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29 DER KARL MARX UNIVERSITÄT LEIPZIG 23.7.1964 8.JG./33603 15 PFENNIG Welche Anforderungen stellt das Jahr 1975? Große UZ-Umfrage zum Jahrestag der Republik Für die Wissenschaft, die dem Sozialismus dient! U N IVE RS ITATSZ EITU NG ORGAN DER SEP PARTEILEITUNG- Landerbibllothek 2 9 Juu 1964 Prof. Dr. Werner Fischel Gegenwärtig bereiten sich die Werktätigen in allen Teilen unseres Landes darauf vor, den 15. Jahrestag der Republik zu begehen. Die Geschenke, die für den Ge burtstagstisch vorbereitet werden, unterscheiden sich jedoch von denen vergangener Jahre. Ging es bisher darum, gute Taten zu vollbringen, die augenblickliche Probleme lösten, so geht es diesmal um mehr. Die Ge schenke zum 15. Jahrestag greifen in die Zukunft un serer Republik, überall macht man sich Gedanken dar über, wie die neuesten Erkenntnisse und Errungen schaften von Wissenschaft und Technik in den Dienst des sozialistischen Aufbaus gestellt werden können. In Industrie und Landwirtschaft, in den Forschungslabors und Bildungsstätten wird alles getan, um den Welt stand zu erreichen. Die Angehörigen unserer Universität schließen sich dabei nicht aus. Sie sind gegenwärtig dabei, die Ent wicklungsperspektiven der Institute, Fakultäten und der gesamten Universität zu erarbeiten. Da es an der Uni versität um die Ausbildung der künftigen Generation von Wissenschaftlern geht, die ungefähr in den näch sten 40 bis 50 Jahren tätig sein wird, ist es hier beson ders notwendig, mit kühnen, wissenschaftlich fundierten Prognosen die Zukunft zu erfassen. Was für Menschen müssen das sein, die etwa in den Jahren 1970 bis 1975 die Universität verlassen? Welche Qualität und Fähigkeit müssen sie aufweisen? Welche Anforderungen sind an die Wissenschaftler und Hoch schullehrer zu stellen, die diese Absolventen ausbilden werden? - Das sind die Ausgangsfragen, die es zu klä ren gilt. Der Meinungsaustausch der führenden Wis senschaftler, ihre Erfahrungen und ihre Einschätzungen der künftigen Entwicklung werden entscheidend dazu beitragen, diese Fragen zu beantworten. UZ stellte des halb in der vergangenen Woche an eine Reihe von Wissenschaftlern unserer Universität die beiden Fra- gen: Welche Anforderungen werden im Jahre 1975 an die Absolventen Ihres Fachgebietes gestellt? Welchen Anforderungen muß der Wissenschaftler und Hochschullehrer des Jahres 1975 gerecht werden? Wir beginnen auf den Seiten 1 und 4 unserer heu tigen Ausgabe mit dem Abdruck der ersten Antworten und werden auch in den nächsten Wochen weitere Wissenschaftler unserer Universität bitten, diese Fragen aus ihrer Sicht zu beantworten: Kenntnis des Weltstandes notwendig Auf die Frage nach den Anforderungen an Absolventen möchte ich kurz antwor ten: 1. Qualitativ verbesserte naturwissen- shaftliche Grundausbildung ist im Hin blick auf die neu entstehende Neuropsy- chologie und die Pharmakopsychologie als Fachzüge, von denen zunehmende Bedeu tung zu erwarten ist, notwendig. 2. Die Absolventen brauchen einen ver besserten Überblick über den Weltstand der in ihrem Fach entwickelten Methoden, Theorien und Modellvorstellungen. 3. Das Selbststudium bedarf der Förde rung schon vom ersten Studienjahr an. wobei schon früh ein Spezialgebiet in Be ziehung zur Praxis gepflegt werden kann. Die erworbenen Sonderkenntnisse lassen sich bei der Diplomprüfung berücksichti- gen. Zur Frage nach den Anforderungen an die Wissenschaftler und Hochschullehrer ist zu sagen: 1. Die sozialistische Wissenschaft braucht vielseitig gebildete Persönlichkeiten. Sie müssen die zu Forschungen benötigten Ge räte kennen und gewissermaßen wie ihr Handwerkszeug geschickt und erfolgreich anwenden können. Ein Überblick über die in Nachbarfächern angewendeten Metho den ist dringend erwünscht, damit der junge Forscher sie