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1388 Stahl und Eisen. Wider das staatliche Schleppmonopol auf Kanälen. 24. Jahrg. Nr. 23. hat, haben die Provinzen ihre Garantien zugesagt. Es ist zu bezweifeln, daß sie die Zusage wieder holen werden, wenn man die Kanäle in das Gegen teil dessen verkehrt, was sie nach Ansicht der Staatsregierung sein sollten und was sie nach volkswirtschaftlicher Notwendigkeit sein müssen. Bezüglich der innerhalb der Kanalkommission vertraulich behandelten Frage der Binnenschif fahrtsabgaben kann der Verein sich auf den Be schluß beziehen, den er am 21. November 1903 einstimmig gefaßt hat und der aus verfassungs rechtlichen und volkswirtschaftlichen Gründen auf das entschiedenste gegen den durchaus rück schrittlichen Gedanken der Wiedereinführung solcher Abgaben auf unseren freien Strömen Ein spruch erhebt. Im Namen des Präsidiums bringt Dr. Beumer daher folgenden Beschlußantrag ein: „Der »Verein zur Wahrung der gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen in Rheinland und West falen« verkennt nicht, daß eine feste Regelung des Verkehrs und also auch des Schleppdienstes auf schiffahrtreichen Kanälen wünschenswert er scheint, kann aber nicht anerkennen, daß dieser Schleppdienst staatlich monopolisiert werden muß. Er spricht sich vielmehr grundsätzlich gegen ein staatliches Schleppmonopol auf Kanälen aus, und zwar aus folgenden Gründen: Die Königliche Staatsregierung hat den Ent wurf eines Gesetzes betreffend die Herstellung und den Ausbau von Wasserstraßen in der Denk schrift vom 9. April 1904 wörtlich u. a. also be gründet: »Die Vorlage verfolgt im wesentlichen den Zweck, die Transportkosten für Massengüter zu ermäßigen, dadurch die wirtschaftliche An näherung der verschiedenen Landesteile zu fördern und die Wettbewerbsfähigkeit des Inlandes gegen das Ausland sowohl auf den inländischen wie auf den auswärtigen Märkten zu erhöhen, endlich auch solchen Gütern einen Wert zu verleihen, die bisher wegen zu hoher Transportkosten brach lagen. Ein weiterer Zweck besteht in der Unter stützung und Entlastung der Eisenbahnen, nament lich hinsichtlich der Beförderung von Massengütern. Eine Verminderung der Transportkosten ist vornehmlich im Binnenverkehr des eigenen Lan des erwünscht. Sie wird zur Notwendigkeit, wenn das Ausland hinsichtlich der Güterbeförderung für die Erreichung der gemeinschaftlichen Absatz märkte, insbesondere derjenigen in unserm eigenen Lande, günstiger gestellt ist, als wir selbst. Der scharfe Wettbewerb Deutschlands mit dem Auslande, das teilweise unter günstigeren Transport Verhältnissen arbeitet, ist der haupt sächlichste Grund gewesen, daß das Verlangen nach weiterer Ermäßigung der Frachtkosten stets dringender geworden ist. Da die Eisenbahnen aus verschiedenen Gründen ihre Tarife nicht immer und überall in dem erwünschten Umfange herabzusetzen vermochten, und da die durch Regulierung verbesserten Wasserstraßen infolge der Vergrößerung der Schiffe und Einführung des Dampfbetriebes niedrigere Frachtsätze als die Eisenbahnen gewähren konnten, so hat sich die Aufmerksamkeit der Verkehrsinteressenten erneut den Wasserstraßen zugewandt. Dies ist nicht nur bei uns der Fall, sondern in fast allen hoch entwickelten Kulturländern.« Entgegen dieser Stellung der Staatsregierung haben die Anhänger des staatlichen Schlepp monopols in der Kanalkommission keinen Zweifel darüber gelassen, daß das Monopol dazu dienen soll, statt eines Wettbewerbs zwischen Kanal und Eisenbahn ein „Bundesverhältnis“ zwischen beiden herzustellen und die Kanalfrachten mittels der staatlichen Schlepplöhne wirksamer in die Höhe zu setzen, als dies mittels der Kanalabgaben mög lich sei. Die Staatsregierung hat diesen Be strebungen nicht denjenigen Widerstand entgegen gesetzt, den man angesichts der von ihr gegebenen Begründung der Kanalvorlage hätte erwarten sollen. Damit ist die Gefahr nahegelegt, daß der Kanal in das Gegenteil dessen verkehrt wird, was er sein soll, und daß die Provinzen, die seinerzeit auf Grund der gleichen Ausführungen der Staats regierung über die Notwendigkeit billigerer Frachten die Garantien für den Mittellandkanal bereitgestellt hatten, zu gleichen Leistungen für einen Wasserweg nicht mehr bereit sein werden, der volkswirtschaftlich seine Aufgabe nicht in genügendem Maße erfüllen kann. Dem späteren Andrängen der Anhänger des Schleppmonopols auf eine Übernahme des ganzen Betriebs der Kanäle auf den Staat und damit einer Verstaat lichung auch der gesamten Binnenschiffahrt würde voraussichtlich ein wirksamer Widerstand eben falls nicht entgegengesetzt werden. Da der Verein aber den Schwerpunkt unseres Wirtschaftslebens und die in ihm fördernd wirkende und belebende Kraft in der privatwirtschaftlichen Tätigkeit er blickt, so spricht er sich mit aller Entschiedenheit gegen die Verstaatlichung auch dieses privaten Gewerbebetriebes aus, durch die das Beamtenheer vermehrt und eine Menge von Existenzen, nament lich auch des Mittelstandes, ihre wirtschaftliche Selbständigkeit verlieren würde, an deren Er haltung unsere Volkswirtschaft das allerdringendste Interesse hat. Betreffs der Binnenschiffahrtsabgaben ver weist der Verein auf seinen die Abgabenfreiheit auf natürlichen Flüssen verteidigenden Beschluß vom 21. November 1903.“ An der nachfolgenden lebhaften und ein gehenden Erörterung nahmen Kommerzienrat W. Funcke-Hagen, Oberregierungsrat a. D. Schrö der - Köln, Kommerzienrat Abg. Vorster - Köln, Generalsekretär Bueck - Berlin, Kommerzienrat Brauns-Dortmund, Geheimrat Seyffardt- Krefeld, Geheimrat Servaes-Düsseldorf und Abg. Dr. Beumer teil, worauf der Beschlußantrag einstimmig an genommen wurde.