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S32 derbLnden unter besonderer Berücksichtigung und Forderung de» Zusammenschlusse» verwandter Industriezweige erlassen und den LandeSbehörden die Eontrole über die nach Maß gabe de« Gesetze« errichteten Kassen zugewiesen werden. Die Aussicht, daß dieser Wunsch seitens der Reichs regierung, selbst dann, wenn der Reichstag sich dem Anträge deS CentrumS anschlösse, erfüllt würde, ist schwach; denn der Vertreter der Rcichsregierung in der Commission hat die Schwierigkeiten der Regelung der in Betracht kommenden Verhältnisse als noch nicht überwunden erklärt und darauf aufmerksam gemacht, daß die Abfassung einer bloßen Resolution die Sache nicht fördern, die Schwierigkeiten nicht überwinden werde. Der Abg. Stumm hat daher einen Gesetzent wurf vorgelegt; allein auch auf diesem Wege ist kaum weiter zu kommen, da dieser Entwurf nicht viel andedeS enthält als eine Copie der die KnappschaftSkasscn be treffenden Bestimmungen des Bergrechtes, diese Be stimmungen aber, wie von mehrern Seiten in der Commission und auch von feiten des Regierungsver- tretcrS Geheimrath Nieberding hervorgehoben würde, sich kaum im Bergbauwcsen bewährt haben und schwer lich darüber hinaus anwendbar sein dürften. Angesichts der Schwierigkeiten will ein Theil der Commission (vr. Hammacher rc.) eine Vereinfachung dadurch er reichen, daß die Zwangskaffen sich lediglich mit Arbeiter versorgung beschäftigen sollen, ein anderer Theil will sie auf bloße Spargelderverwaltung anweisen. Außer dem ist in der Commission noch die Ansicht vertreten, daß sich die Zwangsversorgung auch auf die ländlichen Arbeiter zu erstrecken habe; dem endlich steht eine kleine Partei gegenüber, welche sowol ZwangSkaffen als Kaffenzwang für unzulässig erklärt. Trotz dieser Meinungsverschiedenheiten ist die Möglichkeit noch nicht ausgeschlossen, daß die Commission etwas Positives leiste, und wäre es nur die Aufstellung von Normal statuten für Alters- und Jnvalidenversorgungsanstalten und Verbände solcher. ** Scrim, 19. März. Die Abg. Witte-Rostock und Or. Stephani haben, unterstützt von zahlreichen Mitgliedern der national-liberalen Partei, folgende Interpellation eingebracht: Beabsichtigt die Reichsregierung in entsprechender Weise, wie dies seitens der französischen, englischen und anderer Regierungen geschieht, die zur Sicherung des auswärtigen Marktes wllnschenswerthe Betheiligung deutscher Industrie' ände» Ausstellungen,welche für diese« Jahr in Sidney, für künftige« in Melbourne in Australien projectirt sind, durch Abordnung eines deutschen Lommissar« oder auf sonst geeignete Weise zu unterstützen? Wie man hört, ist Deutschland unter allen Cul- turländern das einzige, welches ein officielles Interesse für die in Rede stehenden Ausstellungen bisher nicht an de» Tag gelegt hat. Von Oesterreich ist uns be kannt, daß dasselbe bereits im nächsten Monat ein Kriegsschiff nach Sidney abgchen lassen wird, welches außer drei Regierungscommiffaren auch die Waaren der Aussteller an Bord nehmen wird. Die Eröffnung der Ausstellung von Sidney ist infolge der unerwartet großen Zahl von Anmeldungen vom 1. Aug. d. I. auf den 1. Sept, verlegt worden. Nichtsdestoweniger wird sich bei der Kürze der Zeit und der langen Dauer der Ueberfahrt eine größere Betheiligung Deutsch- laudS nicht mehr erreichen lassen. Um so mehr aber wird man erwarten dürfen, daß wenigstens für die nächstjährige Ausstellung in Melbourne die Neichsre- gierung die gewünschten Maßregeln ergreifen wird. Das Interesse, welches die deutsche Exportindustrie ge rade an einer entsprechenden Vertretung auf einem noch so ausdehnungsfähigen Markte hat, liegt klar auf der Hand. X Scrim, 19. März. Ueber die weitere Behand lung des Gesetzentwurfs zur Tabacksbesteuerung sind in den letzten Tagen mehrfach irrige Mittheilun- gen gemacht worden. Bei der Berathung dieser Ma terie durch die Ausschüsse für Zoll- und Sleuerwesen, für Handel und