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abemukr Anzeiger Erscheint Dienstag, Donnerstag n. Sonnabend. Abonnementspreis einschließlich der illustrirten Beilagen „Gute Geister" u. „Zeitbilder" sowie des iünsir. Witzblattes „Seisenblasen" 1,50 Mt. Akilnug für Tharauds Seiskrsdars. Inserate kosten die Spaltenzeile oder deren Raum 10 Pf., für auswärtige Inserenten 15 Ps. Tabellarische Inserate werben doppelt berechnet. Annahme von Anzeigen für alle Zeitungen. Groß- und Kleinölsa, Oberrmmworf, Hamsberg, Somsdorf, Coßmannsdorf, Lübau, Borlas, Spechtritz re. Mit verbindlicher Publikationskraft für amtliche Bekanntmachungen. Nummer 48. Dienstag, den 24. April 1900. 13. Jahrgang. Aus Nah und Fern. — KönigAlbert beging Hellie Montag seinen 72. Geburtstag. Ein Leben, reich an gesegneter Arbeit liegt hinter dem Monarchen, der sich nicht nur in unserem Sachseu lande allein, sondern soweit die deutsche Zunge klingt all gemeiner Verehrung erfreut. Als der letzten Einer ragt des Königs ehrwürdige Greiseugestalt empor aus jener großen Zeit, da auf den Gefilden Frankreichs das eiserne Band geschmiedet wurde, das Deutschland einig und frei machte. Das Deutsche Reich als einer der führenden Helden mit erkämpft zu haben, wird für alle Zeiten das schönste Blatt mit sein im Ruhmeskranze des Königs Albert. Mit Kaiser Wilhelm an der Spitze wird das ganze deutsche Volk in Achtung und Verehrung des Königs gedenken, der nicht nur ein großer Kricgsheld, sondern auch ein Friedeusfürst in des Wortes herrlichster Bedeutung ist. Gott schütze und erhalte den König! — Im Gefühle seiner Vaterlandsliebe und Treue zu seinem Köuigshause hatte der Turnverein I am ver gangene» Sounlag Abend im Amtshofe eine Vorfeier des auf den 23. April fallenden Geburtstages Sr. Majestät des Königs veranstaltet. Dieselbe fand ihren Ausdruck in einer von dem Vorsitzenden Ehmann gehaltenen Ansprache, worinnen derselbe mit dem Eintritt in das Dasein beginnend, die daran sich anreihenden bedeutungsvollsten Lebens-Ab schnitte des erhabenen Gefeierten schilderte, und die Ver dienste helvorhob, die der Monarch als Soldat, als Heer- sührer sowie als Friedensfürst sich um das Sachseuland erworben und gegen die Liebe und Treue seines Volkes emgelauscht habe. Die Ansprache endete mit einem be geisterten turnerischen „Gut Heil!" auf das hohe Geburts tagskind, woran sich der allgemeine Gesang der Sachsen- hhmne anschwß. Später brachte der Schriftführer ein freudig aufgenouuneues „Gut Heil!" Ihrer Majestät die Königin sowie ei» solches auf die Liebe des Turners zu seinem Vaterland. Dazwischen wurde mit großer Hingabe der Göttin des Tanzes gehuldigt, welche den Herrscherstab erst in vorgerückter Stunde niederlegte. Auf ein au Se. Majestät Im Manne des Hodes. Eine Seegeschichte von F. Meister- jNachdruck nerl^len.) Während meiner jüngsten Anwesenheit in Triest, im April dieses Jahres, war es meine liebe Beschäftigung, in den Abendstunden an Bord eines oder des anderen der im Hafen liegenden zahlreichen Schiffe zu fahren und hier im Geplauder mit den Seeleuten die Erinnerungen an mein eigenes seefahrendes Leben wieder auszufrischen, das so lauge Jahre schon hinter mir liegt, das aber dennoch meinem ganzen Wesen und Empfinden für alle Zeit seinen Stempel aufgedrückl und meinem Herzen eine warme Liebe sür alles seefahrende Volk eiugeimpft hat. Seil der Zeil, da ich noch als