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rung unabhängige Stellung ist, verweigerte er. Diese Ablehnungen, bei denen vielleicht der gewesene Minister nicht lange unverrückt beharren dürste, sind um sv bemerkenöwerther, als sie von einem Mann ohne Vermögen «uSgehen. Wären nun die Dinge in dieser Lage geblieben, so würde eS in der Kammer zu traurigen Debatten und, Anschuldigungen gekommen fein, welche den Feinden der Gewalt verderbliche Waffen geliefert hätten. Das Ministerium hätte davon erschüttert werden können; seine Freunde bemühten sich daher, den Sturm zu beschwichtigen. Auch der König schickte mehre Personen an seinen ehemaligen Minister ab, um ihn zu be säiiftigen oder doch zu bewegen, seinem Unmuthc nicht auf der Tribune Luft zu machen. Das erklärt die gemäßigte Sprache desselben und den konservativen Charakter der Rathschläge, welche er der Majorität ertheilte. Allein was resultirt nun aus dem Geschehenen? Hr. Guizot hat so ziemlich deutlich ausgesprochen, daß das C ab inet drei von seinen Mitgliedern ausgeopfert habe, weil es dieselben mit Recht oder Unrecht als ungenügend ansah und daher nicht mehr die ihm nothwen- bige Stärke besaß. War aber das der Beweggrund zu dem genommenen Entschlusse, so hätte man Leute von der Fähigkeit, dem Kredite, "der ein- Llußreichen Stellung wählen müssen, welche den ausscheidendcn Ministern abging.' Ob nun die HH. de Montebello, Trezel und Jayr diese Eigen schaften besitzen? ES mögen geschickte Leute sein, aber man kennt sie nicht. Sie sind ohne parlamentarischen Einfluß, ohne Ruf auf der Tribune. Geschäftserfahrung und -Uebung besitzen sie weniger als ihre Vorgänger. WaS gewinnt daher das Cabinet? Sie nützen demselben in folgender Art. In der Nothwcndigkcit einer "unverzüglichen Modifikation hatte das Ca- binet zwei Gefahren zu vermeiden: die nämlich, einen Conflict des Ehr geizes herbeizusühren, welcher der schnellen Ergänzung hinderlich gewesen sein würde, und die des Anscheins, an die allgemeine Politik durch eine Wahl aus der oder jener Schattirung der Majorität zu rühren. Dieser doppelten Unzuträglichkeit entging man durch Berufung nicht in Paris anwesender und den dermaligen kleinen Bewegungen im Innern der con- servativen ^Partei fremder Personen. Die Berechnung wäre gut, wenn die neuen Minister durch ihre Talente der ihnen gewordenen Stellung »entsprächen und durch' ihre administrative Würdigkeit die politische Gel tung sich erwerben könnten, die ihnen noch abgeht. Träfe diese Hoff- riung nicht ein, so würde das Ministerium sich nicht behaupten können, ahne sich durch politische Männer zu ergänzen. Diese winden ihre Bedin gungen im voraus machen, und die Verhandlung deshalb könnte auf große Schwierigkeiten und vielleicht Unmöglichkeiten stoßen. Die Lage würde Lich dann bedrohlich verwickeln. Für jetzt ist die von Hrn. Guizot und dem Grafen Duchatel so wohl vertheidigte und vertretene Politik in Nichts geändert. ES hat die Majorität über diesen Punkt keinen Grund zur Klage, und Europa keine Ursache zur Besorgniß. Was die dissentircndcn Ebnservativen anlangt, so hat Hr. Guizot sie bedacht, indem er, ohne den Anfoderungen nachzugeben, die seit einiger Zeit versucht wurden, erklärte, daß die Majorität mit Gegnern nicht unterhandeln, aber mit Freunden Lich verständigen müsse, und daß auch die Gewalt so handeln werde. Ich habe nun von Mitgliedern der progressiven Fraction aussprechen hören, wenn die in diesen Worten enthaltenen Zusagen gehalten würden, fänden sie sich befriedigt. Allerdings muß man erwarten, bei einem zahlreichen Theile