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Beilage zu Nr. 133 des AlNirNülA Donnerstag, 11. Juni 1908 Hand küssen darf. Übrigens ließ er sich schon bald nach Worten seiner Frau weiter sagte, als: Das mag vielleicht Aber nach dem, was ich das Gefühl, als Ramin stutzte. „Hm! . . . Und was sagt ihr Mann dazu?" Nun brach Jeannette in ein Helles, lustiges Lachen „Ihr Mann? Du lieber Himmel. Er ist entzückt, dem Souper in seine Gemächer führen. Der Trubel greift ihn zu sehr an." „Ist er krank?" „Er war schon halb gelähmt, als sie ihn heiratete; außerdem ist er dreißig Jahre älter als sie. Aber un glaublich reich. Sonst hätte sie sich wohl auch kaum dazu entschlossen, obwohl es doch ein riesiges Glück „Jeannette, ich liebe S'.e und bitte „Nicht nur einen, sondern tausend! Vor ackern aber meine Hochachtung vor deinen! Schneid. Das nenne laus. ich wie ein Mann handeln! Aber so seid ihr Künstler _ _ ja nun einmm: launisch, nervös, verstimmt— und dann wenn er sie nur anschauen und hm und wieder ihre Sie, meine Frau zu werden!" „Du hast also selbst das Gefühl gehabt, daß . . ." Er vollendete den Satz nicht, um ihr und sich eine unerfreuliche und peinliche Auseinandersetzung zu er sparen. Sie schwieg und erhob sich. Nach längerer Pause sagte sie leise, als spreche sie mehr mit sich selbst: „Dann darf ich also auch heute nicht mit ihr in die Oper fahren. Und ich habe es Denise so fest versprochen." „Wenn du willst, bin ich gern bereit, selbst mit dir in die Oper zu gehen." Sie überhörte seinen Vorschlag, und fuhr in leicht gereiztem Tone fort: „Tu erlaubst es also nicht?" Ramin blieb fest: „Nein, Jeannette. Ich bitte dich darum. Ich gehe mit dir aus, wohin du willst." „Gut, gut. Ich gehe also nicht." Sie reichte ihm die Stirn zum Kusse und ging in das nebenanliegende Schlafzimmer. Ten ganzen Tag über blieb sie kühl und zurück haltend. Alle seine Vorschläge, irgend etwas mit ihm zu unternehmen, wies sie zurück. Gegen Abend, als sie sich bereits zum Ausgehen umgekleidet hatte, um auf seine wiederholte, dringende Bitte wenigstens einen Gang durch die Straßen mit ihm zu machen, überbrachte der Zimmerkellner eine Karte von Madame Denise, die unten im Wagen wartete, um Jeannette abzuholen. Ramin, der bereits im Laufe des Nachmittags sein etwas strenges Verbot bereut hatte, gab nun doch nach und sagte: „Wenn es dir wirklich Freude macht, mit deiner Freundin die Oper zu besuchen, so will ich schließlich nichts dagegen haben." Nun wurde Jeannette sofort fröhlich und guter Laune. „O, du Allerbester!" rief sie jubelnd, warf sich in seine Arme und ruhte nicht eher, als bis er selbst hinunter ging und Dsnise auf ein paar Augenblicke heraufbat. Während sich nun Jeannette zum zweitenmal umkleidete, hatte Ramin Gelegenheit, sich mit Madame Dvnise allein zu unterhalten und sie etwas näher kennen zu lernen. Während dieser Unterhaltung schwanden auch die mit einem plötzlichen Entschluß im Sturme vorwärts! Nun aber erzähle." Er hatte Wein und Gläser geholt und nahm neben Ramin Platz. „Was ist da viel zu erzählen!" entgegnete der Maler mit einem Anflug von Selbstbewußtsein, das ihm der glücklich errungene Besitz gab — „ich kam, sprach und — siegte . . . Oder wenigstens ungefähr so. Jeannette war rührend anzusehen mit dem Ausdruck ungläubigen Erstaunens im Gesicht, als ich vor ihr stand und nichts für sie war." . Ramin wurde bei den letzten sehr ernst und nachdenklich: „Sei mir nicht böse, Jeannette! du mir soeben erzählt hast, habe Ohne ein eigentliches Ziel, mischte er sich unter die Spaziergänger auf dem Boulevard des Italiens, ließ sich dann nach dem Boulevard Poissonniere fahren, nm in einem der prächtigen Kaufhäuser, die dieser Straße ihr eigentliches Gepräge geben, ein paar