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Montag. Zweite Ausgabe. Abends 6 Uhr. L Mai 1852 Eeipti«. Die Leitung er. scheint mit Autnahm« de« Sonntag« täglichzwei mal und wird auigegeben in Leipzig Vormittag« l l Uhr, Abend« « Uhr; in »re«d«u Abend« i Uhr, Vormittag« 8 Uhr. W»«i» für da« Vierteljahr l'/.THlr.; jede einzelne Num. mer I Ngr. —- Nr. 205. . DcilWt Algmmt Zeitung. «Wahrheit »»b Recht, Freiheit und Gesetz I» Zu beziehen durch alle Post ämter de« In- und Auilan- de«, sowie durch die Srpedi- tionen in Leipzig (Ourr- straße Nr. 8) und »r««de« lbei L. Höckner, Neustadt, An der Brücke, Nr. >.) Insertiou-gebü-r für den Naum einer Zeile 2 Ngr. Die Zollvereinsconferenzen in Berlin. X Berlin, 2. Mai. Gegenwärtig gewinnt es den Anschein, daß man von Seiten der Darmstädter Coalitionsregierungen doch zu einer Eini gung mit Preußen sich neigt, und daß demnach der Inhalt jener Verträge — wonach man sich verpflichtet hat, auf den hiesigen Conferenzen dahin zu wix- ken, daß die Wiener Conferenzentwürfe und L, die bekanntlich auch den Handels- und Zolleinigungsvorschlag enthalten, zur Vorlage gelangen sollen und auf Grundlage derselben mit den Verhandlungen vorgeschritten werden soll — nicht unbedingt maßgebend zu sein scheint. Zu dieser Einigung sollen namentlich die Vertreter Sachsens und Nassaus ausersehen sein. Als End ziel dieser Vermittelungsversuche bezeichnet man den Plan, auf Preußen da- hin zu wirken, daß es seht oder auch in späterer Zeit, jedoch immer noch vor Ratification der Zollvereinsverträge, auf Unterhandlungen behufs Ab schluß eines Handelsvertrags, lediglich auf Grundlage des Wiener Ent- wurfS sich entschließe, damit dann später beide Verträge von den Coali tionsregierungen gleichzeitig ratificirt werden können. Dies dürfte das Ziel der österreichischen „einstweilen erreichbaren" Wünsche ausmachen. Was aber aus diesem Umstande mit Sicherheit hervorgehen müßte, das wäre die Noth wendigkeit, daß entweder die Darmstädter Conferenzverträge nicht ratificirt sind, was nicht sehr unwahrscheinlich ist, oder daß man nebenbei geheime Artikel stipulirt hat, welche die andern aufheben oder doch modificiren, oder auch, daß die Ratification mit gewissen Vorbehalten erfolgt sei. In unsern officiellen Kreisen will man freilich an eine derartige Vermittelung nicht glau ben, sondern hält daran fest, daß Preußen hier entschieden Vorgehen und bei einem Drängen der Süddeutschen sich von ihnen trennen werde. Das Or- gan der Preßccntralstelle, Die Zeit, welches jetzt die erste officielle Violine im Orchester der officiellen und officiösen Schriften spielt, bringt im letz ten Leitartikel über die Darmstädter Conferenzen eine sehr giftige und ge harnischte Polemik gegen die bairische Negierung und ihr officiclles Or gan, die Neue Münchener Zeitung. — Einem Leitartikel der Weser-Zeitung entnehmen wir folgende treffende Bemerkungen: Kein besseres Zeugniß gibt es für die Bescheidenheit unserer Nation als die Anhänglichkeit, welche der Zollverein bei 29 Millionen Deutschen findet. Die Unvollkommenheiten und Mängel dieses Finanzbun des, deren wichtigste wir unlängst unsern Leser vorgeführt haben, sind so zahlreich, zum Theil so arg, daß Engländer und Franzosen es für unglaub lich halten würden, wenn man ihnen sagte, daß bei solchen Einrichtungen eine Bevölkerung sich verhältnißmäßig wohl fühle. Und doch ist dem so. Trotz seiner unbehülflichen Gesetzgebungsformen, trotz seines veralteten Tarifs, trotz seiner Uebergangsabgaben und