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Eine bunte Mannigfaltigkeit? Von Prof. Dr. Klaus Zweiling, Direktordes Instituts für Philosophie Mit einem Vortrag von Oberassistent Helmut Seidel über die Situation in der deutschen Philosophie wurde am Freitag unter starker Beteiligung von Wissenschaftlern und Studenten der verschiedensten Fakultäten die vom Institut für Philosophie veran staltete Vortragsreihe über die Hauptströmungen der bürgerlichen Philosophie in Westdeutschland er öffnet. Die Veranstalter entsprechen damit dem Beschluß der 11. Tagung des Zentralkomitees „Für einen Auf schwung der Propaganda des Mar xismus-Leninismus“ und den Thesen des Politbüros zum 15. Jahrestag der Gründung der SED, in denen die Auseinandersetzung mit der reaktio nären Ideologie in Westdeutschland und die verstärkte Propagierung der marxistischen Weltanschauung als eine wichtige Aufgabe hervorgehoben ist. Sie geben damit allen Gesell schaftswissenschaftlern unserer Uni versität ein Beispiel für die Ausein andersetzung mit den Äußerungen der allgemeinen Krise im geistigen Leben Westdeutschlands. In dem Vortrag von Helmut Seidel wurden die. Hauptströmungen und Wesensmerkmale der modernen west deutschen bürgerlichen Philosophie, der Hauptinhalt der philosophischen Situation in Deutschland und die Überlegenheit der marxistisch-lenini stischen Philosophie behandelt. Aus dem Abschnitt über die Wesenszüge der westdeutschen bürgerlichen Philosophie, in dem besonders das Krisenbewußtsein, der Irrationalis mus, die durchgängige Theologisie- rung und der militante Antimarxis mus hervorgehoben wurden, ver öffentlichen wir nebenstehend und in der folgenden Ausgabe Auszüge. H eidegger, der von vielen west deutschen bürgerlichen Ideologen nach wie vor als der größte lebende deutsche Philosoph gefeiert wird, spricht von der Dürftigkeit seiner Zeit. Sie sei dadurch bestimmt, meint er, daß die alten Götter entflohen, Leere zurückgelassen haben, das Kommende, die Leere Ausfüllende aber noch nicht •ist Die Metapher drückt — freilich un bestimmt und zwielichtig, wie das mo derne bürgerliche Philosophieren über haupt ist — das Bewußtsein eines kri senhaften Zustandes, das Bewußtsein einer sich verändernden Welt, das Be wußtsein eines Überganges aus. Die Leere, ds Nichts kann über das Kom mende nichts aussagen. Was uns am anderen Ufer erwartet, bleibt unge wiß. Es ’ bleibt also die Angst, die Furcht. Es bleibt das Sein zum Tode. Wie ganz anders klingen die Worte des Ideologen der sterbenden Bourgeoisie, wie dumpf hallt sein Bewußtsein vom Ende einer Welt gegenüber dem hel len, humanistischen Satz von Goethe: Zu neuen Ufern lockt ein neuer Tag, L ö w i t h , Philosophieprofessor an der Heidelberger Universität und Schü ler, allerdings kritischer Schüler Hei deggers, hat in seiner in mehrfacher Krisenbewußtsein der Bourgeoisie Von Helmut Seidel Hinsicht interessanten Schrift über Heidegger ausgesprochen, daß es der „Verfallscharakter“ unserer Zeit ist. der sein „abbauendes" und von Hegels Gipfeln „herabsteigendes“ Denken mo tiviert. Selber schreibt G, daß die all gemeine Not unserer dürftigen Zeit wohl ein jeder mehr oder minder er fahren habe. Ob und wie sie zu wen den sei. läßt sich — nach Auffassung Löwiths — nicht wissen und nicht sagen. Und obgleich er die faschisti schen Vergangenheit Heideggers