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Robert Schumann: Violoncellokonzert a-Moll, op. 129 Robert Schumanns Konzert op. 129 ist eines der schönsten Werke der Cello literatur. Seine ausdrucksvolle Virtuosität widerspiegelt in warmen, kantablen Passagen die glückliche Grundstimmung des Komponisten, die sich auf den neuen Düsseldorfer Wirkungskreis gründete. Die Übersiedlung war nach einer Periode physischer und psychischer Depression mit der Hoffnung auf schaf fensreiche Jahre verbunden, die sich in den Jahren 1850—53 auch weitgehend erfüllte. Dem schwärmerisch aufschwingenden Thema des 1. Satzes, das mit leichter Heiterkeit im Solopart wechselt, steht das kraftvoll-drängende Tutti gegenüber und bereitet den glücklichen Ausklang vor. Der folgende langsame Satz ist getragen von einer elegisch-warmen Melodik, die von der Andeutung des Hauptthemas aus dem 1. Satz durch die Bläser unterbrochen wird. Ein nachdenkliches Solorezitativ leitet über zum Finalsatz. Hier tritt zu Beginn dem spritzigen Thema des Orchesters ein kurzes Dreiklangmotiv des Solo instrumentes entgegen, das unruhig-belebend zum Hauptthema führt. Auch der brillierende Schluß kündet von dem festen Willen, die neue Umgebung für sich zu gewinnen, was dem Komponisten neben dem Cellokonzert und anderen erfolgreichen Werken dieser Periode vor allem mit der wenige Wochen später vollendeten 3. (Rheinischen) Sinfonie auch gelang. Johannes Brahms: 1. Sinfonie c-Moll, op. 68 Fast zwei Jahrzehnte hatte sich Brahms mit den Plänen zu seiner 1. Sinfonie beschäftigt, bevor er sie als 43jähriger veröffentlichte. Diese Zurückhaltung der sinfonischen Gattung gegenüber ist nicht einem Mangel an Interesse zuzu schreiben, sondern erklärt sich aus der hohen Selbstkritik, die das Brahmssche Schaffen auch sonst in hervorragendem Maße kennzeichnet. Bereits dem 20- jährigen Brahms, der als Pianist begonnen hat und für den die Komposition von Klaviermusik das nächstliegende war, schwebte die sinfonische Idee als höchstes Ziel vor. Er hat in unentwegtem Bemühen den Kampf um diese Gat tung geführt und in mehr als zwei Jahrzehnten um die Sinfoniegestalt gerun gen. Das Erlebnis von Beethovens 9. Sinfonie wurde für seine Sinfonieauffas sung maßgebend und erklärt die jahrelange, von Skrupeln und Fehlschlägen begleitete Auseinandersetzung mit diesem Genre. Das langsame Reifen und Werden bewirkte dann aber auch, daß Brahms sich mit diesem Werk als der berufene Nachfolger Beethovens auf sinfonischem Gebiet erwies. Seine 1. Sinfonie in c-Moll, op. 68, ist im Charakter Beethovens c-Moll-Sinfonie durchaus verwandt. Durch Nacht zum Licht, durch Kampf zum Sieg ist auch die Devise, die Brahms im Aufbau seiner herrlichen Sinfonie be wegt. Mit einer verhalten leidenschaftlichen Introduktion setzt der erste Satz ein: über dem machtvoll vorwärtsdrängenden Orgelpunkt der Pauke und der Kon trabässe wölbt sich das in Halbtonschritten aufwärtsstrebende Thema. Diese chromatische Aufwärtsbewegung der ersten drei Noten des Themas bildet den Stützpunkt des Satzes, immer wieder in den verschiedenen Stimmen auftre tend, sie wird weiterhin sogar zur Keimzelle der ganzen Sinfonie. Nach dieser spannungsvollen Einleitung setzt ein Tasten durch alle Stimmen ein, das Hauptthema meldet sich zögernd in den Streichern, holt wieder zum gewal tigen Orgelpunkt aus und geht nach kurzer Überleitung dann endgültig in das erregte Allegro über. Das chromatische Vorwärtsdrängen bleibt dem ersten Allegrothema eigentümlich, auch wenn es hauptsächlich auf dem Dreiklang aufgebaut ist. Schmerzvolles Sehnen liegt über dieser ersten Periode, das sich bis zu heftiger Erregung steigert. Nur langsam tritt Beruhigung ein. Als zwei tes Thema erklingt ein flehentliches Bitten in der Oboe, von Klarinette und Horn fortgesponnen. Ein hartes Motiv der Streicher unterbricht diese freund liche Episode und führt in trotzigem Vorwärtsdrängen den Satz zu weiterer leidenschaftlicher Entwicklung. Auf heftige Moll-Ballungen folgt ein choral artiger Gesang, der Trost spenden will, sich aber den harten Gewalten gegen über nicht durchsetzen kann. Das große Thema der langsamen Einleitung klingt noch einmal auf, wie eine freudigere Verheißung nimmt das Haupt thema die Wendung nach Dur. In leiser Wehmut klingt der Satz aus. Der Wunsch nach Ruhe und Frieden trägt den zweiten Satz, das Andante sostenuto. Die innere Ausgeglichenheit will sich aber zunächst nicht einstellen — quälend durchziehen auch hier chromatische Figuren das Stimmengewebe. Dann klingen wieder rührende Töne auf, die von ergreifender Wirkung sind. So besonders zum Schluß des melodiegesättigten Satzes, wo Solovioline, Solo oboe und Horn die zarte Melodie gemeinsam aufgreifen und zu tröstlicher Verklärung führen. Der dritte Satz hat mit dem üblichen Scherzo wenig zu tun. Stille Behaglich keit atmet das erste Thema, auch das Trio mit dem anmutigen Wechsel zwi schen Holzbläsern und Streichern hat etwas Beschauliches an sich. Beide The men vereinigen sich, lösen sich wieder voneinander, und ungelöst, ungeklärt klingt der Reigen aus. Wie eine Frage, auf die die Antwort noch aussteht, schwingen die letzten Takte in uns nach. Die Antwort erteilt das gewaltige Finale, einer der herrlichsten Sätze der sinfonischen Literatur. Die düstere Stimmung des ersten Satzes greift wieder um sich, erregte Pizzikatotakte, ein leidenschaftliches Rezitativ der Holzbläser, alles drängt stürmisch vorwärts, ein Fortissimo-Paukenwirbel setzt sich durch und ebbt wieder ab. Das Orchester hält den Atem an: über zart verhauchtem Tremolo erklingt im Horn eine schlichte Melodie in energischem C-Dur: Die Flöte greift jubelnd die Melodie auf, ein kleiner choralartiger Zwischensatz in den Posaunen vertieft die feierlich erhabene Stimmung. Die Wiederholung der herrlichen Horn- melodie leitet dann zum Hauptteil des Finales, dem Allegro, über. Es setzt sogleich mit dem Hauptthema ein, das in Charakter und Melodie bewußt an