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niffe genommen, und bemerkte, daß er nie an der Anhänglichkeit und Opfer- Willigkeit seiner treuen Wiener grzweiftlt hätte, mit denen zusammen er Leid und Freude getragen und manche bittern Tage durchgemacht habe. Gr deutete namentlich auf die in letzter Zeit ringetretene Grwerbloslgkeit und Stockung in den Geschäften hin und setzte hinzu, daß die Wiener dennoch zu jeder Zeit an dem Thron festgehalten haben und daß er überzeugt sei, daß ihre loyale Gesinnung auch fortdauern werde. Der Kaiser schloß hierauf beiläufig mit folgenden Worten: «Der Himmel hat mir ein Kind gegeben, daS einst ein neues größeres und eleganteres Wien finden wird; allein, wenn auch die Stadt' sich verändert, so wird der Prinz doch die alten treuen Herzen unverändert und däher auch die alten Wiener finden, die, wenn es nothwendig sein sollte, auch für ihn ihre erprobte Opferwilligkeit unter al len Verhältnissen beweise» werden.»" — Wir haben neulich »ach der wiener -Presse» gemeldet, daß die aka- tholischen CultuSbehörden in Wien bei der Regierung Schritte gethan haben sollen, um die Vergünstigung zur Gründung eines Gustav-Adolf- ZweigvereinS zu erwirken. Der gleichfalls in Wien erscheinende Volks freund bemerkt dazu: „Wir lassen, für heute wenigstens, die kirchliche Seite dieser Angelegenheit auf sich beruhen, um vorläufig auf die geschicht lich-politische hinzuweisen. Der Name Gustav Adolf ist das Denkmal einer Zeit der Schmach für Deutschland, einer womöglich noch ticfcrn Erniedri gung, als wir sie unter dem Napoleonische» Joche erlebten, und selbst im protestantischen Deutschland hak einer der eifrigsten Protestanten, der be rühmte Geschichtschreiber Wolfgang Menzel, sich mit strengem Ernst dagegen ausgesprochen, daß Deutsche den Namen deS Erbfeindes auf ihre Fahnen setzen. Auch der bekannte Zeitschriftsteller Giehnc, ebenfalls Protestant, hat seinerzeit tapfer gegen die traurige Verirrung angekämpft, welche durch ehr vergessene Deutsche den Feind zum Äötzen machte. Um so weniger ziemt es im katholischen Kaiserstaat einer Minderheit von Akatholiken, durch eine öffentliche Kundgebung dem Gedächtniß jenes Schwcdcnkönigs zu huldigen, daS jeder gut österreichisch gesinnte Mann, welchen Bekenntnisses er auch sein möge, mit patriotischem Abscheu von sich zu weisen hätte." Frankreich. Paris, 25. Aug. Nach drei Richtungen hin hat die Reise des Kai sers die Anhänger an die herrschende Dynastie, die nahe und nächste Um gebung des Kaisers, die Räthe und Würdenträger der Krone selbst berührt. Zunächst sind begreiflicherweise alle Freunde und Schützlinge deS Bonapar- tismuS hoch erfreut darüber, daß eine Bevölkerung, wie die der Bretagne, auf welche die ausgesprochenen Gegner der jetzigen Regierung, die Legiti misten, zählen zu können geglaubt haben, ihre Anhänglichkeit an die neue Herrschcrlinie auf eine so glänzende, auf eine so unbestreitbare Weise kund- gcgeben hat. ES wird von den Bonapartisten als ein Triumph angesehen, daß L'Union, das Organ deS Grafen von Chambord und der „unverfälschten Legitimität", sich von seinem Ingrimm über die Vorgänge zu Brest, Lo- ricnt re. bis zu dem gewagten Ausruf Hinreißen läßt: „Es ist gut, daß einige Besonnene sich nicht dem blinden Taumel hingegeben haben." Das Blatt spielt aus die vornehmen Familien an, welche/ wie ich Ihnen seiner zeit gemeldet habe, den Huldigungen, welche dem kaiserlichen Paare in der Bretagne zu Theil wurden, in kühler Zurückhaltung fern blieben. Es ist vielleicht dieser Triumph, die Freude über den glänzenden Erfolg der Reise der Grund der ministeriellen Großmuth, die dem legitimistischen Blatte daS verwegene Wort, diesen Miston mitten im Jubel, ungestraft hingehen ließ, die eS sogar verschmäht, eine DamokleSverwarnung über dem Haupte des Journals auszuhäogen. Der Kaiser selbst soll sich gegen eine Maßregel der Strenge dem Organ der Partei gegenüber ausgesprochen haben, die von ihrem Baume Zweig auf Zweig verdorren und fallen fleht und der nichts Anderes übrig bleibt als ohnmächtige Wuth. Minder erfreulich und sogar ein Grund der Besorgniß bei dem Kaiser ist, wie ich bereits mitgetheilt habe, die Wallfahrt nach.St.