einer für westdeutsche Verhältnisse außer ordentlich scharfen Kritik unterwirft, obgleich er diese Kritik mit der Ver teidigung des gesunden Menschenver standes gegenüber den Irrationalismus Heideggers verteidigt, kommt er doch nur zu tief resignierenden Schlüssen. Mit J. Burckhardt ist er der An sicht, daß das Interessante an der Ge schichte das scheinbar Uninteressante, nämlich das in allem Wandel Kon stante und sich Wiederholende ist, weil der Mensch so ist, wie er schon immer war und auch sein wird. Aus dieser Resignation ergibt sich auch das Schema seiner Geschichts philosophie: Jedem Fortschrittsgedan ken liegt ein eschatologisches Prinzip zugrunde, das letzthin auf dem Chri stentum basiert. Also ist für ihn auch der Marxismus nur säkularisierte Re ligion. Jeder Leugnung des Fortschrit tes liegt die altgriechische Lehre von der ewigen Niederkunft zugrunde. Beide abstrakte Prinzipien bleiben bei Löwith unvermittelt nebeneinander stehen, so die ganze Hilflosigkeit der bürgerlichen Geschichtsphilosophie de monstrierend. B o 11 n o w , Professor an der Tübin ger Universität, spricht in seiner bereits während des Faschismus erschienenen Schrift „Existenzphilosophie" den Zu sammenhang von Krisenzeit und kri senhaften Bewußtsein offen aus. „Die Existenzphilosophie“, so schreibt er, „ist entstanden in der verzweifelten Situation nach dem ersten Weltkrieg mit der ganzen damals über den Men schen hereinbrechenden Unsicherheit und trägt die Spuren dieser alles er greifenden Erschütterung deutlich an sich.“ Die Grundkategorien des Exi- stenziälismus, Tod. Nichts, Angst usw. haben die Existenzphilosophie mit dem durchaus nicht begründeten Verdacht belastet, daß sie nichts anderes sei, als Ausdruck einer richtungslos und müde gewordenen dekadenten Geistigkeit, die in der verzweifelten Lage nicht mehr den Mut zu entschiedenem Han deln habe, sondern in unfruchtbarer Versenkung in das eigene Elend ver harre. Bollnow möchte die Existenz philosophie von diesem Verdachte be freien, indem er erklärt, daß die Exi stenzphilosophie die Erschütterungen der bürgerlichen Welt nicht nur wider spiegele, sondern selber schon eine Be gegnung mit diesem Schicksal, eine aktive Antwort sei. Diese aktive Ant wort haben Heidegger und auch Boll- now gegeben: Heidegger 1933 in seiner berüchtigten Rektoratsrede, Bollnow 1942 in seinem offenen philosophischen Bekenntnis zum Faschismus. * D as extrem gesteigerte Krisenbe wußtsein des Existenzialismus macht seinen Zusammenhang mit der allgemeinen Krise der bürger lichen Welt besonders offensichtlich. In Jaspers „Die geistige Situation der Zeit“ wird das Krisenbewußt sein so ausgedrückt: „Es ist wohl ein Bewußtsein verbreitet; alles versagt, es gibt nichts, was nicht fragwürdig wäre, nichts Eigentliches bewährt sich; es ist ein endloser Wirbel, der in gegenseitigem Betrügen und Sich- selbstbetrügen durch Ideologien sei nen Bestand hat. Das Bewußtsein des Zeitalters löst sich von jedem Stein und beschäftigt sich mit sich selbst. Wer so denkt, fühlt sich so gleich selbst als Nichts. Sein Bewußt sein des Endes ist zugleich Nichtig keitsbewußtsein seines eigenen Wesens.