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Mittwoch. KetPztg. DI, Zttttmg schütt «»glich ,w«I mal und «lrd ««gegcbcn in O«ip«t« Bormittag« ll Uhr, Wend« « Uhr; IP»«,»«« »md« - Uhr, Vormittag» « Uhr. Pr«I» für da« Vicrtfltah» r Lhlr.; srdr einzelne Num mer d Ngr Zivcitk Ausgabe. Abends 8 Uhr. 12. Februar 18S1. —, Nr. 8». -— Deutsche Allgemeine Zeitung. «Wahrheit und Recht, Freiheit und GesetzI» Zu beziehen durch all« Post ämter de«3n- und Auslande« sowie durch die Arpedttionen In Leipzig lv-erstraße Nr. «j und Drr.drn (bei <i. Höckner, Neustadt, An der Brücke, Nr. N). Inlrrtionsgebühr für den Raum einer Zeile U Ngr. Die Dresdener Conferenzen. Soweit man hier unterrichtet ist, schreibt das berliner Correspon- denz-Bureau, herrscht in Bezug auf die Eommisstonsarbeiten in Dres den zwischen der österreichischen, der preußischen und den übrigen könig- llchen Regierungen Ueberetnstimmung. Man ist namentlich seitens dieser Regierungen datüber einig, daß eine Bundes g ewalt bald in Thätigkeit treten müsse)' deren Befugnisse in militairischer wie in polizeilicher Be ziehung nach den bisherigen Vorberathungen sehr ausgedehnte sein wer den. — Man versichert, daß man sich in Dresden unter der Hand viel fach mit der kasseler Angelegenheit beschäftigt habe; in Bezug auf das Auftreten deS Grafen Leiningen machen sich auch dort Stimmen geltend, welche dasselbe, namentlich in der gewählten Form, nicht billigen. Die Suspension der Verfassung durch den österreichischen oder BundeScom- mMr findet man unangemessen. Mindestens hätte man gewünscht, daß in der Hassenpflug'schen Proklamation von einem bezüglichen Anträge der kurhesstschen Regierung die Rede gewesen wäre. Es ist nicht un wahrscheinlich, daß man in Dresden diese Sache zu seiner Kompetenz ziehen wird. Deutschland Die Weser-Zeitung führt in einem längern Artikel aus, daß die Plane des wiener Cabinetö — wenn der Gesammteintritt Oester reichs iü den Deutschen Bund durchgesetzt werde — zuletzt dahin führen, das gesammte Deutschland dem Habsburger Hause dienstbar zu machen, ohne Reciprocität, ohne Gründung neuer und mit Vernichtung der bisherigen Freiheiten. Der Eintritt "des österreichischen Gesammt- staatS in den Deutschen Bund ist jedoch rechtlich nur möglich unter Zu stimmung aller Betheiligten, und da eine solche Zustimmung voraus sichtlich freiwillig nicht erfolgen wird, so bedarf das wiener Cabinet einer Ueberrnmpelung, im schlimmsten Falle eines Gewaltstreichs, um seine Plane inS Leben zu führen. Bei dieser Sachlage kann man den deut schen Einzelstaaten nur zum entschiedensten Widerstande rathen, damit, was Oesterreich etwa durch Gewalt erzwingt, nicht von ihnen sanctio- nirt werde, sondern offen den Charakter des Gewaltthätigen trage, denn man mag die BundeSactr und ihre Anhängsel drehen und wenden wie man will, man wird nie das Recht Oesterreichs daraus demonstriren können, Mit seinem ganzen Ländertompler oder auch nur mit der Lombardei in den Deutschen Bund einzutreten. Weder die Wählcapitulation von 1792, noch die Erklärung des österreichischen Gesandten, womit er die Namensliste der zum Bunde gehörigen k. k. Lande begleitete, kann jetzt noch einen Rechtsanspruch begründen. Das Protokoll der Sitzung vom 6. April 1818 enthält die genaue Verzeichnung der k. k. Länder, welche zum Deutschen Bunde zu rechnen sind: 1) daS Erzherzogthum Oesterreich; 2) daöHerzog- thum