-Anne-d Auray, die katholischen Demonstratio nen bei jeder Gelegenheit, die am schlagendsten in der Rede von Rennes herauötraten. Die bonapartistischen Staatsmänner fürchten eine zu lebhafte Hingebung des Herrschers an den Klerus und an Nom, die, wie ste wis sen, noch mehr verlangen, wie viel »ran ihnen auch bietet, und die eS so gut verstehen, zu locken, zu gewinnen und sestzuhalten und jedes Stückchen ge währter Gunst als Sprosse zu höher» Zugeständnissen anzuwenden. Schon zeigt sich in der That eine Art Frendenbewegung in der gesammten Kir chenpartei, die aus jedem Sprengel widertönt. Der Univers stimmt Hym nen zum Lobe der „Reise" an, „welche zugleich ein religiöses Ereigniß ist". Louis Veuillot überschüttet mit seinem wärmsten Lobe den Kaiser zu St.- Anne-d'Auray und dessen Rede zu Rennes. „Der Kaiser ist populär", sagt der eifrige,Fechter für die Kirche, ,,weil er eine offene Seele für alle edeln Sympathien zeigt. Diese Sympathien, er hat ste mit seinem gewöhnlichen Glück und Muth erklärt, als er diese einfachen, so inhaltsreichen Worte ausgesprochen: «In meiner Sympathie wär eS, mich unter dem bretonischen Volke zu finden, welches vor allem monarchisch, katholisch und soldatisch ist.»" Das Lob L-uis Veuillot'S hat stets etwas Beunruhigendes, und die Freunde der Regierung ziehen es vor, diese von dem Hauptredacteur des Univers angegriffen zu sehen. Endlich hat bei denjenigen von den Freun den der bestehenden Herrschaft, welche den Liberalismus als das Bedürfniß der französischen Nation, als die unerläßliche Bedingung dauernder Ver hältnisse erkennen, neben der Freude über den Erfolg der Reise die Sorge Platz gefunden, daß der Jnbel, mit welchem Napoleon IU. in der Norman die und Bretagne empfangen wurde, diesem als die Billigung, als die Be stätigung der bisher befolgten inner» wie äußern Politik erscheine» und da her auf jede Bewegung zum Bessern, zu größerer Freiheit hemmend ein- wirken werde. Selbst von Gliedern der kaiserlichen Familie soll dieser Ge danke gehegt werden. Die liberalen Artikel in der Patrie au- der Feder deS Hrn. Lagucroniere, von Hrn. Gulland unterzeichnet, die einer beson der» Beachtung werth sind, werden der Absicht sehr hochgestellter Personen zugeschrieben, die kaiserliche Politik vor einer schädlichen Unbeweglichkeit zu bewahren. Hr. Lagueronniere verlangt in der Patric,politische Freiheit, er verlangt ausdrücklich Verantwortlichkeit der Minister, nicht nur dem Kaiser gegenüber, tyelche keine ist, sondern dem Gesetzgebenden Körper gegenüber. Wir glauben ferner zu wissen, daß Hr. v. Lagueronniere nach seiner Rück kehr von Limoges, wohin er sich begibt, um sein Amt als Vorsitzender der Generalräthe zu erfüllen, in der Patrie noch andere Freiheiten specificiren werde, welche von der Nation dringend verlangt werden. Nach einigen wäre Hr. v. Lagueronniere vom Kaiser selbst, bei dem er bekanntlich gut ange schrieben steht, ermächtigt worden, in diesem Sinne zu wirken, und daS Commandcurkreuz der Ehrenlegion, welches kürzlich dem Hauptredacteur der Patrie zuerkannt wurde, wird als eine allerhöchste Billigung der Tendenz angesehen, welche sich seit kurzem in dem bonapartistischen Abendblatt gel tend macht. Freilich wird von andern geglaubt, daß Hr. v. Laguöronniere diesen Feldzug auf eigene Faust unternimmt; eine Ansicht, welche am hef tigsten von denjenigen bestritten wird, die den Charakter des Journalisten am besten kennen. Großbritannien. -^London, 25. Ang. Die Times behandelt das Resultat der Pariser Conferewzberathungen als ein Machwerk, welches dem europäischen Kongreß, der jetzt in Paris tage, nichts weniger als Ruhm und Lob brin gen werde. Sie sagt unter anderm: „Unsere Leser werden sich erinnern, daß es nicht wegen einer Invasion der eigentlichen Türkei, sondern wegen der Moldau und Walachei war, daß wir den Krieg mit Rußland began nen. Nach dem