“ Tatsächlich bringt der Tübinger Philosoph Spranger nur eine weitreichende Stimmung zum Aus druck, wenn er von dem Gefühl spricht, daß wir mit unserer abend ländischen Kultur in einer unge wöhnlich schweren Krise stehen, daß wir Menschen von heute eigentlich das Steuer schon nicht mehr in der Hand halten, sondern daß es uns entglitten ist. * Dieses geschilderte Krisenbewußt- Hsein macht vor der katholischen Philosophie und erst recht nicht vor dem Neupositivismus, der ja selber eine resignierende Reaktion auf die Krise ist, halt. Wir führen als Bei spiel nur Jacob Hommes, Rektor der Theologischen Hochschule in Regensburg an, der in seiner An trittsvorlesung in Freiburg im Breis gau unser Zeitalter als das Zeitalter des einzelnen bezeichnete. Deshalb bleiben Angst, Sorge, Vereinsamung, Ich-Verstrickung usw. ständige Merkmale des Bewußtseins der bür gerlichen Welt. Die Aufgabe der Phi losophie sieht Hommes deshalb dar in, den einzelnen in seiner Einzel heit anzusprechen, „Zugang zur hei ligen Macht zu gewinnen, die in der innersten Selbstheit wertet“, um die einzelnen in den Schoß der heiligen Kirche zurückzuführen. , Philo sophisch wird das so ausgedrückt, daß die heutigen, von Kierkegaard und Nietzsche ausgehenden Existen- zialdenker zur augustinisch-thomi- stischen Metaphysik hingeführt wer den müßten. Wenn sich der unterste Boden der existenziellen Selbstheit als zu dünn erweist, wenn die Inner lichkeit ihre Ungeschütztheit offen bart, wenn dauernde Angst und läh mender Pessimismus den Menschen unendlich bedrückt, wenn er ständig vor dem Tode, vor dem Nichts steht, dann muß er seine Zuflucht in der Transzendenz suchen. War für den Existenzialismus die eigene Existenz der Zufluchtsort vor der sinnlos ge wordenen Außenwelt, so ist es für die klerikalen Ideologen Gott. Die Dominanz des Neuthomismus ist nur ein Ausdruck der Vertiefung des Krisenbewußtseins der bürgerlichen Welt. * Tlas bezeichnete Krisenbewußtsein Hist vielschichtig. Zunächst ist es der ideologische Reflex des wirk lichen Unterganges, der Krise des kapitalistischen Systems, das nega tive Bewußtsein von der sich ver ändernden Welt, vom Übergang zu neuen Existenzformen der Gesell schaft. Dieser Übergang zum Sozia lismus, der mit dem Untergang der bürgerlichen Klassenherrschaft ver bunden ist, erscheint dem bürger lichen Bewußtsein als Untergang der Gesellschaft und ihrer Kultur über haupt. Der Bourgeois identifiziert den Menschen, die Persönlichkeit und seine Freiheit mit dem Privat eigentum und seiner Freiheit. Die Aufhebung des Privateigentums, des Ausbeutungsverhältnisses muß ihm deshalb als Aufhebung der Persön lichkeit, als Aufhebung der Freiheit erscheinen. Das Krisenbewußtsein stellt die Wirklichkeit auf den Kopf. Die Ursache der Krise wird im „Dämon Technik“, im „Kollektivismus“, in der „Versach lichung“, der „Apparatisierung". im „Totalismus" in der Verwandlung des Menschen in einen „Funktionär“ einen „Roboter“, letzthin also in den moder nen Produktivkräften und den ihn ent sprechenden sozialistischen Produk tionsverhältnissen gesehen, nicht aber in den die gesamte gesellschaftliche Entwicklung hemmenden, parasitären, in Katastrophen treibenden kapita listisch-imperialistischen Produktions verhältnissen. So liegt für dieses feti- schisierte bürgerliche Bewußtsein die Ursache der Krise der bürgerlichen Welt im Neuen, d, h. letztlich in der Existenz des sozialistischen Lagers und der sozialistischen Bewegung, nicht aber — wie es in der Tat ist — in den Widersprüchen der bürgerlichen Gesell schaft