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ZUR EINFÜHRUNG Modest Mussorgski, der geniale rus sische Komponist, hat uns nicht sehr viele Werke hinterlassen. Seine Opern und seine Lieder haben sich allerdings die ganze Welt erobert. Weniger bekannt sind seine Orche sterstücke, deren bedeutendstes, „Eine Nacht auf dem Kahlen Berge", heute erklingt. Es ist ein Jugendwerk, dessen erste Skizzen in den Jahren 1860—62 entstan den sind. In einem Brief an Balakirew, Haupt und Lehrer des „Mächtigen Häufleins" (ein Spottname, der dann zum Ehrennamen für die Gruppe der Komponisten: Balakirew, Mus sorgski, Borodin, Cui und Rimski-Korsakow wurde), vom 26. September 1860 lesen wir: „Es fand sich außerdem noch eine höchst fesselnde Arbeit, die zum nächsten Sommer fertiggestellt werden soll. Nämlich: eine vollständige Hand lung auf dem ,Kahlen Berge', dem Drama »Die Hexen' von Baron Mengden entnommen: He xensabbat, vereinzelte Episoden von Zaube rern, ein Triumphmarsch dieses ganzen Gesin dels und als Finale — eine Verherrlichung des Sabbats, personifiziert durch den Satan, den Gebieter auf dem »Kahlenberge'. Der Text ist vortrefflich. An Material gibt es schon eini ges, es könnte ein vortreffliches Stück wer den . . . Er blieb bei dieser Meinung, auch als Bala kirew, der Lehrmeister, das Werk nur bedingt anerkennen wollte. Das ergibt sich aus einem späteren Brief (24. September 1862), in dem es heißt: „Nie werde ich aufhören, dieses Stück für anständig zu halten und namentlich für ein solches, in dem ich nach selbständigen kleineren Sachen zum ersten Male auch in einem größeren Werk mein eigenes Gesicht gezeigt habe . . . Ob Sie nun, lieber Freund, die Absicht haben, meine ,Hexen' aufzuführen oder nicht — am allgemeinen Plan und der Ausarbeitung werde ich nichts mehr ändern — an diesen ,Hexen', die genau mit dem Inhalt des Vorwurfs übereinstimmen und ohne Ver stellung und Nachahmung geschaffen wurden . . , Meine Aufgabe habe ich, so gut ich konnte, bewältigt. Nur in den Schlaginstru menten, mit denen ich Mißbrauch trieb, will ich vieles verändern." Mussorgski hat das Werk mehreren Umarbeitungen unterzogen. Die endgültige Gestalt erhielt es durch Rim ski-Korsakow nach dem Tod des Komponisten. Es gliedert sich in vier Teile: 1. Versammlung der Hexen, ihr Gerede und Geklatsche; 2. Satans Fahrt; 3. Unflätige Ehrenbezeigungen vor dem Satan oder Der schwarze Dienst; 4. Hexensabbat — wildes Bacchanal. Beim Höhe punkt des Hexensabbats läutet von fern her das Glöckchen der Dorfkirche, das die Geister der Finsternis zerstreut. — Tagesanbruch. Mit dem Kahlen Berg ist ein Ort in der Nähe von Kiew gemeint, an dem sich nach dem Volksglauben die Hexen versammeln. Mussorg ski nannte das Werk „ein original russisches, das aus den heimatlichen Feldern hervorge brochen und mit russischem Brot genährt wor den ist". In der Tat: mag manches an dieser Tondichtung an Franz Liszt erinnern, mag der Einfluß von dessen „Danse macabre" zu saM^ ren sein (Liszt war bei den Mitgliedern „Mächtigen Häufleins" hochgeschätzt) —, die besondere Note erhält sie durch die original russische Färbung. Ferruccio Busoni, Sohn eines italie nisch-deutschen Musikerehepaares (der Vater war Klarinettenvirtuose, die Mutter Anna Weiß-Busoni, Tochter eines Deutschen, eine bekannte Pianistin), zeigte schon in früher Kindheit eine eminente