Verkehr und für Rechnungswesen wurde von den preußischen Bevollmächtigten das An erbieten gemacht, einen im Sinne der Tabacksbesteue rung nach dem Gewicht ausgearbeiteten Gesetzentwurf vorzulegen, weil sich die Mehrheit der Berathenden zu der Tabacksbesteuerung nach dem Gewicht hinneigte. Diesem Anerbieten ist auch die That gefolgt. Der Entwurf hat zwei Abschnitte, von denen der eine die! Besteuerung, der andere die Nachbesteuerung regelt. Dieser den genannten Ausschüssen Übermächte Entwurf soll aber nicht als ein Antrag der preußischen Regie rung an den Bundesrath angesehen werden, sondern als Vorschlag der Ausschüsse. , — Nach neuern Mittheilungen hat die Tarifcom-! Mission sich auch für Wiedereinführung eines Ausfuhr zolles auf Lumpen entschieden. — Die Vorschläge des preußischen Entwurfes in der Tabackssteuerfrage werden neuerlichst dahin präcisirt: Ausländischer Noh- taback, Rauchtaback und Cigarren sollen zahlen 70, 115 und 150 M. pro Centner, inländischer Roh- taback 58 M. — Der Bundesrath hielt am 18. März eine Plenarsitzung unter Vorsitz des Präsidenten des Reichs- kanzleramtes Staatsminister Hofmann: Nach Feststellung de» Protokoll« der vorigen Sitzung machte der Vorsitzende Miltheilung von einer wegen Belei digung de« Bundc-rathe» durch die Presse erfolgten straf rechtlichen Berurtheilung. Ferner wurden mitgetheilt: Schreiben de« Präsidenten de« Reich«tage» betreffend Be schlüsse de« Reichstage» über eine Petition wegen Gewäh rung von Jnvalidenpension, und über die internationale Lonvention betreffend Maßregeln gegen die Reblau». Vor lagen betreffend den Entwurf einer Verordnung über die Tagegelder, Fuhrkosten rc. der gesandtschaftlichen und Lon- sularbeamten und betreffend den Entwurf «ine» Gesetze« wegen Abänderung der 88. 30 und 33 der Gewerbeordnung wurden den bezüglichen Ausschüssen überwiesen. Von der Vorlage -betreffend den zwischen Deutschland, Oesterreich- Ungarn, Frankreich, Großbritannien, Italien, Rußland und der Türkei abgeschlossenen Vertrag vom 13. Juli 1878 wurde Kenntniß genommen. Hierauf wurde Beschluß ge faßt über baS Pension«verhältniß mehrerer Beamten der Postverwaltung. Ausschußberichte wurden erstattet über a) den Abschluß eine« Freundschaft«-, Handels-, Schiffahrt«- und Lonsularvertrages mit Hawaii. Es wurde da« Ein- verständniß mit dem Abschlusse de« Vertrage« unter gewissen Aenderungen de« vorgelegten Entwurf« erklärt; b) den Entwurf eines Gesetzes über die Lonsulargerichtsbarkeit. Der Gesetzentwurf wurde nach dem Ausschußantrage geneh migt. Sodann wurden Lommiffarien ernannt für die Be rathung von Vorlagen im Reichstag«. Endlich wurden verschiedene Eingaben vorgelegt und den belheiligten Aus schüssen, beziehungsweise der Lommission für die Zolltarif revision überwiesen. — Ueber die Frage deS Baues eines neuen Reichstagsgebäudes schreibt man der Schlesischen Zeitung aus Berlin: Gutem Vernehmen nach unterliegt es keinem Zweifel mehr, daß den Reichstag noch in dieser Session die Frage betreffend den Bau eines definitiven Reichstagsgebäude« auf Grund einer Vorlage der Regierung beschäftigen wird. Das Bauterrain, welche« die Regierung dem Reichstage Vorschlägen wird, ist da« Areal de« gräflich RaczynSki'schen Palais auf dem Königsplatze. Wie ich erfahre, wird die bezügliche Vorlage in kürzester Frist, vielleicht sogar noch vor Ostern, dem Reichstage zugchen. Das Terrain de« RaczynSki'schen PalaiS hat man eigentlich für da« definitive Reichstagsgebäude nie ganz aus den Augen gelassen, wenn auch die Schwierigkeiten, die sich früher der Erwerbung des Palais in den Weg stellten, eine Zeit lang Anlaß geben muß ten, die Blicke auf andere, eventuell geeignete Terrains für den bezeichneten Zweck zu richten. Bekanntlich wurde im Jahre 1873 eine Lonimission aus Regierungsvertretern und Parla mentsmitgliedern gebildet, welche Vorschläge bezüglich der Er werbung eine« Baugrundes für ein Reichstagsgebäude machen sollte. Diese Lommission, deren