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Erdalkalien auf flüssiges Roheisen, welches die Rolle der Kathode vertritt, genommen. Ferner habe ich kürzlich zwei neue Patente angemeldet, von denen das eine auf dem Prinzip der Er wärmung in den Kanälen mittels des Jouleschen Wärmeeffekts beruht, und das letzte auf einem neuen Prinzip. Im Jahre 1903 habe ich das Monopol zur Ausbeutung meiner elektrischen Stahlver fahren für Deutschland Hrn. Wilhelm Brüninghaus übertragen, der die Gesellschaft Deutsche Elektrische Stahlwerke unter Mitwirkung der Firma Siemens & Halske und zweier anderer deutscher Firmen gegründet hat. Diese Gesellschaft hat in Plettenberg eine Versuchsanlage ge baut, welche den elektrischen Strom von den Lenne-Elektrizitäts- und Industrie-Werken bezieht. Mein Kanalofen ist dort installiert und hat bereits funktioniert. Ich gedenke, die erhaltenen Resultate in aller Kürze veröffentlichen zu können und den nach meinem Verfahren hergestellten Stahl den deutschen Metallurgen zur Beurteilung zu unterbreiten. Ich werde gleichfalls in nächster Zeit die Selbstkosten auf das genaueste feststellen können, die selbstredend nach dem Preise des elektrischen Stromes sehr verschieden sind. Ehe ich endgültig an diese Frage heran trete, die berechtigterweise alle diejenigen, die an den Fortschritten der Eisenindustrie Anteil nehmen, beschäftigt, möchte ich, wenn Sie gestatten, einige Betrachtungen anstellen, die wert zu sein scheinen, Ihre Aufmerksamkeit auf die Anwendungsbedingungen der elektrischen Energie bei der Stahlfabrikation hinzulenken. Die Elektrizität ist die geschmeidigste, lenk- und folgsamste aller Kräfte und muß im all gemeinen als eine Luxuskraft betrachtet werden, deren Verwendung vornehmlich auf diejenigen Operationen zu beschränken ist, bei welchen sie sich allen anderen unbedingt überlegen zeigt und wo sie nicht ersetzt werden kann. Man kann nun in denjenigen bevorzugten Gegenden ver schwenderisch mit ihr umgehen, wo sich große Wasserkräfte in hinreichender Zahl befinden, um die elektrische Energie zu einem sehr niedrigen Preise zu erzeugen. Von dem Gesichtspunkte der Stahlfabrikation zeigt sich die Überlegenheit der elektrischen Energie hauptsächlich durch den hohen Nutzeffekt und die Genauigkeit der Operationen. Es ist leicht, sich den großen Wärme effekt der elektrischen Öfen zu erklären, wenn man bedenkt, daß, wie es wenigstens in meinem Ofen der Fall ist, die Wärmeabgabe in dem Metallbade selbst vonstatten geht, d. h. in einem Raume, der 7 kg für das Kubikdezimeter wiegt und von 0 bis 1800° ungefähr 2700 Kalorien in sich aufnehmen kann, während die Gase des Martinofens unter demselben Volumen nur zwei Dezigramm wiegen und von 0 bis 1800° nur ein Viertel der Kalorien aufspeichern können. Das Verhältnis der Wärmekonzentration der beiden Räume (milieus) beträgt also 1 zu 10000. Hieraus folgt, daß die mit Hilfe der elektrischen Energie bewirkten Operationen sich in Räumen von geringeren Dimensionen ausführen lassen, und sind die Emissions- und Ausstrahlungsverluste bedeutend geringer als diejenigen, die man beispielsweise beim Martinofen hat. Anderseits sind die Operationen im Martinofen durch Gasreaktionen auf das Metallbad sehr erschwert und es ist sehr schwierig, eine nach Wunsch neutrale oder reduktionsfähige Atmosphäre zu erhalten. Im elektrischen Ofen hingegen ist die Atmosphäre, wie man sie wünscht, und man könnte sogar hinzufügen, daß ihre Wirkung als null anzusehen ist. Nachdem die störenden Reaktionen auf ein Minimum beschränkt sind und die Einführung von Stahlzusätzen nach Wunsch regulierbar ist, darf man annehmen, daß man mittels des elektrischen Ofens Stahle mit fast mathematisch genau begrenzten Unterschieden herstellen kann. Hieraus kann man zunächst schließen, daß der elek trische Ofen sich in allernächster Zeit das Monopol für die Fabrikation von Qualitäts- und Spezialstahlen erobern wird und daß dieser Erfolg wahrscheinlich sich sehr schnell vollziehen wird, wie beim hochprozentigen Silizium und Ferrochrom mit niedrigen Kohlenstoffgehalten der elektrische Ofen heute den Hochofen verdrängt hat. Als weitere Schlußfolgerung ergibt sich, daß der elektrische Ofen in der genauesten Weise halbfeine Stahle herzustellen erlaubt, d. h. die jenigen, die augenblicklich im Martinofen nur mit ausgewähltem Material erhalten werden. Wenn aber das Gesagte technisch möglich ist, steht dann zu befürchten, daß die elektrische Stahlfabrikation die Eisenindustrie umzuwälzen droht? Dieses ist die Frage, welche man mir oft vorgelegt hat. Und ich trage kein Bedenken, darauf mit „Nein“ zu antworten. Es wird keine Umwälzung, sondern nur eine weitere Fortentwicklung sein, die niemand zu erschrecken braucht und soll. Die äußerst elastische Rolle der elektrischen Energie kann bei der einfachen Kohlung des Stahles und auf dem Wege der Verfeinerung begrenzt bleiben oder aber sie kann weitergehen bis zur gänzlichen Fabrikation, die ihren Anfang nimmt beim Erz. Die ökonomischen Verhältnisse können entweder das Feld des elektrischen Ofens beschränken oder erweitern. Ganz naturgemäß haben die ersten Erfinder die Fabrikation zuerst vom Rohstoff ab versucht, aber da sie für den Anfang sich die schwierigste Aufgabe gewählt hatten, so mußte der Erfolg auf sich warten lassen. Später haben die Erfahrungen zur Fabrikation aus Schrotten hingeführt, indem man die eigent liche Reinigung auf ein Minimum beschränkte und der elektrischen Energie nur die Rolle eines Schmelzprozesses überließ. Später ist man übergegangen zur Reinigung des Roheisens, das vorher