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Für die Wissenschait, die dem Sozialismus dient! UNIVERSITÄTSZEITUNG 45 ORGAN DER SED-PARTEILEITUNG DER KARL- MARX- UNIVERSITÄT LEIPZIG 12. 11. 1964 8. JG. / 33 603 15 PFENNIG i ? no Alle Jahre wieder Muß aller Anfang schwer sein? Sind die ersten Wochen zum Eingewöhnen da? •Ist es natürlich, daß man am Anfang als neuer Student noch nicht vollständig im Bilde ist über den Weg und das Ziel des Studiums? Unter Studenten des 1. Studienjahres führten wir eine kleine Umfrage durch, in der wir die bereits in der letzten Aus gabe und auch auf dieser Seite (s. unten) abgedruckten Fragen stellten. Die Ant worten, die wir auf Seite 3 veröffent- “lichen, regten uns zu einigen Überlegun gen und zu Fragen an den Lehrkörper an. Sicher ist aller Anfang schwer, aber kann man ihn nicht erleichtern? Sicher muß man sich 'eingewöhnen, aber das kann länger oder kürzer dauern. Sicher werden immer Fragen offenbleiben, aber ließen sich viele Unklarheiten nicht auch sofort beantworten? Zur ersten Frage: Ob es vom ersten Tage an richtig losging? — Was die Stu denten angeht, so scheinen die meisten er faßt zu haben, daß von ihnen viel mehr verlangt wird an geistiger Konzentration und Arbeitsintensität als bisher, daß sie jetzt vor allem darauf bedacht sein müs sen. von Anfang an auf dem laufenden zu bleiben, Schritt zu halten mit den erhöh ten Anforderungen. Dort, wo sie nur zö gernd den richtigen Tritt fanden, lag es aber oft nicht an ihnen, sondern auch daran, daß Angehörige des Lehrkörpers und Assistenten glaubten, sie müßten er- einige Zeit zum Eingewöhnen verstreichen lassen und nicht gleich von Anfang klare Anforderungen stellen, die zu systemati schem und intensivem Studium erziehen. Das wiederum soll nicht heißen — Bei spiele dafür wurden in der Umfrage ge nannt —. daß die Studenten mit der ersten Vorlesungi regelrecht überfallen werden, ohne etwas zu wissen über Systematik und Methodik des Studierens, ohne zu wissen, welche wissenschaftlichen Hilfs mittel ihnen zur Verfügung stehen, ohne etwas gehört zu haben über die Rolle der Vorlesung, des Selbststudiums, der Stu- diengruppenarbeit usw. Es geht dabei nicht nur darum, daß der Student — wie man so sagt — nicht ins Schwimmen kommt, sondern daß er von Anfang an so produktiv wie möglich studiert. Man wird uns entgegnen, daß sich ja sowieso nach ein paar Wochen alles von selbst einrenke. aber ist das nicht zu spät? Sind da nicht schon die ersten zurückgefal len? Ein guter Start verleiht Sicherheit für den Lauf, wer aber an den ersten Hürden strauchelt, wird es später schwerer haben. Man sollte deshalb Anfangsschwie rigkeiten nicht als etwas so Unumgäng liches und Natürliches hinnehmen, wie es oft genug noch getan wird. Jedenfalls dürfte es gleichermaßen ver kehrt sein, die Studenten mit Hilfe einer Schockwirkung zu einem wissenschaft lichen Arbeitsstil zu erziehen — sie also praktisch ohne Anleitung ins Wasser zu werfen — wie sie sich im Selbstlauf ein gewöhnen zu lassen. Hohe Anforderungen vom ersten Tage an sollten gepaart sein mit einer gründlichen Einführung in die allgemeinen und fachspezifischen Metho den wissenschaftlichen Studierens. Das dürfte der rechte Weg sein, um den Stu denten einen zugleich schnellen und rei bungslosen Übergang vom schulmäßigen Lernen zum universitätsgemäßen Studie ren zu ermöglichen. Sehr dürftig ist das. was uns die mei- Ben Studenten auf unsere zweite und dritte Frage zu antworten hatten. Sie wis- Foto: HFBS Ging es vom ersten Tage an richtig los? Oder gewöhnt ihr euch immer noch ein? Wie lange noch? Habt ihr einen genauen Überblick über den Gesamtablauf des Studiums? Kennt ihr die einzelnen Etappen? Wißt