Kriege offenbarte sich eine Meinungsverschiedenheit unter den Großmächten. Rußland und Frankreich wünschten die Fürstenthümer zu einem von der Pforte unabhängigen, oder nur nominell abhängigen Kö nigreich zu erheben. Oesterreich wat stets und England wurde nach eini gem Wankelmuth entgegengesetzter Ansicht. Die Gründe Rußlands einer seits sowie Oesterreichs u.nd Englands andererseits lagen klar zu Tage. Rußland wünschte seinen alten Feind, die Türkei, zu schwächen, während England und Oesterreich die Pforte nicht schwächen wollten. Was Frank reich betrifft, so hatte es keinen triftigen Grund, die russischen Ideen zu unterstütze», außer daß es ihm vielleicht zusagte, bei der Einführung einer neuen Dynastie in die Hierarchie der Könige eine Rolle zu spielen. Wer weiß, wozu diese directe Meinungsverschiedenheit geführt hätte, wenn eS der Diplomatie nicht gelungen wäre, einen merkwürdigen Ausweg zu erfinden; und dieser bestand darin, daß man die Entscheidung der Unionsfrage den Rumänen selbst anheimstellte. Sie entschieden sich ohne langes Besinnen für die Union und glaubten vermuthlich damit die Sache abgemacht. Sie fanden jedoch bald, daß, obgleich ihre Willensmcinung mit ein Element der Frage war,, sie doch nicht das Hauptclement bildet. So ist denn die Ent scheidung der Rumänen mit sehr sorgfältiger Berathung vollkommen besei tigt worden und, wie es scheint, hat England keinen Grund, unzufrieden zu sein, insofern es seinen Willen ziemlich durchgesetzt hat." Die Times skizzirt darauf de» für die, beiden Fürftenthümer ausgearbeiteten Verfas- sungSentwurf (nach dem Constitutionnel) und bemerkt: „Es wäre natürlich voreilig, über eine Verfassung, von der wir nur den allernacktesten Umriß kennen, ein entschiedenes Urtheil zu fällen, aber cs fällt uuS doch die Frage ein, welche Rolle in diesem verwickelten Maschinenwerk der Türkei Vorbe halten ist. Wenn es unS nicht wirklich darum zu thun war, der Pforte etwas mehr als einen nominellen Einfluß in den Fürstenthümern zu sichern, so verlohnte es kaum der Mühe, eine Veruneinigung mit Frankreich zu wa gen, um die Fürftenthümer nur nicht auf eine, anstatt auf eine andere Weise der Türkei zu entfremden. Diese Rcgierungsform ist in Wirklichkeit nichts als eine Republik, welche mehr oder weniger Bestand haben wird, je nachdem die Wählerbefähigung dem LieblingSrecept unumschränkter Monar chen, dem allgemeinen Stimmrecht, mehr oder weniger sich nähert. Eine Verfassung, die von dem direkten Einflüsse der Pforte weniger übrig ließc, können wir unS nicht denken. Andererseits konnte man auch keine Lösung der Frage empfehlen, welche reichlichere Gelegenheit zu auswärtigen Umtrie ben verschafft hätte. Wenn es Rußland nur gelingt, durch jene Künste, mit denen cs nicht unbekannt ist die Majoritäten in den zwei Wahlver sammlungen für sich zu gewinnen, so hat es die Regierung der Provinzen faktisch in Händen; die Assembleen machen die Minister und die Minister werden die Regierung führen. Die Hospodare sind blos konstitutionelle Könige. Wir sehen auch nicht recht, daß cs Politisch war, den Fürstenthü mern erst die Union abzusprechen und ihnen dann eine Verfassung zu ge währen, wodurch sie, wenn wir dieselbe recht verstehen, in Stand gesetzt werden, die Union zu erlangen, sobald sie Lust verspüren, die Hand da nach auSzustrecken. Wenn die Wahlversammlungen der Union geneigt sind, so Herden die von ihnen erwählten Hospodare und der Bundesrath ihr auch nicht abhold sein. Die Diplomatie spielt in der That eine traurige Rolle in diesem Handel. Sie hielt anfangs den Verband dieser Provinzen mir der Türkei für so wichtig, daß ste seiner nur zeitweisen Lockerung einen Krieg vorzog; dann stellte ste die Frage jenes künftigen VerbandeS den Ru mänen selbst anheim; sie stößt darauf die Entscheidung der Rumänen um, weil sie dieselben in Abhängigkeit von der Türkei zu erhallen wünscht; und nun gibt sie ihnen allen Anschein, noch cinc Verfassung, welche ihre Ab hängigkeit von der Türkei faktisch ebenso gewiß wie durch eine formelle