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0 Ökonomisch-mathematische Modelle bereiten Strukturentscheidungen vor Die Dynamik der erweiterten sozialistischen Reproduktion und die Strukturpolitik der SED Von Prof. Dr. Eva Müller Die Gestaltung der effektiven Struk- Dr der Volkswirtschaft ist die inhalt- sche Hauptaufgabe des ökonomischen vstems des Sozialismus, wie es auf dem I Parteitag vom Genossen W. Ul- Dricht herausgearbeitet und vom 13. Ple- pom des ZK der SED für die kommende "Srspektivplanperiode präzisiert wurde. Die Lösung dieser Hauptaufgabe führt r Stärkung der DDR und gibt uns die bboglichkeit, im ökonomischen Wett- BeWerb mit dem imperialistischen West- "Sutschland zu siegen. Die marxistisch-leninistische Repro- Cktionstheorie liefert die theoretische Endlage für die Strukturpolitik unse- "r Partei. Sie befaßt sich mit der Produktion in ihrer stän- ta Wiederholung und untersucht Smnach die materielle Produktion als Wesentliches Glied in der Reproduk- Wonskette . Produktion — Distribu- Non - Austausch — Konsumtion — Prb- “uktion ..'mit dem Charakter des Reproduk- 0nsprozesss, der im Sozialismus in- Gnsiv erweiterte Reproduktion sowohl $ materiellen Produktes selbst als feh seiner Produktionsbedingungen, ..besondere der Produktionsverhält- "Sse ist, ' mit den Wechselbeziehungen zwi- hen den Ergebnissen der laufenden oduktion (dem gesellschaftlichen Ge- hmtprodukt und dem Nationaleinkom- J”) und dem Bestand an materiellen t0d geistigen Gütern (Nationalreich- dm), zwischen den Ergebnissen der ^fenden Produktion und den dafür er- tpderlichen Aufwendungen an produk- und nicht produktiver Arbeit und do materieller Produktion der laufen- " oder vorangegangenen Perioden. 20 mit den diesen Wechselbeziehun- ? zugrunde liegenden volkswirt- .Mtüchen Proportionen (quantitati- 5 Relationen zwischen den einzelnen t8menten des Reproduktionsprozesses), 6 dynamischer Art sind, weil die wis- eschaftlich-technische Revolution un- 4 den Bedingungen des Sozialismus ®se Relationen ständig verändert, — mit dem volkswirtschaftlichen Nutzeffekt der gesellschaftlichen Arbeit, der das Kriterium für die effektivste Struktur der Volkswirtschaft liefert, . — mit der Verteilung und Umvertei lung der Einkommen, die über die Preise und die Geldzirkulation realisiert werden und nicht zuletzt — mit dem Einfluß, den die Außen wirtschaftsbeziehungen auf die Be- Stimmung der hocheffektiven Struktur einer sozialistischen Volkswirtschaft ausüben, wobei die neuen Tendenzen der planmäßigen internationalen Zu sammenarbeit zu berücksichtigen sind, die die durch die 23." RGW-Tagung aus gelöste sozialistische Wirtschaftsintegra tion hervorruft. Zwei, eng miteinander verbundene theoretische Problemkomplexe sind für die Erarbeitung der praktischen Struk turpolitik von besonderer Bedeutung: Die Theorie der dynamischen Propor tionalität und die Theorie der volks wirtschaftlichen Effektivität. Die Kompliziertheit, die dynamische Proportionalität zu sichern, besteht nicht nur darin, daß die durch die tech nische Revolution und die konkreten nationalen und internationalen Bedin gungen eines sozialistischen Landes her vorgerufenen Veränderungen der Pro portionen langfristig vorausgesehen werden müssen, sondern auch darin, daß diese Veränderungen gegenwärtig vorbereitet werden müssen, sollen sie in einigen Jahren wirksam werden. Die konkreten Strukturmaßnahmen des sozialistischen Staates müssen dem nach die Proportionen der Gegenwart und der Zukunft, die sich voneinander unterscheiden, zugleich sichern. Die Kompliziertheit in der Bestim mung der volkswirtschaftlichen Effek tivität einzelner Strukturmaßnahmen besteht darin, daß die in einzelnen Be trieben ausgewiesenen Effekte sich nicht immer im