Volltext Seite (XML)
Lem Königreich Italien al« letzter Rest der ehemaligen KampfeSpolitik übrigbleiben. Die geplante Uebernahme des päpstlichen StaatSsecretariat« durch Monsignore Jacobini erklärt zunächst den Umstand, daß die in Kissingcn begonnenen Verhandlungen in Wien weiter- gesührt werden. Die Wahl der Person des päpstlichen Bevollmächtigten beweist außerdem, daß e« der Curie aufrichtiger Ernst ist, mit dem Deutschen Reiche wie der zu einem Einvernehmen zu gelangen. Der Leiter der curialen Politik bietet die beste Gewähr für die Ausführung der unter seiner Aegide getroffenen Ver einbarungen." '' Preußen. Der StaatS-Anzciger enthält folgen des Dementi: „Mehrere Zeitungen bringen den Be such einer höhern Hoscharge bei dem I. und k. öster reichisch-ungarischen Botschafter mit einer angeblich be vorstehenden Auffahrt „dcS Kaisers und der Kaiserin bei der Gräfin Szichinyi" in Verbindung. Diese Notiz zeugt von vollständiger Unkenntniß aller «in- schlagenden Verhältnisse. Die hiesige Hofgesellschaft stattet bekanntlich einem neuernannten fremden Bot schafter und dessen Gemahlin den ersten Besuch ab. Der Empfang in der k. und k. Botschaft zu diesem Behufe wird dem Vernehme» nach erst in den ersten Tagen des nächsten Monats staltfinden. Die Nach richt von einer Auffahrt Ihrer k. und k. Majestäten kann nur in der Phantasie des betreffenden Correspon- Lenten entstanden sein." — Ein von circa 200 Personen besuchte Versamm lung des kirchlichen Vereins der Sanct-Jakobi- Parochie in Berlin unter Vorsitz des Fabrikanten Schlunck hat einstimmig einen Protest beim Ober- kirchenrath beschlossen gegen die vom königlichen Con- fistorium ausgesprochene Bestätigung der Wahl des Oberpfarrers Werner aus Guben als Oberpfarrer von Sanct-Jakobi. — Zu der Stellung des Cultusministers in der Frage der Simultanschulen bringt das Posener Tageblatt folgenden neuen Beitrag: Die katholischen Bürger der Stadt Mes« ritz hatten sich an den Eultusminister mit dem Anträge gewendet, die da selbst eingerichtete paritäiische Lommunalschule wieder auf- zuheben. Der Minister hat diesen Antrag zurückgewiesen. In dem Antwortschreiben bemerkt der Minister, daß er nach den örtlichen Verhältnissen voraussichtlich Bedenken getra gen haben würde, die Einrichtung der Simnltanschule zu genehmigen, wenn gegen dieselbe feiten« der Betheiligten rechtzeitig ein motivirtcr Widerspruch erhoben worden wäre. Nachdem aber die Simultanschule auf den einstimmigen Be schluß der städtischen Behörden und mit Genehmigung der Regierung ins Leben gerusen worden sei und Unzuträgliches oder Misstände so erheblicher Art, daß ein Einschreiten von Amts wegen erforderlich erschiene, sich nicht herausgestellt hätten, sei er nicht in der Lage, dem Anträge auf Wieder herstellung der Eonfessionsschule zu entsprechen. — AuS Paderborn vom 2. Dec. berichtet der Liboriusbote: „Gestern fand hierselbst eine vertrauliche Besprechung der Pfarrer unsers Kreises über daS von feiten der königlichen Regierung gestellte Anerbieten in Sachen der Ertheilung des schulplanmäßigen Religionsunterrichts statt. Das Resultat der selben lautet im wesentlichen wie folgt: Die Pfarrer haben vermöge ihres Amtes das Recht und die Pflicht, den Religionsunterricht zu leiten; sie sind daher selbst verständlich bereit, die Leitung des schulplanmäßigen Religionsunterrichts wieder zu übernehmen, sobald von feiten der königlichen Regierung die Hindernisse hinweg geräumt werden, welche dieser Leitung bereitet waren. Die Pfarrer können sich aber in keiner Weise und in keiner Form diese Leitung vom Staate übertragen lassen. Daher können die Bedingungen, welche die königliche Regierung den Pfarrern gestellt haben soll, theils als