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Die Stellung der Universitäten im einheitlichen sozialistischen Bildungssystem e Referat des Genossen Hannes Hörnig, Kandidat des ZK der SED und Leiter der Abteilung Wissenschaften beim ZK der SED, auf der Abschlußveranstaltung des Marxistischen Kolloquiums am 29. Juni 1964 an der Karl-Marx-Universität Am 2. Mai übergab der Ministerrat die ..Grundsätze für die Gestaltung des ein heitlichen sozialistischen Bildungssystems“ der Öffentlichkeit zur Diskussion. Die Ausarbeitung des vorliegenden Entwurfs ist die Erfüllung eines Teils der Aufgabe, die der VI. Parteitag der SED für die wei tere Entwicklung von Bildung und Kul tur in der DDR gestellt hat. Der VI. Parteitag konstatierte den Sieg der sozialistischen Produktionsverhält nisse und entwickelte die große Perspek tive des umfassenden Aufbaus des Sozia lismus in unserer Republik. Ein wesent licher Bestandteil dieses Programms ist die weitere Umgestaltung der Bildungund Erziehung auf allen Stufen vom Kinder garten bis zur Hochschule und die Weiter qualifizierung der Werktätigen. Die zur Diskussion gestellten Grund sätze sollen Inhalt und Struktur unseres Bildungswesens für eine lange Periode der weiteren Entwicklung unserer Repu blik bestimmen, sie sind ein wesentlicher Teil der großen Veränderungen und Um wälzungen, die nach dem VI. Parteitag auf allen Gebieten der gesellschaftlichen Entwicklung vor sich gehen. Diese Verän derungen haben zum Ziel die ständige Entwicklung und Vervollkommnung der Produktion auf der Grundlage der fort geschrittensten Wissenschaft und Technik und der Steigerung der Arbeitsproduktivi tät, die immer bessere Befriedigung der materiellen und geistigen Bedürfnisse der Werktätigen und die allseitige Entwick lung der Menschen der sozialistischen Ge sellschaft. Seit dem Parteitag vollziehen sich in allen Bereichen der Gesellschaft große Umwälzungen Sie begannen mit der Aus arbeitung und der schrittweisen Einfüh rung des neuen ökonomischen Systems der Planung und Leitung der Volkswirt schaft und fanden ihre Fortsetzung in den Beschlüssen des VIII. Deutschen Bauern kongresses und der 2. Bitterfelder Konfe renz. Der vorliegende Entwurf der Grund sätze für das einheitliche sozialistische Bildungssystem ist ein notwendiger und logischer Teil der Anstrengungen unserer Gesellschaftsordnung, den herangereiften Problemen in Ökonomie, Kultur und Bil dung gerecht zu werden. Bildungsfragen diskutieren heißt, Pro bleme der Zukunft auf die Tagesordnung setzen, heißt mehr als 15 Jahre voraus- schauen, heißt aber gleichzeitig, gegen wärtigen Forderungen und Möglichkeiten gerecht zu werden. Deshalb muß auch die Bildungskonzeption den Zusammenhang mit der ökonomischen, wissenschaftlich- technischen und gesellschaftlichen Per spektive erfassen und berücksichtigen. Seit geraumer Zeit ist in der ganzen Welt, besonders aber in den industriell hochentwickelten Ländern eine umfas sende Diskussion über Bildungsfragen im Gange, die in Plänen, Konzeptionen und Denkschriften ihren Niederschlag finden. Die gewaltige Entwicklung der Wissen- schäft und der Produktivkräfte, das immer stärker werdende Einfließen der Wissen- Im einheitlichen sozialistischen Bildungs system nehmen die Hochschulen und Uni versitäten einen hervorragenden Platz ein. Sie sind unsere höchsten Bildungs stätten, die durch Lehre und Forschung auf höchstem Niveau Fachkräfte für alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens ausbilden, die fähig und bereit sind, ihr Wissen und Können für die sozialistische Entwicklung einzusetzen und verantwort liche Funktionen in unserem Arbeiter- und-Bauern-Staat auszuüben. Die Diskussionen über die Grundsätze an den Hochschulen und Universitäten zeigen bereits, wie ernsthaft sich Lehr körper, Assistenten und Studenten mit den in diesem Dokument aufgeworfenen Fra gen beschäftigen. Dabei können sie auf eine gute Entwicklung vor allem nach dem VI. Parteitag aufbauen. Die Verän derungen im Inhalt und in den Formen des Studiums, wie