gleichen Umfang als volks wirtschaftlicher Effekt niederschlagen: der volkswirtschaftliche Effekt kann größer oder kleiner sein als die Summe der betrieblichen Effekte, weil durch P Kapitel V des Buches „Politische Okonomie des Sozialismus und ihre MAnwendung in der DDR“ nimmt die Innung und Leitung des betrieblichen RProduktionsprozesses eine zentrale Rellung ein. Das erklärf sich einmal E der Rolle des sozialistischen Pro- Kionsbetriebes als Grundeinheit der ABswirtschaft. Die betriebliche Repro- Mlion ist Bestandteil der volkswirt- »fliehen Reproduktion. Zum anderen »t vom systemgerechten Ablauf der HBsen des Reproduktionsprozesses ent- IBeidend die Rationalität und Effek- Btät der Betriebe und Kombinate ab. B wirtschaftliche Tätigkeit muß auf i08n langfristigen stabilen maximalen BZachs an einheitlichem Betriebs- "*ebnis auf der Grundlage des staat- Die produktionsvorbereitende Phase hat für die Planung und Leitung des Reproduktionsprozesses der Betriebe und Kombinate eine besondere Bedeu tung, da sich unter den Bedingungen der wissenschaftlich-technischen Revo lution die Entscheidung über die zu- künftige Rationalität und Effektivität des Reproduktionsprozesses mehr und mehr in die Phase der wissenschaft lich-technischen Vorbereitung der Pro duktion verlagert (a. a. O., S. 732). Die prognostisch abzuleitenden Aufgaben und Ziele der Forschung und Entwick lung bestimmen zunehmend die künf tige Struktur und Reproduktionskraft der Betriebe und Kombinate. Die Ziel stellung für Forschungs- und Entwick lungsaufgaben muß die gesetzmäßigen das Zusammenwirken ökonomischer Einheiten neue Effekte entstehen oder aber bereits entstandene Effekte ver loren gehen können. Der sozialistische Staat wendet öko nomisch-mathematische Modelle an, um diese komplizierten Zusammenhänge planen zu können. Volkswirtschaft liche Modelle haben die Aufgabe, die Dynamik der Proportionen zu erfassen und gleichzeitig Aussagen darüber zu liefern, welches System von Propor tionen die höchste volkswirtschaft liche Effektivität langfristig sichert. Ökonomisch-mathematische Modelle können demnach einen wichtigen Bei trag zur Vorbereitung konkreter Struk turentscheidungen leisten. Für die Be stimmung der effektivsten volkswirt schaftlichen Struktur ist die enge Zu sammenarbeit zwischen der zentralen staatlichen Planung und der eigenver antwortlichen Planung der ökonomi schen Einheiten erforderlich. Ergeb nisse zentraler Planrechnungen, die von der wirtschaftspolitischen Orientierung der Partei der Arbeiterklasse ausgehen, werden den ökonomischen Einheiten übergeben, damit diese sie präzisieren und ausgehend von ihrer eigenen Plan konzeption prüfen, ob noch günstigere Planvarianten möglich sind. Dieser Kampf der Werktätigen um die Erarbeitung der effektivsten Struktur konzeption ihres Bereiches wird von den Massenorganisationen unter Füh rung der Partei organisiert. Ist in einer längeren planvorbereiten den Phase die effektivste Struktur der Volkswirtschaft durch Einbeziehung der Lenin ehren heißt den Leninismus studieren, weiterentwickeln, onwenden Werktätigen bestimmt worden, dann kommt es darauf an. durch wirksame Maßnahmen diese Strukturpolitik zu realisieren. Der vom Ministerrat der DDR im April 1970 bestätigte Entwurf der Grundsatzregelung für die Gestaltung des ökonomischen Systems des Sozia lismus in der DDR im Zeitraum 1971 bis 1975 entwickelt den Maßnahmekom- plex, der in den vergangenen Jahren uns geholfen hat, planmäßig effektive Strukturveränderungen durchzusetzen, weiter. Dazu gehören solche Maßnah men wie — die Entwicklung des Perspektiv planes zum Hauptsteuerungsinstrument, — die vorrangige Planung, Bilanzie rung und Durchführung volkswirt schaftlich strukturbestimmender Auf gaben, wodurch