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Dr. Dieter Härtwii »KilHarrr^oni Freier Kartenverkauf Freier Kartenverkauf 2. PHILHARMONISCHES KONZERT 1969/70 Programmblätter der Dresdner Philharmonie — Spielzeit 1969/70 — Chefdirigent: Kurt Masur Redaktion: Dr. Dieter Hartwig Druck: Grafischer Großbetrieb Völkerfreundschaft Dresden, Zentrale Ausbildungsstätte 43039 III 9 5 3,2 1169 ItG 009/93 69 wirken diese Werke besonders durch ihre jugendliche Unmittelbarkeit und An mut, durch ihre innige, beseelte Melodik. Mit einem rhythmisch energischen, marschartigen Gedanken einsetzend, bringt der Eröffnungssatz unseres D-Dur-Konzertes eine Fülle echt Mozartscher und bereits im Sinne sinfonischer Arbeit durchgeführter Themen. In eleganten, glitzernden Figurationsteilen wird zugleich dem Solisten reichlich Gelegenheit geboten, seine virtuosen Künste zu entfalten. Einen einzigen, ununterbrochenen Gesang der Solovioline von edelster melodischer Schönheit stellt der empfin dungstiefe langsame Mittelsatz (Andante cantabile) dar. Als Rondo wurde nach üblichem Brauch das — ganz zart und leise ausklingende — Finale gestaltet. Wie bei den Finalsätzen der Violinkonzerte G-Dur und A-Dur sind von Mozart auch im musikalischen Geschehen dieses graziösen Schlußsatzes Volksweisen verarbeitet worden. Bohuslav Martinü, der bedeutendste tschechische Komponist der Mitte unseres Jahrhunderts, starb vor nunmehr zehn Jahren, am 28. August 1959, in der Schweiz. Trotz langen Aufenthaltes im Ausland, in Frankreich und den USA vor allem, verlor er nie seine innige Bindung an die Heimat, was sich in vielen seiner Werke, in der national geprägten Emotionalität seiner Tonsprache äußerte, „ich bin zutiefst von dem inneren Adel der Gedanken und Dinge über zeugt, die einfach sind und ihre ethische und menschliche Bedeutung besitzen, obgleich sie nicht in hochtrabenden Worten und abstrusen Phrasen erklärt werden" — sagte einmal Martinü, der nie ein Freund des großen Pathos war. Unter seinen sechs Sinfonien ist die Sinfonie Nr. 4 eine der bedeutendsten. Sie gehört Martinüs amerikanischer Schaffensperiode an und wurde in der Zeit von April bis Juni 1945 komponiert, zu einer Zeit also, da der zweite Weltkrieg zu Ende ging, die Tschechoslowakei und andere europäische Länder vom Faschismus befreit wurden. Daher ist das Werk von frohen, glückhaften Empfin dungen durchströmt; Lyrik und heitere Ruhe bestimmen seine melodienreiche Ausdruckswelt. Die Instrumentation ist wie immer bei Martinü geistvoll. Die Form des Ganzen, den Organismus der vierten Sinfonie, entwickelte der Komponist aus zwei prägnanten, gegensätzlichen motivischen Keimzellen, die den ersten Satz eröffnen. Keine andere Sinfonie Martinüs weist derartig enge thematische Bindungen zwischen den einzelnen Sätzen auf wie die „Vierte". Uber den Aufbau des Werkes äußerte sich der Komponist anläßlich der Urauf führung am 30. November 1945 durch das Philadelphia Orchestra unter Eugene Ormandy folgendermaßen: „Der allgemeine Charakter des ersten Satzes ist Moderato; er basiert auf zwei kurzen, eintaktigen Elementen (Zellen) sowie dem Unterschied zwischen dem lyrischen Element und einer rhythmischen Sechzehntel bewegung im 6 /a-Takt. Diese Elemente erscheinen in verschiedenen Variationen und