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160Z die Censur nicht genug schütze, so erhoben sich dagegen die Abgg. v. Auerswald, Hansemann, v. Beckerath, Offermann, Camphausen, und man beschloß zuletzt, die motioirend» Einleitung wegzulassen. (A. P. Z.) *Serlin, 26. Jun. Selbst der 0 Janus p, der doch ein großer Freund der schutzzöllnerischen Tendenzen ist, wen» auch nicht auS irgend einer Sympathie mit den Monopolisten, wohl aber in dem Wahne, daß die selben den Proletariern zu gute kommen würden, und der auch die in der Herren-Curie in dieser Beziehung vorgekommcncn Anregungen eben als solche mit großer Freude begrüßt, selbst er erkennt doch an, daß sich dabei „auf Seiten der meisten Redner Mangel an Sachkunde" dar gelegt habe und daß eben deshalb eine eigentliche munittelbare Förderung der Sache nicht davon zu erwarten sei. Was er sich aber dabei gedacht hat, daß er beifügt: jener Mangel an Sachkunde „gereiche unter den bisherigen Verhältnissen leider dem Einzelnen kaum zum Borwurf", wis sen wir nicht. Er erkennt übrigens „die großen Schwierigkeiten der be treffenden Fragen, die Unmöglichkeit, manche derselben zur Zufriedenheit aller »her auch nur irgend eines der betheiligten Ansprüche und Interes sen jetzt schon zu lösen", sowie das WeitauSsehende des „Erfolgs der le gislativen und internationalen Maßregeln", welche dort angeregt wordkn, an und .schließt mit den Worten: „Wer aber z. B. die Entwickelung der deutschen Fabrikindustrie anreat, ohne zugleich dir Zukunft des Fabrik- proletariats zu wahren, der sehe wohl zu, welche schwere Verantwortlich keit er auf sich nimmt." Guter Janus, das ist es ja eben! Du hast damit über diese ganzen Schutzzollbestrcbungen, wie sie sich diese Jahre daher breit gemacht haben in Deutschland, den Stab gebrochen. Hüte dich, daß sie dich nicht mit allgemeinen Vertröstungen abspeisen, und traue nicht eher, arbeite auch nicht eher für ihre Sache, als bis du siehst, daß sie die eine wie die andere Ausgabe mit ganz gleichem Ernst und Eifer erfassen und betreiben, die, woran ihnen gelegen ist, wie die, woran dir gelegen ist und dem Ganzen. Es könnte sonst auch ein Theilchcn jener schweren Verantwortlichkeit auf dich mit fallen. — Bezeichnend ist uns eben ein kölner Artikel der augsburger Allgemeinen Zeitung gewesen, worin die HH. Camphausen und Merkens, n^ben den HH. v. Beckerath und Hansemann -- auch diese eigentlich zwei sehr disparate Naturen —ziemlich in Schatten gestellt werden. Natürlich Jene sind für, diese, ganz beson ders der Letztere, gegen Handelsfreiheit. Auf uns hat das wahrhaft hochsinnige Wesen des Hrn. Camphausen, der uns als eine der edelsten Erscheinungen auf.dem Landtage entgegengetreten ist, Und die offene, gerade Biederkeit und das gesunde, treffende Urtheil des Hrn. Merkens den günstigsten Eindruck gemacht, wobei wir jedoch die classische Beredt- samkeit und di't maßvolle Haltung des Hrn. v. Beckerath so wenig ver kennen wie die Gewandtheit des Hrn. Hansemann/ Der durch seine .aufgeklärten, lichtfreundlichcn und sonst auf der Höhe dieses preiswürdigen Jahrhunderts schwebenden „Eingesandtes" bekaMe Hr. Fr. v. Bülow tritt seit einigen Tagen mit dergleichen gegen die Eman- cipalion der Juden auf und scheint dabei Manches über Motive und Her gänge insinuiren zu wollen, was wir nicht verstehen. *Von der Anale, 26. Jun. Der Vereinigte Landtag nähert sich seinem Ende. Man bemerkt eine gewisse Abspannung, die sich seiner Glieder bemächtigt hat, eine Erscheinung, die leicht erklärlich ist, wenn man bedenkt, wie Viele sich nach ziemlich langer und schwerer Arbeit wieder nach dem natürlichen Boden, dem sie so lange entrückt waren, nach der Familie, nach den häuslichen und Berufsgcschäften, die ihrer warten, zu- rückschnen. Jetzt kann nun