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Eine Faust-Ouvertüre von Wagner Richard Wagner (1813- 83), der größte Musikdramatiker, hat für den Konzertsaal wenig geschrieben. Für den Konzertzweck am besten ge eignet sind nur die Ouvertüren und Vorspiele zu seinen Bühnenwerken und die selbständigen Orchesterwerke: Siegfried-Idyll, Kaisermarsch und Faust-Ouvertüre. Das Faustproblem hat den Komponisten während seiner Pariser Leidens zeit beschäftigt und zum Schaffen dieser Ouvertüre angeregt. 1844 brachte sie Wagner in Dresden zur Uraufführung, wo er 1842—49 als Hofkapell meister amtierte. Die heutige Fassung ist aber zehn Jahre später ent standen. Die Faust-Ouvertüre soll keine Einleitungsmusik zu Goethes Faust sein, sondern ein für sich stehender sinfonischer Satz, könnte etwa der erste Satz einer Faust-Sinfonie sein. Den Stimmungsgehalt der Ouver türe deutet Wagner selbst an, indem er die Goethe-Worte dem Werke als Leitspruch mitgibt: „Der Gott, der mir im Busen wohnt, kann tief mein Innerstes erregen; Der über allen meinen Kräften thront, er kann nach außen nichts bewegen: Und so ist mir das Dasein eine Last; Der Tod erwünscht, das Leben mir verhaßt.“ Nach einer ernsten, wehmütigen Einleitung kehren deren Themen leidenschaftlich bewegt im Hauptsatz wieder. Eine gesangreiche Melodie bringt einen freundlichen Gegensatz. Heftigkeit, Trotz, Wildheit kennzeichnen die Durchführung, faustische Verzweiflung kündend. Der ruhig verklärende Ausklang läßt Erlösung von irdischer Qual ahnen. Vorspiel zu „Die Meistersinger von Nürnberg“ von Wagner Das Meistersinger-Vorspiel von Richard Wagner kann man als das Fest-Vorspiel bezeichnen. Nicht nur eines von vielen, sondern das Muster. Die festlichen, wuchtigen Akkorde des Meistersingerthemas eröffnen. Die Sehnsuchtsmelodie Stolzings und die Fanfare der Meistersinger folgen. Stolzings Liebesseligkeit wird dann von dem in verkleinerten Notenwerten erscheinenden Meisterthema abgelöst. Die Verkleinerung des Themas soll die zunftmäßige Tüftelei der Arbeit der Meister kennzeichnen. In bewun dernswertem Kontrapunkt kombiniert dann Wagner die drei Hauptthemen: Liebesseligkeit, Fanfare, Meisterthema. Die Fanfare wird in imponierender Schlußsteigerung vom Bläserchor übernommen. In höchstem Glanze er scheint nochmals das Meisterthema. Dr. Kreiser. ft \ 0