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Tatsache in einem Aufsatz Moldenkes über den Temperguß. Er gibt als auffallende Tatsache an, daß Temperguß, welcher aus dem Kupolofen gegossen wurde, eine Temperatur von 850° I erfordere, während Flammofenguß mit 680 bis 700° C. getempert werden könnte. Dieser Temperaturunterschied ist auf Rechnung der den Temperprozeß erschwerenden Wirkung des Schwefels zu setzen, da der - Guß aus dem Kupol ofen ausnahmslos mehr Schwefel enthält als der aus dem Flammofen. In deutschen Kupolofengußstücken sinkt der Schwefel nur in Ausnahmefällen unter 0,14%; meist bewegt er sich zwischen 0,18 bis 0,25 °/o, manchmal steigt er sogar auf 0,3 %.* Es geht hieraus hervor, daß der Kupolofen ein ungeeigneter Verflüssigungsapparat für den Temperguß ist, und größere deutsche Tempergießereien denselben durch einen Flammofen ersetzen sollten, der gestattet, dieselbe Qualität wie aus dem Tiegel zu erzeugen. Um die Einflüsse des Phosphors auf die Ausscheidung der Temperkohle festzustellen, wurde durch Zusatz von Phosphor zu dem Roh material Phosphoreisen hergestellt, das zur Er langung des Probematerials diente. Die durch Ausglühen der Proben erhaltenen Resultate sind folgende: Tabelle 21. Zusammensetzung des Materials: C=3,72°/; P = 0,50 °/o. Glühdauer 3 Std. Tabelle 22. Zusammensetzung des Materials: C=3,99°/0; P — 0,42 °/o- Glühdauer 3 Std. Glüh- temperatur o C. Temper kohle in der geglühten Probe 0/0 Während des Glühens vergaste Temper- kohle ’/o Gesamte durch das Glühen gebildete Temper kohle »/o Gesamt- Kohlenstoff* nach dem Glühen % 0 0,00 0,00 3,72 1000 0,03 0,29 0,32 3,40 1100 1,60 0,70 2,30 3,02 * F. Wüst: »Roheisen für den Temperprozeß«; „Stahl und Eisen“, März 1904. 0 1000 1100 0,01 0,02 0,93 0,38 0,63 0,01 0,40 1,56 3,99 3,60 3,36 Cabelle 23. Zusammensetzung des Materials: C = 3,91 %; P = 0,33 °/o. Glühdauer 3 Std. i) 0,00 0,00 3,91 1000 0,02 0,29 0,31 3,60 1100 1,60 0,88 2,48 3,13 Tabelle 24. Zusammensetzung des Materials : C = 3,28 °/o ; P = 0,23 %• Glühdauer 3 Std. Glüh temperatur o C. Temper kohle in der geglühten Probe 0l Während des Glühens vergaste Temper kohle o/e Gesamte durch das Glühen gebildete Temper kohle °/o Gesamt- Kohlenstoff' nach dem Glühen 0/o 0 0,00 0,00 3,28 1000 0,02 0,51 0,53 2,75 1100 0,42 0,65 1,07 2,63 Da die bei 1100° C. geglühten Proben einen ziemlich hohen Temperkohle-Gehalt aufweisen, wäre der Schluß gerechtfertigt, daß der Phosphor günstig auf die Ausscheidung dieser Kohlenstoff- form wirkt. Ein Vergleich der Resultate mit denjenigen der Tabelle 1 und 2 zeigt jedoch, daß dort eine verhältnismäßig ebenso große Aus scheidung von Temperkohle stattgefunden hat, ohne daß irgend ein Fremdkörper diese Aus scheidung bedingte. Es liegt deshalb die begründete Vermutung nahe, daß der Phosphor nicht die Veranlassung zur Bildung der Temperkohle gewesen ist, und sich auch ohne Anwesenheit von Phosphor die Reaktion bei derselben Temperatur vollzogen hätte. Das Verhalten des Phosphors ist für die deutschen Tempergießereien nicht von großem Belang, da die meisten deutschen Temperguß stücke unter 0,1 % Phosphor enthalten. Die amerikanischen Gießereien können nach den Be stimmungen der „American Society for Testing Materials“* bis auf 0,225 °/o Phosphor beim schmiedbaren Guß gehen. Die Resultate vorstehender Arbeit können folgendermaßen zusammengefaßt werden: Die Temperkohle vermag sich im reinen gekohlten Eisen ohne Einfluß anderer Bei mengungen zu bilden. Die Größe der Aus scheidung ist eine Funktion der Temperatur und des Kohlenstoffgehalts. Die Umsetzung ist keine gleichmäßige. Ist die zur Umsetzung nötige Temperatur erreicht, so scheidet sich die Temper kohle plötzlich aus, gleichmäßig über das ganze Stück verteilt. Bei Anwesenheit von Silizium erfolgt die Temperkohleausscheidung bei niedrigerer Tempe ratur und niedrigerem Gesamt-Kohlenstoffgehalt. Mangan wirkt der Bildung von Temperkohle entgegen; noch stärker als Mangan wirkt der Schwefel. Der Phosphor hat anscheinend keinen Einfluß auf die Entstehung der Temperkohle. * „Tron Trade Review“, February 11, 1904, pag. 37.