gleichgewichts sein, jede andere Tendenz aber werde auf entschiedenen Widerstand stoßen. "London, 8. Juli morgens. Unterhaus (Schluß): Infolge der Mittheilung deS Staatssekretärs deö Kriege-, Stanley, beantragte Chamberlain bei dem Wiedereintritt in die Specialdebatte der Bill über die ArmeediSciplin die Vertagung der Berathung, weil da- Hau- von der Regierung zu einem Jrrthum ver anlaßt worden sei, indem es annahm, daß die Regie- rnng i» die völlige Aufhebung der Prügelstrafe willige. Der Staatssekretär Stanley bestritt die-. Hiernach nahm die Debatte, welche bereits um 5'/» Uhr be- gonnm hatte, tinensehr («bhaftenBerlauf bis L t - Uhr morgens. Der Antrag auf Vertagung der weitern Berathung der Bill war mit 250! gegen 36 Stimmen abgelehnt worden. Der Deputate Parnell ersuchte schließlich den Schatzkanzler Northcote, mit Rücksicht auf die vorgerückte Zeit in die Vertagung der Debatte zu willigen. Der Schatzkanzler kam diesem Verlangen nach unter der Bedingung, daß die Bill in der heutigen Nachmittagssitzung unbehindert weiter berathen werde. Hierauf vertagte sich das HauS. "Loudon, 8. Juli. Die internationale Tele- graphenconferenz hat sich im Princip für die An nahme des Worttarifs mit seiner Grundtaxe, welche dem Preise von fünf Worten gleichkommt, ausgesprochen. Ueber den Preis des Wortes ist noch keine Entscheidung getroffen worden. * Bukarest, 8. Juli. Der Romanul unterzieht die Leipziger Stadttheater. L Leipzig, 9. Juli. Wir stehen in der Periode der Gastspiele behufs Erwerbung neuer Mitglieder und Ausfüllung entstandener Lücken. Ueber zwei Damen gastspiele dieser Art ward schon berichtet. Auch da« des Hrn. Karl Bergmann vom Hoftheater zu Wies baden gehört zweifelsohne in diese Kategorie: eS gilt einen Ersatz für Hrn. Grube. Hr. Bergmann trat zuerst am vergangenen Sonnabend als Karl Moor in Schiller's „Räubern" auf. Die Rolle ist insofern zu einer Gastrolle weniger geeignet, als ihr der sichere Boden eines natürlichen und psychologisch wahrschein liche» Charakters fehlt, statt dessen sie reich ist an Ungeheuerlichkeiten und Uebertreibungen, wie das ja der Dichter selbst zugestanden hat. Der Schauspieler ist da in gewisser Hinsicht allerdings gerechtfertigt, wenn er, dem Dichter nachgehend, sich auch zu einem hoch- getriebenen Pathos verleiten läßt; allein das ästhe tische Gefühl, welches Naturwahrheit fordert, nimmt dennoch daran Anstoß und läßt den Darsteller ent gelten, was wenigstens zum Theil auf Rechunng des Dichters kommt. Auch in Hrn. Bergmann's Karl Moor erschien un« manches im sprachlichen Ausdruck als zu sehr bloS äußerlich aufgetragen, zu declamatorisch, nicht genug von innen heraus kommend und den vollen Klang innerlichster Empfindung wiedergebend. Sein Spiel war der Situation angemessen. Die Persön lichkeit deS Gastes ist eine stattliche, seine GesichtSzüge sind ausdrucksvoll, seine ganze Erscheinung hat etwas Ansprechendes. Wir haben absichtlich diese Kritik über das erste Gastspiel des Hrn. Bergmann zurückgehalten, um so- gleich die über das gestrige zweite beizufügen. Hier, in den „Journalisten", hatte es der Gast mit einer interessanten, fein durchgearbeijfete» und trotz einiger Pointirung doch im Rahmen des Natürlichen gehalte nen Rolle, der de- Bolz, zi? thun. Und mit Ver gnügen erkennen wir an, daß der geehrte Gast sich dieser Aufgabe Mit viel Gewandtheit, ungezwungenem Humor und doch — namentlich in dem letzter» Theil der Rolle — auch mit der nöthigen Ruhe und Samm lung in den Bewegungen entledigte. Nur in der Ton bildung hat Hr. Bergmann etwas, was bisweilen störend wirkt und was er sich abgewvhnen möchte; der Ton scheint nicht einfach und natürlich aus der Brust zu kommen, sondern gepreßt zu werden, wodurch er etwas FcrcirteS, Gemachte« bekommt. Als Adelheid Runeck sahen wir Frl. Friedhoff wieder, die neulich als junger Goethe gastirte. Auch ihr lassen wir gern die Gerechtigkeit widerfahren, daß sie in dieser natürlicher» und nicht so, wie jene, auf die Spitze gestellten Rolle auch mehr befriedigte. Sie wußte das Selbstsichere, bisweilen Uebermülhig-Kecke der wohlhabenden Erbin mit dem Mädchenhaft-Zarten ungesucht und in feinen Uebergängen zu vereinigen. Vielleicht gab sie dem letzten Moment hier und da allzu sehr den Charakter de- Schüchternen, was doch wol zum Charakter der Adelheid weniger stimmt. Frl. Friedhoff ist gewandt und sicher in Bewegung und Mienenspiel und weiß ihrem ansprechenden, bieg samen Organ die entsprechenden Modulationen zu geben. Beide Gäste wurden, zusammen mit heimischen Künstlern, mehrfach gerufen. Letztere secundirten den Fremden wacker, und so ging die ganze Darstellung deS prächtigen Lustspiels in der zum größten Theil schon bekannten Besetzung (Oberst Hr- Stürmer, Pro fessor Hr. Johannes, Piepenbrink Hr. Eichenwald, Sen den Hr. Conrad, Blumenberg Hr. Pettera, Bellmäu« Hr. Stöckel, Schmock Hr. Tietz, Korb Hr. Hans Förster, dazu die Damen Frl. Paula Tullinger als Ida, Frl. Knauff als Tänzerin, Frau Schubert als Frau Piepen brink) mit gewohnter Präcision trefflich zusammen. Wieder eine neue Ausgabe der Justizgesetzt! Sie führt den Titel: „Die neuen deutschen Reichs-Justiz gesetze. Enthaltend: Livilproeeßordnung; Strafproceß- ordnung; EoncurSordnung; GerichtSverfassungSgesetz; Ge- richt«kostengesetz; Rechtsanwaltsordnung; Gebührenordnun-' gen für Anwälte, Gerichtsvollzieher und Zeugen nebst den Ta rifen ; Ein- und AuSsUhrungSgesetze,c. Für den praktische« Gebrauch ausführlich ergänzt und erläutert unter Benutzung der amtlichen Materialien von Max v. Oe« selb. Erste Lie ferung" (Berlin, Verlag von Gustav Hempel). — Wie das Schweizerische Assecuranzblatt schreibt, war da« Leben des Prinzen Louis Napoleon vor feiner Einschiffung nach Afrika zwar nicht so hoch al« seinerzeit da« de« Prinzen von Wale«, aber immerhin mit der respec- tabeln Summe von 30000 Psd. St. bei einer englische» Gesellschaft versichert. — Au« Norderney geht un« von kompetenter Seite die Nachricht zu, daß der Gesundheitszustand daselbst ein so günstiger sei wie seit vielen Jahren nicht, und daß die entgegenstehenden, au« unlautern Quellen geflossenen Gerüchte alle« Grundes entbehrten.