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HARMONIE DRESDNER PH Wolfgang Amadeus Mozart 1756-1791 Konzert für Violine und Orchester D-Dur KV 218 Allegro Andante cantabile Rondo (Andante grazioso - Allegro ma non troppo) Freitag, den 7. November 1969, 20 Uhr Sonnabend, den 8. November 1969, 20 Uhr Festsaal des Kulturpalastes Dresden 2. PH I LHARMON ISCH ES KONZERT Dirigent: Klaus Tennstedt, Schwerin " Solist: Jürgen Pilz, Dresden, Violine Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 Sinfonie Nr. 4 A-Dur op. 90 (Italienische) Allegro vivace Andante con moto Con moto moderato Presto Bohuslav Martinü 1890—1959 PAUSE Zum ersten Male Sinfonie Nr. 4 Poco moderato — Allegro Scherzo - Allegro vivo Largo molto tranquillo non espressivo Poco allegro Zum 10. Todestag des Komponisten am 28. August 1969 JÜRGEN PILZ, seit Beginn dieser Spielzeit als Konzertmeister der Dresdner Philharmonie verpflichtet, wurde 1945 in Dresden geboren. Er studierte an der Spezialschule für Musik Dresden, an der Fachschule für Musik Berlin und an der Franz-Liszt-Hochschule Weimar u. a. bei den Professoren Mühlbach, Scholz und Ehlers. Der junge Künstler erhielt 1967 den 1. Preis beim Nationalen Solisten wettbewerb der DDR in Markneukirchen, im gleichen Jahr wurde er Preisträger beim Internationalen Enescu-Wettbewerb Bukarest. 1968 wurde er mit einem Diplom des Internationalen Bach-Wettbewerbes in Leipzig und mit einer Bronze-Medaille beim Internationalen Geigerwettbewerb anläßlich der Weltfestspiele der Jugend in Sofia ausgezeichnet. Konzertreisen führ ten Jürgen Pilz bisher in zahlreiche Städte der DDR sowie nach Polen, Ungarn, Rumänien, in die CSSR und nach Bul garien. KLAUS TENNSTEDT, der zu den bedeutendsten Dirigentenpersönlich keiten unserer Republik gehört, wurde 1926 geboren. Er studierte in den Jahren 1942 bis 1944 Violine und Klavier an der Hochschule für Musik in Leipzig, wirkte dann zunächst als Konzertmeister in Hei delberg und Halle, ehe er 1951 in Halle zum Kapellmeisterberuf überwechselte. Von 1954 bis 1957 war er als Kapell meister an den Städtischen Theatern in Karl-Marx-Stadt tätig. 1958 ging er als Musikalischer Oberleiter an die Landes bühnen Sachsen in Dresden-Radebeul und wurde hier zum Generalmusikdirektor er nannt. 1962 bis 1969 wirkte er als Musi kalischer Oberleiter am Mecklenburgi schen Staatstheater Schwerin und entfaltet seitdem eine umfangreiche Gastspieltätig keit. Konzertreisen führten den Künstler u. a. in die CSSR, nach Westdeutschland, Schweden, Jugoslawien, Österreich und in die Sowjetunion. 1966 erhielt er den Fritz-Reuter-Kunstpreis. Mit der Dresdner Philharmonie musizierte er bereits in den Jahren 1966, 1967 und 1968. ZUR EINFÜHRUNG Felix Mendelssohn Bartholdy, der musikalisch von einer seltenen Frühreife war, besitzt in der Musikgeschichte ein dreifaches Ansehen: als Organi sator (so gründete er beispielsweise das Leipziger Konservatorium als erstes in Deutschland und brachte Bachs Matthäus-Passion hundert Jahre nach ihrer Uraufführung erstmalig wieder zum Erklingen), als Dirigent der Leipziger Gewandhauskonzerte (hinzu kam seine ausgedehnte Konzerttätigkeit in Berlin, London und anderen Städten) und nicht zuletzt als Komponist zahlreicher Werke für die verschiedensten Gattungen, die zu den schönsten Zeugnissen der deutschen musikalischen Romantik gehören, wie die geniale Musik zum „Sommernachtstraum", das Violinkonzert, die „Schottische" und „Italienische