aber die Frage, wie die politische Versammlung, von der hier die Rede ist, der erhabenen Bestimmung, die ihr zugefallcn, entsprochen hat, kaum länger abgcwiescn werden. Die Beantwortung der selben ist wahrlich nicht leicht; cs ist eine Gewisscnssache, die man nicht ohne weiteres, nicht ohne vorausgegangene sorgfältige Prüfung abmachen kann. Sie wird nach Verschiedenheit des politischen Standpunktes, den man einniwmt, verschieden ausfallcn. Sucht man sich von allen extremen Aus- schweifungen frei zu halten und behält man die Sache nach ihrem wah ren Verhalten im Auge, so glaubt Referent nach sorgfältiger Prüfung das-Ergebniß im Allgemeinen ein günstiges nennen zu dürfen. Preußen hat ohne Zweifel durch die centralständische Versammlung, die eben im Begriff ist sich aufzulöscn, einen bedeutenden Schritt auf seiner politischen Laufbahn vorwärts gethan; man darf ohne Besorgniß, einen Jrrthum zu begehen, annehmen, daß sich seine Verfassung durch die Gnade des Kö nigs insoweit consolidircn wird, als cS nur irgend mit den obwaltende» Verhältnissen sich vereinbaren lassen dürfte. I» dieser Beziehung dürfte denn auch die Frage der Periodicität des Vereinigten Landtags, Les näher fcstzustcllcnden Verhältnisses des Vereinigten ständischen Ausschusses und der ständischen Deputation für das Staatsschuldenwesen zu dem Bereinigten Landtage die wichtigste von allen sein. Beide Curien sind in der Entscheidung der Frage einer an den König in dieser Hinsicht zu richtenden Petition fast einstimmig gewe sen, und im Fall einer günstigen Resolution des Königs würde den stän dischen Arbeiten eine glänzende Belohnung zu Theil geworden sein, eine Belohnung, die für Preußens sowie für Deutschlands Schicksal erfolg reich sein möchte. Es ist aber und zwar mit Recht schmerzlich beklagt worden, daß manche Regierungsvorlagen, die das Beste des Landes be ¬ zweckten, unter öfters ganz unstatthaften Gründen von der Stände-Curie abgewiesen worden sind. Dahin gehört unter andern die bekannte Pro position einer zu machenden Anleihe behufs der Fortsetzung und eventuel len Vollendung des großen EisenbahnwerkS von Berlin nach Königsberg in Preußen, eines Werks, das in Hinsicht der Großartigkeit seiner Brückcn- und Oeichconstructionen an der Weichsel und Nogat schwerlich seincs Gleichen finden möchte. Obschon man die Nützlichkeit und in gewissem Betracht die Nothwendigkeit des genannten Werks einzuräumen kein Be denken trug, so glaubte man doch wegen der angeblichen Unsicherheit der VcrfassungSangelegenheiten und der Ungewißheit der finanziellen und staatS- ökonomischen Lage des Landes die Verantwortlichkeit einer zu machenden Anleihe nicht übernehmen zu können, und unter demselben Vorwande lehnte, man auch die Erichtung einer Landrentenbank unter Staalsgarantie ab. So hoch nun auch bei vorkommenden Gelegenheiten der Patriotis mus auflodertc und das begeisterte Gefühl der Gemeinsamkeit des Vater landes sich entschieden kundgab, indem es über provinzielle Beschränktheit, wo sie sich immer zeigen mochte, den Sieg daoontrug; so zeigte sich dann auch wieder, so oft eine Anfoderung an eine tiefere Auffassung des Staats, der Religion und der Kirche und des Verhältnisses der letztem zum er-, stcxn gemacht wurde, eine merkwürdige Unzulänglichkeit. Man kam, was die Staatsansicht anbctrifft, nicht über die Geltendmachung desselben, des Staats nämlich, als einer Rcchlsanstalt, hinaus. Das zeigte sich bei der Verfassungsfragc, wo immer Fürst und Volk als zwei berechtigte Persönlichkeiten sich einander gegcnübergestellt wurden; das zeigte sich bei der Frage der zu ertheilcnden Bewilligung der politischen Rechte an die Dissidenten; das zeigte sich in der Discusfion über das neue Judrngesetz, bei welcher Gelegenheit der religiöse Jndiffercnlismus, der