der Majorität Meinungsverschiedenheiten bestehen bleiben zu sehen, und eS wird Unzufriedene und Drängende noch geben. Allein, diese un- -vermeidlichen Umstände werden den sichern und geraden Weg der Regie rung nicht beirren. Die systematische Feindseligkeit, wie Hr. de Girar- din in der «Presse» sie treibt, hat in der Kammer keinen Widerhall. Man betrachtet sie dort mit lebhafter Unzufriedenheit und denkt darauf, ähren Urheber dafür zu bestrafen. Alle Dem, was von angeblichen Irrun gen zwischen den HH. Guizot. und Duchatel hin und wieder vorgebracht wurde, ist übrigens kein Glaube "beizumcssen. Wahr ist jedoch, daß eS Augenblicke der. Verstimmung zwischen Beiden über Hrn. Guizot's Weigerung gegeben hat, den, zumal jetzt, für einen Debütanten auf der Diplomatischen Laufbahn zu bedeutenden Gesandtschaftsposten in Madrid Dem Brüder seines Collegen zu geben. Dabei kann man der Reklama tionen sich erinnern, welche 18äv erhoben wurden, als Hr. ThierS diese Botschafterstelle seinem Freunde Mathieu de la Ncdorte zugestand. Niederlande. * Amsterdam, 16. Mai. Man erfährt jetzt den Grund eines Con- Llicts zwischen der weltlichen und geistlichen Macht in unsern ostindischcn Kolonien, welcher mit derAusweisung dcß apostolischen Vicars Groof endigte, und man ersieht daraus von neuem, wie auch dort im Lernen Asien die ullramontane Partei ebenso wie in einigen Ländern Eu ropas die kleinlichsten Dinge benutzt, um despotisch cinzugreifen und die Ruhe der Stüaten zu stören. Mit Verwunderung vernimmt man näm lich, wie die Ursache davon, daß besagter Groof drei vom Könige der Niederlande in Java angestellte und bei ihren Gemeinden in der größten Achtung stehende katholische Geistliche ahne weiteres suspendirte, keine andere war, als daß diese seinem Befehle über den Schnitt der von ih nen zu tragenden Kleider nicht überall nachgekommen waren. Früher halten sich diese Geistlichen dem dortigen Klima gemäß und anständig ge kleidet. Groof. verbot dies und schrieb eine andere Tracht vor. Jene mieden, um nicht auffällig zu werden, die Gesellschaft, behielten aber zw Haus« ihre frühere Kleidung bei. Letzteres wurde von einem aus Europa, wahrscheinlich aus dem bigoten Belgien mitgebrachten Begleiter Groofs bemerkt und alsbald denuncirt. Auf dieses schwere Verbrechen folgte denn nun sofort die Suspension, wobei dem holländischen Prälaten wahrschein lich die den französischen und rheinischen Bischöfen zustehende türkisch-des potische Machtvollkommenheit vorschweben mochte, misliebige Geistliche durch einen Wink augenblicklich abzusetzen. Diese türkische Maßregel war jedoch nicht nach dem Geschmacke dcß GcneralgouverneurS von Batavia, und der für den ultramontancn Kleiderschnitt so sehr exaltirte römische Vicar wurde entfernt. Nun hat zwar die niederländische Regierung, welche jetzt die römische Treulosigkeit bei dem belgischen Abfalle mit großmüthi- ger Unterstützung des Römerthums vergilt, die wegen des Kleiderschnitts suSpendirten Geistlichen von Java abgcrufen, aber den dcportirten Groof nicht wieder dahin geschickt. Allein erledigt ist diese Angelegenheit da durch, noch nicht. Sie liegt vielmehr der Entscheidung des Papstes vor und wird derselbe demnach Gelegenheit haben, der Welt von neuem zu beweisen, ob er blos politisch liberal, kirchlich aber despotisch ist. Un terdessen aber haben die holländischen Katholiken, welche an Bigottrie sich von keinen andern übertreffen lassen, sich schon ausgesprochen. Wie einst dem removirtcn kölncr Bischof Clemens August, so schenkten sie dem cxilirtcn Groof ein goldenes Kreuz mit Brillanten besetzt. Anders ur- theilen über ihn die ostindischcn Katholiken. Zeugen seiner Kleinigkeits krämerei und Bigoterie, haben sie in öffentlicher Erklärung sich gegen ihn und für ihtt abgcsetzten Geistlichen ausgesprochen und dabci sehr aufge klärte Grundsätze zu Tage gelegt. Der Papst mag sich daher hüten, dort durch Verdammung der Letztem ein Dissidcntcnthum hervorzurufen, wel ches in jenen fernen Gegenden ein gefährliches Beispiel geben könnte. Schweiz. Siebcnundsechzig solothurner Offiziere haben an den St.