z. B. in der Medizin, den Landwirtschaftswissenschaften, der Ingenieurausbildung u. a. entsprechen durchaus den Forderungen, die in den Grundsätzen gestellt sind. Diese Erfah rungen zu verallgemeinern und Schlußfol gerungen für alle Fachrichtungen zu zie hen und dabei sowohl die Bedürfnisse und Entwicklungstendenzen der einzelnen Fachrichtungen selbst als auch unserer ge sellschaftlichen Entwicklung zu berück sichtigen, scheint mir der Ausgangspunkt für die gesamte Diskussion zu sein. Spielen dabei sicherlich strukturelle Fragen eine nicht unbedeutende Rolle — über sie wird auch noch zu sprechen sein —. so ist die Einheitlichkeit unseres Systems doch in erster Linie in den in haltlichen und bewußtseinsbildenden Prinzipien begründet. Die in den Grund sätzen formulierten fünf Ziele und Auf gaben des einheitlichen sozialistischen Bildungswesens müssen auf die Bildung und Erziehung an den Hochschulen und Universitäten, im einheitlichen Handeln schäft in die Produktion, die unlösbare Verbindung dieser beiden Hauptsäulen der Entwicklung, wie sie jetzt schon ihren zukunftsweisenden Ausdruck in den wis senschaftlichen Industriebefeieben findet, fordert nicht nur höchstes Niveau auf einem begrenzten Fachgebiet. Das schnelle Tempo der Entwicklung von Wissenschaft und Technik und die sie begleitende kul turelle und gesellschaftliche Entwicklung stellt an die Bildung sehr hohe, weit in die Zukunft gerichtete Forderungen. Es müssen Menschen ausgebildet werden, die den Anforderungen der sich sehr schnell verändernden Produktion und Wissen schaft gerecht werden und richtige Folge rungen für alle anderen Bereiche der ge sellschaftlichen Entwicklung zu ziehen in der Lage sind. Der enge und unlösbare Zusammenhang zwischen den Forderungen der modernen Wissenschaft und Technik und den sich aus ihnen ergebenden Veränderungen in der Bildung macht sehr deutlich, daß nur dort eine wirkliche und echte progressive Entwicklung der Bildung möglich ist, wo die Interessen der Wissenschaft und Tech nik im Einklang mit den gesellschaft lichen Interessen stehen. Genosse Hörnig ging im weiteren Ver lauf seiner Ausführungen darauf ein, daß die Wissenschaft als unmittelbare Pro duktivkraft immer stärker den Verlauf und den Charakter sowie das Ergebnis der Produktion bestimmt, und damit ständig wachsende Bedeutung für den Ausgang des ökonomischen Wettkampfes zwischen Sozialismus und Imperialismus erhält. Nicht nur an die Naturwissenschaften und technischen Disziplinen werden damit immer höhere Anforderungen gestellt. Die sich vertiefende Arbeitsteilung und die da mit wachsenden Anforderungen an die Lenkung und Leitung des gesamtgesell schaftlichen Reproduktionsprozesses stellen auch entscheidende Bestandteile der mar xistischen Gesellschaftswissenschaften vor neue Aufgaben und lassen sie zu einer un mittelbaren Produktivkraft werden. Genosse Hörnig unterstrich die Notwen digkeit einer stärkeren Kooperation und Koordinierung aller Wissenschaftsgebiete, der Naturwissenschaften, der technischen Wissenschaften und der Gesellschaftswis- senchaften. Letzteren kommt sowohl als Lehre von der Leitung und Lenkung der Gesellschaft als auch als Instrument der Bewußtseinsbildung und Erziehung im Ge samtsystem der Wissenschaften eine funda mentale Stellung zu. Nachdem, Genosse Hörnig den sozial ökonomischen Inhalt der technischen Re volution in der sozialistischen Gesell schaftsordnung erläutert und demgegen über den Charakter dieser Prozesse in Westdeutschland dargelegt und zu einigen Fragen des westdeutschen Bildungswesens gesprochen hatte, wandte er sich den Pro blemen zu, die sich innerhalb des einheit lichen sozialistischen Bildungssystems für unsere Hochschulen und Universitäten er geben. aller Lehrer und der Studenten selbst richtig angewandt werden. Gestatten Sie mir deshalb dazu einige Bemerkungen. Die Durchführung der technischen Revo lution ist unter den Bedingungen des um fassenden Aufbaus des Sozialismus ver bunden mit einer wesentlichen Verbesse rung der Planung und Leitung