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wurde das Violinkonzert im Leipziger Gewandhaus unter der Leitung des dänischen Komponisten Niels W. Gade durch den Geiger Ferdinand David uraufgeführt, für den es geschrieben worden war. Nach der erfolgreichen Ur aufführung schrieb David an den ihm befreundeten Komponisten einen be geisterten Brief, in dem es u. a. über das Werk hieß: „Es erfüllt aber auch alle Ansprüche, die an ein Konzertstück zu machen sind, im höchsten Grade, und die Violinspieler können Dir nicht dankbar genug sein für diese Gabe." Bis heute hat sich an diesem Urteil nichts geändert; vereinigt das unverblaßt gebliebene Konzert, das sich vor allem durch seine harmonische Verbindung von Virtuosität und Kantabilität auszeichnet, doch auch wirklich in schönster Weise alle Vorzüge der Schaffensnatur seines Schöpfers: formale Ausgewogen heit, gedankliche Anmut und jugendliche Frische. Ohne Einleitungstutti beginnt der schwungvolle erste Satz mit dem vom Soli sten vorgetragenen gesanglichen Hauptthema von echt violinmäßiger Prägung. Neben diesem Thema werden im Verlaufe des von blühender romantischer Poesie erfüllten Satzes noch ein ebenfalls sehr kantabler Seitengedanke und ein liedhaftes, ruhiges zweites Thema bedeutsam, das zuerst durch die Bläser über einem Orgelpunkt des Soloinstrumentes erklingt und dann von diesem aufgegriffen und weitergeführt wird. — Wie eines der Mendelssohnschen „Lie der ohne Worte" mutet der durch einen liegenbleibenden Ton des Fagotts angeschlossene dreiteilige Mittelsatz an, ein Andante in wiegendem ^/g-Takt. Echt romantischer Elfenzauber wird schließlich im geistsprühenden, prickelnden Finale, das in seinem Charakter der kurz vorher vollendeten „Sommernachts- traum"-Musik des Komponisten nahesteht, in überaus poetischer, stimmungs voller Weise heraufbeschworen. In festlichem Glanz beendet dieser besonders virtuose, dabei musikalisch ebenfalls substanzreiche Satz das Finale. Einen weiten Weg hat der schlichte Gastwirtssohn, Dorfmusikant und Organist Anton in Dvorak zurücklegen müssen, ehe er — neben Smetana — ge feierter tschechischer Nationalkomponist wurde. Die Neue Welt, Amerika, hatte ihn angezogen (hier entstand 1894 seine populärste, bedeutendste Sinfonie „Aus der Neuen Welt"), doch kehrte er bald wieder nach Prag zurück, wo er Direktor des Konservatoriums wurde. Er hatte das seltene Glück, Zeuge seiner internationalen Anerkennung zu werden. Die Universitäten Prag und Cam bridge verliehen ihm die Würde des Ehrendoktors. Wie Smetana schöpfte auch Dvorak in seinen bedeutenden Kammermusik- und Orchesterwerken, in seinen Opern (von denen in Deutschland vor allem „Rusalka" bekannt wurde) aus dem unerschöpflichen Born der tschechischen Volksmusik. Dem feinnervigen Smetana, aber auch Beethovens, Brahms' und Schuberts Schaffen hat Dvorak, ein urwüchsiger Vollblutmusiker, viel zu danken. Die 8. Sinfonie G-Dur op. 88, bei der Herausgabe unrichtigerweise als Dvoraks „Vierte" bezeichnet, da sie die vierte gedruckte Sinfonie des Komponisten dar stellte, entstand im Sommer und zu Beginn des Herbstes 1889 - knapp sechs Jahre nach dem Abschluß der vorangegangenen 7. Sinfonie. Die Uraufführung de* G-Dur-Sinfonie fand am 2. Februar 1890 in Prag durch das Orchester des Nationaltheaters unter Dvoraks eigener Leitung statt, der das Werk bald darauf auch in London und etwas später in Frankfurt/Main zur Aufführung brachte. Das „herrliche Werk", wie der bedeutende Dirigent Hans Richter die Sinfonie nach der Wiener Erstaufführung in einem Brief an den Komponisten begeistert nannte, wurde überall mit viel Wärme und Begeisterung aufgenommen. Einer Zeit beglückenden friedlichen