-Galler Obersten Gmür, dessen Einfluß der Ausgang der Wahlen in Gaster zu- geschriebcn wird, ein Schreiben gerichtet, in welchem sie ihm ihre Anerken nung für die Verdienste, die er sich im Kampfe gegen Sonderbündlerei und Jrsuitismus erworben, aussprechen. — In Wern wurde am 15. Mai bei dem Buchdrucker Jenni ein Schriftchen, betitelt: „Die Kirche der Zukunft. Eine Reihe von Aphorismen. Bon Friedrich Feuerbach", mit Beschlag belegt. Ein glei ches Schicksal hatte etwas später eine Beilage zur Berner Volkszeitung, in welcher der Regierung imputirt wird, sie hätte obiges Schriftchen zur Vertheilung unter das Volk drucken lassen. Beide sind dem Strafrichter überwsesen. (Verf.-Frd.) —-Zn Genf findet am 2-1. Mai die Volksabstimmung über die Verfassung statt. ... -- An dtn Vorort ist eine Note der württembergischen Re gierung ergangen, in welcher sehr ernste Vorstellungen wegen der Ver breitung von Brandschriftcn von der Schweiz aus in die Grenzländer gemacht werden. - . Schweden und Norwegen. * Stockholm, 10. Mai. Laut officiellcn Angaben wird der König nebst seiner Familie am 17. Jul. in Hernösand cintreffen und von da sich nach Drontheim begeben, um sich krönen zu lassen. — Von der West- und Südküste sind misliche Nachrichten über Mangel an Getreide bei der Mehrzahl der Einwohner im ganzen südlichen Theile des Reichs eingegangen, während bedeutende Quantitäten davon theils schon ausgc- ührt sind, theils zur Ausfuhr ausgespeichert liegen. Freilich hat Süd- chweden im Vorjahr im Ganzen eine gute, und Mittel- nebst Nord- chweden sogar Sine sehr reiche Aernte gehabt, aber durch den hohen Preis verleitet hat man an manchen Orten seinen ganzen Vorrath verkauft, so daß im südlichen Reiche Getreidemangel ernstlich zu befürchten ist. In dieser Besorgniß hat der Magistrat in Gothenburg beschlossen, durch eine Petition den König zu ersuchen, ein schleuniges Verbot gegen alle Ge treideausfuhr zu erlassen. In derselben Absicht versammelte sich in vori ger Woche auch die Bürgerschaft zu Stockholm, aber hier faßte die Mehr zahl den Entschluß, kein solches Verbot, wohl aber die Aufhebung des Gctreidezolleö zu verlangen, und eine bedeutende Quantität Getreide so gleich aufzukaufen, um die Hauptstadt gegen Hungcrsnoth zu sichern. In zwischen haben die Getreideprcise eine beinahe schwindelige Höhe erreicht, und die Spekulationen werden mit einer wahrhaft fieberhaften Hitze be trieben; in Upland, wo bei einzelnen Besitzern nicht unbedeutende Vor- räthe noch zu finden sind, reisen Emissäre herum und kaufen Alles auf. Am I. Mai wurde endlich die äußere Seefahrt auf Stockholm eröffnet, aber noch ist sie nicht auf den Binnenseen und Kanälen frei. Seit einigen Tagen haben wir endlich schöne Witterung und wirklich, warme und heitere Frühlingsluft. Die Gebüsche .fangen an sich zu be lauben, aber die Bäume stehen noch ganz nackt da. — Die Beisetzung des Professors Geijer fand am 6. Mai hier in der Jakobskirchc im Vci- cin des Kronprinzen statt, und in dieser Woche wird der Leichnam zu einer Ruhestätte in Upsala geführt.