unklar, theils als diesem Princip wider sprechend nicht acccptirt werden." — Auf Antrag der zu einem Counts zusammen getretenen berliner Zeitungen hat der Generalintendant der königlichen Schauspiele, Hr. v. Hülsen, mit aller höchster Ermächtigung die Räume de« Opernhauses zu einer MatinLe gewährt, deren Ertrag für die Linde rung des NothstandeS in Oberschlesien ver wendet werden wird. Die Matinee soll am 11. Ian. k. I. stattfinden. — In der am 1. Dec. in Kassel abgehaltenen Bürgerversammlung wurde eine Petition gegen den dem Abgeordnetenhause vorliegenden Entwurf eines Forstpolizeigesetzes beschlossen. Dieselbe lautet: Hohe« Haus der Abgeordneten! Von neuem ist dem Hause der Abgeordneten der Entwurf zu einem Feld- und Forstpolizeigesctz vorgelegt worden. Weit davon entfernt, die gute Absicht zur einheitlichen Regelung dieses Gegen stände« zu verkennen und dir hierzu nothwendigeu Bestim mungen bekämpfen zu wollen, dürfen wir doch nicht zurllck- bleiben, wenn e« gilt, zur rechten Stunde unmittelbar au» dem Volke herau« die Stimmen zu erheben zum Schutze derjenigen bisher mit Erfolg nie angezweifelten und an getasteten Rechte, für deren Beseitigung kein Grund vor liegt. Wir sind zwar überzeugt, daß da«, was un« bewegt, nicht allein in unserm Lande, sondern in dem größten Theile von Deutschland und namentlich auch in allen un« näher liegenden Ländern der preußischen Monarchie in glei cher Weise empfunden wird. Die Einwohner Hessen« dür fen sich aber berufen halten, vorzugsweise einzutreten für Erhaltung der letzten noch übriggeblicbeneu Rechte de» Lolke« am Walde, der einst Gemeingut der Anlieger war, S288 Daö < * Leipzig, bringt heute das furchtbai bei Zwickau. Momente unt ziehentlich Fr Zunächst Katastrophe se torische Ar genommen h< gung, name Modlin, bek in Russischs Frankreich. » Paris, 4. Dec. Der Ausschuß, der sich mit der Beschränkung des Militärdienstes auf drei Jahre und mit Aufhebung des Bolontariats beschäftigt, vernahm gestern den Kriegsminister betreffs des Volon- tariatS. Dieser sagte, diese Einrichtung habe zu den größten MiSbräuchen Veranlassung gegeben; er habe deshalb die Anzahl der Volontaire von 10000 auf 3000 herabgesetzt; er glaube dabei im Interesse de« Armen und im Geiste de« Ausschusses gehandelt zu haben. Der Minister glaubt, daß man im Interesse der Studenten der Rechte und der Medici» das Volontariat nicht ganz aufheben könne. — Au« Paris vom 4. Dec. wird der Kölnischen Zeitung berichtet: „Auf Ansuchen de« päpstlichen Nun- tiu« wurde von der Vorladung de« Bischofs von Grenoble vor den StaatSrath Abstand genommen." Rußland. Der CzaS will au« guter Quelle erfahren habe», daß die russische Regierung -bedeutende fortifica- Ä Vrerd der I. Kam TagcSordnun Decret, die I mänenfondS Die Ein»! eingezogene K< Dominial- un kapitalien für > ü Pf. eingezo äußerte Dom, nung de« B, 47 Pf. stellte 2,737119 M. au« Kaufgeldi worbene Dom neue Forstgel gegenstände, Staatsgut ha> 1,977868 M. in den Jahre, mit 156956 3 im December summe ist jed zu verstehen, Summe, web vermindert zn Ablösung der noch zu verr zinsbar angel bezahlt gelaffe StaatSfiScu« und unter de, führt werden, dieser Kaffe b Nach ku dem Antrag mit den in de Veränderung auch denselb« ihre Genehm Die Bes rateurs Fr. dener Polizei betreffend, , dieselbe nicht gemacht hat. In der I Vorberathunj und Genosse, Staat«regier, bemüht sein Herstellung d durch ein Re Wort, um si Tageblatt un abfälligen B Es sei ges in der sächsis zur Sprache z gehöre. Das nutzt, die An ParticulariSm tm ihn (den der Antrag, w mer gehöre, geleistet werde hier und da > vor denjeniger ke« zu wahren die sächsische tz hätte, sich gün glaube verstche lang eS der A in Erwägung z