Matrose „vor dem Maste" fuhr, haben sich allerlei Veränderungen in dem moverneu Seeleben vollzogen. Der Dampf verrichtet heute «neu großen Theil der Arbeit, die zn meiner Zeit vom Segelwerk ausgeführt wurde, und nur Derjenige, der vor zwanzig oder dreißig Jahren den Ocean zu durchkreuzen Gelegenheit halte, kann ein richtiges Verständlich dafür haben, wie erheblich die Dauer der Seereisen seit jener Zeil abgekürzt worden ist. Aber, so habe ich oft gefragt und so frage ich immer wieder, welchen Einfluß haben solche Fortschritte und mechanischen Verbesserungen auf das Leben unserer Schiffsbefahrenen gehabt? Sind die selben jetzt besser daran als früher'? In gewisser Beziehung mag dies ja sein: die Leute am Laude haben hier und da begonnen, sich mehr für die Seefahrer zu interessiren; mail hat Seemannshäuser erbaut und allerlei Bestimmungen gegen das Ueberladen der Schiffe erlassen. Allein die große Frage ist: wie lebt der arme Janmaat an Bord? Wie wird er dort ernährt, was hat er dort zu arbeiten und wie ernährt man ihn! Nicht an Bord der großen Dampfer, die ihn aus einem Hafen in den andern wirbeln, so daß er kaum Zeit hat, den Geschmack und die Beschaffenheit seines Salzfleisches, seines Brodes und Mehls und seiner Couservenfestzuzustellen, sondern au Bord der Briggs, der Barken und der Voll schiffe, mit einem Worte, der Kauffahrteisegler, von denen noch immer " eine ungeheure Anzahl umherschwimmt. Niemand ab^ !der das Seelebeu kennt, kann diese Frage zur Zufrie^l gr der Freunde der armen Seeleute beant abgesandtes Glückwunschtelegramm ging andern Tages telegraphisch ein huldvoller Dank ein. — Bei Herrlichstein Wetter hatte am vergangenen Sonntag die hiesige S ch ü tz e n g e s e l l s ch a s t zu Ehren des Geburtstages Sr. Majestät Königs Albert ihren ersten Auszug zu dem diesjährigen Anschießen nach der „Höhe", mit welchem gleichzeitig ein Köuigsschießen verbunden war. Mit welchem Eifer jeder Schütze um die Würde des Königs bemüht lvar, konnte man bei dieser Gelegenheit mit Freuden bemerken. Non nur fünf Schuß, welche von jedem Schützen abgegeben werden durften, hatten einige vier Treffer im Spiegel. Als Sieger und diesjähriger König wurde abends 6 Uhr Herr Oberleutnant Hauck proklamirt. Nach einer Ansprache des Hauptmanns Schwind, welche mit einem Hoch auf den Schützenkönig ausklang, ging man zu dem gemüthlichen Theil über. Noch lange blieb die Gesellschaft in fröhlicher Laune beisammen. Erwähnt sei noch, daß das Musikchor der Gesellschaft vollständig uniformirt war, was mit Befriedigung vermerkt wurde. — Herr Geheimer Regierungsrath Amtshauptmann Dr. Schmidt weilte am Sonnabend hier, um seinen Dank für das ihm verliehene Ehreubürgerrecht abzustatten. — In dein Konkursverfahren über das Vermögen des Matcrialwaarenhäudlers Carl Hermann Klippel in Rabena u ist zur Abnahme der Schlußrechnung des Ver walters, zur Erhebung von Einwendungen gegen das Schluß- verzeichniß der bei der Vertheilung zu berücksichtigenden Forderungen und znr Beschlußfassung der Gläubiger über die nicht verwerthbaren Vermögensstücke dec Schlußtermin auf Sonnabend, den 5. Mai 1900, vormittags 10 Uhr, vor dem König!. Amtsgerichte Tharandt bestimmt. — In demselben Konkurse soll die Schlußvertheilung erfolgen. Dazu sind 3154 Mk. 89 Pf. verfügbar. Zu berücksichtigen sind Forderungen zum Betrage von 8431 Mk. 01 Pf., dar unter keine