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geleiteten Durchführung werden beide Themen verarbeitet. Die Reprise beginnt, nach dem Vorbild von Brahms, mit dem zweiten Thema, dessen Einsatz im Orchester wie derum von jener schon in der Exposition vorkommenden Geigenfigur vorbereitet wird. Sehr schnell geht es dann auf die riesenhafte Kadenz zu, die der Komponist selbst, als ausgezeichneter Kenner der Streichinstrumente, geschrieben hat. Im Anschluß daran wird die Reprise des ersten Themas nachgeholt, das damit zugleich die sehr wirkungsvoll gesteigerte Coda bildet. Von dem nun folgenden langsamen Satz aus wird man am leichtesten Zugang zu dem Werk gewinnen. Man weiß nicht, was man mehr bewundern soll, die gefühlsgesättigte Melodik, die in weitem Bogen ausschwingt, oder den dunklen Samt der Harmonik, das webende Leben der Mittelstimmen. Das Orchester beginnt, später nimmt die Violine den Gedanken eine Oktave höher auf: In einem Brief an seine Frau läßt uns Reger hinter die Geheimnisse dieses Satzes und in sein zärtliches Vaterherz sehen: „Ttale (Christa) ist immer sehr lieb ... Du wirst im Violinkonzert viel den Einfluß dieses kleinen Kindleins spüren.“ Und nun das Finale. Welch ein Gegensatz! Es ist, wie Reger Straube gegenüber äußerte, eine „Photographie von Teufels Großmutter, als selbige würdige Dame noch jung war, auf alle Hofbälle ging, sich da unglaublich satanisch benahm! Das Ding wird gut; froh und frech! Sollen sich alle degenerierten Gehirnfatzken ärgern!“ Es braucht wohl nicht gesagt zu werden, daß dies kein „Programm“ darstellt, son dern lediglich die echt Regersche Kennzeichnung des echt Regerschen humoristischen Charakters, den der Satz schon kraft seines nach einer kurzen Einleitung des Orchesters in der Solovioline con bravura einsetzenden Hauptthemas hat: Allegro moderato * *”<i con spirito) Sehr innig ist dann wieder der im zarten E-Dur der Holzbläser aufleuchtende zweite Gedanke, den die Solovioline vier Takte lang aufgreift, um ihn dann wieder den Strei chern zu überlassen und sich mit graziösen Umspielungen zu begnügen. Aus diesem Material formt sich der in seiner Frische trotz aller sinfonischen „Arbeit“ hinreißende Satz. Dr. Karl Laux. M/0252