Sinfonie". Mendelssohns formvollendete Tonsprache erwuchs oft aus Natur- und Landschaftserlebnissen - wie im Falle der 3. Sinfonie a-Moll (der „Schottischen") und der Hebriden-Ouvertüre, die die Früchte einer Schottlandreise waren. Ebenso entstand die Sinfonie Nr. 4 A-Dur op. 90, die „Italienische", während einer Italienfahrt des 21jährigen Bankiersohn^ Mendelssohn. Von Rom berichtete er 1830: „Die Italienische Sinfonie macht ForS schritte; es wird das lustigste Stück, das ich gemacht habe." Die Sinfonie wollte er nicht beenden, ehe er Neapel gesehen hatte, „denn das muß mitspielen". Die erfolgreiche Uraufführung des Werkes fand 1833 in London statt. Das liebenswürdige Stück bietet keinerlei Probleme. Der Komponist folgt dem klassischen Sinfonieschema konsequent. Er musiziert in der „Italienischen" vorwiegend einfach, heiter und lebensfreudig. Die lichterfüllte Welt des Südens begegnet im jugendlich-jubilierenden, frohbeschwingten Hauptthema des ersten Satzes. Der zweite Satz, dem angeblich ein böhmischer Wallfahrtsgesang, von Holzbläsern und Bratschen vorgetragen, zugrunde liegen soll, gibt sich dagegen mehr elegisch, balladenhaft. Auch der dritte Satz, ein Menuett, gemahnt eher an einen Schubertschen Ländler als an ein Bild aus der italienischen Landschaft. Der Trioteil malt mit weichem Hörnerklang den Zauber des deutschen Waldes, den Mendelssohn selbst in Italien nicht vergessen konnte. Genial ist das Presto-Finale, ein leidenschaftlich dahinwirbelnder „Saltarello" (Springtanz; das Tanzthema erklingt in den Holzbläsern), der, aus der neapolitanischen Volksmusik übernommen, ein mitreißendes Bild aus dem italienischen Volksleben mit seiner ausgelassenen Fröhlichkeit trotz elegischer Episoden zeichnet. Dieser Satz ist ein typischer geistsprühender, elegant-schwungvoller Mendelssohn, der jeden Hörer wohl in seinen Bann zwingt. Wolfgang Amadeus Mozart schrieb im Jahre 1775 im Laufe weniger Monate eine Gruppe von fünf Violinkonzerten, von denen das vierte in D-Dur, KV 218, heute erklingt. Zu jener Zeit war der 19jährige als Konzertmeister im Hoforchester des Salzburger Erzbischofs angestellt und schrieb daher diese Kon zerte vermutlich für den eigenen Gebrauch, da man von ihm natürlich aucl| solistische Leistungen auf seinem Dienstinstrument verlangte. Obwohl Moza’ schon als Kind gut Geige spielte, wandte er sein Interesse — gerade auf dem Gebiet des Solokonzertes — späterhin doch mehr und mehr dem Klavier zu, für das er kennzeichnenderweise bis zu seinem Lebensende immer bedeutendere Konzerte schuf, während uns an Violinkonzerten nur diese frühen Werke vor liegen (zwei weitere Konzerte blieben in ihrer Echtheit umstritten). Die Violin konzerte zeigen die Bekanntschaft des jungen Musikers mit den Schöpfungen italienischer Meister wie Boccherini (so erinnert übrigens gerade das D-Dur- Konzert KV 218 nach musikwissenschaftlichen Forschungen in wesentlichen Zügen an ein in gleicher Tonart stehendes, etwa zehn Jahre älteres Violinkonzert von Boccherini), lassen aber ebenso den Einfluß Johann Christian Bachs und der französischen Violinisten spüren. Die beiden ersten Konzerte erscheinen in vieler Hinsicht noch als recht konventionelle Zeugnisse einer eleganten höfischen Kunstübung und sind heute weniger bekannt, in den drei letzten jedoch (G-Dur, D-Dur, A-Dur) wird bereits inhaltlich wie formal eine bedeutsame Vertiefung und Bereicherung bemerkbar. Bei weitgehendem Verzicht auf äußerliche Effekte