vorberechtigten. — Eingesandt! Der Verwaltung des Deutschen ! Holzarbeiter-Verbandes in Rabenau erkläre ich auf das I „Eingesandt" in Nr. 47 dieser Zeitung Folgendes: Es I ist unwahr, daß ich meine Bedingungen in irgend einer Worten. Wieviel auch geredet und geschrieben werden mag über Alles, was neuerdings zu Gunsten unserer seefahrenden Bevölkerung gethau worden sei, man nehme nur eines jener alten, zu Anfang dieses Jahrhunderts geschriebenen Reise werke zur Hand und begebe sich damit in das Volkslogis des ersten besten Schiffes, und man wird finden, daß der heutige Kauffahrteimatrose wenig besser daran ist, als sein Berussgenosse vor so viel Jahren. Denn auch unter dem besten Kapitän und bei der humansten Behandlung ist das Leben und die Gesundheit der armen Kauffahrteimatrosen zuweilen Gefahren ausgesetzt, von denen selbst die kühnste Phantasie der Seenovellisten sich nichts träumen läßt. Ich hatte mich eines trüben Abends an Bord einer kleinen holländischen Brigg begeben, die mit einer Ladung Holz ans Candia in Triest eingetrvffen war, und hier erfuhr ich im Gespräch mit dem Steuermann, daß in einem der kleinen Logirhäusec in der Nähe der Fischhalle sich gegen wärtig ein Matrose aufhalte, der erst vor Kurzem eine Meeres tragödie überstanden habe, wie sie schrecklicher noch nirgends in den Annalen der Seefahrt verzeichnet stehe. Diese Kunde genügte, um mich den Besuch bei den gutmüthigen, aber etwas langweiligen Holländern sogleich abbrechcn zu lassen; ich befahl meinem Bootsführer, mich am unteren Ende der Marina, in der Nähe der Fischhalle, ans Land zu setzen, und nach einigem Suchen und Fragen fand ich auch das kleine Logirhaus. „Haben Sie einen holländischen Seemann Namens Peter Meinke im Quartier?" fragte ich die Wirthin, welche auf mein Pochen geöffnet hatte. Sie nickte, ging einen kleinen Gang hinunter und verschwand in einer Thüre, bei deren Oeffnen sich ein Geruch von starkem Taback und ein lebhaftes Durcheinander von rauhen Männerstimmen be merkbar machte. Gleich darauf erschien mein Holländer auf dem Gange, augenscheinlich verlegen und wie in schener Erwartung. Er war ein Mann in den mittleren Jahren, mit rothgelbem, zottigem Haar und Bart, wettergeröthetem Gesicht und hell blauen Angen; er trug sich, wie die meisten älteren See leute, nach vorn gebeugt und sein Schritt war schwer und schleppend. Ich fragte ihn, ob er der Peter Meinke sei, und als er dies bejahte, nannte ich ihm den Namen des Steuermannes, der mich zu ihm gewieft», und bat ihn, mir Weise geändert habe. Neunstündige Arbeitszeit habe ich vor dem Streik gehabt und beibehalten. Die bei mir wieder in Arbeit getretenen Polirer arbeiten sämmtlich zu genau den früheren Preisen und Bedingungen im Accord. Einem Ausschuß der Dresdener Arbeitgeber gegenüber habe ich diese Thatsachen durch Vorlegung der mit sämmtlichen Polirern abgeschlossenen Kontrakte sowie der Lohnlisten und Arbeitsbücher bewiesen. Alle gegentheiligen und die weiter in dein „Eingesandt" aufgestellten Behauptungen sind erlogen. Georg Bauer, Stuhl- und Gestellfabrik, Dresden. — Einem bedauerlichen Unfall fiel am Mittwoch Nachmittag das vierjährige Söhnchen des Cigarrenmachers Koitsch in Deuben zum Opfer. Ein Pferd, in dessen Nähe sich das Kind aufhielt, schlug aus und traf den Knaben derart ins Gesicht, daß er schwere Verletzungen davontrug. — Eine feine Pleite. In der Concurssache des