Volltext Seite (XML)
servativ zugleich, ja rchvhlikMch auf, indem man sagt, daS souveralne Wolk soll wieder seinen Präsidenten wählen, dann organisirt man di« Wahl durch Überredungskunst und Geldmittel, die keiner Partei so zngeboteste- lht» wie dieser; man gibt den Municipalräthen, die voll Royalisten sind, nur die Paryle, bearbeitet die Bauern und dis Armen, und der Säbel wird unter dem Ramen Chanaarnier Herr von Frankreich. Ich mache hier so wenig Hypothesen, daß ich Sie vielmehr aus guter Quelle versichern kann, daß die auswärtigen Mächte diesen Plan, soviel in ihren Kräften steht, unterstützen, denn das Gespenst des KaiserthumS mit einer, wenn auch «yrannisirten Demokratie, mit Gelüsten auf den Rhein und überhaupt ittit seinen kriegerischen Erinnerungen macht ihnen bange oder vielmehr, «S ist ihnen bange davor gemacht worden. Darum verweigert man dem Präsidenten zunächst Geld, das ihm zu Propaganden dienen könnte; darum wird in den nächsten Tagen ein Gesetzvorschlag unterbreitet wer den und höchst wahrscheinlich auch durchgehen, der den Präsidenten der Rationalversammlung ermächtigt, die ganze Truppenmacht ihrem Schutze auf;nbleten, die Bestimmung der Constitution also erweitert, die nur daS Aufgebot eines TheileS der Truppen zu seiner Verfügung stellt. Die Wtntersaison ist dieses Jahr hier überaus glänzend und das LeispielloS schöne Wetter, bei welchem die Leute wie im Sommer vor den »Kaffeehäusern und in den öffentlichen Gärten sitzen, scheint zur Verherr lichung der Jahreszeit beitragen zu wollen. Die glänzendsten Bälle und Teste finden beim Präsidenten und im Hotel de Ville statt, das wegen der Geräumigkeit und Pracht seiner Gemächer glänzendere Eindrücke her- vorbringt als dir Localität des Elysee. Die Haltung deS Präsidenten <iuf seinen Bällen ist ein Gemisch von Kälte und Freundlichkeit, seine Bewegungen sind die eines Hofmanneö, seine Sprache gemessen, seine AluSdruckSweise elegant und oft geistreich. Man findet hier neben den «tisjoota mewbra einer glänzenden Aristokratie die Elite des Künstler rind GelehrtenthumS, während die Bälle des Stadthauses ein bürger licheres Ansehen haben. Die Eröffnung der Kunstauöstellnng belebt das »ohnehin schon so rege Treiben des Winters und über Allem rauscht die unentbehrliche Musik. Wir haben jetzt hier vier große Gesellschaften für Jnstrumentalconcerte, die alte berühmte deö Conservatoire, die Philhar monische Gesellschaft, die Berlioz leitet, den Cäcilien-Verein mit Seghers <in der Spitze und die Üvion mumoalo, der Felicien David vorsteht. Dazu kommen eine Menge Quartettgesellschaften, populaire Gesangver- «ine, Privatconcerte und die musikalischen Vorstellungen in den Opern- häusern. Den letzten großen Erfolg hatte hier Halevy in der komischen Oper mit Scribe'S „vamo cis pique", die auch wirklich zu den schön sten Werken dieses reichbegabten und fruchtbaren Componisten gehört. «Königreich Gachse«. ----Dresden, 12. Febr. Seit die Kraft des Communismus gebro- -chen ist, scheint der Associationötrieb nach Neubelebung alter Formen zu greifen. So hören wir alles Ernstes, daß der römische Stuhl daran denkt, den Orden der alten Templer wiederherznstellen, vorläufig wenig stens in der Form eines aus den Gläubigen aller Länder gebildeten Freikorps zum Schutze des Papstes in Italien selbst. Nicht aus Rück sicht auf eine mögliche Rekrutirung für diese Schweizergarde ans hiesi gem Platze erwähnen wir diese Erscheinung, sondern angeregt durch die heutige Sächsische Constitutionelle Zeitung, die eine Mitthejlung aus ei- mem noch nicht erschienenen Theile deS Gutzkow'schen Romans „Die Ritter vom Geiste" bringt. Bei Gelegenheit einer Erörterung über Tho mas a KempiS, der Mönch und zugleich Mitglied einer Genossenschaft vom gemeinsamen Leben war, wird gesagt, daß auch die Geschichte un serer Elbbrücke auf die sogenannten KalandSbrüder, eine