Vorsitzender Minisierialdirec- torWeishaupt war, sah nach längern Erwägungen von dem Er werb eines Bauterrains in der inner» Stadt ab, insofern in die sem Falle ein größerer Lomplex von vorhandenen Baulichkeiten angekauft und niedergelegt werden mußte, und der Plan immerhin an dem Widerstande eines dem Verkauf abge neigten Grundstücksbesitzers scheitern, konnte, der einem Ex- propriationsversuche gegenüber daran festhielt, daß da« Reichstagsgebäude nicht durchaus- an dieser Einen Stell« seinen Platz erhalten mußte. Man richtete sein Augenmerk nunmehr auf außerhalb der Stadt gelogene« Terrain und entschied sich für die Erwerbung des Kroll'schen Etablisse ments, ein Vorschlag, der bekanntlich vom Reichstage ab- gelehnt wurde, und demnächst sür den Ankauf de« Raczynski'- schen Palais. Ein Mangel, den das letzter« Terrain gegen den Platz des Kroll'schen Etablissement neben an derweitigen Vorzügen bietet, besteht darin, daß die Ent scheidung schwierig ist, nach welcher Seite sich die Haupt- fa^ade des monumentalen Gebäudes wenden soll, nach der Stadt oder nach der Siegessäule zu, in welch letzterm Fälle die Dinge sich so gestalten würden, daß alle Welt das Ge bäude durch die Hinterpforte betritt. Indessen konnte man wegen dieses einzigen Mangels von dem so günstig gelc- nen Terrain nicht absehen; eine unmittelbare Erwerbung desselben ließ sich jedoch nicht ausführen, da aus Rücksicht auf da« hohe Alter und die angesehene Stellung des In- Habers des Palais von jedem energischen Schritte zu diesem Ziele abgesehen werden mußte. Die Sachlage änderte sich nach dem Tode des Besitzers um so mehr, al« dessen Erben sich zu einem Abkommen bereit zeigten. Eine Verständi gung konnte daher nunmehr erfolgen, und eS handelt sich letzt nur noch darum, daß der Reichstag seine Zustimmung zu dem Aukaufe de» Palais gibt. — Die national-liberale Fraction hat jetzt ihren Vorstand bestellt und die bisherigen Vorstands mitglieder mit Ausnahme deS Abg. v. Hölder, der eine Wiederwahl ablehnte, wiedergewählt. Der Vor stand besteht nunmehr aus den Herren vr. Bamber ger, v. Benda, v. Bennigsen, Lasker, Kiefer, v. Stauf- fenberg, Stephani, Völk, v. Unruh, Weigel. — Or. Otto MichaeliS, bisher Director der Finanz- abtheilung des Neichskanzleramts, ist zum Nachfolger des Präsidenten Elwanaer beim Invalidenfonds be stimmt. Die Kölnische Zeitung bemerkt dazu: „Es ist dem ausgezeichneten Nationalökonomen wohl zu gönnen, daß er in eine Stellung einrückt, wo er mit seinen Ansichten nicht in Conflict kommt mit den jetzt von oben her beförderten Ansichten, die übrigens bei den alten preußischen Beamten noch immer keinen Boden finden zum Wurzelschlagen." zu ernstlichen Besorgnissen Anlaß. Der Prinz, welcher am 29. Juni sein 78. Lebensjahr vollendet, erfreute sich bisher noch immer einer kräftigen Gesundheit. -- Neuerdings wurden Mittheilungen, angeblich au« Braunschweig, verbreitet über ein bevorstehendes Arran gement mit dem Herzog von Cumberland. Wie mir versichert wird, sind dieselben völlig grundlos. — Die VolkS-Zeitung berichtet auS Berlin: „Die vier russischen Jünglinge (drei Studenten und ein Commis), welche in Königsberg längere Zeit we gen angeblich nihilistischer Complote eingczogen waren, sind am Sonnabend nachwittagS 4 Uhr, mit Auslands pässen versehen, in Begleitung eines Schutzmannes nach Pillau gebracht und dort auf einem Dampfer zunächst nach Kopenhagen eingeschifft. Es war vor kurzem schon daran, daß sie nach Rußland auSgeliesert werden sollten, wo ihrer natürlich Sibirien geharrt hätte. Es hat sehr viel Mühe gekostet, dH Sache in die jetzigen Bahnen zu leiten. Reisegeld für die aller Mittel baren jungen Männer haben deren israelitische Glaubensgenossen in Königsberg aufgebracht." Thüringische Staaten. 