oberflächliche Humanismus, die falsche Philanthropie in allen den hohlen Deklamatio nen und schönrcdncrischen Phrasen sich auslicßen, die wir als den Wider hall der Journale und tendentiösen Broschüren leicht erkannten, die bis zum Üeberdrusse zu nichts als zur Befestigung entgegengesetzter Ansichten gedient haben. So sehr die Minister sich auch bemühten, in tiefsinnigen Rede» die Betheiligten über das Niveau des Gewöhnlichen zu erheben, so gelang ihnen das doch selten oder nie; man blieb bei dem Vorurthcile der den Ministern schuldgcgebenen Vorliebe für gewisse Richtungen, gegen die man sich vor Allem decken zu müssen glaubte. Mit einer seltenen Naive tät bekannte einer der Führer der Opposition, daß cs ihm noch nicht habe ge lingen wollen, mit dem „christlichen" Staat irgend eine Vorstellung zu ver binden. Gewisse religiöse Lieblingsideen müßten in Beziehung auf den Staat nicht geltend gemacht werden; die Religion müsse ein vom Staate ganz verschiedenes Gebiet haben und mit demselben nicht verwechselt werden; die eine gehöre für den Himmel, der andere für die Erde; je unvermisch- ter beide erhalten würden, je weniger eins in die Sphäre des andern überschreite, um desto besser sei dies für alle beide. Gegen solche An sichten, die sich so abgeschlossen haben, ist natürlich nicht aufzukommen; sie haben sich gegen jede tiefere Anschauung verblendet, gegen jedes Eindringen der Sache auf sie verschanzt. Man foderte dann auch den Lehren des nivel- lircndcn Liberalismus gemäß unbedingte Emancipation der Juden, Zulassung zu allen Staatsämtern und Thcilnahme an allen politischen Rechten. Diese Berechtigung glaubte man durch den abstracten Satz: „Gleiche Pflichten, gleiche Rechte", hinreichend zu begründen. Uebrigens muß man, abgesehen von dem Verfolgen extremer Richtungen, das hin und wieder vorkommt, dem Vereinigten Landtag in Beziehung auf seine ausgezeichnete Geschicklichkeit in der Erfüllung seiner Obliegenheiten entschieden das Wort reden. Er hat, da er sich doch zum ersten Male ver sammelt, in seiner in vielem Betracht höchst schwierigen Stellung eine seltene parlamentarische Gewandtheit entwickelt und eben so viel Entschie denheit in der Wahrnehmung seiner Rechte documentirt als eine stets be reitwillige-Achtung der Rechte der Krone gezeigt. Mit gleicher Entschie denheit muß man das taktvolle Benehmen des königl. Commissars ehren, der stets gleich bereit war, die Rechte der Krone aufrcchtzuhaltcn und den jenigen der Stände die schicklichste Berücksichtigung widerfahren zu lassen; dasselbe gilt auch von den andern Ministern, die sich an der Debatte bc- theiligten. Vornehmlich ist man aber durch das Benehmen der ersten Curie überrascht worden. Weit entfernt, wie man befürchtete, eine Nc- tardationspolitik zu üben, hat sie allen wahrhaft freisinnigen Maßregeln, wie sie ihrer Bcurtheilung vorlagen, eine entschiedene Unterstützung zu Theil werden lassen und dieselben nachdrücklich gefördert. Vortreffliche Redner haben sich in beiden Curien gezeigt. Es sind Persönlichkeiten hervorgetrctcn, die, wenn sie sich erst durch wiederholte parlamentarische Thätigkeit bestimmter ausgeprägt haben werden, das Ma terial zu den edelsten puiüic vlraruotvrs enthalten. Bald fällt der Vereinigte Landtag, der erste der Zeit nach, und der, wenn nicht Alles trügt, entschiedene Spuren seincs Daseins zurücklasscn wird, der Geschichte anheim. Die Presse wird ihre Schuldigkeit thun. Was immer verhandelt ist, wird einer strengen und — wir hoffen cs — einer gerechten Prüfung unterworfen werden. Einen würdiger» Gegen stand für ihre Thätigkeit, dessen sind wir überzeugt, gibt cs nicht. 0 HllssietiSfadt, 26. Jun. Nach der Mannheimer Abendzeitung ent hielt die Deutsche Allgemeine Zeitung (Nr. 176) eine Nachricht von hier,