Kleinigkeiten für Jeannette zu kaufen, und aß schließlich in einem Restaurant auf dem Boulevard Montmartre zu Abend. Als er das Restaurant verließ, glaubte er, vor einem der gegenüberliegenden Häuser den Wagen von Ma dame Dönise zu sehen. Der Fond war zwar leer: als er jedoch näher kam, sah er an der Livree des Kutschers und auch an dem glattrasierten Gesicht des Dieners, der soeben wieder den Bock bestieg, daß er sich nicht ge täuscht hatte. Er überschritt die Straße und blieb vor den: Hanse stehen, vor dem der Wagen soeben Kehrt gemacht hatte. Uber der breiten Einfahrt des sehr geschmackvollen Baues stand in großen Goldbuchstaben die Bezeichnung: „Chateau blanc". Sollte Jeannette in der Tat hier abgestiegen sein, anstatt in die Oper zu gehen, oder hatte er sich getäuscht, — hatte der Wagen vielleicht einen anderen hierher gefahren? Sehr nachdenklich fuhr er in sein Hotel zurück. Hier erfuhr er vom Kellner, daß das „Chateau blanc" ein neues, sehr vornehmes Konzertetablissement sei, in dem sich die elegante Pariser Lebewelt bei Musik und Tanz zu unterhalten pflege. „Befiehlt der Herr einen Wagen dorthin?" schloß der Kellner mit einem zweideutigen Lächeln seinen Bericht. „Nein, ich danke!" (Fortsetzung folgt.) Harrs Ramins Eheglück. E n Kilnstlerromaa von Konrad Remling 4 (Fortsetzung zu Nr. 1»0.) Linden verstand zwar nicht, was Ramin damit sagen wollte; da es jedoch nicht seine Art war, viel zu fragen, so schwieg er. Zwei Tage vergingen, ohne daß die beiden von einander hörten. Am Morgen des dritten endlich, gleich nach der Sprechstunde, kam Ramin. Nach kurzer Begrüßung nahm er Platz, weidete sich eine Zeitlang an dem fragenden und verwunderten Blick Lindens und sagte alsdann: „Ich habe mich soeben mit Fräulein Jeannette Durand verlobt. Wir heiraten möglichst bald, vielleicht schon in vier Pochen . . ." Linden war nun doch so erstaunt, daß er zunächst glaubte, nicht recht verstanden zu haben. Dann faßte er sich jedoch und erwiderte in seiner ruhig-komischen Art: „Na also!" Ramin war enttäuscht darüber, daß seine Über raschung keinen größeren Eindruck auf Linden machte. , „Ist das alles, was du darauf zu sagen hast?" „Ich habe es so kommen sehen." „So... ?" Und nicht einmal einen Glückwunsch... ?" Nun wurde Linden herzlich: ziemlich ungeschickt und wenig konventionell geklungen haben, aber mir fiel im Augenblick nichts Besseres ein, obwohl ich mir vorher tausend schöne Redewendungen zurecht gelegt hatte. Nun, sie hat mich jedenfalls ver standen. Sie senkte plötzlich den Kopf, und als ich meine Arme ausbreitete, warf sie sich an meine Brust . . . Das war mir Antwort genug." „Und die Eltern?" „Ja so — die E'tern . . .!" — Nun, ich will nicht anmaßend sein: sie waren jedenfalls durchaus einver standen damit und — wie mir schien — recht stolz und glücklich über meine Wahl. Bon dem bewußten Vetter wurde übrigens nicht gesprochen, und ich war selbst verständlich klug genug, ihn gleichfalls nicht zu erwähnen. Papa Durand benahm sich sehr würdevoll und hielt mir eine kleine Rede, von der ich allerdings kaum ein Wort behalten habe. Meine Schwiegermutter zeigte sich dagegen sofort als praktische Frau, die der Situation durchaus gewachse i war. Nachdem sie die ersten Augen blicke der Rührung überwunden hatte, reichte sie mir die schmale, aristokratische, noch immer sehr weiche und schöne Hand, die ich ehrfurchtsvoll und dankbar an die Lippen drückte, und begann alsdann von der Zukunft! zu sprechen. Sie erkundigte sich — übrigens durchaus diskret — nach meinen Verhältnissen und entwarf allerlei Pläne, wie wir unser zukünftiges Leben ein richten sollten. Ich ließ sie sprechen, sagte zu allem Ja und sonnte mich nur in den, glücklichen Gedanken, Jeannette zu besitzen!" 