Genossenschaft des Mittelalters, zurückführe. Ob der Verfasser Grund haben kann, diese KalandSbrüder mittelalterliche Freimaurer zu nennen, wissen wir nicht, möchten uns aber die Bemerkung erlauben, daß uns die Idee «iner Reform deS gesellschaftlichen Vereintlebens und Vereintwirkens, die jenem auch hier vielgelesenen Roman zum Grunde zn liegen scheint, gleichfalls an alte dresdener Erlebnisse erinnert, nämlich an die Vor schläge zur Stiftung eines Menschheitsbundes, die 1811 von dem be rühmten damals hier lebenden Philosophen Krause gemacht und von dem königlichen Justizkanzleisecretair Friedrich Mohsdorf unterstützt wur den. Der älter» Generation wird die große Aufregung erinnerlich sein, die dieses Unternehmen im Schoose der Freimaurerei, aus dem es ge fördert werden sollte, hervorrief, Kämpfe, an denen sich gegen Krause mnd MohSdorf besonders Schröder in Hamburg und unser allbewan derter Hofrath Böttiger betheiligte». Wir sind begierig, ob sich in dem fünften Bqnde jeneö Romans Anklänge der Krause'schen Theorie fin den werden. - X Dresden, 10. Febr. Als ich Ihnen jüngst über den Verlauf un serer sreigemeindlichen Restdcnzangelegenheiten berichtete, berührte ich am Schlüsse noch einen Ausläufer der religiösen Bestrebungen, welcher überraschend genug in dem Jahrhunderte des praktischen Voltairianismus immer noch, zumal unter den Ungebildeten, seine Proselyten macht. Ich betrachte eS umsomehr als eine Pflicht, diesen Ausläufer — bezeich nender möchte ich sagen: diesen Unfng — vor datz Forum der Oeffent- lichkeit zu ziehen, als ich mich nicht entsinnen kann, daß ein sächsisches Blatt bisher von demselben neuerdings Notiz genommen hätte. Unsere Revolutionsgeschichte hat die Rothwendigkeit einer allgemei nen Volksbildung leider sehr eindringlich zur Anschauung gebracht. Ge genwärtig ist „das Volk", der vierte Stand, durch physische Gewalt in seine Positionen von vor 1848 zurückgedräugt, abrr Pulverfaß und Pä- trontasche können und sollen nicht Vie Zukunft der Gesellschaft garan- tlren. Eine dauernd, Sicherstellung wird doch nur durch eine allmälige Entwickelung der rohen Kräfte zu erringen sein, welche den konstitutio nellen Staat bedrohen. ES ist wenig gewonnen, wenn man dem Feinde daS äußere Werkzeug entzieht, er wixd gelegentlich ein neues suchen; ihn von der Verwerflichkeit seiner Mittel überzeugen, ihm die Feind schaft selbst nehmen, das heißt erst wahrhaft siegen, denn dieser Sieg läßt mit der Ueberwindung gleichzeitig die Versöhnung zusammenfallen. Die Ausfüllung der Kluft, welche die Gesellschaft von heute in zwei große Parteien trennt, ist an zwei Stichworte geknüpft, welche dem mo dernen Staate immer ins Gedächtniß zurückgerufen worden müssen: gei stige und sittliche Bildnng des niedern Volks und Verbesserung deS ma teriellen NothstandeS. Ich habe es hier nur mit dem erstem zu thun. Das festeste Fundament der revolutionairen Gräuel ist die Ver dummung. Mangel an positivem Wissen ist nicht ihr gefährlichster Be- standtheil; daö falsche Wissen, daS Vorurtheil, der politische und reli giöse Irr- und Aberglanbe, Das sind ihre unheilvollen Erscheinungs formen. Der Irrglaube hat seinen Fanatismus wie jede Ueberzeugung; um so dringlicher drängt sich die Nothwendigkeit der Aufklärung ins Auge. Die sächsische Regierung hat sich seit Beginn des Restaurations werkes sehr bemüht gezeigt, dem politischen Irrglauben die Wurzeln zu unterbinden. Daß sie nicht einen Schritt weiter gehen und an die Stelle eines von ihr bekämpften Irrglaubens den rechten setzen konnte, liegt in der Natnr der Aufgabe, die sie sich selbst gestellt hat. Die re ligiöse Verirrung dagegen, namentlich soweit man ihr revolntionaire Tendenz nicht anmuthen kann, liegt der ministeriellen Thätigkeit sehr fern; ihre Bekämpfung soll im Schoose der Gemeinde der Gläubigen selbst vorsichgehen. Wenn aber deren Mittel