aller ge sellschaftlichen Prozesse. Die Planung und Leitung dieser Prozesse vollzieht sich vor allem durch das bewußte Handeln von Menschen. Das Niveau der gesellschaft lichen Entwicklung ist also sehr abhängig vom Niveau der Bildung eines Volkes, von der Tiefe und Breite des Wissens und der Fähigkeit, das Wissen anzuwenden. Auf gabe des Bildungssystems muß es deshalb sein, Menschen auszubilden, die den ver schiedensten Anforderungen der Wirtschaft, der Wissenschaft und Kultur in einer ge gebenen Situation und für die weitere Zu kunft gerecht zu werden in der Lage sind. Im Programm der SED sind für alle Gebiete, besonders aber für die Volks wirtschaft, und hier wieder für die in un serer Republik führenden Zweige, klare Perspektiven gegeben. Die ständig stei gende Rolle der Chemie und der Elektro nik für die Wirtschaft und unser tägliches Leben, die Vollmechanisierung und Auto matisierung, die schrittweise Einführung industriemäßiger Produktionsmethoden in der Landwirtschaft bestimmen die Grund züge der technischen Revolution in den nächsten Jahrzehnten und haben große Auswirkung auf das Leben des einzelnen und der Gemeinschaft. In dem Maße, wie die moderne Wissenschaft die Produktion und die Gemeinschaft der Werktätigen durchdringt, erhöhen und verbreitern sich die Forderungen an das Wissen und die Bildung des Menschen. Die Planung des Inhalts und der Formen der höchsten Bil dung ist deshalb besonders getragen von den volkswirtschaftlichen und gesell schaftlichen Zielen. Seit längerer Zeit entwickelt sich in der DDR die enge Zusammenarbeit zwischen Universitätsinstituten und leitenden Or ganen der Wirtschaft. Diese Zusammen arbeit hat dazu geführt, daß die For schungsthematik der Institute konkret auf die Erfordernisse der Volkswirtschaft und der Entwicklung der Wissenschaft abge stimmt wird. Natürlich hat diese rich tige Verbindung gute Auswirkungen auf die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Man muß aber gleichzeitig feststellen, daß diese Zusammenarbeit noch sehr oft sporadischen Charakter trägt und wesentlich auf der Einsicht und der Initiative einzelner Institutsdirektoren bzw. Wirtschaftsfunktionäre beruht. Hier liegen meines Erachtens auch die Gründe dafür, daß z. B. von seilen der Wirtschaft diese Zusammenarbeit off von einem praktizistischen Standpunkt ge sehen wird, während auf der anderen Seite in Instituten die Wissenschaft iso liert betrachtende Vorstellungen diese Zu sammenarbeit hemmen. Beide Erschei nungen stören die richtige Verbindung von volkswirtschaftlicher Perspektive und wissenschaftlichen Erfordernissen. Gegen wärtig ist es so, daß in die zentrale Aus- arbeitung der Pläne die Wissenschaftler fest einbezogen sind, an der Basis aber für die planmäßige Realisierung nur lose und oft nur zeitweilige Verbindungen be stehen. Deshalb wird in den Grundsätzen vorgeschlagen, die Zusammenarbeit zu festigen und sie über die Forschung hin aus auch auf die Ausbildung und die Aus arbeitung von Lehrbüchern und andere ge meinsame Verantwortungen auszudehnen. Oft wird die Meinung vertreten, daß diese enge Zusammenarbeit zwischen wis senschaftlichen und wirtschaftlichen Or ganen für die technischen Wissenschaften selbstverständlich und für die Naturwis senschaften erstrebenswert sei. Für die ge sellschaftswissenschaftlichen Disziplinen, so hört man, sei diese Notwendigkeitsehr unklar. Mir scheinen solche Äußerungen auf mindestens zwei Fehleinschätzungen zu beruhen. Erstens: Die marxistische Gesellschafts wissenschaft ist die Lehre von der Lei tung und Entwicklung der Gesellschaft, sie muß in der Vielfalt der Praxis des sozialistischen Aufbaus die Gesetzmäßig keiten der gesellschaftlichen Entwicklung erkennen und verallgemeinern. Ihr ob liegt es, die vielfältigen Beziehungen des Menschen zur Natur und zur Gesellschaft zu erforschen und zu neuen Erkenntnis sen für die Entwicklung der sozialisti schen Gemeinschaft zu führen. Technische Revolution unter den Bedingungen des sozialistischen Aufbaus heißt Gleichklang der