abgebe, die» j« RegierungSkrei digkeit und M nur diese wär, wendet sich z Tageblatt, wel beruhte. Diej gen und eins« daß die deutsck Die Kam trag von vr thung für eir Nächste 4 weil Hessen wie kein zweiter Theil der Monarchie mit Wald bedeckt ist weil in Hessen die durch die Bodenverhältnisse bedingten Tulturzustände die Bevölkerung in den nächsten Beziehungen zum Walde erhalten haben und da« Bewußt sein, noch heute ein im Unffange zwar beschränkte«, aber sonst freies Nutzungsrecht am Walde zu haben, rin nicht zu erschütternde« ist. Wohl dürfen wir vertrauen, daß der Gesetzentwurf der sorgfältigsten Prüfung feiten« beider Häu ser de« Landtages unterzogen werden wird und daß eine Reihe von Bestimmungen, welche der bisherigen, mit Un- zuträglichkeiten nicht verknüpften Rechtsübung und Gewohn heit entgegenstehen, entsprechende Abänderung erfahren wer den; zwei Punkte sind e« aber besonders, rückstchtlich deren , wir uns verpflichtet erachten, ebenso unverhohlen al« be stimmt Zeugniß abzulegen von der tiefen Erregung, welche diese Bestimmungen von neuem in der Bevölkerung hervor- gerufen haben: da« Verbot de« Sammeln« von Beeren, Kräutern und Pilzen im Walde und die Ausdehnung der Strafbestimmungen Uber den Hausfriedensbruch aus Wald und Feld. Haben wir e« leider seit der Einverleibung Hessens in Preußen vielfach erfahren müssen, daß eine von dem bei uns fest eingewurzelten RechtSbewußtsein abwei chende Anschauung der StaatSregierung bezüglich der Rechte der Bevölkerung am Walde sowol bei den dem Landtage gemachten Vorlagen — wir dürfen hier besonders an die Losholzfrage erinnern —, al« bei Betreibung der Ablösung der auf dem Walde ruhenden Lasten obwaltete, so werden wir nun geradezu erschreckt durch die Aussicht, auch das letzte vom einstigen Gemeingut am Walde übrig Gebliebene: da« Recht, unbehelligt im Walde sich zu ergehen und darin die für den Walveigenthümer werthlosen Bodenerzeugniffe, wie Beeren, Kräuter und Pilze, für sich und andere nutz bar zu machen, zu verlieren. Während das erstere ein Recht ist, welches jedem theuer ist, der ein Herz besitzt für Gottes herrliche Natur, ist da» zweite eine Berechtigung, welche für die ärmere Bevölkerung einen beachtenswerthen Erwerbszweig abgibt und zugleich eine Reihe nützlicher Nahrungsmittel dem Gemeinwohl erschließt. Unserer Be völkerung fehlt da« Verständniß für solche allzu scharfe Be stimmungen, und sie kann nicht glauben, daß es wirklich gelingen könnte, um zweifelhaften Vortheils für den Wald- eigcnrhllmer, um seiner Bequemlichkeit willen, sie aus dem Walde herauszutreiben und so ihrem Rechtebewußtsein eine unheilbare Wunde zu schlagen. Wenn je von einer be rechtigten Eigenthümlichkeit unser« HefsenlandeS geredet wer den durfte: hier ist sie vorhanden und bedarf der Schonung. Wie und wo — so dürfen wir fragen — hat jemals in Hessen ein Bedllrfniß sich gezeigt, den Waldeigemhümer gegen den harmlosen Besucher des Waldes und gegen die Sammler von Beeren rc. zu schützen? Wir erwarten von den gegenwärtigen Vertretern Hessens im Landtage, daß sie ebenso warm und energisch, wie es die früher« in beiden Häusern des Landtages gethan, sür die gefährdeten Volks- rechte eintreten werden. Uns kommt zu unserer Bitte die Schrift des bisherigen Abgeordneten der Stadt Kassel: „Der hessische Wald", zu Hülse, die wir hier beizufügen uns erlauben. Die Mahnung de« Verfassers zur Wachsamkeit betrachten wir auch als an uns gerichtet. An hohes Haus der Abgeordneten richten wir daher die gehorsamste dringende Bitte: Bei Berathung des oben besprochenen Gegenstände« dem besonder» Verhältniß der hessischen Bevölkerung zum Walde gebührende Rücksicht zu tragen. Möchte unser Mahn ruf bei hohem Landtage der Monarchie nicht ungehört ver hallen, und so unserer Bevölkerung eine Bitterkeit erspart bleiben, die nothwendig auf Gebiete sich verpflanzen muß, aus welchen die Hessen sonst mit Vertrauen der StaatS regierung zu folgen gewohnt waren. Thüringische Staaten. 