Umwandlungen, den Erfordernissen der musikalischen Struktur entsprechend. Der Satz hat nicht Sonatenform, seine Struktur könnte eher folgendermaßen formuliert werden: a-b-A-B-Coda. Die erste Exposition (a) beschränkt sich auf die Anwendung der zwei Elemente in kurzen Variationen, aber ohne besondere Spannung und Steigerung. Es ist die zweite Exposition (b), die plötzlich beide Elemente auflöst und sie zunächst frei in die breitere, melodische Linie der Streicher übergehen läßt, die allmählich den ganzen Bau beherrscht und in die Steigerung mündet. In einem pp läßt sich abermals die erste und die zweite Exposition vernehmen, doch diesmal werden die beiden Elemente vereinigt. Nach einem zweiten Höhepunkt führen einige Takte in Poco meno die Kompo sition zum ursprünglichen Charakter des Satzes (Moderato in b-Moli) zurück. Das Scherzo ist ebenfalls im 6 / s -Takt gehalten (Allegro vivo); es ist phanta stischer, mit jähen Änderungen und einer ständig frischen Trioienbewegung in den Streichern, die eine Art Hintergrund bildet. Die führende, rhythmisch un regelmäßige Melodie läßt sich zuerst in den Fagotten sowie sordinierten Trom peten vernehmen; sodann im Unisono der Fagotte, Flöten, Oboen und Klari netten. Die Melodie wird vom Englischhorn unter rhythmischer Bewegung der Streicher im Hintergrund entwickelt. Alles strebt ununterbrochen zum Forte des ganzen Orchesters. Das Trio ist ruhig, nirgends erreicht es ein Forte; die Streicher übernehmen zum größten Teil die Führung. Darauf ist ,Da capo al fine' vorgeschrieben. Den dritten Satz, ein Largo, eröffnet eine kurze Passage der Holzbläser, dann setzt ein stets gleichbleibender Rhythmus in gravitätischem 3 / 4 -Takt ein. Der ganze Satz ist eigentlich auf einer langen Streichermelodie aufgebaut, zu der sich später in einer verzierenden Passage die Holzbläser gesellen; alles klingt in Ruhe aus. Vierter Satz. Poco Allegro. Nach einer kurzen Einleitung künden die Streicher unisono eine lange Passage an, die, von Energie strotzend, rhythmisch-lyrisch klingt. Es folgt ein kontrastvolles Thema. Die Melodie erhebt sich zu durch- glühter Lyrik, und darauf entwickelt das Thema in prägnanterer Form zwei Variationen. Durch das Zurückgreifen auf das zweite, sich dynamischer ent faltende Thema wird die Rückkehr zum ersten sowie zur Coda angebahnt, die sich auf die Sechzehntelbewegungen eines frischen Allegros und auf eine mächtige Steigerung stützen. Diese Bewegung ist eine Art Festigung und Ver dichtung der Form der ganzen Sinfonie." - VORANKÜNDIGUNGEN : 13. November 1969, 20 Uhr, Kulturpalast 2. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Kurt Masur Solistin: Cecile Ousset, Frankreich, Klavier Werke von Brahms und Beethoven 27. November 1969, 20 Uhr, Kulturpalast 3. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Lothar Seyfarth Solistin: Rosa Fain, Sowjetunion, Violine Werke von Ernst Hermann Meyer, Mozart und Mendelssohn Bartholdy 5. und 6. November 1969, jeweils 20 Uhr, Kulturpalast Einführungsvorträge jeweils 19 Uhr Dr. Dieter Hartwig 3. PHILHARMONISCHES KONZERT Dirigent: Kurt Masur Solisten: Czeslawa Skrybant, VR Polen, Dresden, Sopran Wolfgang Hellmich, Dresden, Bariton — Sprecher: Wolfgang Dehler, Dresden Werke von Matthus, Bach und Mozart Anrecht A