1 Weimar, 18. März. In der gestrigen Sitzung des Landtags erklärte auf eine gestellte Interpellation der Geh. Staatsrath Oe. v. Groß, daß die Regierung einer Besteuerung der Wanderlager zu Gunsten der Gemeindfkasse, wenn solche durch Ortsstatut begründet werde, nicht ent gegen sein würde. Auf eine andere Interpellation, die Bereinigung der Stellung von Directionsmitgliedern mit der von Regierungscommiffarien bei der Thü ringischen Eisenbahn betreffend, antwortete vc. v. Groß "dahin, daß bereits 1876 die bei der genannte» Eisen bahn betheiligten Regierungen sich über eine Tennung dieser beiden Functionen verständigt hätten, der Ver- waltungsrath aber darauf nicht eingegangen sei und auch vou einer Generalversammlung eine zustimmende Resolution nicht zu erwarten wäre. Oesterreich-Ungarn. In Prag hielt am 16. März der Kronprinz Erzherzog Rudolf im Militärwissenschaftlichen Ver eine den angekündigten Bortrag über die Erstürmung der Höhen von Spicheren durch Truppen der preußi schen 1. Armee im Jahre 1870. Um den Thronfolger des Reiches vortragen zu hören, hätten sich der größte Theil des OffiziercorpS der Prager Garnison, fast alle Generale und Stabsoffiziere, außerdem viele Offiziere des Ruhestandes, Militärbeamte rc. in den Räumlich keiten deS Vereins eingefunden. Se. kaiserl. Hoh. er örterte das Thema nach der Schilderung wiener Blät ter in klarer und eingehender Weise, die Details auf einer Karte deS Schlachtterrains erläuternd. Der Bor trag zeigte, wie ernst und gründlich der Prinz die kriegswiffenschaftlichen Studien betreibt. Er leitete den Vortrag mit einer kurzen Uebersicht der Positionen der drei deutschen Armeen ein, ging auf das Gefecht bei Spicheren in seinen taktischen Einzelheiten über und wies bei den einzelnen Gefechtsmomenten auf die Wichtigkeit einer gut ausgebildeten Fußtruppe hin, welchem Umstande auch der Erfolg der im Gefecht ge wesenen preußischen Truppen zugeschrieben werden mässe. (In besonder» Ehren gedachte der Kronprinz der Lei stungen deS gefallenen preußischen Generals v.FransoiS) Der Vortragende kam in der Beschreibung des Ge fechts bis zum Stande desselben uni 6 Uhr nachmit tags des Schlachttages, also zu dem Moment, wo der Kampf seiner Entscheidung entgegeneilte. Ein dem nächst stattfindender Schlußvortrag wird sich mit den letzten Stunden der Schlacht und dem Ausgange der selben beschäftigen. Reicher Beifall des glänzenden Auditoriums, welches mit Spannung den Darlegungen deS hohen Redners folgte, gab sich kund, als derselbe den Vortrag beendet hatte. Unter den Anwesenden wurden nur zwei Nichtmilitärs bemerkt: Professor vc. Brehm, der Gast des Kronprinzen, und Professor Koristka, der Ehrenmitglied deS Militärwiffenschaft- lichen Vereins ist. — Laut amtlichen Berichten stehen in Szeged in von 6350 Häusern iw Ganzen noch 334, bewohnbar sind blos 261. Spanien. In Paris spricht man der Agence HavaS zufolge von dem Plan einer Vermählung deS Königs von Spanien mit einer Tochter des Grafen von Paris. — Auf Grund des RcichSgesetzcs von, 21. Oct. 1878 wurde verboten das photographische Gruppenbild, auf welchem sich die Medaillonporträts von neun socialdemokratischen Reichstagsabgeordneten mit Bei fügung ihrer Namen, in dem Mittelfelde die Jahres zahl 1878 und die Unterschrift: „K. F. Reinders, Neudorfstraße in Breslau", finden. Preußen. ><Lerlin, 19. März. DaS Be finden des Prinzen Karl, der sich bekanntlich bei dem Leichenbcgängniß des Feldmarschalls Grafen v. Roon eine Erkältung zugezogen hat, gibt seit gestern Frankreich. pari«, 18. März. Der auf die Freiheit be- ! höhern Unterrichts bezügliche Gesetzentwurf von ! Hrn. IuleS Ferry kommt heute zur Verlheilung. In > der Darlegung der Motive, die dem Entwürfe vor- ! ausgeht, betont der Minister namentlich den Art. 7 deS Entwurfes, der den nicht autorisirten Congrega- i nisten die Ertheilung deS Unterrichts untersagt. „Rach ! reiflicher Ueberlegung", schreibt Hr. IuleS Ferry, „bean tragt* die Regierung, im Augenblicke, da sie danach trachtet, daS Erbgut deS Staates in Sachen deS Un terrichts wiederherzustellen, eins der ältesten und be ständigsten Principien unser- öffentlichen Rechte»-an-