ein differenzier tes Wachstumstempo der Zweige und Erzeugnisgruppen und demnach eine Veränderung der volkswirtschaftlichen Struktur erreicht wird, — der Aufbau einer Vorrats- und Re servewirtschaft, die die Stabilität und Flexibilität des Perspektivplans und der dort vorgesehenen strukturverän dernden Maßnahmen erhöht und — die Anwendung eines Systems von Plankennziffern, Normativen und volks- wirtschaftlichen Berechnungskennzif fern. die die Betriebe und Werktätigen stimulieren, die Strukturmaßnahmen mit hoher Effektivät verwirklichen. Der Kampf um die Realisierung der geplanten Strukturveränderungen wird mittels des sozialistischen Wettbewerbs geführt, wie er gegenwärtig alle Be triebe der DDR zur Erfüllung des Volks wirtschaftsplanes für 1970 erfaßt hat Dieser Kampf ist dann erfolgreich, wie im Bericht des Gen. Norden auf dem 13. Plenum des ZK der SED gezeigt wurde, wenn unter Führung der Par teiorganisationen. in enger Zusammen arbeit mit den Gewerkschaftsleitungen, eine klare Zielstellung für den Wett bewerb erarbeitet wurde und die poli tisch-ideologische Massenarbeit ein ho hes Niveau aufweist. (a. a. O., S. 742). Durch die Anwendung von Modellsystemen der Operations forschung muß der gesamte Prozeß der Herstellung von Spitzenerzeugnissen — von der Forschung und Entwicklung über die Produktion bis zum Absatz — wissenschaftlich durchdrungen werden. Der Reproduktionsprozeß der Betriebe und Kombinate schließt ein leistungs- fähiges Leitungssystem in sich ein. das auf wissenschaftlichen Leitungsmetho den beruht und die aktive Teilnahme der Werktätigen an der Planung und Leitung gewährleistet. Die dynamische Entwicklung des Produktionsprozesses erfordert ein hohes Niveau des betrieb lichen Prognose- und Planungssystems. Die drei Reproduktionsphasen inte grieren immer stärker unter den Be 11 ie Phasen des Reproduktionsprozesses "temcharakter der betrieblichen Reproduktion ist eine erstrangige Führungsaufgabe V ' ■ ■ ' °h Prof. Dr. Johannes Schmidt I66n Planes durch eine höchstmög- 8 Eigenleistung des Betriebes in der Lirung der Arbeitsproduktivität und Mkung der Kosten bei volkswirt- Bitlich bedarfsgerechter Produktion RqShtet sein. Dabei müssen die Vor- 8 und Triebkräfte des Sozialismus Bo entfaltet werden. Die eigenverant- Xerviche Vorbereitung, Durchführung, Brollkommnung und Erweiterung der heeblichen Reproduktion ist deshalb V entscheidende Voraussetzung zur rklichung der zentralen Idee des nomischen Systems des Sozialismus. SSis, Reproduktionsprozeß der sozia- igofhen Warenproduzenten umschließt Bende drei Phasen: Rpodudtr ^ om P^ exen Vorbereitung der 32 der eigentlichen Produktion d ^ r Realisierung der Erzeugnisse Pistungen. 3ne2se Phasen erfahren infolge der frrmenden Dynamik der wissen- BeiFt lich-technischen Revolution tief- Bkende Wandlungen. Dabei ist cha- Bocristisch, daß die Wissenschaft in "ogsendem Maße alle Phasen durch- D; u nd maßgeblich gestaltet. S. Phase der Vorbereitung be- B‘e“kt sich nicht auf die konstruk- Be und technologische Vorbereitung. Ätin aßt alle Maßnahmen zur Pro- Zegonsvorbereitung, trägt also kom- Kv Charakter. Sie umschließt die Bogne rantwortliche Ausarbeitung von 9chosen, die perspektivische Markt- Sunung und -Vorbereitung, die For- k 8 und Entwicklung, die Sicherung Rorlobjektiven Voraussetzungen der ‘bertion (Beschaffung un d Einsatz- Bstereitung der Maschinen und Äe ’ Ausrüstungen, der Arbeits- BSe der Materialien, der Betriebs- tskua.), die Qualifizierung der Ar- Rdertatt € und die perspektivische Ver- "+ngng der A rbeits- und Lebens- sungen d.r Werktätigen u. a. Zusammenhänge technischer, technolo gischer und produktionsorganisato rischer Grundlösungen, den System effekt und die Ergänzungsfähigkeit von Erzeugnissen