allenfalls auch in die eigene Arbeit übernehmen kann. Er muß dazu planen und die bei einem Vorhaben vielleicht entstehenden Schwierigkeiten abschätzen können. Die akademische Lauf bahn beginnt am besten mit Forschungs arbeiten. bei denen Studierende anzulei- ten. aber nicht als Hilfskräfte anzusetzen sind. 2. Es ist am besten, wenn die Habilitation Voraussetzung für jegliche Vorlesungs tätigkeit ist. Diese sollte mit einem Gebiet beginnen, das der Hochschullehrer sicher nach dem Weltstand beherrscht. Das Endziel sollte die Fähigkeit sein, über das gesamte Fach eine Vorlesung mit den modernsten Demonstrationsmitteln zu hal ten. Nationalpreisträger Prof. Dr. Artur Lösche Bereicherung der Erziehungskonzepfion Ich nehme nicht an, daß es hierbei einen jähen Sprung geben wird, daß völlig an dersgeartete Anforderungen uns 1975 „überraschen" könnten. Die Anforderungen entwickeln sich gleichfalls organisch und wir müssen mit ihnen wachsen, unsere Arbeit darauf einstellen. Ich sehe die Grundlage dafür in unseren heutigen An strengungen. 1975 werden wir von unseren Studenten größere Selbständigkeit, Fähigkeit zum schöpferischen Aufnehmen der Probleme verlangen müssen. Aber diese Forderung stellen wir ihnen auch schon heute, müs sen sie stellen. Wir beginnen, wahrschein lich schon im Herbst 1965 mit einem Ex periment, das in der Perspektive unserer Ausbildung liegen sollte. Ich meine das Zwischenpraktikum unserer Studenten in der Industrie. Wir versprechen uns von diesem Experiment sehr viel. Es geht hier bei nicht vorrangig um die aktuelle Be friedigung praktischer Erfordernisse der Industrie. Das wäre zu eng gesehen. Wir erstreben damit eine Bereicherung unse rer Ausbildungs- und Erziehungskonzep tion. Unsere Studenten sollen ein Gefühl dafür bekommen, was notwendig ist, sol len einen Sinn für komplexe Zusammen hänge erhalten. Verschiedene Dinge, die ihnen in unserer Ausbildung bis jetzt als angeklebt vorkommen, als Ballast, ich nenne nur ökonomische Probleme, Fragen der Leitungsarbeit usw., erscheinen dann plötzlich in ihrer wahren Bedeutung, der Blick weitet sich dafür. Ganz abgesehen davon ist ein frühzeitiger Kontakt mit den „Abnehmern“ unserer Praxis nur von Nutzen. Dieses Experiment ist etwa unter dem Blickwinkel des Jahres 1975 aufzufassen. Der Hochschullehrer des Jahres 1975 wird ebenfalls noch in hohem Maße selbst forschend tätig sein. Er muß aber in weit aus höherem Maß als heute den Blick für praktische Anwendungen haben, für den rationellen ökonomischen Nutzeffekt. Da bei wird das Problem sein, zu einem ech ten Vorlauf der Wissenschaft gegenüber der Praxis zu kommen. Aber diesen Vorsprung kann der Wis senschaftler nur dann erreichen, wenn er aus dem Zustand der permanenten Impro visation und der starken Beanspruchung durch Verwaltungstätigkeit herauskommt und sich stärker dem aktiven Forschen zu wenden kann. Leere Geschäftigkeit kann nicht honoriert werden. Mir als Dekan macht die Fülle der Aufgaben, die manche Kollegen berühren, Sorge, da sie darüber nicht zur konzentrierten Arbeit kommen. Ein anderer wesentlicher Aspekt der nächsten Jahre wird sein, den Wissen schaftler daran zu gewöhnen, komplex zu arbeiten. Dies wird eine bedeutende Um stellung erfordern, sowohl was alte ein gefahrene Verwaltungs- und Strukturfor Prof. Dr. Artur Lösche men betrifft, als auch bisherige Gewohn heiten und Denkformen. Die Grenzen zwi- schen einzelnen Instituten werden flie ßend werden, allein aus der Notwendigkeit der Arbeit an gemeinsamen Forschungs themen, z. B. zwischen Physikern und Chemikern. Heute gibt es schon dazu eine Reihe von Ansätzen, die sich bis 1975 kon tinuierlich entwickeln müssen. Prof. Dr. Curt Teichmann Entwicklungstendenzen der Praxis sind Leitfaden Die Fragestellung reizt zu der Bemer kung, daß man das Jahr 1975 nicht sche matisch, sondern als