Volltext Seite (XML)
Zweite Au-gak. Meid- S Uhr Mnstag 8. Juli 18« ämmtlichen VerlagSartikel einer znkrtion»««»arr für den Nüüm «i»«r Zeil« > Ngr. Lu beziehen durch all« Post- »mt«o d««3n- undXurlaud««, s«wl«.durch die ««»dU tonen in Lltpgig <Qu,rftraße Nr. «) und (bei E. Hüilner, Neustadt, An der Brücke, Nr. >). O-Gßt«. Li. SN schetut ,»et fit« da« «ierteljah« i.j jede rinzelue Num mer I Ngr. Y»d1 ,« « Uhr. Vormittag« I I « Üb«! in »Ußchl » Nh«, Bortnltt DkuWc Mgmemc Zeitung »Wahrheit «d Recht, Freiheit »d Gesetz!» Die neuesten ^Versuche zur deutschen Preßgesetzgebung. n. (Siehe Art. l. in Rr. 324.) *t*Dreßden, 27. Juni. Es ist gewiß, daß der 'Preßfreiheit gewisse Ermesse Vorschriften zur Seite gesetzt werden müssen, durch welche die Bestrafting Derjenigen ermöglicht wird, die durch ein Preßerzeugniß das öffentliche ödet ein Privatinteresse widerrechtlich verletzen. Eine m jedem Preßgesetz nöthige Vorschrift ist daher zunächst das Verlangen, daß jedes für die allgemeine Verbreitung im Buch- und Kunsthandel bestimmte Erzeugniß den Namen deö Urhebers und Verlegers oder wenigstens den deS Letzter« angeben solle. Geschäftlich wird dies dem Sortimentshänd ler eine Bequemlichkeit sein; außerdem aber erwächst daraus dem Schrift« siellerthum selbst der Vortheil, haß die Ueberflutung VeS Büchermarkts mit den traurigen Artikeln der Winkelllteratur einigermaßen gehemmt wird. Auch wird der schädliche Gebrauch, geheimes Pressen dadurch aus geschlossen. Ist dann mit Namensnennung des Verlegers das Preß- erreugniß zur Veröffentlichung fertig, so mag die Handlung immerhin angehalten sein, ein Exemplar gleichzeitig mit der Ausgabe an das Pu blicum an die Staatsbehörde einzuliefern. Die gleichzeitige Einlieferung ist hier natürlich unerläßliche Bedingung; denn wollte man die Verbrei tung der Schrift durch die Hinterlegung bei der Polizei auch nur eine Sekunde aufhalten, so würde das Princip der VorbeügÜngSmaßregeln in einer Weise in die Gesetzgebung ausgenommen werden, die sich dem Wesen Nach von der frühern öffentlichen Censur nicht unterschiede, die Interessen deS buchhändlerischen Geschäftsbetriebes aber noch empfind licher verletzte als jene. DieS schien beiBeratyung von 8. 20 deS säch sische» PreßgefetzeS selbst der konservative Pair v. Welck anzuerkennen und für einen Antrag deS Grafen SolmS, wonach von jedem Journal ein Exemplar an die Polizei abgegeben werden fällte, bevor die Aus gabe an die Abonnenten erfolge, fanden sich in der, ganzen I. Kammer am 14. Nov. 1850 nicht mehr als drei Stimmen, den Antragsteller mit eingerechnet. In Frankreich, wo nach Artikel 14 des Gesetzes vom 21. Oct. 1814 der Drucker ein Exemplar deS PreßerzeugniffeS an die Po lizeibehörde abgeben mußte, ehe er das Werk dem Verleger übergeben durste, ließ man diese Bestimmung, die jedoch nach Art. 5 deS Gesetzes vom 9. Juni 1819 sich auf Journale nicht bezog, selbst nach Aufhebung der Eenfur durch Art. 7 der revidirten Charte bestehen; in unser Preß gesetz ist dagegen das gerechte Erfoderniß einer gleichzeitigen Hinterle gung für-alle Preßerzrugniffe ohne Unterschied ausgenommen worden. Zwei vielbesprochene Steine deS Anstoßes in den neuern Preßge- setzen sind die Cautionen und die Entziehung deS Postdebits. Frank reich, daö gegen die Freiheit mindestens ebenso Vieles als für dieselbe erfunden hat, gebührt auch die Ehre, „in einer plutokratlschen Periode seiner Gesetzgebung^ die Cautionen erfunden zu haben. In der