zu Anwendungssystemen berücksichtigen. Entsprechend der Stellung der pro duktionsvorbereitenden Phase kommt der konsequenten Durchsetzung der so zialistischen Wissenschaftsorganisation eine entscheidende Rolle zu. Dazu ge hören auch die inhaltlich-thematische Konzentration und die einheitliche Lei tung der Forschung und Entwicklung auf der Grundlage sozialistischer Ge meinschaftsarbeit. Ein weiteres Erfor dernis ist die Anwendung moderner Systeme der automatisierten Produk tionsvorbereitung (AUTEVO). Neben dem Aufwand für die laufende Produk tion werden auch Aufwendungen für die zukünftige Produktion getätigt (Ent wicklung neuer Erzeugnissysteme, Aus arbeitung neuer Technologien, kom plexe Vorhaben der Automatisierung u. ä.). Deshalb muß bereits in der vor bereitenden Phase der Produktion die Optimierung einsetzen, also nicht nur in der Phase der Durchführung bzw. Realisierung. Die bisherigen Optimie rungsrechnungen bezogen sich vor allem auf optimale Los- und Seriengrö ßen, optimale Maschinenbelegung, op timale Kapazitätsauslastung, optimale Lagerhaltung u. a. Die Phase der eigentlichen Produk tion umfaßt die Bearbeitungs- und Montageprozesse, zugehörige Prüf- und Meßvorgänge; Transportprozesse u. ä. Sie verläuft in den Hauptproduktions prozessen und in den Hilfsprozessen (insbes. innerbetriebliche Transport, Instandhaltungswirtschaft, Betriebsmit telwirtschaft). Die Phase besteht aus vielfältig mit einander verflochtenen Teilprozessen. Das erfordert die Einhaltung bestimm ter objektiver Erfordernisse des ar beitsteiligen Produktionsprozesses (vor allem Sicherung der erforderlichen Proportionen hinsichtlich Arbeitszeit aufwand in bestimmten technologischen Stufen, Arbeitskräftezahl, Arbeitsmit tel; weitgehende Parallelität der Ar beitsgänge zur Verkürzung des Pro duktionszyklus; Gewährleistung eines hohen Produktionsrhythmus; Sicherung eines hohen Niveaus der Kontinuität der Produktion). Die Produktionsphase wird entscheidend von der sozialisti schen komplexen Automatisierung ge prägt. Die Phase der Realisierung der Pro duktion wird vielfach noch zu eng ge sehen und unterschätzt. Die Funktion der Produktion wird aber erst in der Konsumtion erfüllt. Die Realisierungs phase umfaßt auch die Marktbearbei tung und- Marktpflege einschl. Kun dendienst (technische Beratung, Repa raturwirtschaft, Ersatztei 1 Versorgung). Die Absatzfunktion ist nicht eine pas sive, sich automatisch an den Produk tionsprozeß anschließende Phase. Vom Absatz gehen vielmehr aktive Impulse für Forschung und Entwicklung, für die Auslastung der Grundfonds sowie die bedarfs-, Sortiments- und qualitätsge rechte Produktion aus (a. a. O., S. 741). Eine solche Gestaltung der Realisie rungsphase erfordert eine ständige eigenverantwortliche prognostische Tä tigkeit der Betriebe und Kombinate sowie ein hohes Niveau der Arbeitstei lung, Kooperation und Kommunika tion zwischen Industrie sowie Binnen handel und Außenwirtschaft. Im Buch „Politische Ökonomie des Sozialismus und ihre Anwendung in der DDR“ wird herausgearbeitet, daß die drei Reproduktionsphasen im Zu sammenhang gesehen werden müssen. Jede Phase bereitet die nächstfolgende Phase vor und wirkt auf die vorange gangenen Phasen zurück. Die Teilpro zesse der Reprodpktion sind folglich durch Kopplungs- und Rückkopplungs- Vorgänge miteinander verbunden und wirken wechselseitig aufeinander ein dingungen der wissenschaftlich-techni schen Revolution, insbesondere aus den Erfordernissen der sozialistischen kom plexen Automatisierung. Komplexe Au tomatisierung bedeutet in diesem Zu sammenhang: dß sich die Automatisierung auf zu sammenhängende Abschnitte des Pro duktionsprozesses erstreckt: Sie muß dabei sowohl die Automatisierung der unmittelbaren Bearbeitungs- und