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Beilage Mr „WMeritz-Leitung" Dienstag, am 1S. Januar 193S 101. Jahrgang Nr. 12 Das Wettecho zur Saarabstimmung Die gesamte Weltpresse steht unter dem Eindruck des Entscheidungslages an der Saar. In allen Sprachen der. Erde wird das deutsche Volk an der Saar zu der beispiel losen Disziplin beglückwünscht, die es am Absti^ bewahrte. Alle Welt hofft, daß nun, da die Lnt cheidung zu-j gunsten Deutschlands gefallen ist, ein weiteres trübes Kapi tel des Versailler Diktates schnellstens beendet wird. Schwel,: Mm Sie« der DeMchm Front Die Berichte der Sonderkorrespondenten der schweize rischen Presse im Saargebiet geben den starken Eindruck wieder, den die Ruhe, Haltung und Sicherheit der Saarbc- viilkerung während der Abstimmung bei ihnen erweckt haben. Auch in der Beurteilung des Ergebnisses ist eine gewisse Schwenkung zugunsten eines klaren Sieges der Deutschen Front unverkennbar. Selbst die „Basler Nationalzeitung', die im übrigen lustig weiterhetzt, läßt den Katzenjammer er kennen, den der Abstimmungstag im Saargebiet bei ihr hin terlassen hat. Sehr bezeichnend und aufschlußreich ist der Be richt des Sondervertreters der Genfer „Suisse" über die von Matz Braun und Pfordt abgehaltene Pressekonferenz für die ausländischen Journalisten. Ans den Ausführungen dieser beiden Marxistenführer habe man den Zusammenbruch ihrer Sache herausfühlen können. Die wütenden Angriffe gegen die Organisation der Volksabstimmung und die lügnerischen Behauptungen von einem Zusammenwirken der Polizei und organisierter Abteilungen der Deutschen Front sowie die un gerechte Kritik an den Vorständen der Wahlbüros seien nur aus dieser Stimmung heraus erklärlich. Er persönlich habe selbst mit eigenem Augenschein feststellen können, daß die Behauptungen Matz Brauns über eine parteiische Zusam mensetzung der Wahlbüros völlig unwahr gewesen seien. Diese letzten Erklärungen der Führer der Minderheit seien einem Abschied gleichbedeutend gewesen. Sowjetrubland: Marxistische RoMommandos Die sowjetrussische Presse nimmt sehr ausführlich Stel lung zur Saarabstimmung. Die „Prawda" und die „Jswe- stija" bereiten die öffentliche Meinung daraus vor, daß die Anhänger des Status quo, die sich in Sowjetrußland beson derer Beliebtheit erfreuen, bei der Abstimmung eine Nieder lage erlitten haben. Diese Blätter versuchen, die Niederlage der Status-quo-Leute damit zu erklären, daß der angebliche „Terror" -er Deutschen Front hieran die Schuld trage. So wird u. a. in einem direkten Telegramm aus Saarbrücken mitgeteilt, daß es im Saargebiet 150 marxistische Rollkom mandos zum Schutze der marxistischen Organisationen gebe, - die lediglich aus Mitgliedern der Kommunistischen Partei be- s stehen. Polen: Weg zur Berftöndigung frei Die Warschauer Blätter stehen völlig im Zeichen der Saarabstimmung. Allgemein wird die musterhafte Disziplin der Bevölkerung heroorgehoben. die es ermöglichte, daß trotz der begreiflichen Erregung nirgends sich Zwisäienfälle er eigneten. Der Sonderkorrespondent der Polnischen Telegra phenagentur hebt als Eindruck des Presseempfanges bei den Führern der Status-quo-Anhänger hervor, daß diese Führer! «inen stark niedergedrückten Eindruck gemacht hätten. Ein-' zelne Blätter betonen, daß das Wahlergebnis nicht nur eine Stärkung der Reichsregierung nach innen bedeute, sondern daß die Rückgliederung der Saar auch auf internationalem Gebiete sehr bedeutsame folgen haben werde, da die Saar- srage das einzige Hindernis einer endgültigen Verständigung zwischen Deutschland und Frankreich sei. England: Kein sinnt lür die Gegner -Ulerr ' Der glatte.Verlauf der Volksabstimmung wird in der Londoner Presse mit Befriedigung und Erleichterung aus genommen. Die gewaltige Beteiligung der Bevölkerung, !der weder Kälte noch Schneestürme noch lange Wartezeit «Abbruch tun konnten, findet bewundernde Anerkennung. In ausführlichen und eindrucksvollen Schilderungen wird der ! Verlauf des Schicksalstages der Saar dargestellt. Die Art und Weise, in der die Saarländer von ihrem