Steiermark; 3) datz Herzogthum Kärnten; 4) das Herzogthum Krain; 5) das österreichische Friaul (oder der görzer Kreis); 6) das Gebiet der Stadt Triest; 7) die gefürstete Grafschaft Tirol mit Trient und Briren, dann Vorarlberg mit Ausschluß von Weiler; 8) das Herzogthum Salz burg; 9) daS Königreich Böhmen; 10) die Markgrafschaft Mähren; 11) Oesterreichisch-Schlesten mit Auschwitz und Zator. Dieses Verzeich- niß allein ist maßgebend, wo es sich um Rechtsansprüche handelt. Da sich aber, wie die Sachen liegen, mit den bloßen Rechtsansprüchen nichts durchsetzen läßt, so wird man, nm nicht zu früh mit offener Gewalt hervorzutreten, einen Anstoß von außen abwarten und dann in fingirter Bedrängniß und Noth die Komödie der ersten Junitage von 18l5 wie derholen, wo Preußen eigentlich das schlechte Machwerk, das in der größten Eile zustandegebracht war, nicht anerkennen wollte, dann aber seine Unterzeichnung in ausdrücklicher Schlußerklärung durch die Betrachtung motivirte, „daß eö besser sei, vorläufig einen weniger voll ständigen und vollkommenen Bund zu schließen als gar keinen" und daß eö von den Berathungen der Bundesversammlung eine „Abhülfe der Mängel" hoffe. li Berlin, 11. Febr. Die Kreuzzeitungspartei, die sich seit der Mi- nisterprästdentschaft deS Hrn. v. Manteuffel einstweilen auch als die mi nisterielle Partei geberdet, scheint die neue Gemeindeordnung als die Brücke ersehen zu haben, auf der sie zu der seit einiger Zeit lebhaft von ihr betriebenen sogenannten Verfaffungsrevision gelangen will. Als Kommissare zur Einführung der Gemeindeordnung werben. vorzugs weise solche Männer ernannt, die dieser Partei specifisch und entschieden angehören, und von denen man sich eben nichts Anderes versehen kann, als daß sie das Gesetz und die damit zusammenhängenden organischen Bestimmungen in ihrer Lebensfähigkeit zu beschränken und z» behindern ge neigt sein werden. Der Abg. v. Klützow, der in diesen Tagen in eine ähnliche commissartsche Stellung beim Ministerium des Innern etngetreten, steht eben falls auf dem Boden dieser Partei, die den christlich-germanischen und pa triarchalisch-feudalistischen Staat, auf dessen Aufbau sie von Tag zu Tag mehr zu hoffen scheint, mit dieser neuen Gemeindeordnung durchaus nicht für verträglich hält. Der in der I. Kammer bevorstehende Antrag aus vor läufige Sistirung der neuen Gemeindeordnung hängt mit diesen Bestre bungen aus das allergenaueste zusammen. Die Agitation gegen dieses Gesetz verbreitet sich plötzlich in den exclusiven Kreisen auf eine auffal lende Weise. Es werden dahin auch die hervorstechenden Aeußerungen gerechnet, welche der Prinz von Preußen neulich an die Deputation der pommerschen Stände richtete, und wodurch der Prinz sich zu der Ansicht Derer bekannte, die von der neuen Gemeindeordnung unheilvolle Einflüsse auf die innen, Verhältnisse deS ganzen StaatslebenS besorgen. Es steht daher sehr zu erwarten, daß die Einführung deS Gesetzes dem nächst auf irgend eine Weise sistirt werden wird, mit welchen ohne Zwei fel bestehenden Absichten die neuliche Anzeige deS Potsdamer Regie rungsblattes : daß die Einführung der neuen Gemeindeordnung in Berlin für vollendet anzusehen sei, auf eine höchst ehrbare Weise contrastirte. Seit einiger Zeil wünscht jedoch auch die Kreuzzeitungspartei die Ver fassung nicht anders als auf verfassungsmäßigem Wege abzuändern und zu beseitigen. Man