Mon tageprozesse als auch die Automatisie rung der Konstruktions- und Projek tierungsarbeiten und der technologi schen Vorbereitung der Produktion um schließen. Sie muß nicht nur den Hauptproduktionsprozeß erfassen, son dern auch die Hilfsprozesse (insbeson dere den innerbetrieblichen Transport); daß die Automatisierung auch auf bestimmte Funktionen der Leitung und Steuerung der Produktion auszudehnen ist. Deshalb muß die Automatisierung mit der elektronischen Datenverarbei tung verbunden werden. Das erfordert zugleich die Anwendung der ökonomi schen Kybernetik und der Operations forschung; daß die Bedingungen bzw. Auswir kungen der Automatisierung auf alle Phasen des Reproduktionsprozesses be rücksichtigt werden, also von der For schung und Entwicklung über die Pro duktion bis hin zum Absatz. Bei der Systemautomatisierung, der entwickeltsten Form der sozialistischen komplexen Automatisierung, wird das besonders deutlich. Die Herstellung des Systemcharakters der betrieblichen Re produktion ist eine erstrangige Füh rungsaufgabe zur Gestaltung des öko nomischen Systems des Sozialismus. Sie kann nur bei Wahrung der Einheit von Ökonomie, Technik und Politik sowie voller Entfaltung der sozialistischen Demokratie und damit der bewußten, aktiven, schöpferischen Teilnahme der Werktätigen an der Planung und Lei- tung gelöst werden. Marxistisch- leninistische Philosophie und medizinische Forschung Die ständige Zusammenarbeit zwischen den mar xistisch-leninistischen Gesellschaftswissenschaften und den verschiedenen anderen einzelwissenschaft- liehen Disziplinen gehört notwendig zu den Entwick lungsbedingungen der Wissenschaft in der sozialisti schen Gesellschaft. Dies trifft in besonders hohem Maße für die Medizin zu, die den kranken Menschen in. seiner ganzen Komplexität, in seiner biologischen und gesellschaftlichen Determiniertheit zum Gegen stand hat. So dringlich notwendig gründliche Kennt nisse des Mediziners auf dem Gebiete der Grund lagen des Marxismus-Leninismus sind, so wenig reichen sie doch aus, um eine optimale Durchdrin gung der Forschung, der medizinischen Versorgung, der Ausbildung und Erziehung mit dem Gedanken gut des Marxismus-Leninismus zu gewährleisten. Notwendig ist eine ständige interdisziplinäre Zu sammenarbeit im Sinne eines echten dialektischen Wechselwirkungsverhältnisses. Diese Feststellung, die für alle Gebiete der Human wissenschaft Medizin gilt, ist von besonderer Be deutung für die Teildisziplinen, die sich speziell mit den Wechselwirkungsverhältnissen von Individuum und Gesellschaft, mit psychischen und sozialen De terminanten abnormer und krankhafter Prozesse befassen, die also an der Nahtstelle von Natur- und Gesellschaftswissenschaften stehen, wie z. B. Sozial hygiene, Humangenetik und besonders auch die Psychiatrie. Im Bereich der Psychiatrischen Klinik der Karl-Marx-Universität besteht seit vielen Jah ren eine enge Zusammenarbeit zwischen den Wis- senschaftlern der Klinik und der Lehrgruppe Mar xismus-Leninismus des Hochschulbereiches Medi zin, die sich außerordentlich fruchtbar in allen Hauptprozessen der Arbeit ausgewirkt hat. Dies gilt für die Konzipierung der Lehrveranstaltungen und für die' theoretische Fundierung therapeutisch-, rehabilitativen Handelns, das immer auf eine so ziale Integration der Persönlichkeit des Patienten abzielt. Ein weiterer Problemkreis ist z. B. die Ent wicklung eines unserer Gesellschaftsordnung ent sprechenden Arzt-Patient-Verhältnisses. In der Lehre hat sich eine Komplexvorlesung zwischen Mediziner und Gesellschaftswissenschaft ler besonders bewährt, deren weiterer Ausbau im neuen Studienjahr geplant ist. Auch an Podiums gespräche u. ä. ist gedacht. Wertvoll ist die Zusam menarbeit zwischen Medizinern