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Für die Wissenschaft, die dem Sozialismus dient! UNIVERSITATSZEITUNG LEIPZIG DER KARL MARX UNIVERSITÄT , 2 7 1964 8. JG./33603 15 PFENNIG 1 4. JULI | - ORGAN DER SED -PARTEI LEITUNG Linus Pauling sprach Für eine Welt ohne Waffen und Krieg / Deutscher Friedensvertrag ein Schritt zum Weltfrieden Weit über tausend Angehörige der Karl-Marx-Universität, unter ihnen ein großer Teil der Professorenschaft, begrüßten am vergangenen Dienstagabend mit begeistertem Applaus einen der bedeutendsten amerikanischen Friedenskämpfer, den zweifachen Nobelpreisträger Prof. Dr. Linus Pauling, der nach einer Vortragsreise durch Westdeutschland nun mit seiner Gattin unsere Republik besucht. Auf einer gemeinsamen Ver anstaltung des Akademischen Senats der Karl-Marx-Univer sität und des Deutschen Friedensrates, die der Rektor der Karl-Marx-Universität, Prof. Dr Georg Müller, im überfüllten Großen Hörsaal des Physiologischen Instituts eröffnete, sprach der amerikanische Universitätsprofessor zum Thema „Für eine Welt ohne Waffen und Krieg“. Als Wissenschaftler, der sich seiner großen Verantwortung für die Geschicke der Menschheit jederzeit bewußt ist, schil derte Prof. Pauling die furchtbare Bedrohung, die durch das ^atomare Wettrüsten entstanden ist. Er geißelte, in diesem Zusammenhang besonders die mit Hilfe des amerikanischen Imperialismus vollzogene Remilitarisierung des westdeutschen Staates, dessen führende revanchistische Kräfte heute mit aller Kraft nach der Atombewaffnung streben. Ihre Forderung nach einer multilateralen Atommacht der NATO, sagte Linus Pau ling, bedeute eine ernste Gefahr für den Weltfrieden. Keine Meinungsverschiedenheit, kein Problem zwischen den Staaten könne aber einen Kernkrieg rechtfertigen. Der ein zige Weg für die Welt ist, führte Pauling weiter aus, den Krieg für immer zu verbannen. Große Bedeutung komme deshalb dem Vertrag über den Teststopp für Kernwaffen zu, der 1963 abgeschlossen wurde. Er sei als erster Schritt zur Abrüstung zu werten. Prof. Pauling unterstrich des weiteren die Bedeutung solcher Vorschläge wie den Rapacki-Plan für eine kernwaffenfreie Zone in Mitteleuropa und hob besonders die Notwendigkeit von Verhandlungen über einen deutschen Friedensvertrag und das Westberlinproblem hervor, die die bestehenden Grenzen garantieren und zur Entmilitarisierung Westdeutschlands beitragen würden. Die Lösung dieser Pro bleme bezeichnete er als einen vordringlichen Schritt zur Sicherung des Weltfriedens Die Arbeit wurde im Auftrage der Univer sitäts-Gewerkschaftsleitung angefertigt, das Material wurde an unserer Mathematisch- Naturwissenschaftlichen Fakultät gesammelt. Die Kandidatin dankte nicht nur ihrem Be treuer, Dr. Sarodnick, für die erwiesene Unter stützung, sondern auch einer Reihe von Pro fessoren und verantwortlichen Funktionären. Anwesend waren u. a. Genosse Schad, Leiter des Sektors Arbeit im Staatssekretariat für dos Hoch- und Fachschulwesen, zugleich zwei ter Beurteiler der Diplomarbeit, Genosse Nau mann, Sekretär der Parteileitung an der ge nannten Fakultät, und Genosse Lehmann, stellvertretender Vorsitzender der Universitäts- Gewerkschaftsleitung. Prof. Dr. Los gehörte in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der UGL- Kommission für Arbeit und Löhne dem Prü fungsausschuß an. Mehr noch als die Zusammensetzung des In teressentenkreises machte die Diskussion deut lich, daß es sich um ein Thema von höchster Aktualität handelte und daß hier Pionier arbeit geleistet wurde, und ausdrücklich ver merkte Dr. Sarodnick in seiner Beurteilung, daß die Studentin durch die Lehrveranstaltungen nur bedingt Anregungen für ihr Thema er halten hat. Fast ausschließlich mußte sie sich auf eigene Untersuchungen, vor allem in Ge stalt direkter Befragungen, stützen. Aber ge rade dieses Betreten unbekannten Landes, die Möglichkeit der selbständigen Arbeit und des Aufspürens von Problemen — das brachte die Studentin selbst zum Ausdruck — machte die Arbeit an dem Thema