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STEINSAAL DEUTSCHES HYGIENE-MUSEUM Dienstag, den 26. Oktober 1965, 19.30 Uhr 2. KAMMERMUSIKABEND der Kammermusikvereinigung der Dresdner Philharmonie Ausführende: Helmut Rucker Flöte Gerhard Hauptmann Oboe Werner Metzner Klarinette Günter Erbstößer Horn Helmut Radatz Fagott Günter Siering Violine Dieter Kießling Violine Herbert Schneider Viola Peter Schikora Viola Erhard Hoppe Violoncello Heinz Schmidt Kontrabaß Wolfgang Amadeus Mozart 1756 -1791 Quintett c-Moll KV 406 für zwei Violinen, zwei Violen und Violoncello Allegro - Andante - Menuetto in Canone — Allegro Jan Noväk geb. 1921 Balletti ä 9 für Flöte, Oboe, Klarinette, Horn, Fagott, Violine, Viola, Violoncello und Kontrabaß Allegro molto - Moderato - Lento - Vivo - Erstaufführung - Pause Conradin Kreutzer 1780 - 1849 Septett Es-Dur op. 62 für Klarinette, Horn, Fagott, Violine, Viola, Violoncello und Kontrabaß Adagio - Allegro - Adagio - Menuetto Andante - Maestoso - Scherzo (Prestissimo) - Finale - Erstaufführung - ZUR EINFÜHRUNG Wolfgang Amadeus Mozarts Quintett c-Moll KV 406 für zwei Violinen, zwei Violen und Violoncello ist eine Original Bearbeitung der Bläserserenade c-Moll KV 388 (1782), die der Komponist aus „geschäftlichen“ Gründen wohl vor 1784 vornahm. Die Mittel stimmen, Begleitungsfiguren usw. erfuhren leichte Veränderungen; der Gedankengehalt wurde im allgemeinen nicht angetastet, doch ging klanglich manches verloren. Auffallend ist der ernste, ja schwermütige Charakter des Werkes, das schon durch seine Tonart c-Moll ein Unikum unter Mozarts Gesellschaftsmusik darstellt. Ein ungewöhnlich langes Hauptthema von 22 Takten weist der erste Satz mit seinen Gegensätzen von aggressiven Unisonos und lyrischen Wendungen auf. Statt fröhlichem Serenadenstil herrscht verzweif lungsvolle Auflehnung. Auch das Andante hat leidvolles Gepräge. Das Menuett greift auf die Stimmung des ersten Satzes zurück. Das Trio bringt kunstvolle kanonische Führungen. Der letzte Satz (Allegro) besteht aus Variationen über ein Thema von beton tem Mollcharakter. Die fünfte Variation, mit einem Motiv beginnend, das im Sextett des „Don Giovanni“ wiederkehrt, hellt den düsteren Grundton des Werkes auf. Auch am Schluß erstrahlt das Thema im C-Dur-Glanz. Doch wirkt diese freundliche Geste am Ende nach dem vorausgegangenen düsteren Gefühlsverlauf mehr äußerlich angefügt als innerlich motiviert. Jää Noväk, ein Vertreter der mittleren tschechoslowakischen Komponistengeneration unserer Zeit, wurde am 8. April 1921 in Nova Rise in Mähren geboren. Er studierte Komposition bei V. Petrzelka am Brünner Konservatorium und bei P. Borkovec an der Musikakademie in Prag. 1947/48 reiste er mit einem Stipendium des Jezek-Fonds nach den USA. Dort absolvierte er die Sommerschule in Tanglewood bei A. Copland und studierte in New York bei B. Martina. Mit seiner Frau Eliska Nowak widmet er sich dem Konzertspiel auf zwei Klavieren. An Kompositionen entstanden bisher vornehmlich Werke der Kammermusik, der sinfonischen und Vokalmusik. Das Nonett „Balletti ä 9“ für Flöte, Oboe, Klarinette, Horn, Fagott, Violine, Viola, Vio loncello und Kontrabaß wurde im Jahre 1955 geschrieben. Es handelt sich hierbei um vier Sätze, in denen vornehmlich rhythmisch-tänzerische Energien wirksam werden (Balletti stellten ja in der Barockmusik stilisierte Tanzformen dar), wobei die von den Strawinsky beeinflußte, differenzierte und vitale Rhythmik sich deutlich mit tschechi schem Musikantentum verbindet. Das markante, witzige Eingangsthema bestimmt im wesentlichen den Charakter des ersten Satzes (Allegro molto). Ein spritziger Bläser gedanke, der nach dem ersten Thema eingeführt wird, bringt eine elegante Auflocke rung. Synkopiert ist der Grundgedanke des zweiten Satzes (Moderato), der einen kontrastierenden Mittelteil aufweist. Über rhythmisch profilierten Ostinatofiguren von Fagott und Kontrabaß entfaltet sich im dritten Satz (Lento) eine ausdrucksvolle Melodik, deren Entwicklung von rhythmischen Akzenten vorübergehend unterbrochen wird. Rhyth mische Energien besitzt auch das kraftvolle Bläserthema des Schlußsatzes (Vivo), das über beharrlichen Streicherfiguren erklingt. Einen gesanglichen Gegensatz führt das Trio herbei, bevor der akzentuierte erste Teil wiederholt wird. Nahezu vergessen ist die Person und das Schaffen Conradin Kreutzers, in dem man einen „liebenswerten und reinen Vertreter des musikalischen Biedermeier“ sehen darf. 1780 zu Meßkirch (Baden) geboren und 1849 in Riga verstorben, hat er ein reichbewegtes Leben geführt, in vielen Städten gewirkt. So war er beispielsweise Kapellmeister in Stuttgart, Donaueschingen, Wien und Köln. Seine ausgedehnte Dirigententätigkeit ver schaffte ihm eine umfassende Literaturkenntnis, die ihn unmerklich zu einem typischen