Schaffens inmitten herrlicher Natur auf Dvoraks Sommersitz in dem böhmischen Dorfe Vysokd entstammend, zeigt die 8. Sinfonie im Gegensatz zu der von leidenschaftlichem, trotzigen Ringen erfüllten voran gegangenen d-Moll-Sinfonie eine heitere und lichte, friedvoll-harmonische Grundhaltung. Innige Naturverbundenheit, Volkstümlichkeit und helle Lebens bejahung sprechen aus diesem an unerschöpflichen Einfällen reichen, stim- mungs- und gefühlsmäßig sehr einheitlichen Werk. Formal bildet es vielleicht trotz Beibehaltung der klassischen Sinfonieform — Dvoraks selbständigste sin fonische Schöpfung, die in manchen Einzelheiten von den übrigen Sinfonien abweicht und die musikalischen Gedanken in neuartiger Weise verarbeitet. Mit einem choralartigen, feierlichen g-Moll-Thema der Celli und Bläser über ruhigen Kontrabaß-Pizzikati beginnt der erste Satz (Allegro con brio). Dieses Thema bleibt für den motivischen Aufbau des Satzes ohne konstruktive Bedeu tung, erscheint aber in gleicher klanglicher Gestalt nochmals vor Beginn der Durchführung und vor der Reprise. Das eigentliche Hauptthema des Satzes in G-Dur, das zuerst von der Flöte angestimmt wird und dem später ein schlich tes, etwas schwermütiges Thema in h-Moll zur Seite gestellt wird, steht in scharfem Gegensatz zu dem Einleitungsthema. Heiter und lieblich einsetzend, unterzieht sich das Hauptthema im Verlaufe des Satzes mannigfachen Wand lungen in Gestalt und Charakter. In vielfältigen farbigen Bildern, die Gedan ken, Gefühle und Stimmungen von lichter Freude und Heiterkeit, aber auch von tiefer, ernster Innigkeit widerspiegeln, entfaltet sich das sinfonische Ge schehen. Das folgende Adagio in c-Moll, das eine nahe Verwandtschaft mit einem Stück aus Dvoraks Klavierzyklus „Poetische Stimmungsbilder" op. 85, „Auf der alten Burg", zeigt und gleichsam als dessen Weiterentwicklung zu deuten ist, ist von starkem poetischen Ausdrucksgehalt. Neben dem stolzen, etwas düste ren Hauptthema, das eine glanzvolle dramatische Steigerung mit feierlichen Jrompetenklängen erfährt, wird im Mittelteil eine sehnsüchtig-weiche Melodie besonders bedeutsam. Träumerisch-friedvoll verklingt der reizvolle Satz. Ruhig bewegt entfaltet sich der frische dritte Satz (Allegretto grazioso). In den Violinen erklingt über Figuren der Holzbläser das kantable, leicht schwermütig angehauchte tänzerische Hauptthema des ersten Teiles, der nach einem G-Dur- Mittelteil notengetreu wiederholt wird. Im Mittelteil zitierte der Komponist übrigens eine Melodie aus einer fünfzehn Jahre früher entstandenen Oper (Lied des Tonik „Sie so frisch, jugendlich, gar so alt er" aus „Die Dickschädel"). Die kurze Coda bringt einen temperamentvoll-beschwingten Tanz im Zwei vierteltakt, der den Satz originell und witzig beschließt. Besonders starke Beziehungen zur tschechischen Volksmusik weist das Finale (Allegro, ma non troppo) auf, in der auch das mitreißende, rhythmisch prä gnante Hauptthema verwurzelt ist. Dieser meisterhaft gearbeitete, formal neben dem ersten Satz am kompliziertesten angelegte Satz — die klassische Sonaten form wird in Exposition und Reprise durch reiche Variationen des Hauptthemas erweitert — beendet in elementarer Lebensfreude die Sinfonie. Urte Härtwig Vorankündigung: 13. April 1965, 19.30 Uhr, Steinsaal 4. Kammermusikabend der Kammermusikvereinigung der Dresdner Philharmonie Werke von W. A. Mozart, J. Franpaix und L. van Beethoven 18./19. April 1965, 19.30 Uhr 14. Außerordentliches Konzert Dirigent: György Lehel, VR Ungarn Solistin: Regina Smendzianka, VR Polen Werke von B. Bartök, F. Chopin und J. Brahms Freier Kartenverkauf! 4. ABEND IM ANRECHT C FÜR BETRIEBE 111,9,14 EMZ 365 2 k-G 039/25/65