interessant. Kein Wun der, wenn sich die Verteidigung nicht zu einem wohlwollenden Begutachten und kate gorischen Ablehnen bestimmter Thesen ge staltete, sondern zu einer echten wissenschaft lichen Diskussion um vorgeschlagene Lösungs wege und dabei völlig neu auftauchende Probleme, ja daß letztlich — so war es auch von vornherein gedacht — sich die Debatte nicht mehr nur um die Diplomarbeit drehte, sondern um den ganzen Problemkomplex der materiellen Interessiertheit bei Hochschul lehrern. Mit vollem Recht nahm die Prüfungskom mission nicht als Maßstab, inwieweit es der Kandidatin gelungen war, unbedingt ausge reifte und endgültige Vorschläge vorzulegen, sondern sie belohnte den erfolgreichen Ver such mit „Sehr gut", völlig neue Probleme in den Griff zu bekommen, sie wissenschaftlich aufzubereiten, Lösungswege zu entwerfen und die Probleme zu fixieren, die einer weiteren Bearbeitung zugeführt werden müssen. Zunächst also war die Verteidigung wegen ihres in hohem Maße schöpferischen Gehalts von besonderem Interesse. Diplom- und Pionier arbeit Am Donnerstag vergangener Woche ver teidigte in der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät die Studentin der Arbeitsökonomik Ingrid Oeser ihre Diplomarbeit mit dem Thema „Einige Probleme, die sich aus der engen Verbindung von Industrie und Hoch schulforschung für die Fragen der materiellen Interessiertheit bei Forschungsarbeiten er geben". — Öffentliche Verteidigungen von Diplomarbeiten sind nichts Neues mehr, und auch nicht die Tatsache, daß die Arbeit ein schließlich Verteidigung mit der Note Eins be wertet wurde, ist der Grund dafür, daß wir sie besonders hervorheben möchten. Wir möch ten hier darlegen, was unser besonderes Interesse begründete. Der zweite Grund unseres besonderen Inter esses liegt nahe. Die Diplomarbeit ist nach unserer Kenntnis die bisher fundierteste wissenschaftliche Stellungnahme zu einem wichtigen Problem der Verwirklichung des heuen ökonomischen Systems an den Univer sitäten — der Anwendung materieller Hebel in der Vertragsforschung. Wir möchten des halb in absehbarer Zeit umfangreichere Dar legungen über das Thema veröffentlichen. Hier seien nur einige Probleme genannt, die in den Thesen und der Diskussion eine Rolle spielten. In der Arbeit wird u. a. die leistungs bezogene Modifizierung des Prämienfonds vorgeschlagen, da bei der jetzigen Form der Vertragsforschung kein materieller Ansporn für eine besondere Leistungssteigerung be steht: „Das Institut wird beteiligt an den Mehreinnahmen durch Leistungen an Dritte im Zuge der wirtschaftlichen Rechnungsfüh rung. Von diesen Mitteln könnte (progressiv steigend mit den Mehreinnahmen) ein Teil dem Prämienfonds zugeführt werden." Als Voraussetzung dafür wird u. a. neben der Ausarbeitung exakter Kriterien der Leistungs bewertung und geeigneter Methoden der Nutzermittlung die Bildung eines einheitlichen Prämienfonds gefordert. Das war ein wesentlicher Diskussionspunkt. Der Prämienfonds, der bei der Erfüllung be stimmter Aufgaben, so bei Leistungen für Dritte (Vertragsforschung), Zuführungen er fährt, müßte deshalb einheitlich für die ganze Universität gebildet Werden und nicht nur für einen engen Bereich, weil erstens nur ein Teil der Institute an der Vertragsforschung be teiligt ist, und zweitens wird oft ein hoher volkswirtschaftlicher Nutzen durch relativ niedrigen Aufwand erreicht, während sich umgekehrt die Leistungen nicht immer unmit telbar in volkswirtschaftlichen Nutzen um setzen. Nachteilig ist aber, daß auf diese Weise die Zuführungen zum Prämienfonds nicht wirksam genug die Leistungen in einem bestimmten Institut bzw. einer Forschungsgemeinschaft stimulieren können. Es war in der Diskussion nicht möglich, sich schlechthin für eine der beiden Varianten zu entscheiden. Ingrid Oeser schlug vor, in den Forschungsverträgen festzulegen, daß eine be stimmte Summe für Zielprämien verwendet wird und der Rest dem Prämienfonds der Uni versität zufließt, womit beiden Erfordernissen weitgehend Rechnung getragen wird.