ihr, was in jedem Fach von euch verlangt wird, welche Anforderungen das Staatsexamen an euch stellt? Wißt ihr, welche Bedeutung eure Fachrichtung für unsere gesellschaftliche Entwicklung hat? Kennt ihr auch den Platz, der ihr in der Perspektive zukommt? Habt ihr euch Gedanken über euren eigenen Anteil gemacht? Wer hat euch geholfen, dabei klarzusehen? Waren das eure Professoren, Assistenten, die FDJ-Leitung oder Kommilitonen? Kennt ihr überhaupt eure Professoren? UZ-Umfrage auf Seite 3 •> gleiche Klage lieder? sen manches, aber nichts Genaues und Umfassendes. Dabei merkt man, daß es ihnen nicht nur darum geht zu erfahren, welche Vorlesungen, Seminare und Übun gen sie wann absolvieren werden, sondern sie wollen wissen, warum und wozu sie dieses und jenes brauchen. Sie wollen schon das, was sie jetzt tun, in den Ge samtplan ihres Studiums einordnen kön nen. Warum ist es für den jungen Studen ten so wichtig, von vornherein darüber im Bilde zu sein, wie sein gesamtes Studium verlaufen soll, welche Anforderungen an ihn — bis zum Staatsexamen hin und spä ter in der Praxis — gestellt werden, welche gesellschaftliche Bedeutung und welche Perspektiven sein Fach hat? — Einfach deshalb, weil er wissen muß, wozu er überhaupt studiert und wozu er den Stoff dieser oder jener Lehrveranstaltung braucht. Ohne dieses Wissen wird er nicht gerade mit größtem Eifer und größ ter Planmäßigkeit studieren. Die neuimmatrikulierten Studenten der Journalistik erfuhren Antwort auf diese Fragen aus dem Munde von Prof. Dr. Budzislawski, die künftigen Juristen hör ten eine ausgezeichnete Einführungsvor lesung vom Minister für Justiz. Dr. Hilde Benjamin. Ähnlich müßte es überall mög lich sein, das. was Rektor Prof. Dr. Georg Müller in seinem ..Wort zum Beginn“ an alle neuen Kommilitonen richtete, das, was er sagte über die Stellung der Wis senschaft in der Gesellschaft und die Wandlungen in den Wissenschaften sowie die damit verbundenen Wandlungen in der Hochschulausbildung und in der Art des Studierens vom Standpunkt, des ein zelnen Faches zu konkretisieren und zu vertiefen. Zur letzten Frage ist ebenfalls nur wenig zu sagen. Das Wenige, das die neuen Studenten über Ablauf und Inhalt des Studiums sowie die Perspektiven ihres Faches wußten, hatten sie zumeist zufäl lig erfahren, unter anderem von Kommi litonen höherer Studienjahre. An der Me dizinischen Fakultät fielen uns die Be mühungen der FDJ-Leitung auf, mit Hilfe von Studenten des 2. Studienjahres eine wirksame Betreuung und Anleitung zu organisieren. Vermissen aber muß man mancherorts das Auftreten der führenden Wissenschaftler vor dem 1. Studienjahr: viele kennen ihre Professoren nur vom Hörensagen. Das ist gewiß nicht in Ord nung, wenn man bedenkt, wie bedeutsam für die jungen Studenten die Begegnung mit bekannten Persönlichkeiten ihres Wis senschaftszweiges für das ganze Studium sein kann. Wir möchten angesichts dieser Dinn die Fachrichtungsleiter der genannten, aber auch aller übrigen Fachrichtuneen bzw. die unmittelbar für das 1. Studien jahr Verantwortlichen und nicht zuletzt auch die FDJ-Leitungen auffordern, ihre Erfahrungen bei der Vorbereitung eines guten Starts für das 1. Studienjahr in der „Universitätszeitung" mitzuteilen sowie uns auch zh schreiben, wie Versäumtes durch gemeinsame Anstrengungen mög lichst rasch aufgeholt werden soll. Wir möchten, daß man sich darüber Ge danken macht, damit nicht das wahr wird, was beispielsweise einige Medizinstuden ten des 2. Studienjahres im Sommerlager ihren neuen Kommilitonen prophezeiten: Bis Weihnachten kreiselt ihr alle • ■ . Und wir möchten, daß im nächsten Jahr nicht wieder die gleichen Klagelieder an gestimmt werden müssen. G. L.