pianistische Begabung, die im Elternhaus erste Förderung erfuhr. Dann wurde er in Graz Schüler von Wilhelm Mayer und — auf Empfehlung von Brahms — in Leipzig u. a. von Carl Reinecke. Nach Ab schluß seiner Studien unternahm er als bril lanter Klaviervirtuose Konzertreisen durch ganz Europa, die ihn auch wiederholt zum Dresdner Gewerbehausorchester bzw. Philharmonischen Orchester führten, und nach Übersee. Dane ben wirkte er als Lehrer an den Konservato rien in Helsinki, Moskau, Boston, New York und Bologna und war vorübergehend auch in Wien und Zürich pädagogisch tätig. Seit 1^^ lebte er hauptsächlich in Berlin, wo er 1Sh^F eine Meisterklasse für Komposition an der Akademie der Künste übernahm. Am 27. Juli 1924 verstarb der hochgebildete, vielseitige Künstler im Alter von 58 Jahren in Berlin. Jakob Wassermann hat einmal gesagt, daß das Schaffen Ferruccio Busonis „auf dem Kon trast zwischen glühender Gegenwärtigkeit und einer schicksalvollen Bindung an die Tradition, zwischen Elementarität und alter Form, zwi schen lateinischer Helligkeit und deutscher Spekulation beruhte". Obwohl er als Kompo nist, Pianist, Pädagoge und Ästhetiker in der deutschen Musikentwicklung der ersten Jahr- AURELE NICOLET, einer der berühmtesten Flötisten unserer Zeit, gleichermaßen begehrt als Solist wie als Pädagoge, typischer Vertreter der französischen Blä serschule, stammt aus Neuchätel (Schweiz), wo er 1926 geboren wurde. Schon im Alter von zwölf Jahren trat er erstmalig in der Öffentlichkeit auf. Er studierte Flöte (Andre Jaunet) und Komposition (W. Burkhard) in Zürich und in Paris (Marcel Moyse). Erste Preise CMwann er während seines Studiums am Pariser Con- ^^Mitoire und beim internationalen Musikwettbewerb WCenf (1948). Nach Tätigkeiten im Tonhalle-Orchester Zürich und in Winterthur holte ihn Wilhelm Furtwängler 1950 als Soloflötisten zu den Berliner Philharmonikern, denen er bis 1959 angehörte. Seitdem ist seine Karriere ge kennzeichnet durch eine Vielzahl von Konzerten im ln- und Ausland. Er musizierte unter den Dirigenten Furt wängler, Ansermet, Celibidache, Keilberth, Sawallisch, Solti, Maazel, Boulez und vielen anderen. Der promi nente Künstler ist ständiger Gast internationaler Fest spiele. Er produzierte zahlreiche Schallplatten- und Rundfunkaufnahmen. Aurele Nicolet, der auch bei den Sommerkursen des Mozarteums in Salzburg lehrte, ist Professor an der Hochschule für Musik in Freiburg. Zu den Ehrungen, die dem Künstler in den letzten Jahren zuteil wurden, gehört auch der Harriet-Cohen-Musik preis 1967. Aurele Nicolet musizierte seit 1967 mehr fach mit der Dresdner Philharmonie. CHRISTIANE GERHARD-NICOLET, Schülerin und Gattin Aurele Nicolets, wurde in Birkenfeld (BRD) geboren, wo sie in einer musikalischen Familie aufwuchs. Ihr Studium absolvierte sie in Essen, am Pariser Conserva- toire und an der Staatlichen Hochschule für Musik in Freiburg. 1971 gewann sie den 3. Preis der „Guilde des Artistes" und den „Prix Claude Debussy" Paris. Die Künstlerin ist Soloflötistin des Radio-Sinfonieor chesters Basel und absolvierte zahlreiche Konzerte so wie Rundfunk- und Schallplattenaufnahmen in der Schweiz, BRD und in Japan. Auch in der DDR wurde sie — gemeinsam mit Aurele Nicolet — zu Rundfunk aufnahmen verpflichtet. Bereits 1978 konzertierte sie — zusammen mit ihrem Gatten — bei der Dresdner Philharmonie.