selbst. Hier zeigt sich bereits die soziale Funktion dieses Krisenbewußtseins, die darin besteht, die Krise des ka pitalistischen Systems als Krise des Menschseins überhaupt, als Krise des modernen Menschen und seiner Ge sellschaft hinzustellen, den Massen also zu suggerieren, daß eine solche Krise nicht zu überwinden sei, daß man sich in das Schicksal, daß der Mensch nicht zu rechtfertigen sei, wie die Existenzialisten sagen, daß der Mensch sündig sei, wie die christ- liehen Philosophen sagen, schicken müsse. Erziehung zur Passivität ist also der hauptsächlichste Zweck. Der Irrationalismus, hilft dabei. Ist die Außenwelt sinnlos, so sind alle un sere Anstrengungen umsonst, sie zu erkennen oder gar umzugestalten. * A us der Aufzählung der angeb- -% liehen Ursachen ergab sich be reits, daß das Krisenbewußtsein an tikommunistisch gewendet wird, der Kommunismus als Ursache für die Krise, für die Existenzangst der bür gerlichen Welt ausgegeben wird, während er doch gerade Resultat der Lösung der Widersprüche des Kapi talismus ist. Das ganze Gerede der bürgerlichen Ideologen von der Bedrohung der bürgerlichen Welt durch den Kom munismus basiert auf diesem theo retischen Auf-den-Kopf-stellen. Die Bedrohung des Kapitalismus liegt in seinen eigenen, unlösbaren Wider sprüchen. Der Kommunismus ist ge rade die Lösung dieser Wider sprüche. Das Gerede von der Bedro hung durch den Kommunismus er weist sich damit als Angst vor der Lösung der eigenen Widersprüche, als Angst vor der Überwindung der Krise, die sie selbst in allen Varia tionen eingestehen müssen. Das bür gerliche Krisenbewußtsein ist also durchaus apologetisch. Es ist dem sozialistischen Bewußtsein, das auf der Erkenntnis der Ursachen der Krise der bürgerlichen Welt und auf der Anerkennung der Möglichkeit und Notwendigkeit der vernünftigen Umgestaltung der Gesellschaft be ruht, direkt entgegengesetzt. Trotz dieses apologetischen Cha rakters bleibt das Krisenbewußtsein allerdings Bewußtsein der Krise, Be wußtsein der Perspektivlosigkeit. Es trägt nur abwehrenden, passiven Charakter. Die aggressiven, klerikal-milita ristischen Kreise in Westdeutsch land versuchen, diese Apologie zu aktivieren. Wie Verzweiflungsstim mung in wahnsinnige Abenteuer umschlagen kann, hat die Philoso phie Nietzsches und ihre faschistische Anwendung auf die Geschichte be reits demonstriert. Ein ähnlicher gei stiger Prozeß vollzieht sich gegen wärtig in Westdeutschland. Die bloße Apologie eines Krisenbewußtseins genügt längst nicht mehr. Tatsächlich wäre es ja auch schwierig, den Solda ten der Bonner Bundeswehr z. B. zu erklären, daß sie den von den bür gerlichen Ideologen selber geschil derten Krisenzustand des Lebens und der Kultur verteidigen sollen und im Namen dieses krisenhaften Zustandes in den Eroberungskrieg zu ziehen um andere Völker in noch größere Krisen zu stürzen. Er ging den Weg der Partei Genosse Alfred Mengel, 75 Jahre TRIUMPH DES MARXISMUS Zum 15. Jahrestag der Gründung der SED Auf den ersten Blick bietet die philosophische Situation in West deutschland dem Betrachter ein Bild bunter Mannigfaltigkeit. Eine Viel zahl von Richtungen, Schulen und Lehrmeinungen bestimmt das philo sophische Leben im Bonner Staat. Die verschiedensten Auffassungen werden — teils auf hoher Stufe phi losophischer Abstraktion, teils popu lär zurechtgemacht — lautstark