4. Kapitel. Ramin war ein sehr glücklicher Bräutigam. Während der wenigen Wochen, die zwischen seiner Verlobung und dem Hochzeitstage lagen, kam er buch stäblich kaum eine Stunde zur Ruhe. Er wußte, daß Jeannette außer einer sehr einfachen und bescheidenen Ausstattung nichts besaß; und das war ihm um so angenehmer und lieber, als sie nun auch alle äußeren Annehmlichkeiten ihres zukünftigen Lebens aus seinen Händen entgegennehmen mußte. So ging er denn zunächst daran, seine Wohnung zu vergrößern; er mietete drei weitere Zimmer in dem selben Stockwerk hinzu und stattete von diesen besonders ein Zimmer für Jeannette mit allem nur erdenklichen Luxus aus. Er war freigebig, wie es nur Könige oder — Verliebte zu sein pflegen. Linden neckte ihn wohl bisweilen damit, er aber lächelte nur liebenswürdig und fuhr weiter fort, vorzubereiten und einzurichten. So kam der Hochzeitstag heran. Der zivilrechtlichen Trauung folgte eine sehr ein fache und schlichte Feier in der Kirche und ein kleines Festmahl in der Pension Durand, an dem außer den Eltern Durand nur Linden und ein entfernter Vetter Ramins teilnahmen. Noch am selben Tage traten die Neuvermählten ihre Hochzeitsreise an, deren Ziel Ramin allen — selbst Jeannette — bis zur letzten Stunde mit geheimnis vollem Lächeln verschwiegen hatte. Er führte seine junge Frau nach Paris. Hier verlebte er mit ihr ein paar selige Wochen un getrübten Genusses. Da traf ihn, als sie schon zur Heimreise rüsteten — mitten in seinem Rausch von Freude und Glückseligkeit — die erste Enttäuschung. unruhigt hatte. Am nächsten Morgen erst begann er zu fragen: „Ich war sehr besorgt um dich, Jeannette. Du hättest nicht so lange ausbleiben sollen. Wie kamst du übrigens nach Hause?" „O, sehr gut! Der Diener begleitete mich selbst verständlich." „Und du hast dich gut unterhalten?" „Ausgezeichnet! Dsnise ist übrigens berühmt wegen ihrer kleinen, intimen Feste. Ich hätte sie kaum wieder erkannt: wie entzückend sie sich zu kleiden versteht. Dabei hat sie eine Art, ihre Anbeter zu beherrschen ...!" , .. Paris wird gemeldet: Der Geschichtsforscher letzten Bedenken m chm. Dsmse benahm stch m der Gaston Baissier, seit dem Jahre 1895 ständiger Sekretär Tat durchaus tadellos: sie plauderte lebhaft und mit der ^ca^mis krrnyE, ist gestern gestorben. Boissier war der ganzen Gewandtheit der echten Pariserin, so daß'am 15. August 1823 in Nimes geboren worden Seit 1861 wenn es besser gewesen wäre, du hättest diesen Besuch unterlassen." Nun begann sie zu schmollen. „Natürlich, — ihr schwerfälligen Deutschen könnt ja nicht verstehen, daß man lustig sein und das Leben genießen kann, auch ohne . . ." sie unterbrach sich. Eine kurze Pause entstand, während der sie nervös an ihrem Taschentuch zupfte und ein wenig gekränkt vor sich niedersah. Plötzlich erhob sie sich, ging lächelnd auf ihn zu, setzte sich auf seinen Schoß und legte ihre schlanken, weichen Arme um seinen Hals. „Nicht böse sein, Hans! Sieh, ich bin doch eine ver heiratete Frau! Als junges Mädchen würde ich ja anders darüber denken . . ." Jeannette hatte eines Tages von ihm Urlaub er-les Ramin bisweilen schwer wurde, ihren Worten zu beten, um eine Jugendfreundin zu besuchen, die sie zu- folgen. Als sie dies bemerkte, begann sie langsamer zu fällig kurz vorher auf der Straße getroffen hatte. Da sprechen und warf mit einem besonders liebenswürdigen diese Dame zweifellos den besten Kreisen angehörte — Lächeln auch ein paar deutsche Brocken dazwischen, sie waren ihr am Nachmittage im Bois de Boulogne Endlich erschien Jeannette. begegnet, wo sie sich in einem sehr eleganten Wagen Sie trug ein Kleid aus altgoldfarbiger Seide und ausfahren ließ — so gewährte ihr Ramin diese Bitte sah entzückend aus. Denise umarmte