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l76l lichen aller politischen, Anspielungen und Einwirkungen gänzlich entschla fen sollen. DaS Comite wird fich an sämmtliche evangelische Fürsten wenden und um einen Beitrag zum Bau der Kirche bitten. Außerdem ergeht an alle die Glaubensgenossen, welche in Karlsbad Genesung such ten und fanden, die Bitte: den Bau der Kirche nach Maßgabe der Kraft zu unterstützen. Prag, 20. Aug. Heute Vormittag sind die Urtel über einen grö ßern Theil der Maigefangenen kundgemacht und in Vollzug gesetzt worden; sie beziehen sich sämmtlich auf die im Frühjahr 1849 stattge- sundene hochverräterische Verschwörung. Sie lauten gegen vr. jur. Karl SladkowSky (den wiederholt Todtgesagten), gegen Franz Wochocz, Mitarbeiter an mehren prager Zeitschriften, dermalen ox proprüs Ge freiter deS 25. LinieninfanterieregimentS nebst Degradtrung zum Gemei nen auf beständig und Entziehung seiner Auszeichnung; gegen Joseph KalauS, Theolog, im Jahre 1849 Geschäftsleiter eines landwirthschaft- lichen Vereins, gegen Franz Beranek, Grundbesitzer und Müller, und gegen Johann Tuczek, Hörer der Rechte, sämmtlich auf Tod durch den Sträng; gegen Franz Muzik, Grundbesitzer und Richter zu KnobiS, An tön Husak, katholischen Priester und Kaplan zuKwilitz, und gegen Franz DuraS, Grundbesitzer, auf fünfzehnjährigen schweren Kerker. Ferner sind wegen deS Verbrechens der Mitschuld am Hochverrathe Andreas Krassy, katholischer Priester und Localienadministrator zu Tuchomeric zu zwölfjährigem, Joseph Breycha, Grundbesitzer, zu zehnjährigem, und Wenzel Neumann, Mühlenbesitzer, zu zehnjährigem schweren Kerker ver- urtheilt worden. Sämmtliche Verurtheilte wurden außerdem schuldig erkannt, die Kosten der ganzen gegenwärtigen Untersuchung in soliäum dem Criminalfonds zu ersetzen. Diese Urtel wurden sämmtlich im Wege Rechtens gerichtöherrlich bestätigt, im Wege der Gnade aber die Todes strafe bei SladkowSky auf 20jährigen, bei Wochocz und Jos. KalauS auf 16jährigen, bei Fr. Beranek auf fünfzehnjährigen, bei Joh. Tuczek auf vierzehnjährigen schweren Kerker abgeändert; die dem Jos. Breycha und W. Neumann zuerkannte zehnjährige Kerkerstrafe ist auf fünfjährigen schweren Kerker gemildert worden. Die Urtel gegen die übrigen Ge fangenen, worunter sich auch der Reichstagödeputirte vr. Zimmer befin det, sind in kurzer Zeit zu erwarten. Italien. Florenz, 16. Aug. Von 21 Individuen, welche beschuldigt waren, den bekannten Tumult in der Kirche Santa-Croce theils veranlaßt, theils befördert zu haben, sind 4 nach dem Ausspruche deS GerichtSratheS erster Instanz in förmlichen Anklagestand versetzt und dem competenten Gerichtshöfe übergeben worden. In der Times lesen wir: „Man berichtet uns in einem Privat, schreiben auSRom vom 8. Aug.: GrafAlerander Calandrelli, Kriegs minister während der Republik und zu einer langjährigen Gefangen schaft verurtheilt, werde durch die Verwendung deS preußischen Gesandten in Rom, Baron Usedom, in kürzester Zeit aus dem Kerker entlassen werden." Frankreich. Paris, 19. Aug. DaS Evenement veröffentlicht eine von den englischen und irischen Journalisten an Charles Hugo, der wegen Bekämpfung der Todes strafe in der Conciergerie seine Haft verbüßt, gerichtete Adresse, welche von den Journalisten DouglaS Jenold, John A. Heraud, Mark Lemon, I. S. Tomlins, Thornton Hunt und 50 Journalen, darunter Daily News, Morning Advertiser, Sun, Punch, unterzeichnet ist. Drei Stel len sind im englischen Texte und der französischen Uebersetzung wegge- lassen, weil daS Evenement durch ihre Mittheilung einen neuen Preß- proceß zu befürchten hätte. Die Adresse lautet: Mein Herr! Wir denken, es stehe uns daS Recht als Mitgliedern der Presse eines befreundeten Landes