Selbstbestim-, mungsrecht Gebrauch machten, findet beifällige Betrachtung. Jede Einzelheit erfährt der Leser; von dem Erscheinen der ersten Stimmberechtigten bei den Wahllokalen bis zur Ein sammlung und Versiegelung der bedeutungsvollen Urnen. Daß die Deutsche Front eine überwältigende Mehrheit auf weisen wird, bezweifelt nicht einmal der „Daily Herold". Seine im Saargebiet weilenden Berichterstatter führen die musterhafte Ordnung, die ein Kennzeichen des Sonytygs war. auf den von der Deutschen Front ausgeübten stillen „Terror" (II) zurück. Demgegenüber ist zu betonen, daß auch nach den englischen Darstellungen die einzigen, die die Ordnung in Saarbrücken zu stören versuchten, eine Gruppe von Kommunisten war, die von den Landjägern zerstreut werden mußt«. ! In einem Leitaufsatz des „Daily Expreß" heißt es, die Saar habe über ihr eigenes Schicksal zu entscheiden. Jetzt sollten die britischen Truppen wieder nach Hause gebracht werden; es bestehe kein Grund, sie länger dort zu belassen. Was auch das Schicksal des Saargebictes sein mag, der Völkerbund sollte zu seinem eigenen Grundsatz des Selbst bestimmungsrechtes stehen und es den Saarländern über lassen, ihre eigenen Angelegenheiten zu regeln. Es würde Schwierigkeiten der allerschlimmsten Art geben, wenn der Völkerbund versuchen sollte, einen besonderen Staat für die Gegner Hitlexs zu schaffen. Nach einer Parlamentswahl wird doch auch kein besonderer Staat für die Leute gebil det, die bei der Wahl in der Minderheit geblieben sind; wenn dies aber doch geschieht, dann bedeutet dies den Bür gerkrieg. / Frankreich: Ein Seufzer der Erleichterung Die Atempause zwischen der Wahlhandlung und der Verkündung des Abstimmungsergebnisses wurde von der« französischen Presse zu Rückblicken und Ausblicken benutzt.! Man zweifelt an der Rückkehr des Saargebietes zu Deutsch land nicht mehr. Die Wißbegier richtet sich lediglich noch auf die Ziffern der Abstimmung. Auch über die Folgen des Abstimmungsergebnisses, d. h. die Rückübertragung des Hoheitsrechtes durch den Völkerbund an Deutschland, schei nen kaum Zweifel zu bestehen. Die Zeitung „Paris Midi" begrüßt diese Eindeutigkeit bereits mit einem Seufzer der Erleichterung im Hinblick auf die Zukunft. Die Zahlen, so schreibt sie, würden am Dienstag die Sorgen aus -er Welt schassen, die ein wenig eindeutiges Abstimmungsergebnis sonst dem Völkerbund hätte bereiten können. Dem nach Saarbrücken entsandten Berichterstatter des „Intransigeant" genügt der reibungslose Ablauf der Abstimmungshandlung nicht. Er versucht, die Zukunft zu vergiften, indem er er-, klärt, der Deutsche verstehe es, seine Gefühle und seinen, Haß zurückzudrängen, er vergesse aber nichts. Es sei mög- « sich, daß sich am Dienstagabend gar nichts ereignet, aber es sei viel weniger wahrscheinlich, daß nach Abzug der aus ländischen Truppen alles in Ordnung bleibe. Der Außenpolitik» des „Journal" berichtet aus Genf, 'm dortigen Völkerbundskreisen vertrete man die Ansicht, daß eine starke Mehrheit für die Wiedereingliederung des Saargebictes in Deutschland eine für die allgemeine Wie- deroersöhnung günstige Atmosphäre schaffe und möglicher weise die Gelegenheit biete, Deutschland nach Genf zurück-« zuführen. Diese Möglichkeit werde sogar von maßgeben den Völkerbundskreisen sehr ernst genommen. Der Sonderberichterstatter des „Echo de Paris" in Saarbrücken beschwert sich wie eine Reihe anderer Blätter über die Behandlung der französischen Journalisten vor der Wartburg, wo man sie einer Leibesuntersuchung unterzo gen habe, um ihnen dann doch den Eintritt zu verwehren. Rallen: Günstige Bormsfetzung Der vollkommen ruhige und geordnete Verlauf der Ab stimmung wird in italienischen politischen Kreisen mit be sonders betonter Genugtuung begrüßt. Man sieht darin die günstigste Voraussetzung für die Schlußentsckzeidung des Völkerbundsrates im Sinne einer Verwirklichung der unter s italienischer Vermittlung in Rom Anfang Dezember zu- stan-e gekommenen deutsch-französischen Verständigung über die Saarfrage. Eine solche Entwicklung läge nur, so er klärt man, im