und küßte die ohne Bedenken. junge Frau aufs herzlichste, und verabschiedete sich von Erst spät in der Nacht kam Jeannette nach Hause. Ramin mit dem Versprechen, Jeannette wieder wohl- Sie war sehr angeregt, und Ramin brachte es nicht behalten abzuliefern. übers Herz, ihre gute Stimmung durch Vorwürfe zu Bald nach den beiden Frauen verließ auch Ramin trüben, obwohl ihn ihr langes Ausbleiben sehr be- das Haus. Kunst und Wissenschaft. Wissenschaft. Vom Xlll. Neuphilologentag w rd uns au« Hannover ferner geschrieben: Die gestrige VormittazSsitzung war Fragen der Pädagogik gewidmet, zunächst methodischen, wie der Unterricht am besten zu gestalten sei, dann, wie dre L h'cr neuerer Sprachen am lüsten vorzubil?en wären Zur eisten Frage standen zwei Anschauungen sich gegenüber. Während Hr Reallehrer vr. Uhlemayr-München wünschte, daß der fremdsprachliche Unterricht rezeptiv gehandhabt werde, d. h. „sich in Z.el und Methode auf da« Verstehen der geschrüb neu und gesprochenen Sprache beschränke, dementsprechend die Lektüre die Basis nicht nur des Unterrichts, sondern auch der Prüfung sei", und der Vertreter des Bayerischen Verbind« Hr P^of. Martin-München zur Beschlußfassung Leitsätze verlegte, die ein ähnliches Ziel verfolgen, traten die von Hrn Direktor M. Walter-Frankfurt a. M. gleichfalls zur Beschlußfassung vor» gelegten Leitsätze dafür ein, daß der Unterricht produktiv bleibe, d. h. auf Handhabung der fremden Sprache ab siele, wie dieses im vorliegenden Falle durch Annahme der Grundsätze über Aneignung des Wortschatzes erstrebt wird Zu diesen beiden Richtungen traten Vorträge der beiden französischen Professoren Pinloche»Pari« und Ur. Schweitzer-Pari«. Letzterer zeigte an einem französischen Texte, welche Hilfen die direkte Methode bei de: Erklärung finden könne, ersterer beantwortete die Frage „Inwiefern ist die Übersetzung in die Fremdsprache zulässig." Abgestimmt wurde nur über dieTH-fin Walters, die mit großer Mehrheit angenommen wurden, und die Ur Uhlemayr« Ablehnung fanden — Der zweite Teil der Sitzung wurde auSgefüllt mit Erörterung der Fragen, die sich auf Studium und Examen der Neuphilologen beziehen, und wurde einaeleitet durch Prof. Ur. Sieper-München. Nach eingehender Debatte wurden Lebers Thesen in etwas veränderter Fassung en bloo angenommen. Neu ist dann, daß die zwangsweise Kombination im Französisch ^md Englisch im Examen ab.u- weisen ist. — Noch ser erwähvt, daß Hr. Prof. Chromaix- PariS im Namen der von ihm vertretenen Gesellschaft für Neuere Philologie den Neuphilologentag Ostern 1909 nach Par'« einlud. — Weitere« Interests weckte der Vortrag von Ur. Pauconeclli - Caljier - Marburg über die Verwendung der Phonautographie bei dm neueren Sprachen, unterstützt von Lichtbildern, Vorführungen und einer reichen Ausstellung. Als Mitberichteistatter gab Hr. Prof vr Scheffler-DreSden, der gleichfalls den Phonographen an der Technischen Hochschule ver wendet, Ergänzungen und Erfahrungen Phonographische Vor. führungen bildeten den Schluß der gestrigen Sitzungen — Aus Stuttgart wird gemeldet: Der gestern hier ab- aehaltene deutsche Zoologenkongreß beschloß, seine nächste Tagung Pfingsten 1909 in Frankfurt a. M. zu verar- stalten. — Wie man aus Rom berichtet, fand am Psingstsonnab nd die Preisverteilung in der Akademie der Wissenschaften statt. Den Prei« für Physik (10000 Lire) erhielt Prof. Battelli, den Preis der Geschichte (10000 Lire) Principe Leone Caetani-Sermoneta für seine Geschichte de« Islam«, von der zwei Bände vorliegen; der ebenfall« 10000 Lire be tragende archäologische Preis wurde geteilt zwischen dem Prwatgelehrten Rivoina-Mailand, dcr sich mit archäologischer Architektur beschäftigt, und dem Profistor der Kunstgeschichte in Rom A. Venturi.