und Philosophen auf dem Gebiet der Weiterbildung, die vorwiegend in marxistischen Kolloquien erfolgt. Hier konnte vor allem in der Auseinandersetzung mit idealistischen westlichen Richtungen der Psychiatrie eine sehr we sentliche , ideologische Arbeit geleistet werden, die entscheidend dazu beiträgt, bei den Wissenschaftlern der Klinik einen konsequent marxistischen Stand punkt zu entwickeln und ihnen die grundsätzliche Bedeutung des dialektischen Materialismus zu ver mitteln. Dabei hat sich besonders die in den letz ten Monaten begonnene systematische Einbeziehung der Wissenschaftler in die Vorbereitung der Kollo quien bewährt. Wertvoll waren in diesem Kreise Diskussionen über die Methodologie der Diagnostik und der wissenschaftlichen Bewältigung des Pro blems des Subjektiven in der Forschung und Praxis. Die schwerpunktmäßige Orientierung der Klinik auf die gesellschaftliche Problematik des Fachge bietes im Sinne einer Sozialpsychiatrie unter sozia listischen Bedingungen ist zu einem nicht geringen Teil Produkt des Wechelswirkungsverhältnisses zwi schen Philosophie und Einzelwissenschaft. So be steht auch bei der Konzipierung und Durchführung der langfristigen Forschungsvorhaben der Klinik ein sehr wesentlicher Einfluß der interdisziplinären Zusammenarbeit, der sich sowohl in der methodolo gischen Fundierung als auch der Themenwahl niedergeschlagen hat. Es entstanden eine Reihe gemeinsamer Veröffent lichungen zur theoretisch-methodologischen Fundie rung des Fachgebietes, die in in- und ausländischen Fachzeitschriften eine Diskussion über Grundfragen der Psychiatrie auslösten. Hierbei konnte die Über legenheit des dialektischen Materialismus als metho dologisches Fundament besonders für die Synthese naturwissenschaftlicher und gesellschaftswissen schaftlicher Aspekte dargelegt werden. Die systematische langdauernde Zusammenarbeit ermöglicht, daß in der fachwissenschaftlichen Arbeit von vornherein die philosophisch-methodologischen Aspekte der Aufgabenstellung mitbedacht und dis kutiert werden. Da der gegenwärtige Entwicklungs stand der theoretischen Arbeit in Medizin und Phi losophie von Philosophen oder Medizinern isoliert voneinander erarbeitete Ergebnisse sowieso nicht er möglicht, ist diese interdisziplinäre Zusammenarbeit an bestimmten Projekten in Lehre und Forschung, auch bei Einsatz eines begrenzten Anteils der jewei ligen Forschungskapazität, eine zweifellos sinnvol lere Lösung als der ebenfalls denkbare Aufbau iso lierter Arbeitsgruppen zu diesen Problemen auf der rein medizinischen oder der rein philosophischen Ebene. Die Forschungsarbeit an unserem Projekt, die in zunehmendem Maße interdisziplinäre Koope ration naturwissenschaftlicher, klinischer und ge sellschaftswissenschaftlicher Fachgebiete ist. erfor dert die Ausarbeitung einer systematisch begründe ten Methodologie der wissenschaftlichen Erkennt nis. Diese Aufgaben dürften nur zu lösen sein durch die Bildung interdisziplinär zusammengesetzter Forschungsgruppen mit vollem Einsatz der For schungskapazität. Vorläufige Lösungen bieten sich, im Rahmen der Entwicklung des wissenschaftlich-produktiven Stu diums an und werden, wenn auch sicherlich noch nicht in optimalen Umfang, genutzt. Eine andere Möglichkeit wäre der Einsatz von Forschungsstu denten im gesellschaftswissenschaftlichen Bereich, die dann entsprechende Aufgaben in den medizini schen Projekten ebenso wie in der Ausbildung und Lehre übernehmen könnten. s Die Realisierung der interdisziplinären Zusam- menarbeit ist eine wesentliche Voraussetzung für die uns gestellte Aufgabe der Integration der For schung, Lehre und Erziehung im Hochschulbereich in das gesellschaftliche Gesamtsystem des Sozialis mus. Klaus Weise/Achim Thom UZ 30/70, SEITE 5