Regel werden dieselben nicht vom rechtlichen, sondern vom Zweckmäßigkeitö- standpunkte auS vertheidigt. Nun ist eS zwar gewiß, daß durch die Cau- tionSfoderung manches Blatt zu Grabe geführt oder vom Entstehen zu rückgeschreckt wird; allein die Präsumtion streitet nicht so ohne Weiteres dafür, daß dies nothwendig im Interesse der staatlichen Wohlfahrt ge schehe. Die schlechten Blätter, die von Skandalen aller Art leben, haben fast immer (einer sehr erfreuliche Ausnahme erleben wir allerdings in Sachsen) einen unverhältyißmäßig großen Leserkreis; aber auch die Aus- nahmen sterben nicht an der Caution, denn wir haben ja merkwürdige Beispiele gesehen, welcher persönlichen Aufopferung in den extremen Par teien Einzelne fähig sind. Die Zweckmäßigkeit der Cautionen wird sich daher fast nur gegenüber den kleinern schlechten'Localblättern bewähren, die ohne Ausnahme von dem Ideal einer solchen OrtSzeitung, wie es Möser vor fast hundert Jahren im Osnabrücker Wochenblatt aufgestellt hat, wett entfernt sind. Allein durch die Caution kann die Lokalpresse nur unterdrückt, nicht aber gebessert werden, und da sie den Behörden zur Veröffentlichung ihrer Bekanntmachungen dessenungeachtet ein Be- dürfniß ist, daö mit dem Interesse der gewerbtreibeuden Provinzialen zu- sammensällt, so würde die Caution DaS, waö noch thut, doch nicht er reichen helfen. Will aber die Regierung durch dis Localbehörden auf Hebung einzelner Ortsblätter hinwirken , dann kann auch daö zu stark wirkende Mittel der Cautionen entbehrt werden. Auf jeden Fall ent spricht der durch sie gewonnene Vortheil nicht den Mühen, die man zu ihrer Vertheidigung hat aufwenden müssen. Denn wenn man selbst von der Schwierigkeit einer rechtlichen Begründung deö CautionSsystems ab- fieht, bleibt eben selbst seine Zweckmäßigkeit sehr zweifelhaft und die bei Vertheidigung desselben sehr beliebte Annahme, daß der Staat durch die Caution eine gewisse Bürgschaft erhalten soll, eö werde die Herausgabe » von Zeitungen nur von Bemittelten unternommen werden und in einem weniger revolutionairen Sinne erfolgen, hat sich seit der Existenz des PreßcauttonensystemS genugsam als falsch erwiesen. „DaS Geld", sagt der jenenser sachverständige Briefsteller »an einen deutschen Bureaukra- ten!', »hat und gibt keine Gesinnung; wo etwas zu verdienen ist, da fließt es hin." Um aber die kleine Localpresse, zu bessern, schlägt der selbe, geradezu vor, ihr vermittels der Ortsbehörden die Politik, der sie - doch nicht gewachsen ist, ganz zu entziehen. Um ihre Spalten zu fül len, gibt-e-Gegenstände genug, die an die Stelle des meist ohne Quel lenangabe auS einem Dutzend Zeitungen; angefertigten politischen Sam melsuriums zu setzen wäre, z. B. Gemetndeangelegenheiten, wohlthätige Zwecke, geschichtliche Rückblicke; den größern Zeitungen, die ihre Ori- giäalcorrespondenzen bezahlen müssen, würde dadurch der Markt ge öffnet. Indessen sind neue und bedenkliche Schwierigkeiten, die sich an solch eine Maßregel knüpfen würden, nicht zu verkennen. Der Bericht zum großherzoglich hessischen Preßgesetzentwurfe streicht alle auf Caution bezüglichen Artikel. Auch bei der Entziehung des PostdebitS tritt der rechtliche Stand punkt zurück. Erwägungen, wie: daß die Post eine zur Besorgung von Transporten „mit starken Privilegien" auögestattete Staatöanstalt ist und daß sie deshalb allen Staatsbürgern in gleicher Weise im Umfang ihres GeschäftSkreiseS dienen muß ; Erwägungen