1 Meiningen, 4. Dec. Unser Ncichstagsabgeordneter vr. Rückert ist von seiner deutsch-parlamentarischen Wirksamkeit nicht zurückgetreten, ohne noch ein inhaltreiches und anregendes Wort an seine Wähler zu richten, das hoffentlich nicht vergeblich gesprochen ist. Es veröffentlicht nämlich heute 0r. Rückert „Ein Wort dcS Abschieds und des Aufrufs für die Wähler im 1. meininger Wahlkreise", in wel chem er in treffend klaren Zügen die Lage der Ver hältnisse vor und während der letzten Reichstagswahleu und den Gang der Dinge in der letzten Reichötagssesfion kennzeichnet und dann sich wörtlich also ausspricht: Wir nehmen alles da«, was infolge der Zoll- und WirthschaftSgesetzgebung vorbereitet oder in der Ausfüh rung begriffen ist, als vollbrachte Thatsachen hin, welchen man sich zu unterziehen hat, und wir werden nicht die letzten sein, falls ans dieser von un» auch acceptirten Po litik sich dauernd günstige Erfolge sür die Wohlfahrt deut scher Nation ergeben würden, unsere Freude darüber aus zusprechen, da da« Heil der deutschen Nation ja immer da« letzte Ziel sein und bleiben muß, es mag aus diesem oder jenem Wege erreicht werden.... E« liegt mir fern, darin, wie sich die großen Dinge jetzt bei am« entwickeln, gleich überall Reaction zu wittern; allein die Gefahr isi nahe, daß die Ueberflutung der materiellen Interessen die stetige Entwickelung unserer politischen Zustände stark schädigen muß. Gerade im jetzigen Augenblicke, in welchem die Partei de« Lentrum« die Maske abgeworsen und sich für offenen Kampf gegen den Liberalismus bekannt hat, wird e« um so strenger geboten fein, die freisinnigen Elemente de« kräf tigen und gesinnungstllchtigen Bürgerlhums, wie cs ja in Stadt und aus dem Lande bei uns verbreitet ist, in ge schloffener Reihe zusammenzuhalten. Wir sind mit verhaftet für den Ausbau deutscher Einheit, vergessen wir nicht, daß wir auch mit verhaftet sind für Erhaltung und Sicherung deutscher Freiheit. Diese Worte werden von den Wählern hoffentlich nicht unbeachtet bleiben. Oesterreich-Ungarn. Anläßlich des neuesten Attentat« in Moskau bemerkt die «Presse»: Inwieweit die äußere Politik Rußland« durch da« Er- eigniß berührt wird, mag heute schwer zu ermessen fein; «ine elementare Staat«wei«heit wird allerdings genügen, um zu erkennen, daß eine Rettung au« diesen verzweifelten Zuständen nur bei ganz entschiedenem Beharren im fried- ttchen Gleise möglich sein wird, welche« die russische Politik angeblich bereit« betreten, haben-soll. Lon Berlin au« würde man in dieser Hinsicht den russischen Staat«mäaaern entgegenkommen; wie von dort gemeldet wird, wäre neuer- diug« eine Jnstruction»depesche an die diplomatischen V«r- treter de« Reiche« im Ausland« rrgangen, nach wtlchrr tzör- kommeudtnfall« zu betonen sei, daß die Aufrechterhaltung des freundnachbarlichen Verhältnisse« zu Rußland duzch einige nebensächliche Störungen in keiner Weise erschüttert worden sei und daß die in öffentlichen Blättern enthaltenen Mittheilungen über ernste Differenzen zwischen beiden Re gierungen jeder thatlächlichen Grundlage entbehren. Yb hier eine Folge de« Gortschakow'schen Besuchs vorlicht, wollen wir dahingestellt sein lassen. ' " 1 Weiter meint die «Presse», in Westeuropa Wesche sich dem Abscheu, mit dem man die Kunde von dein scheußlichen Mordattentat vernimmt, ein gewissttz egoistisches Gefühl darüber beigesellen, „daß der nor dische Koloß auf unsicher» Füßen stehe". Die «Presst» führt letzteres so auS: . Da die Massen der russischen Nation, frommgläubigquch kaisertreu bis in ihr innerstes Mark, sür revolutionäre Ideen nicht zu gewinnen sind, sucht das im Verhältnis zu der Bevölkerung des Riesenreiches nur kleine Häuslein Her- Verschwörer durch Terrorismus zn wirken, di« Gewalthaber einzuschüchtern, die öffentliche Meinung zu verwirren unh einen SchreckenSzufland herbeizuführen, in welchem das Entsetzen die legalen Instinkte zurllckdrängt, den Selbst erhaltungstrieb der Gesellschaft lähmt und der Umsturz, Partei eine Bresche öffnet. Theilweise ist dieser Zweck auch mit dem verfehlten Attentat von ihnen erreicht worden. In diesem Augenblick wird in den maßgebenden Kreisen Ruß lands niemand mehr auch nur den Vorschlag zu machen wagen, dem Treiben der Umsturzpartei damit die Spitze abzubrechen, daß man durch theilweise Zugeständnisse an dir freisinnigen Aspirationen der gebildeten Klassen diese zu werkihätiger Tbeilnahme am politischen Leben heranzieht, ihnen eine positive Aufgabe stellt und so dem hochbedeul- lichen Jndisserentismus ein Ende bereitet, mit welchem die liberale Intelligenz, unzufrieden mit den gegenwärtigen Zg- ständen und angcekclt von der Corruption in der Civis- und Militärverwaltung, den Nihilismus gewähren ließ, ja wol gar als vermeintlichen Bundesgenossen und Bahn brecher unter der Hand begünstigte. Das System der Re pression wird zunächst verschärft, die Rcformplane werden vertagt werden. DaS ist freilich sehr wahrscheinlich. Ob cs das Richtige, daS dürfte eine andere Frage sein. Freilich ist es wol eine starke Täuschung, wenn die Neue Freie Presse auch jetzt wieder wie schon früher einmal die nihilistischen Verschwörer einfach mit denen auf Eine Stufe stellt, welche eine Verfassung für Rußland wün schen, wenn sie meint: „ein Schimmer von Freiheit würde das Haupt dcS Zaren besser schützen als alle noch so strengen Vorsichtsmaßregeln." Nein, der Nihilis mus würde dadurch so wenig beseitigt werden, wie die Socialdemokratie in Deutschland durch politische oder wirthschaftliche Freiheiten, selbst so, weit gehende wie das allgemeine Wahlrecht, die unbeschränkte Freizügig keit oder das Coalitionsrccht der Arbeiter, mit dem Be stehenden versöhnt worden ist. Aber auch abgesehen von der Frage einer Verfassung gäbe eS in Rußland noch viel zu reformiren und zu purisiciren, um wenigstens die Zahl der Unzufriedenen und die Gründe gerechter Unzufriedenheit zu verringern. — Die russischen Blätter, voran die deutsche Sanct- PeterSburgcr Zeitung, bringen Betrachtungen über einen „polnisch-russischen Ausgleich", die alle darauf hinauslaufen, daß eine Verständigung der „feindlichen Brüder" sehr wünschenSwerth wäre. Dazu bemerkt die wiener «Presse»: Wir Oesterreich«» haben alle Ursache, die Aussöhnung«- versuche, auch wenn dieselben vorläufig nur akademisch Li«- culirt werden, mit Aufmerksamkeit zu verfolgen. Solange es sich nur darum handelt, den Polen in den „Westpro vinzen" Rußlands auch jenes menschenwürdige Dasein zu ermöglichen, wrlches der Zar des orthodoxen Rußland für die glaubenSgenöfstschen Rajah erkämpfen zu wollen in seiner KriegSproclamation von 1877 erklärte, werden unsere Sympathien ein solche» Beginnen begleiten. Spielt aber die panslawistische Idee mit, soll das von den panslawisti schen Parteiorganen gepredigte Project einer Wiederver einigung der altpolnischen Gebiete unter die Herrschaft der slawischen Vormacht ins Auge gefaßt werden, dann wird man in Oesterreich-Ungarn und im Deutschen Reiche sich solcher Attentäterei auf den Besitzstand zu erwehreu wissen; dann würde da« ideale Bündniß zwischen Oesterreich und Deutschland seinen ganz realen esou» loeckeris erhalten.