zu, Ihnen die Entrüstung auszudrücken, die wir empfan den über ... (Censurlücke). Die Schriftsteller Europas und der Republik der neuen Welt, einer Schwester der ihrigen, beschränkten sich lange Zeit auf staunende Be trachtung der in Frankreich gefesselten Presse. Jetzt aber, unter den Umständen, in welchen Sie sich befinden und angesichts deS über sie gefällten Urtels ist eS ihnen unmöglich, keine Protestatio» zu erheben. Nach unserer Ueberzeugung, Herr, muß die Diskussion in allen die Menschheit betreffenden Fragen und insbesondere bei einem Gegenstände, wie die Todesstrafe, nicht nur frei, sondern kühn sein. Die bürgerliche Gewalt verläßt die Sphäre der Billigkeit, wenn sie in das Ge wissen des Publiciste» sich drängt und Schriftsteller zu knechten sucht, die sich großmüthig beschäftigen, die Gesetze des Christenthums und^ie Folgerungen der Vernunft in praktische Thatsachen umzubilden. Die bürgerliche Gewalt wird lächer lich tyrannisch, wenn sie die Unverletzlichkeit solcher Satzungen, wie die Guillotine, zu vertheidigen versucht. Eine solche Regierung hätte Porcia das von Shylock gefoderte Pfand bezahlen lassen. Ein wahnsinniger und unversöhnlicher Despo tismus ... (Censurlücke). Sie- Herr, sind eines seiner Opfer. England hat durch die freie Presse unendliche Wohlthaten erhalten. Glücklicherweise betrachten bei uns die Staatsbehörden ebenso, wie die Hand des Volks, die Freiheit der Presse als die Schutzwache aller übrigen Freiheiten, als das erste und mächtigste Mittel der Volkserziehung. Möge das große und hochherzige Frankreich bald cinsehen, daß seine Regierung durch die Fesselung der begabtesten Schriftsteller seine Kräfte lähmt und eS selbst angesichts riesiger Feinde entwaffnet. Wir hegen das Ver trauen, mein Herr, daß dieser freiwillige Ausdruck unserer Sympathie dazu beitra gen wird, die Härte Ihrer Lage zu mildern, daß er Ihnen daS Ertragen der Be drückungen ... (Censurlücke), die Sie infolge einer falschen, unglücklichen, wenn nicht freiwilligen, Auslegung Ihrer reinsten Beweggründe erdulden. (Folgen die Unterschriften.) Diese Adresse wurde Charles Hugo nebst einem Glückwunschschreiben an seinen Vater zugestellt. Grastbritannie«. London, 19. Aug. Die Königin soll, so berichtet der Manchester Eraminer, den Willen ausgesprochen haben, auf ihrer Rückreise von Schottland die großen Manufacturstädte Liverpool und Manchester zu besuchen, einige Zeit die Gastfreundschaft deS Earl of Ellesmere in Anspruch zu neh men und der,feierlichen Eröffnung der St.-GeorgShalle in Liverpool beizuwohnen. DaS bloße Gerücht schon ist genügend, die Gehirne von einer halben Million Menschen mit Festlichkeitöprogrammen warm zu halten. — Unter den Besuchern der Ausstellung erregte eine Dame aus Lappland, von sieben Fuß Höhe, sonst gut proportionirt, ungeheures Aufsehen. Ein wahnsinniger Schwärmer, der vor jedem ausgestellten Christusbilde niederkntete, dabei heilige Gesänge ertönen ließ und gegen den ermahnenden Constabler ein Messer zog, mußte der Polizei zur Auf sicht übergeben werden. 0London, 19. Aug. Briefe aus Dublin von gestern schildern die Spannung auf den heutigen Tag als eine sehr lebhafte und zum Theil peinliche. Alle Vorbereitungen für die große politisch-religiöse Demon stration in der Rotunda waren getroffen. Um das Schauspiel recht an ziehend und imposant zu machen, ist für den erzbischöflichen Präsidenten ein Thron mit einem schmucken Baldachin darüber in der Halle aufge stellt worden, für die Erzbischöfe von Cashel und Tuam sind daneben zwei prächtige Armstühle bereit. Der katholische Klerus vom Lande war schon'in Massen in der Hauptstadt angekommen. Graf Surrey, Parlamentsmitglied für Limerick, hat seine Anwesenheit zugesagt; auch Lord GermanStown und