als unzulänglich sich darstellen, wenn ihr Wille müde, ihre Wachsamkeit allzu nachsichtig ist? Kirche und Schule sollen de» Glauben erhalten und die Sittlichkeit för dern und deshalb ist eS zumeist die biblische Tugendermahnung, die ihnen obliegt; sie erfüllen jedoch ihre Aufgabe nur halb, wenn sie der Verkündi gung der christlichen Tugendlehre nicht auch die Vertheidigung deS geläuter ten Glaubens an die Seite setzen. Zwar hören wir täglich Philippische Re den gegen den Freigeist und die philosophische Kritik, indessen ist es ge rade der Freigeist allein, der mit dem Glauben, mit der bestehenden Kirche auch deren ihm selbst entgegengesetzten Feind bekämpft, den Aber glauben. Und doch sollte die Kirche sich gegen die Verflachung deS bi blischen Glaubens in einen äußerlichen Mysticiömus nicht minder ange legentlich vertheidigen als gegen den Unglauben. Man sagt in der Regel, die Beschäftigung mit dem niedern Volke sei wenig anlockend. Ob Dies wahr sei, ist eine unnütze Frage; ich mei- nestheils habe an dieser Beschäftigung da, wo ich Gelegenheit zu ihr fand oder auch suchte, immer daS lebhafteste Interesse genommen. Ihr verdanke'ich denn auch die Kenntniß eines Ltteraturzweigeö, der mir früher mehr lächerlich als gefährlich erschienen war, dessen allgemeine Verbreitung und dessen demoralisirende Wirkungen indessen doch etwas mehr Aufmerksamkeit verdienen dürften, als man ihm in der Regel zu schenken geneigt ist. Dieser Literaturzweig ist an einer ziemlich eintöni gen Firma leicht zu erkennen: „HimmelSwankxrungen", „Bußpredigten und Offenbarungen", „Beschreibungen des Jenseits", Das sind so un gefähr seine Hauptkategorien. DaS „Wunderbare" in diesen Büchern verfehlt natürlich nicht, auf die Ungebildeten seine Anziehungskraft zu üben, zumal die meisten solcher Broschüren, aus 1'/-—2 Bogen beste hend, um ein Spottgeld zu haben sind. In den ärmern Classen, ganz namentlich aber auf dem Lande, wo die Verbreitung durch Colporteme vermittelt wird, sind sie daher eine gesuchte Lectnre. Die Frömmigkeit in ihnen ist wirklich fabelhaft und mag der starren Orthodoxie, welche in dem Herrn der Schöpfung nur einen elenden, in das Jammerthal der Erde gesetzten sündigen Wurm sieht, wohl behagen. Aber diese Frömmigkeit ist es nicht, die den Armen ein paar Pfennige aus der Tasche lockt, es ist die Wissbegierde nach den unentschleierten Geheim nissen, der in dem Ungebildeten schlafende Jnstinct des Aberglaubens, welcher nach Stärkung sucht und welcher auch seine volle Befriedigung erhält. Leute, welche kaum wissen, wie es eine Stunde von ihrem Wohn orte auSsieht, wollen, angelockt durch Nengier und Empfehlung, die Geo graphie deS Himmels studiren und in einigen Stunden hinter dem war men Ofen über die Zweifel hinsichtlich des „unentdeckten Landes" hin wegkommen, welches schon manchem armen Wanderer den Willen irrte. Ich habe einige solcher Jenseitsenthüllungen vor mir und will für die damit Unbekannten nur eine kleine Probe anführen. „Am erstell Thore des Himmels", heißt es in einer derselben, „stehen zwei Engel oben über als Ehrenwachen. Die Erde ist von hier guS kaum zu erkennen, sie sieht schwärzlich aus. Die seligen Engel gehen ganz weiß und tra gen röche Schürzen. Um die Mntter Maria scharen sich viele Kind lein, die gehen weiß und blau und haben Bänder um ihre Haupte- lein. Die Engel wohnen in einem großen Saale von lauter wei ßem Marmor. Seit dem Jahre 1800--- 1849 sind im Ganzen nur 1400 Engel in denselben eingezogen und unter den seligen Engeln be finden sich auch drei Prediger" (?) rr. Ich denke diese Probe genügt und macht auch jeden Commentar nnnöthig. Ebenso wenig kann man sich darüber täuschen, daß diese Art von VolkSlecture, mag sie einer aber gläubischen Frömmelei oder einer betrügerischen Speculation ihre Ent stehung verdanken, nichts ist als ein frivoler, das Heilige verhöhnender