Volltext Seite (XML)
Spieldauer: ca. 65 Minuten Werk bekannt, das er weder als Oper, Kantate noch als Oratorium bezeichnete, obwohl es mit seiner 25 geschlossene Nummern umfas senden Anlage mehr zur letzteren Gattung tendiert. Die Texte stellte Orff aus der anony men Liederhandschrift „Carmina Burana" (= Beurenische Lieder) zu sammen, die um 1280 im oberbayrischen Kloster Benedikt- beuren niedergeschrieben wurde und heute in der Bayerischen Staats bibliothek München verwahrt wird. Hierbei handelt es sich um mittelal terliche Studentenlieder, moralisch satirische Natur-, Trink- und Liebes lieder in lateinischer, mittel hochdeutscher und altfranzösischer Sprache, um mittelalterliche christ lich-heidnische Lyrik der sogenann ten fahrenden Gesellen, um derbe Sauf- und Vagantenpoesie also, die aber auch von der sublimen Spra che des höfischen Minnesangs be einflußt wurde. Die Auswahl, die Orff aus diesen Dichtungen traf, ordnete er in die drei Teile „Veris leta facies" (Früh ling), „In taberna" (Schenke), „Amor volat undique" (Liebe), d. h. die Begegnung des Menschen mit der Natur, ihren sich im Wein of fenbarenden Gaben und mit der Liebe. Am Anfang und Schluß des Stückes steht ein Chor, der die Göt tin Fortuna anruft. Das sich drehen de Schicksalsrad der Fortuna ist „das Gleichnis für das Auf und Ab des menschlichen Lebens". Neben dem trotzigen Aufbegehren gegen Schicksalsmächte ist der vorherr schende Grundzug des Werkes die Bejahung des Diesseitigen, der Schönheit, der Freuden und Genüs se dieser Welt. „Mir kam es nicht auf die Musik an", äußerte Orff 1970 zu den „Car mina", „das sage ich offen, sondern auf die geistige Kraft, die hinter diesen Texten steht. Und wenn heu te die ,Carmina Burana' in aller Welt gespielt werden, so ist mir meine Musik nicht so wichtig, son dern daß die abendländische Kraft dieses Dichtwerkes bindend ver standen wird und daß dies wieder bindend wirkt." Den unverwechsel baren musikalischen Stil des Wer kes charakterisierte der Komponist als einen „auf Bordun und Ostinato aufbauenden Stil. Ein besonderes Stilmerkmal der Carmina-Burana- Musik ist ihre statische Architekto nik. In ihrem strophischen Aufbau kennt sie keine Entwicklung. Eine einmal gefundene musikalische For mulierung - die Instrumentation war von Anfang immer mit eingeschlos sen - bleibt in allen ihren Wieder holungen gleich. Auf der Knappheit der Aussage beruht ihre Wiederhol barkeit und Wirkung." Einfache strophische Formen des Volksliedes und Volkstanzes, eine la pidare, einprägsame Melodik, eine vitale, suggestiv-erregende Rhyth mik sowie diatonische Harmonik sind zu einem höchst wirkungsvol len Ganzen verbunden. Im Solo- und Chorsatz herrscht das deklama torische Prinzip, typisch auch ist der weitgehend auf Bläser- und Schlagzeugwirkungen (einschließ-