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Jean Sibelius (geh. 1865) Bei der Nennung des Namens Jean Sibelius denkt der Hörer zunächst und in erster Linie an seine sinfonischen Dichtungen, die ihm zur Weltberühmtheit ver- halfen. Aber Sibelius hat als Komponist auch der absoluten Musik ihren Tribut gezollt und Werke geschaffen, die seine meisterliche Größe verraten. Das Violin konzert op. 47 in d-Moll ist ein solches Werk von absoluter Haltung, das also versucht, durch musikalische Wirkungen allein den Hörer anzusprechen. Das Violinkonzert ist dreisätzig. Der erste Satz hat zwei große musikalische Ge danken, die sich deutlich voneinander abheben. Das erste Thema erscheint am Schlüsse wieder, es wird von der Violine vor einem flimmernden d-Moll-Hinter- grund vorgetragen. Das zweite hat sinfonischen Charakter und wird vom ganzen Orchester ausgesprochen. Der langsame zweite Satz hat eine herb impressionistische Farbe — aber die Violine kann zu Beginn und am Ende dieses Satzes schöne melodische Einfälle aussingen. Der Schlußsatz wird vom Rhythmus getragen, dessen unermüdliches Pochen durch den ganzen Satz hindurch zu hören ist. In der Musik des Finnen Sibelius ist immer etwas von der Größe und Einsamkeit der finnischen Landschaft und der Verschlossenheit des finnischen Volkes zu spüren — auch in diesem Werk absoluten Musizierens steckt dieses Gefühl der Verbunden heit mit den volkstümlichen Kräften.