Etappe innerhalb eines umfassenden Entwicklungsprozesses auffassen muß. Der Beantwortung muß daher der Trend der Entwicklung, in der Praxis selbst zugrunde gelegt werden. Die perspektivische Entwicklung auf dem Gebiete des Konsumgüterbinnen handels ist durch folgende Schwerpunkte gekennzeichnet: (Fortsetzung auf Seite 4) Freundesgrüße zum 20. Jahrestag Au s Anlaß des 20. Jahrestages der Befreiung des polnischen Volkes vom Joch des deutschen Faschismus sandte der Rektor der Karl-Marx-Universi tät, Prof. Dr. Georg Müller, ein Grußschreiben an den Rektor der Boleslaw-Bierut-Universität Wroc law, Prof. Dr. Alfred Jahr, in dem es u. a. heißt: „Rektor und Akademischer Senat der Karl-Marx-Universität entbie ten im Namen aller Wissenschaftler, Studenten, Arbeiter und Angestell ten Ihnen und in Ihrer Person allen Angehörigen der mit uns brüderlich verbundenen Boleslaw-Bierut-Uni- versität herzliche Grüße und beste Wünsche. Möge sich die Zusammenarbeit zwischen unseren, seit Jahren durch einen Freundschaftsvertrag verbun denen Universitäten ständig weiter festigen und vertiefen im Interesse der Erhaltung des Friedens, zum Wohle unserer Völker und zur wei teren Entwicklung der sozialisti schen Wissenschaft, die dem Frieden, dem Humanismus und dem Fort schritt der ganzen Menschheit dient.“ Institutfür Geophysika- lische Erkundung hilft der Praxis Mit nahezu 300 wissenschaftlichen Arbeiten hat das von Prof. Dr. Ro- bert Lauterbach geleitete Insti tut für Geophysikalische Erkundung der Leipziger Karl-Marx-Universität seit 1958 geholfen, Probleme der Praxis zu lösen. Wissenschaftler und Studenten des Institutes haben maß geblichen Anteil an der Einführung neuer geophysikalischer Erkundungs methoden für Braunkohle und zum Aufsuchen von Erdöl- und Erdgas lagerstätten. Mit Hilfe der Oberflächengeoelek trik, die das Institut auf die Be dingungen der Braunkohlenindustrie übertrug, konnten beispielsweise beim Aufschluß des Tagebaues Ha selbach im Bornaer Revier wesent lich exaktere Unterlagen für die Entwässerung gewonnen werden als mit den bisher üblichen Methoden. Dadurch können die Bergarbeiter' Entwässerungsbohrungen zielstrebi ger durchführen und Wasserein brüche vermieden werden. Auf dem Gebiet der Erdöl- und Erdgaserkundung hat das Institut die seismische Erkundungsmethodik wei ter entwickelt sowie die Methode der Kohlenwasserstoffprospektion ein geführt. Gute Ergebnisse wurden auch durch radiometrische Messun gen, zum Teil vom Flugzeug aus, erzielt. Dabei hat das Institut erst malig in der DDR mit Erfolg die Gammaspektrographie angewandt. Derartige Messungen sind wesent lich billiger- als seismische Erkun dungen. Ausdruck der engen Verbunden heit der Mitarbeiter des Institutes mit der Praxis sind Freundschafts verträge mit dem VEB Geophysik in Leipzig und der WB Braunkohle Borna, für die das Institut in Ver tragsforschung wichtige wissenschaft liche Aufgaben löst. Die fünf Wis senschaftler des Instituts haben ge meinsam mit den Studenten in die sem Jahr für 150 000 DM industrie verbundene Forschungen übernom men. Auskunft über Nebenfach Journalistik Auskünfte über alle Fragen zum Nebenfach Journalistik (vgl. UZ 25/ 1964) erteilt jeden Dienstag von 14 bis 16 Uhr Assistent Braun im Dekanatsvorraum der Fakultät für Journalistik, Tieckstraße 2, Soweit die Bewerbungen nicht über die De kanate der Hauptfachrichtungen weitergeleitet werden, sind sie um- gehend formlos mit Angabe des Na mens, der Anschrift, des Instituts, des Ausbildungsziels und der. letz ten Durchschnittsnote — bestätigt durch das Dekanat oder die Insti tutsleitung — an das Dekanat der Fakultät für Journalistik zu senden. Wir bitten unsere Leser um Verständnis dafür, daß aus drucktechnischen Grün den auch diese Nummer der „Universitätszeitung'* nur mit vier Seiten erschei nen kann. ■ 1 1>|—j ■—um