Interesse einer allgemeinen politischen Ent spannung in Europa und damit auch einer Regelung der Rüstungsfrage. Die römische Presse nimmt bereits in die sem Sinne Stellung. „Tevere" schreibt: Die Saarfrage, die glücklicherweise friedlich und ruhig spruchreif gemacht wurde, ebnet auch den Weg für die Lösung der Abrüstungs frage und damit für die größte Frage, vor die Europa ge stellt ist. Die internationale Atmosphäre, in der diese Frage nunmehr wieder aktuell wird, hat erheblich an elektrisck-cr Spannung verloren. Die Liquidierung der Erbschaft aus dem Kriege schwürt immer bestimmter vorwärts. Die Welt hat das größte Interesse an einer beschleunigten Regelung der Frieüeysfragen. Amerika: Spiel der Separatisten verloren Unter größter Spannung wurden in Amerika die deut schen Rundfunkübertragungen über den Verlauf Ler Saar abstimmung überall mitgehört. Die Zeitungen sagen ein mütig eine überwältigende deutsche Mehrheit voraus, wo bei Lie Disziplin der Deutschen unterstrichen wird. Die „Times" erklärt, daß keine ordentlichere Wahl als die Saar- abstimmuug jemals stattgefunden habe. Diese Berichte be- ' deuten einen Rückzug, nachdem wochenlang vorher Unruhen vorausgesagt worden waren. Es entbehrt daher nicht ei ner gewissen Komik, wenn in den Berichten nunmehr un terstrichen wird, daß die Emigranten abreisebereit sind und daß die französischen Hotels und Pensionen sich auf den „Flüchtlingszustrom" oorbereiten. Matz Brauns Verhal ten zeige, daß er sein Spiel verloren gebe. Matz »raun als Prophet Matz Braun hat als geschlagener Feldherr nach ver lorener Schlacht die Auslandspresse wieder einmal ringe laden. Er hat sich heftig beklagt über den „Terror" Lei s Deutschen'«Front. Von diesem Terror hat man schon eir Beispiel erlebt, als die pietätlosen Saarbrücker es wagten ! einen verbotenen Demonstrationszug der Separatisten ein« ! fach auszulachen. Matz Braun verkündete weiter, daß ein, Eingabe an den Völkerbund erfolgen werde, weil die Vöb ! kerbundinstanzen im Saargebiet versagt hätten. Sie hätten das Militär gegen die Deutsche Front einsetzen müssen. Dar erklärt Matz Braun — und es ist noch gar nicht lange her, da schrie Matz Braun wegen der Verlegung des Militär: ! ins Saargebiet Zeter und Mordio und warf der Deutschen Front vor. sie habe fremde Truppen ins Saargebiet geholt. Logik ist nicht die starke Seite des kleinen Matz. Braun be> hauptet dann, die Wahlen seien weder frei noch unbeeinflußt noch geheim gewesen. Ein außerordentlich schwerer Vorwurl gegen die große Zahl der Neutralen, die diese Wahl durch- qeführt haben, gegen üie Holländer, Luxemburger, Schwei zer, Engländer. Schweden. Norweger usw. ! Matz Braun verkündet dann zur allgemeinen Ueber- raschung, die Deutsche Front könne vielleicht 85 v. h. der Stimmen bekommen haben, vielleicht auch nur 75 v. H., aber diese 15 v. h. würden der Einheitsfront genügen, um zu er- ! reichen, daß das Saargebiet selbständig bleibe! Kurze Rottzen Der Führer und Reichskanzler hat den Referenten in, Reicksministerium für Volksausklärung und Propaganda, ! Dr. jur. Eberhard Taubert, durch Entschließung vom 4. 12. !1S34 zum Mitglied des Volksgerichtshofes ernannt. Die zum diesjährigen Wafsenstudententag zusammen- gekommenen Vertreter der Im Allmeinen Deutschen Waffen- ring vereinigtet. Verbände und der Reichsverband deutscher > Offiziere haben dem Führer und Reichskanzler am Vorabend -er Saarabstimmung Treuegelöbnisse übersandt, sür die der Führer beiden Verbänden seinen aufrichtigen Dank übermit-' test hat. Am Eingang des Kownoer Gerichts wurde durch Aushang bekanntgemacht, daß wegen Erkrankung des Gerichtsoorsit- zenden, seines Stellvertreters, einiger Rechtsanwälte und einiger Angeklagten, die anberaumte Sitzung im Memellän-, der-Prozeß nicht stattfinde. Die Unterbrechung der Gerichts verhandlungen wird vis zum 21. Januar, 9 Uhr. verlängert.