ver treten und wetteifern untereinander an den Universitäten und in der Öffentlichkeit um Anziehungskraft und Verbreitung. Was hat es eigentlich mit dieser Mannigfaltigkeit, die zudem noch als Ausdruck der „Freiheit“ des Geistes in der „freien Welt“ gepriesen wird, auf sich? Welches Grundanliegen be wegt die Philosophen Westdeutsch lands, welchen Problemen schenken sie vor allem ihre Aufmerksamkeit? Und vor allem: Was steht hinter die ser äußerlich so verführerisch er scheinenden schillernden Vielfalt phi losophischer Meinungen? — Fragen über Fragen, die sich bei der Be trachtung des philosophischen Lebens in Westdeutschland ergeben. Mit einem Wort, welche philosophische Situation besteht gegenwärtig in der Bundesrepublik und wie ist sie vom Standpunkt der marxistischen Phi losophie aus einzuschätzen? Auf diese Frage gibt ein Kollo quium Auskunft, das von der Ar beitsgemeinschaft „Kritik der moder nen bürgerlichen Philosophie“ am Institut veranstaltet wird. Diese Ar beitsgemeinschaft setzt sich das Ziel, im Rahmen von 15 Vorträgen, denen sich jeweils eine Aussprache an schließt, die Hauptströmungen der bürgerlichen Philosophie in West deutschland zu behandeln. Es versteht sich von selbst, daß das bürgerliche philosophische Denken der Gegenwart nur unter dem Aspekt des weltweiten Kampfes zwi schen der marxistischen und der bür gerlichen Philosophie begriffen wer den kann. Wie die imperialistische Welt mit allen ihr zu Gebote stehen den Mitteln versucht, den Siegeslauf des Sozialismus, der immer stärker zum dominierenden Faktor unserer Epoche wird, aufzuhalten — ein letz ten Endes vergebliches Bemühen —, so ist die moderne bürgerliche Phi losophie bestrebt, der wachsenden Verbreitung des dialektischen Mate rialismus mit immer neuen „Theo rien“ entgegenzutreten. Wie frucht los diese Versuche sind, zeigt nicht nur die ständig zunehmende Anzie hungskraft der marxistischen Philo sophie, sondern auch die immer wie der zu hörende Klage aus der „freien Welt“, dem Westen mangele es an einer tragenden Idee, die er der Überzeugungskraft des marxistischen Gedankenguts gegenüberstellen könne. Damit ist bereits kurz die Po sition skizziert, von der aus die Un tersuchung der philosophischen Si tuation in Westdeutschland vor genommen wird. Auf einen Nenner gebracht: die moderne bürgerliche Philosophie wird verstanden als eine mehr oder weniger offene Reaktion auf den Triumph des Marxismus- Leninismus, eine Reaktion, die ihrerseits Reflex des Kampfes zwi schen der kapitalistischen und der sozialistischen Gesellschaftsordnung ist. Unter diesem Gesichtspunkt wer den innerhalb des Kolloquiums zur modernen bürgerlichen Philosophie u. a. folgende philosophische Strö mungen untersucht: Die neukantiani sche Philosophie und ihr Übergang zum Neuhegelianismus, die Philoso- phie Nietzsches und ihre Rezeption in Westdeutschland, die Lebensphilo- Sophie und die Phänomenologie Husserls, die deutsche Existenzphilo sophie von Heidegger und Jaspers, die neuthomistische Philosophie, die gegenwärtige evangelische Theologie, der Neupositivismus, die bürgerliche Marxkritik und der philosophische Revisionismus. Auf diese Weise sol len — ohne Anspruch auf Vollstän digkeit erheben zu wollen - nicht nur die Hauptströmungen der impe rialistischen Philosophie, sondern auch ihre wesentlichsten Züge und Tendenzen, der