Entwicklung der Produktion und des Menschen. Eine unabhängig und abseits von der menschlichen Arbeit betriebene Gesellschaftswissenschaft ist ein Wider spruch in sich, weil sie die die Gesell schaft und den Menschen erhaltende pro duktive Tätigkeit von ihren Beziehungs problemen zum Bewußtsein des Menschen und der Gesellschaft trennt. Eine solche Betrachtungsweise schränkt zweitens den Begriff der technischen Re volution unzulässig auf die Produktions sphäre ein. Es ist aber gerade eine we sentliche Aufgabe der Gesellschaftswis senschaften, die sich aus der technischen Revolution im Sozialismus ergebenden Beziehungen und Verbindungen zur Bil dung, zur kulturellen Entwicklung, zur Gestaltung des Lebens überhaupt sichtbar zu machen. Es gibt keinen Bereich unse res Lebens, der durch die Entwicklung von Wissenschaft und Technik und das neue System der Planung und Leitung unserer Wirtschaft nicht wesentlich beein flußt und umgestaltet wird. Für die Wirtschaftswissenschaften sind diese Forderungen sehr deutlich. Das neue ökonomische System der Planung und Lei tung der Volkswirtschaft und seine Durch setzung setzt die Maßstäbe und bestimmt den Inhalt ihrer Arbeit, die darin be steht, das neue ökonomische System der Planung und Leitung der Volkswirtschaft durchsetzen zu helfen. Da die Wissenschaft im Verlauf der technischen Revolution immer mehr zu einer unmittelbaren Produktivkraft wird und alle sozialen, ökonomischen und tech nischen Prozesse durchdringt, ist die Aus arbeitung der Wege und Methoden des Wachstums der Produktivkräfte das ge meinsame Untersuchungsgebiet der Öko nomen, Naturwissenschaftler und Techni ker. Die Ausschöpfung aller wissenschaft lichen Potenzen und die Erhöhung des Nutzeffekts der Forschung verlangt des halb die enge Zusammenarbeit von Öko nomen, Naturwissenschaftlern und Tech nikern. Für die Literaturwissenschaft wurde die Notwendigkeit der engeren Verbin dung mit der technischen und Kulturrevo lution auf der 2. Bitterfelder Konferenz sehr deutlich ausgesprochen. Ich kann mich deshalb auf ein anderes Gebiet be schränken, für das die engen Beziehun gen zu den Problemen der wissenschaft lich-technischen Umwälzung charakteri stisch sind. Seit einiger Zeit entwickelt sich die soziologische Forschung bei uns mit gutem Erfolg. Die ersten Ergebnisse der Untersuchungen, besonders im zentralen Thema „Die Entwicklung des kulturell technischen Niveaus der Werktätigen im Prozeß des wissenschaftlich-technischen Fortschritts“, lassen bereits erste wichtige Schlußfolgerungen für die Qualifizie rungsmethoden vor allem für die Jugend und die Frauen zu. Aber gerade bei diesen Untersuchungen werden die untrennbaren Verbindungen zwischen Technik und Gesellschaft sehr deutlich. Soziologische Forschungen sind sehr komplexer Natur, sie erfordern die Einbeziehung aller gesellschaftswissen schaftlichen Hauptrichtungen und techni scher und Naturwissenschaften und kön nen nur auf der Grundlage der Perspek tive unserer Entwicklung zu verwert baren Ergebnissen führen. Die enge Zusammenarbeit zwischen Vertretern der Wissenschaft und der Pra xis soll und muß deshalb zur festen Me thode in allen wissenschaftlichen Berei chen werden. Untrennbar verbunden mit dieser engen Verbindung zur Praxis ist die Forderung, daß die Bildung von den Entwicklungs tendenzen von Wissenschaft und Produk tion ausgehen muß. Die rasche Entwick lung von Wissenschaft und Technik, ihre fortlaufende Spezialisierung, die Tatsache, daß sich das Wissen in zehn Jahren ver doppelt, erfordern neue Wege und For men in der Ausbildung. Im Mittelpunkt muß die Vermittlung tiefer und breiter Grundlagenkenntnisse stehen, die eine gute Voraussetzung für Spezialisierungen bildet. Eine gute Allgemeinbildung und gesicherte Grundlagenkenntnisse sind die unerläßliche Basis für die Heranbildung allseitig entwickelter Menschen, die schöpferische Leistungen vollbringen kön nen. In den Grundsätzen wird festgestellt, daß der Begriff der Allgemeinbildung un ter dem Einfluß der stürmischen Entwick lung