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Gebiet der intimen Kammermusik, in der vier gleichberechtigte Partner miteinander wirken. Die Materialgrundlage der Vier Stücke für Streichquartett sind die 12 Halbtöne der Tonleiter, hier lodisch-horizontal angeordnet Zwölftonreihe. Diese wird je doch nicht in der für alle Sätze verbindlichen Form angewendet, wie man dies etwa in Schönbergs Musik findet. Vielmehr erzeugt jeder der vier charakteristischen Sätze seine eigene Reihe. So ent stehen vier miniaturartige Cha rakterstücke: als erstes ein hurtiges Allegro mit dem die Streichinstru mente verfremdenden Pizzikato, anapästischen Rhythmen und ei nem aufwärts fahrenden Glissan do, das relativ schnell einem kurzen Abgesang mit liegenden Akkorden Platz macht. Ist dieser Kopfsatz zweigeteilt, so wirkt das anschließende auf Imitationen be ruhende Andante dagegen wie aus einem Guß. Im folgenden drit- « Satz findet ein kurzzeitiger Wechsel von herb-dissonanten Signalmotiven und huschenden gezupften oder mit dem Bogen holz erzeugten Repetitionen sowie Flageolett-Impressionen statt. Ganz auf Verinnerlichung zielt der mit Dämpfer zu spielende Schluß satz mit seinen weichen Zusam menklängen, die sich melodisch immer mehr verdichten, sich wieder abbauen und allmählich verebben. So entsteht eine suiten- haft lockere Folge von Charakter stücken." Man hat Dmitri Schostakowitsch nicht zu Unrecht als musikalischen Chronisten unserer Zeit bezeichnet. Als solcher erweist er sich auch in seinem 8. Streichquartett c-Moll op. 110, das im Sommer 1960 in Dresden entstand, wohin der Komponist gereist war, um in unmittelbarem Kontakt mit den Autoren des deutsch-sowjetischen Gemeinschaftsfilms „Fünf Tage- fünf Nächte" die Filmmusik für diesen Streifen fertigzustellen. Un ter dem Eindruck der Berichte über das traurige Schicksal der Stadt am 13. Februar 1945 schrieb der Komponist in drei Tagen das zu tiefst tragische Werk, das er den Opfern von Krieg und Faschismus widmete. Der Erinnerung an unermeßliches Leid hingegeben, reichen die Stim mungen der Musik von zarter Ver haltenheit über tiefe Trauer bis zu leidenschaftlichen Ausbrüchen und Atemholen zu neuer Kraft. Diese Gedanken sind in die ungewöhnli che Folge von fünf miteinander ver bundenen Sätzen gefaßt, bei denen das Vorherrschen langsamer Tempi auffällt. Indem die einzelnen Sätze durch gleiches Motivmaterial ver bunden werden, mehr noch aber durch die Eigentümlichkeit des in allen Sätzen wiederkehrenden Mottomotivs, das aus den Initialen des Namens Dmitri Schostako witsch besteht, DSCH, und indem Themen aus verschiedenen früheren Werken des Komponisten (1., 5., 10. Sinfonie, 1. Cellokonzert, 2. Klaviertrio, Oper „Lady Macbeth Schostakowitschs 8. Streichquartett entstand 1960 in Dresden und ist den Opfern von Faschismus und Krieg gewidmet