Schuhmachermcisters Z. in Teuchern kommen 0,58 Proc. an die Gläubiger zur Vertheilung. Dem Gläubigerguthaben von 7948 Mk. steht eine Masse von 41,91 Mk. gegenüber. — Den Zugführer vergessen hatte ein von Gerbstedt nach Polleben abgehender Zug. In P. wurde das Fehlen des Führers bemerkt und schleunigst fuhr die Locomotive zurück, um den Vermißten herbeizuholen. — Der Hund als Lebensretter. Bei derRhein- katastrophe bei Bingen entging auf seltsame Weise ein Ehe paar dem sicheren Tode. Beide hatten, bereits in dem Nachen Platz genommen und wollten nun auch ihren kleinen Hund mit in den Nachen nehmen. Das Thier war aber nicht zu bewegen, den Nachen zu betreten, und wollte sich auch nicht einfangen lassen. Darauf blieb das Ehepaar, das auf den Hund nicht verzichten wollte, zurück. So wurde der Hund zum Lebensretter. Festgestellt ist, daß der Sand kahn in Bingen gerade zur Reparatur am Ufer lag. — Das Schloß des Grafen Lonhay in Bodrog-Olaszi, wo er demnächst mit seiner Gemahlin, der Kronprinzessin Stefanie, Aufenthalt nehmen wollte, ist bei einem in der Gemeinde ausgebrvchenen Brandeei »geäschert worde». die Erlebnisse seiner letzten Reise mitzutheilen. Er lächelte etwas verlegen, öffnete dann aber mit kräftigem Griff die Thüre eines kleinen Gemaches und ließ mich eintreten. Der Raum war wie geschaffen, um darin Seegeschichten erzählen zu hören; das Sopha sah aus wie eine große Schiffkiste, ein kleiner ovaler Spiegel hing über dem Kamin, an der Wand rechts davon gewahrte man einen alten Sextanten, links ein noch älteres Fernrohr; alterthümlich eingerahmte Bilder zeigten Schiffe in den verschiedensten Nothlagen, und unter der niederen Decke hing eine Lampe, die allem Anschein nach schon viel schweres Wetter auf See erlebt hatte. Seeleute sind von Natur zurückhaltende und bescheidene Menschen, es kam mir daher zunächst darauf an, meinen Holländer möglichst unbefangen zu machen; ich setzte »sich nieder, that als ob ich zu Hause wäre und begann in un- gezwungester Weise über eine Anzahl von Gegenständen zu reden, von denen ich wußte, daß sie einem so einfachen Menschen am nächsten lagen. Er verstand mich sehr bald und die unbeholfene Verlegenheit wich schnell von seinem breiten Gesicht. Ich fragte ihn, ob ich für ihn etwas zu trinken bestellen dürfe; er lehnte bescheiden aber fest ab, da es für die Logirgäste nnn bald Thee gäbe. Eine dar gebotene Cigarre aber nahm er gern an und steckte sie mit großer Befriedigung zwischen die Zähne. Nachdem ich ihn auf diese Weise in ruhiges Fahrwasser gebracht hatte, setzte ich meine Fragen so lange fort, bis er mit seiner Erzählung völlig unter Segel war. Ich hatte zuerst die Absicht, die Geschichte in des Mannes eigenen, schwerfällig-pittoresken Worten und Wendungen wiederzugeben, in denen eine un beschreiblich reizvolle und ergreifende Kraft lag, allein ich finde mich dieser Aufgabe nicht gewachsen und muß mich nun mit der hergebrachten Darstellungsweise begnügen. „Ja, Mynheer," begann der Matrose seine Geschichte, „das mögen Sie wohl sagen, wir Seeleute haben oft schwere, schwere Stunden und Tage durchznmachen. Sie wissen aus Ihrer Zeit sicher auch ein Wort davon mitzureden. Ja, mein Name ist Peter Meinke, aus Rotterdam; ich bin acht- uuddreißig Jahre alt, letzte Woche geworden, es soll mich aber gar nicht wundern, wenn Sie mich für mindestens fünfzig halten. — Fortsetzung folgt. —