der Wissenschaft und Technik im Sozialismus eine grundlegende Verände rung erfährt. Im Vordergrund stehen feste und an wendungsbereite Grundkenntnisse in der Mathematik, den Naturwissenschaften, der Technik und der Ökonomie. Ideologisch politische, ethische und ästhetische Bil dung sind entscheidende Bestandteile der Allgemeinbildung. Das Ziel dieser All gemeinbildung ist der allseitig entwik- kelte sozialistische Mensch mit gutem Wissen und Fertigkeiten im Produktions prozeß und hohen kulturellen Bedürfnis sen. An den Universitäten und Hochschulen ergibt sich daraus die Notwendigkeit, das Wechselverhältnis von Grundlagen- und Spezialausbildung zu überprüfen und ent sprechend den Anforderungen der mo dernen Wissenschaft und der Entwick lung der sozialistischen Gesellschaft zu verändern. Die Diskussionen über die Ver änderung der Lehrpläne in wichtigen Fachrichtungen nach dem VI. Parteitag Absolventen mit hohen Eigenschaften und Fähigkeiten heranzubilden, macht für die Ausbildung an den Universitäten und Hochschulen drei Grundsätze unabding bar: Die Einheit von Theorie und Praxis, die Einheit von Lehre und Forschung, die Einheit von Bildung und Erziehung. Die Einheit von Theorie und Praxis ist natürlich kein fix und fertig gegebenes, für alle Studieneinrichtungen, -formen und -jahre und zu allen Zeiten unverän derliches Verhältnis. Deshalb ist die Ent wicklung eines differenzierten Systems der Verbindung von Theorie und Praxis, entsprechend den Besonderheiten der ein zelnen Wissenschaftszweige und ihrer Funktion und Stellung in unserer soziali stischen Gesellschaft, eine wichtige Forde rung. Die vielfältigen Erfahrungen, die bei der Veränderung des Studiums an den Medizinischen und Landwirtschaftswissen schaftlichen Fakultäten, in Komplexprak tika und studentischen Konstruktions büros bisher gesammelt wurden, erleich tern diese Aufgabe. Eine Reihe dieser Erfahrungen können bereits als gesicherte Erkenntnisse be trachtet werden. Dazu gehört, daß die Verbindung von Theorie und Praxis in der Ausbildung ihre Grundlage und ihren Ausgangspunkt in der Orientierung des Studienplanes, des Inhaltes der Lehrver anstaltungen auf die Schwerpunktprobleme des umfassenden Aufbaus des Sozialismus in der DDR und auf die sich aus der Per spektive von Wissenschaft und Technik ergebenden Aufgaben hat. Die Erfahrungen zeigen weiter die Not wendigkeit des frühzeitigen Heranfüh rens der Studenten an die Probleme der Praxis ihres Fachgebietes und der schritt weisen Einbeziehung der Studenten in die Lösung von Aufgaben beim umfassenden Aufbau des Sozialismus in allen Berei chen. Der Entwicklung selbständiger wis senschaftlich-produktiver Tätigkeit der Studenten unter der Anleitung des Lehr körpers kommt dabei eine erstrangige Be deutung zu. Die enge Verbindung der Lehre mit der Praxis hat immer dann besonders hoher, erzieherischen Wert, wenn sie die Zusammenarbeit der Stu denten mit den Werktätigen, ihren Orga nisationen und den Staatsorganen ein schließt. Die Erfahrungen zeigen, daß die Arbeit der Studenten in der Praxis besonders dann von Nutzen für die Ausbildung ist, wenn ihr die sorgfältige theoretische Ein haben gezeigt, daß die Pläne für Grund- und Spezialausbildung nicht im notwen digen Maße aufeinander abgestimmt sind, daß Überschneidungen auftreten und die zur Verfügung stehende Ausbildungszeit nicht optimal genutzt wird. Zwischen den Erfordernissen der Spezialausbildung und der dafür in der Grundlagenausbildung gegebenen Basis gibt es ungenügende Ab stimmungen. Gleichzeitig ist die Kritik an einer teilweise zu engen Spezialausbil dung berechtigt, weil sie die Disponibili tät des jungen Wissenschaftlers ein- schränkt und ihm die Möglichkeit nimmt, mit schnellen Entwicklungen in der Wis senschaft Schritt zu halten und auch spä ter schöpferische Leistungen zu vollbrin gen. Ganz besonders notwendig erscheinen mir aber in diesem Zusammenhang Über legungen, wie die Studenten stärker mit der Methodik des, Erwerbs von Wissen vertraut gemacht werden können. Die