ferner, wie: daß die präsumtrten künftigen Verbrechen eines Zeitungsschreibers ebenso wenig einer Bestrafung unterliegen können, wie künftige Verbrechen überhaupt, werden gern unwiderlegt bei Seite geschoben und mit dem vielleicht be stechenden Bemerken beantwortet, daß man sich doch anerkannt Zeitschrif ten denken könne, die subversive Tendenzen befolgten, ohne daß sie zu gesetzlichem Einschreiten Anlaß gäben und daß der Staat ein anderes Mittel nicht habe, sich gegen dieselben zu schützen, als die Entziehung deS PostdebitS. Als in der sächsischen I. Kammer eine Aeußerung in - diesem Sinne vom Ministertisch auS gethan ward, fragte ein Mitglied, ob man denn auch solche Menschen auf den StaatSeisenbahneri nicht be fördern wolle, die, ohne daß man ihnen auf den Hals könne, derRe- gierung gefährlich erschienen? Zu dieser Folgerung lächelte die Kam mer unddoch ist sie wirklich eine Folgerung. Am heftigsten erklärt sich der jenenser Briefsteller gegen eine et waige Gewerbentziehung deö Buchhändlers. Auf diesem Gebiete folgen wir ihm nicht; aber Das mag erwähnt sein, daß das Bundesgesetz vom 20. Sept. 1820, das durch den Beschluß vom 16. Aug. 1824 bis zum Zustandekommen eines definitiven PreßgefetzeS in Kraft bleiben sollte, doch nur bestimmt hat, es dürfe der Redacteur einer unterdrückten Zei tung in den nächsten fünf Jahren bei keiner andern Redaction zugelas sen werden. Freilich ist es in Vormärz ichen Zeiten auch vorgekommen, daß in einzelnen Ländern gleich die sämmtlichen Verlagsartikel einer Buchhandlung oder die sämmtlichen (noch nicht erschienenen) Schriften eines Schriftstellers verboten wurden! In Sachsen ist nach 8. 31 deö Gesetzes vom 14. März 1851 unter Umsiänden zeitweilige, ja gänzliche Entziehung deS GewerbSbefugnisses möglich. Unter den Mitteln, die Presse im -Allgemeinen zu heben, ist ein Hinweis des sachverständigen Verfassers der sechs Briefe von besonderer Wichtigkeit. Indem derselbe nämlich der Bedeutung des Börsenvereinö der deutschen Buchhändler gedenkt, macht er zugleich darauf aufmerksam, daß diesem und ähnlichen freien Vereinen, so lange ste nicht vom Staate anerkannt seien, solange der Staat ihnen nicht das Recht der Prüfung ihrer angehenden Gewerbsgenossen einräume und nicht alle nöthige, Mit glieder des betreffenden Vereins zu ^werden, die rechte Kraft zu Errei chung,-ihrer gewerblichen und sittlichen Zwecke fehle und daß sie als freie Vereine nicht im Stande seien, dem Staate die Bürgschaften strengge setzlichen Verfahrens und selbstgeübter Polizei unter ihren Mitgliedern zu bieten, die ihm wünfchenöwerth sein müßte. Im Jahre 1847 hatte Preu ßen in seinem BundeSgesetzentwurfe ein Bundeösyndicat zur Beaufsichti gung deS Buchhandels vorgeschlagen. Hieran anknüpfend wünscht der Verfasser der sechs Briefe eine Bundesbehörde für den Buchhandel, die sich auf Erfüllung gesetzmäßiger Ordnung in den äußern Formen und der Organisation de4 Buchhandels zu beschränken, die zugleich aber auch als Vermittlerin für- die Angelegenheiten und Bedürfnisse der Literatur und der Buchhänblercorporationen zwischen diesen und der Bundesgewalt zu dienen hätte. Der weitern Ausführung dieser Idee', die augenfällig starke Lichtseiten hat, zu folgen, würde an diesem Orte zu weit führen; nur DaS mag in Kürze erwähnt sein, daß in ihr geeignete Mittel zur Förderung des soliden und Waffen zur legalen Unterdrückung deö unso liden Buchhandels geboten sind. Unter der Regie dieses BundeSsyndi-