Zwkschenbarriören, ist der preußische Zollverein für das Binnenland eine große Wohlthat gewesen. Aber er verdankt diesen Werth weniger feinen eigenen Tugenden als dem dunklen Hintergründe einer unglücklichen Vergangenheit, die seinen Verdiensten zur vortheilhaften Folie dient. In der Zeit vor dem Zollvereine hatten manche deutsche Staaten ein weit freisinnigeres und vernunftgemäßeres Zollsystem und infolge dessen ein ge sunder blühendeSjGewerbSleben als heutzutage, aber die Opfer, welche sie gebracht haben, indem sie sich dem preußischen Systeme unterwarfen, wurden reichlich ausgewogen durch dieFreiheit, die der Zollverein dem inner« Verkehre in Deutsch land verschaffte und durch die erhebliche Ersparung an Mauthkosten, welche man ihm verdankt. Die handelspolitischen Bedenken, welche vor 20 Iah, ren, namentlich die süddeutschen Staaten im freihändlerischen Sinne gegen die preußischen Tarifsätze geltend machten, waren an sich sehr wol begründet und das Einzige, was man übersah, war dies, daß sehr wohl das Einrei ßen einer Mauthschränke im Norden größern Vortheil brsngen kann als die Erhöhung einer andern Mauthschranke im Süden Nachtheil zur Folge hat. Daß dem so ist, lehrt die Geschichte des Zollvereins, der eben durch diese Erfahrung die meisten seiner ursprünglichen Gegner ausgesöhnt hat. Damit ist freilich noch nicht gesagt, baß der Vortheil sich nicht verdoppelt hätte, wenn man die inner« Zolllinien beseitigt hätte, ohne die äußern zu verstär ken. Will man das Urtheil über die Wirkungen des Zollvereins in einen kurzen Satz zusammenfassen, so ist es dies: er hat dem Binnenlande un ermeßlich viel genützt, indem er die inner« Verkehrsstraßen befreite und das Erhebungswesen vereinfachte; er hat seine Dorthtile zum guten Theile selbst wieder vernichtet, indem er durch allmäliges Uebergehen zu schutzzöll- nerischen Principien das Wachsthum des Nationalrrichthums erschwerte. In dem gegenwärtigen kritischen Augenblicke, wo es sich um Sein oder Nichtsein dieser Institution handelt, stellt sich die ungeheure Mehrzahl der Bevölkerung, stellen sich fast sämmtliche Ständeversammlungen, Handels kammern und Kaufmannsinnungen auf die Seite deö Ltstns quo. Die In dustriellen selbst, so sehr sie auch nach dem „ausgiebigen Schutze" lüstern sein mögen, welchen das wiener Cabinet ihnen als Köder hinhält, würden doch unbedingt auf diesen Vorthcil verzichten, wenn sie ihn nur durch den Verlust der norddeutschen Absatzgebiete erkaufen könnten. Aber die süddeut schen Regierungen denken anders als ihre Unterthanen. Deutschland. »*-» Berlin, 1. Mai. Ich erwähne, aber nur als Gerücht, daß, im Fall die königliche Proposition in Betreff der Bildung der I. Kammer nicht den von der Krone gewünschten Erfolg haben möchte, eine Auflösung der Kammern und eine Neubildung derselben aus höchster Machtvollkommenheit zu erwarten stehe. Bisjetzt liegt indessen gar kein Grund zu einer solchen Annahme vor, ungeachtet der König allerdings in seiner Rede, die er am 6. Febr. 1850 im Rittersaale bei Gelegenheit der Eidesleistung hielt, 'die Verfassung nur unter der Bedingung beschworen hat, „daß ihm mit diesem Gesetze das Negieren möglich gemacht werde". Man ist übrigens gespannt, ob das Ministerium gegen diejenigen Beamten, welche in der Pairitfrage ein Votum im oppositionellen Sinne abgaben, mit der Strenge verfahren wird, welche bei andern ähnlichen Gelegenheiten bereits beobachtet ward. Wäre dies der Fall, so würden diesmal auch die Reihen der äußersten Rechten nicht verschont bleiben; denn so hat z. B. auch der Oberpräsident der Rhein provinz, Hr. v. Kleist-Retzow, ebenfalls zu den Gegnern der Regierung bei der Abstimmung gezählt. 