ein paar andere Mitglieder des katholischen Adels von Irland werden erwartet. Die Polizei wird jedenfalls alle Hände voll zu thun haben, um eine blutige Colliston zu verhindern, wenn ihr dies überhaupt mög lich sein wird. Der hochw. Hr. Gregg und Hr. H. Cooke die im Auf trage der protestantischen Association am 16. Aug. eine feierliche Erklä rung gegen die Tendenz deS Meetings beim Lordmayor hinterlegt ha ben, scheinen entschlossen, dem „römischen Löwen in seiner Höhle Trotz zu bieten". Der Erstere hat gestern früh eine Ansprache an die Pro testanten von Dublin veröffentlicht, worin es im Wesentlichen heißt: „Die Veranstalter deS Monstre-Meetings bestehen darauf, die Katholi ken im Allgemeinen (statt die römisch-katholischen) zu ihrer Versammlung zu laden, und lassen uns dadurch keine Wahl, wir müssen kommen. Wenn wir dieses Meeting ohne unsere moralische Opposition — nicht eine ge waltsame, sondern konstitutionelle und christliche Opposition — vor sich gehen lassen, so erkennen wir die Verletzung eines großen PrincipS an. Dieses Princip muß gewahrt werden, und sollte eS daS Leben kosten. Was mich betrifft, so bin ich auf Alles gefaßt. Im schlimmsten Falle lasse ich mein Weib und meine Kinder in Gottes Hut. Ich habe Bil- lete, und werde gehen, Andere hoffentlich auch; dort wollen wir unsern legitimen Antheil an den Verhandlungen nehmen, Resolutionen, welche wir billigen, durchgehen lassen, zu jeder Resolution aber, die wir mis- billigen, unsere Amendements stellen. Wir beabsichtigen keine Störung, keine Gewaltthat. Muß eS sein, so gehe ich mit Gottes Hülfe allein. Aber sicherer und zweckmäßiger wäre es, wenn einige Tausend meiner protestantischen Brüder mich begleiten wollten. In ihrer Mitte könnte ich sicher bis zur Thüre gelangen; im Innern werden die Behörden die Ordnung aufrecht halten. Brüder Orangisten, findet euch heute Abend in euern Logen ein. ... Meine letzten Worte sind: Die Verantwortlich keit für alles Unheil, das entstehen mag, wird auf die Usurpatoren der Titel Anderer und auf die Regierung fallen, welche solche Usurpation duldet." Man sieht, daß auf der anglikanischen, so gut wie auf der katholischen Seite, der Klerus im Vordertreffen steht; nur daß hier ein Kaplan statt der Bischöfe für die Interessen der Staatsktrche in die Schranken tritt. Mit welcher Kühnheit übrigens die katholische Agita tion der StaatSkirche den Handschuh hinwirft, und mit welcher Zuver sicht sie darauf zu rechnen scheint, daß die Regierung nicht wagen werde, die Titelacte praktisch geltend zu machen, zeigt ein Artikel deS Tablet, welcher die Annahme des territorialen Titels „von Tuam" durch den vr. M'Hale nicht nur als einen Triumph hervorhebt, sondern den legitimen Besitzer deS Bischofstitels, Lord S. Beresford, einen „Spott bischof und Betrüger" nennt; nur die katholischen Bischöfe Irlands seien wirkliche Bischöfe, die anglikanischen seien unrechtmäßige Prätendenten und Schwindler. Man ist begierig zu sehen, ob der Attorney-General für Irland nicht ein Wörtchen mit Hrn. LucaS darüber reden wird. Mersonalnachrichten. Ordensverleihungen. Oesterreich. Orden der Eisernen Krone, I. Cl.: der Unterstaatssecretair im preußischen Ministerium der auswärtigen Angelegen heiten Geh. Legationsrath v. Le Coq. Leopoldsorden, Commandeurkreuz: der preußische Geh. Legationsrath Graf v. Schlieffen. — Preussen. Stern zum Rothen Adlerorden, 2. Cl.: der Graf Leon de Laborde in Paris; Rother Adler orden, 2. Cl.: der russische Generalmajor im Gencralstabc und Studiendirector bei der Militairakademie in Petersburg v. Bolotoff. Wissenschaft und «Kunst. Eibenstock, 20. Aug. Das am 18. und 19. Aug. hier abgchaltcnene fünfte obererzgebirgische Sängerfcst hat alle Erwartung eines zahlreichen