« In der militärischen Führung der christlich-sozialen Wehrver bände in Tirol ist ein Führerwechsel eingetreten. Der bisherige Landeswehrsührer, Gendarmeriemajor Kern, wird in das Bun deskanzleramt nach Wien berufen. An seiner Stelle wurde der Führer der Christlich-Deutschen Turner, Staatsrat Steinegger zum Landeswehrsührer bestellt. Der polnische Außenminister Beck ist in Genf angekommen. Er mußte sich aber zu Bett legen und steht in ärztlicher Behand lung. Wie von polnischer Seite mitgeteilt wirb, rechnet m.an, damit, daß er einige Tage im Bett bleiben muß. Las Ergebnis sei dadurch zustande gekommen, daß dis Sanitäter die Kranken beeinflußt hätten; das müsse bei der Bewertung -er Ergebnisse berücksichtigt werden. Nach -er Ansicht von Matz Braun müssen dann offenbar fast alle Abstimmungsberechtigten krank gewesen sein. Im übrigen wäre es sehr interessant zu erfahren, woher der kleine Matz Lie Prozentzahlen wissen will. Noch vor ganz kurzer Zeit — es ist erst wenige Tag« her — erzählte er von 40 v. 5)., die die Status-quo-Front erhalten würde, und noch einige Tage weiter vorher tippte er sogar auf 60 v. H. Matz Braun baut vor und versucht nachverlorenerSchlacht, doch noch für sich zu retten, was zu retten ist. Zum Schluß erschien nochmals Matz Braun und führte erneut Beschwerde darüber, daß die Organe de» Völkerbun des versagt hätten. Für die nächsten 48 Stunden stünde ein toller Terror der Deutschen Front bevor, gegen den es mit allen Mitteln sich zu wappnen gelte. In seinem Preffedienst fängt außerdem Matz Braun allmählich an, von antisemiti schen Ausschreitungen im Saargebiet zu sprechen, obwohl da von in der ganzen Zeit nie das geringste zu bemerken Mr. Lr glaubt also, mit Lügen über antisemitische Ausschreitun gen wieder einmal die Welt sür sich inlerejsieren zu können. tzogman« wird bescheiden Zur allgemeinen Ueberraschung ttitt dann der Sepa ratist Hoffmann auf, der sich bisher als Verteidiger der katholischen Religion im Saargebiet mifspielte. Herr Hoffmann hatte offenbar selbst das Gefühl, Laß er in Ge fellschaft von Matz Braun und des Kommunisten Pfordt eigentlich eine seltsame Figur sei, und entschuldigte sich erst bei der ausländischen Presse, daß er da sei. Er erzählte dann, -aß die Einheitsfront jedenfalls mehr als 5000 Stim men bekommen hätte. Er ist also noch bescheidener gewor den als Matz Braun. , Kleinliche Rache am Rohrbeller -armer Die französische Saargrubenverwaltung teilt mit, daß der durch seine Rede am Frankfurter Sender auch außer halb de» Saargebiekes bekannt gewordene „Rohrbacher yan- ne»" von ihr entlasten worden ist mit der Begründung, daß er sich mit unzutreffendem Angaben „Urlaub erschlichen" habe. Daraufhin sind, wie die Grubenwerwallung selbst zugeben muß, von 2S2 Arbeiirkameraden de» Rohrbacher Hanne» am Montag nur 37 zur Arbeit aus der Grube erschienen. SM „Kraft darch Freude-Freilahrten Der Schöpfer der NSG. „Kraft durch Freude", Dr. Ley, hat das Amt für Reisen, Wandern und Urlaub beauftragt, 5000 besonders bedürftige und verdiente Arbeitskameraden aus dem Saargebiet kostenlos auf Urlaubsrei fen zu schicken. Die Reisen werden auf das ganze Jahr 1935 verteilt, und zwar sollen schon in diesen Wochen Fahr ten in die schönsten Wintersportgebiete Deutschlands star ten. Eine große Zahl der eingeladenen Urlauber wird auch zum ersten Mal in ihrem Leben eine der herrlichen See fahrten über die Nordsee nach der Südküste Englands oder in die Fjordwelt Nw-wegens mitmachen- WkerbMMSMWmW Der deutsche Außenminister, Freiherr von Neurath, hat die Einladung zur Teilnahme an der Ratstagung -es Völ kerbundes, die über die Saar entscheidet, die der großbritan- nisclfe Botschafter Sir Eric Phipps überbracht hat, abge lehnt. Das ist der Aus-ruck der grundsätzlichen Einstellung der Reichsregierung gegenüber der Genfer Institution. Um des großen Zieles der tatsächlichen Gleichberechtigung Deutschlands willen, ist diese ablehnende Haltung auch für diejenigen verständlich, die sich von einer Beteiligung Deutsch lands einen besonderen Einfluß auf Lie weitere Behandlung der Saarfrage durch den VölkerbunLsrat und für die Rück gliederung versprechen möchten. Tatsächlich bleibt die Frag« offen, wann der Rat sein« Entscheidung über das Abstimmungsergebnis trifft. In Genf