0 Berlin, 2. Mai. Eine Erledigung der preußischen Fodcrung an Baden für die Kosten der dem Großherzogthume gewährten militärischen Hülfsleistung hat, wie wir hören, bisjetzt noch nicht stattgefunden. Nach dem die Federung auf 1/- Mill. Thlr. fixirt und in dieser Höhe unsers Wissens auch von Baden anerkannt ist, wird unsere Regierung wol die factische Regulirung der Angelegenheit betreiben. — Die Commission der I. Kammer zur Berathung des Zeitungssteuergesetzes hat dasselbe, wie es aus der ll. Kammer hervorgegangen, im Allgemeinen discutirt und das demselben zu Grunde liegende Princip gebilligt. — Wie wiener Correspon- denzen melden, wird der Kaiser von Rußland am 6. Mai in Wien erwartet. Hier bezweifelt man diese Nachricht, namentlich was den ange gebenen Termin betrifft. tt München, 1. Mai. Auch in der Kammer der Reichsräth« ist ein Restaurationsgesetz eingebracht worden, demgemäß die Aburtheilung der po litischen Verbrechen der Competenz der Schwurgerichte gänzlich entzo- gen werden soll. Auch dieses wie jenes über die Cautioncn der Redac- teure ist nur als ein einfaches Gesetz vorgelegt, obwol dadurch das Grund- lagcngesetz, dessen konstitutionelle Kraft nicht nur vielfach behauptet, sondern auch von bewährten Juristen anerkannt wird, alterirt wurde. Aber auch durch das Gesetz über Abänderungen und Zusätze des Preßstrafgesetzes wer den die Art. I. und II. des Preßedicts unzweifelhaft abgeändert, und doch beabsichtigt die Regierung diese Aenderungen mit einfacher Mehrheit vor zunehmen. Bei den ReichSräthen wird sie hierin auf Zustimmung rechnen können, um so größer wird aber der Widerstand in der andern Kammer sein, deren Mehrheit nachgerade bedenklicher wird. In der heutigen Sitzung der Kammer der Abgeordneten widersprach Bürgermeister Bauer der auch in hiesigen Blättern gemachten, der Pfälzer Zeitung entnommenen Mitthei- lung bezüglich einer an ihn gelangten Anfrage über die Stimmung der hiesigen Bevölkerung. Trotz dieser Berichtigung glaubt man noch fortwäh rend an die Richtigkeit jener Nachricht. — Das königliche Kreis- und Stadtgericht München hat die Vernich tung der Schrift „Memoiren der Lola Montez" wegen Angriffs auf die katholische Kirche und die Amtsehre der katholischen Geistlichkeit in Baiern verfügt. — Das Würzburger Abendblatt schreibt: Ein kriegsministerielles Re- script befiehlt allen Offizieren vom Generallieutenant abwärts den Be such des sonntägigen Gottesdienstes. **Turin, 28. April. Daß das entsetzliche Ereigniß des vorgestrigen Tages (Nr. 204) uns auch noch heute lebhaft beschäftigt, ist sehr natürlich, und fast ebenso natürlich, daß die verschiedensten Gerüchte darüber in» Umlauf sind. Obwol noch kein officieller Bericht vorliegt, können wir doch, nach de» ersten Mittheilungen, welche der Director der aufgeflogenen Pulverfabri ken dem Krieg-Minister gemacht, nachfolgende Details als genau bezeichnen. Unter den verunglückten Arbeitern und Artilleristen befinden sich 20 Tobte, außerdem fünf andere Leichen, drei Bürger und zwei Frauen. Leider ist diese Zahl damit nicht abgeschlossen, denn mehre Leichen sind unter den Schutthaufen der Pulvcrmühlen und der eingestürzten Nebengebäude begra ben. Die Zahl der Verwundeten, das heißt der Schwerverwundert«, beläuft sich auf 35. Als ein großes Glück ist cS zu betrachten, daß die Explosion