rechnet auf die Vollendung der Reaktion durch die Kammern, und Dies ist in diesem Augenblicke die Eigenthümlichkeit un serer innern politischen Situation. In dieser Taktik hat sich freilich die innere StaatSeutwickelung Preußens seit dem November 1848 bewegt. Dagegen scheint die österreichische Regierung mit geringerer Scheu und größerer Offenheit auch in der Abwerfung der konstitutionellen Maske vorgehen zu wollen. DaS von dem Abgeordneten der II. Kammer Geh. Archivrath Rie del soeben hier erschienene Buch „Zehn Jahre des preußischen Königs hauses" erregt in diesem Augenblicke ein ungewöhnliches Aufsehen. Be sonders sind eS die ursprünglichen Lebensznstände des märkischen Adels, welche aus den Quellen auf eine eigenthümliche Weise erhellt undcharak- terisirt werden. Die historisch angenommene Erwerbung der Mark Bran denburg durch ein Kaufgeld wird durch die Darstellung des Verfassers in ein sehr zweifelhaftes Licht gerückt. Der König soll die Ueberschickung dieses Buches abgelehnt und die sofortige Zurücksendung des Exemplars an den Verfasser anbefohlen haben. Man weiß nicht, ob der Grund davon in dem Inhalt und der Richtung der Darstellung oder in dec bekannten parlamentarischen Stellung dieses Abgeordneten zu suchen ist. * Aus der Provinz Preußen, 8. Febr. Ziemlich allgemein ist man der Ansicht, daß die Stimmung deS Volks gegenwärtig durchaus ohne Bedeutung für die Machthaber und mithin ohne Einfluß auf die poli tischen Gestaltungen ist. Vielleicht hat man Recht mit dieser Ansicht; doch darf deswegen die Gesinnung der Regierten, besonders wenn wich tige Veränderungen in ihr vorgehen, von der Tagesgeschichte nicht glei chermaßen wie von den Regierenden ignorirt werden. Eine solche Ver änderung, und zwar eine sehr starke, ist namentlich in dem Geiste un- serS Landvolks vorstchgegangen, seitdem man für gut gefunden, seinen Patriotismus auf eine ganz unfehlbare Probe zu stellen. Wir meinen damit die Einwirkung der Mobilmachung der Armee auf die Gemächer der mit Einquartierung und Requisitionen verschiedener Art überreich heimgesuchten Bauern, welche bis zum Herbst v. I. — d. h. ehe ihre Opferbereitwilligkeit probirt wurde — unbedingte Verehrer der, Reaktion waren, gegenwärtig aber total umgeschlagen sind. ES ist Mn Stau nen, wie respectwidrig diese unlängst noch so devoten und vertranungö- vollen Leute sich jetzt aussprechen und gar nicht einsehen wollen, daß die allerdings etwas ruinirende Einquartierungslast, Pferde- und Fourage- lieferung nur zum Besten deö Landes auferlegt worden ist; auch sind sie eigensinnig genug, sich bei der Versicherung nicht zu beruhigen, daß sie durchaus keinen Schaden davon haben sollen und dereinst in 4proc. BonS für Alles entschädigt zu werden die Aussicht haben. Diese MiS- stimmung wird noch dadurch gesteigert, daß die Intelligentem unter ih nen Mit einer sehr großen Anschaulichkeit ihren Genossen den Satz er läutern, daß diese überall störend eingreifende, Millionen verschlingende Mobilisirung einzig und allein zu dem Zwecke unternommen sei, „um den Zugeständnissen Preußens an Oesterreich mehr Nachdruck zu ge ben": ein mystischer Satz, der aber sogar den Bauern schon anfängt klar zu werden. Kurz, wer die politische Gesinnung unserö Landvolks zu beobachten Gelegenheit hat, kann sich vollständig davon überzeugen, daß diese noch vor wenigen Monaten streng konservative Masse inö La-