Grundsätze durchzieht als wichtigste For derung an das Bildungswesen die Auf gabe, unsere Jugend zum schöpferischen Denken zu erziehen. Diese Aufgabe muß in der Hochschulbildung potenziert ge stellt werden. Die Studenten werden nach ihrem Stu dium verantwortliche Funktionen in un serem Arbeiter-und-Bauern-Staat aus üben. Deshalb erwartet die sozialistische Gesellschaft vom Absolventen die aktive Teilnahme an der Gestaltung des politi schen, geistigen und kulturellen Lebens. Er soll fähig sein, selbständig wissen schaftlich zu arbeiten, wissenschaftliche Probleme zu erkennen, die theoretische Problematik in der Praxis zu erfassen, als wissenschaftliche Aufgabe zu formulieren und unter den jeweiligen konkreten Be dingungen die allgemeine und spezielle wissenschaftliche Methodologie richtig an zuwenden. Der Absolvent muß in der Lage sein, den praktischen Nutzeffekt wissenschaftlicher Erkenntnisse zu erken nen und sie mit optimalen volkswirt schaftlichen und gesellschaftlichen Resul taten in die Praxis umzusetzen. Schließ lich muß der Hochschulabsolvent fähig sein, seine eigene Tätigkeit auf seinem Fachgebiet in ihrem gesetzmäßigen Zu sammenhang mit der Tätigkeit anderer Menschen und der gesellschaftlichen Ent wicklung zu begreifen und so als Leiter von Kollektiven wirksam zu werden. Es erscheint deshalb notwendig, Vorlesun gen vor allem zu Problemkomplexen wei ter zu verstärken und die Vermittlung der Fakten dem selbständigen Arbeiten der Studenten zu übertragen. führung in die betreffende Problematik und Aufgabenstellung vorangeht. Das schließt die selbständige Erarbeitung be stimmter theoretischer Erkenntnisse durch den Studenten selbst durchaus ein. Bei der Ausarbeitung der Grundsätze für die Verbindung von Theorie und Pra xis in der Ausbildung der verschiedenen Fachrichtungen und bei der wissenschaft lich-produktiven Tätigkeit der Studenten gilt es, jede Enge hinsichtlich des Be griffs der Praxis zu vermeiden. Gewiß ist längst die Vorstellung über wunden, daß die Verlegung von Lehr veranstaltungen aus dem Hörsaal in den Betrieb oder irgendeine körperliche Ar beit der Studenten das Rezept für die Verbindung von Theorie und Praxis sei. Aber die Meinung, daß die wissenschaft lich-produktive Arbeit der Studenten aus schließlich oder vordringlich in der Pe riode des Praktikums liegt, ist durchaus noch nicht überwunden. Praxis für den Studenten beginnt bei der sorgfältigen Anfertigung einer theoretisch sinnvoll an gelegten, mit unserer wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Entwicklung in Über einstimmung gebrachten Übungsarbeit und schließt das Experimentieren im Labor, die Arbeit mit modernen Geräten ein und führt den Studenten an immer kompli ziertere Aufgaben heran. Die Einheit von Lehre und Forschung als Grundlage der akademischen Ausbil dung hat an den deutschen Universitäten und Hochschulen eine solch hervorragende Tradition, daß die Begründung dieses Grundsatzes überflüssig ist. Das gilt vor allem in der Hinsicht, daß die übergroße Mehrheit der Hochschullehrer und ihrer Institute eine umfangreiche Forschungs arbeit leisten und einen wesentlichen Be standteil der Forschungskapazität der DDR darstellen. Dennoch muß die Forderung erhoben werden, die Einheit von Lehre und For schung zu festigen, und zwar vor allem in dem Sinne, daß die Forschungsergeb nisse schnell in die Lehrtätigkeit einflie ßen und die Studenten frühzeitig und systematisch an die Forschungsarbeit her angeführt und in die wissenschaftliche Ar beit der Institute einbezogen werden. Das stellt hohe Anforderungen an die Organisation der Forschungsarbeit der In stitute und Fachrichtungen. Die Lösung dieses Problems ist offenbar in zwei Rich- (Fortsetzung auf Seite 4) UZ 27/64, Seite 3 Die technische Revolution und die Perspektive der Wissenschaften ■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■ ■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■ Drei Grundsätze sozialistischer Hochschulausbildung ■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■