Irrationalismus, die Theologisierung, . der Antihumanis mus, der Pessimismus usw. sichtbar gemacht werden. Es ist selbstver ständlich, daß diesem — dem Nieder gang des Imperialismus reflektieren den — allgemeinen Verfall der spät bürgerlichen Philosophie die Über zeugungskraft und Wissenschaftlich keit, die Wahrheit und der Optimis mus der marxistischen Philosophie gegenübergestellt werden. Die Ver anstaltungsreihe vermittelt, so ein anschauliches Bild der geistigen Si tuation unserer Zeit, speziell in dem an philosophischen Traditionen so reichen Deutschland, dem Land, wo die ideologischen Gegensätze am schärfsten aufeinanderprallen. Der Erste Sekretär der Parteileitung der Medizinischen Fakultät gratuliert Genossen Alfred Mengel. Jahrzehnte steht er schon in den / Reihen der Arbeiterbewegung, Ver folgungen und auch Mißhandlungen der Nazis haben nicht vermocht, ihn weich zu kriegen. Doch jetzt werden ihm die Augen feucht, da seine Ge nossen und Kollegen zu ihm kommen und ihm ihren Dank für seinen Kampf und seine Arbeit und ihre herzlichen Wünsche für sein weiteres Leben aussprechen. 75 Jahre wird er an diesem 24. März, unser Genosse Alfred Mengel, trotz seines hohen Alters noch Heizer im Physiologisch-Chemischen Institut. Die Worte, mit denen Genosse Men gel dankt, zeigen ihn so, wie er ist: „Mein ganzes Leben habe ich für die Ziele der Arbeiterbewegung ge kämpft, und so lange ich lebe, werde ich nicht aufhären, dafür einzu treten.“ 1909 organisiert sich Alfred Men gel gewerkschaftlich und ein Jahr später tritt er in die SPD ein. Es ist die Partei August Bebels, und sie ver kündet die Ziele, die auch Ziele des jungen Maschinenschlossers sind: So zialismus, Frieden. Doch dann kommt der erste Weltkrieg, die rechten Füh rer der Partei stimmen für den Krieg. Noch erkennt Alfred Mengel nicht den ganzen Verrat, noch in den Ta gen der Novemberrevolution 1918 vertraut er ihren Worten, doch dann erlebt er, wie der Sozialdemokrat Noske die revolutionären Arbeiter morden läßt. Er trennt sich 1919 von der SPD und wird Mitglied der USPD. Aber bald erkennt er, daß die rechten USPD-Führer sich nur in Worten von den rechten SPD-Füh rern unterscheiden. Gemeinsam mit den klassenbewußten Arbeitern der USPD unter Führung Ernst Thäl manns geht er deshalb 1920 den Weg zur KPD, die auf dem Boden des Marxismus-Leninismus für die Ein heit der Arbeiterbewegung kämpft. Aktiv ist er in ihren Reihen tätig. Seit 1928 Mitglied des RFB, arbeitet er vor allem in dieser Schutz- und Kampforganisation der Arbeiter klasse, verfolgt von der Polizei, mehrmals in Untersuchungshaft ge nommen, angeklagt wegen „Landes friedensbruchs“. 1933 verhafteten ihn die Faschisten, schleppten ihn nach Colditz. Nach zehn Monaten Haft entlassen, reiht er sich wieder ein in die Schar der Kämpfer gegen Fa schismus und Krieg. Wieder verhaf tet, geschlagen und gepeinigt, bleibt er der Sache des Sozialismus treu. Als einer der ersten legt er 1945 mit Hand an, hilft die Partei auf bauen und erlebt, selbst aktiv betei ligt, den großen Wendepunkt in der Geschichte der deutschen Arbeiterbe wegung und des deutschen Volkes, die Gründung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands. Auch heute, trotz seiner 75 Jahre, ist er aktiv tätig, sowohl in seinem Beruf wie auch im politischen Leben, ein Vorbild für alle jüngeren Genos sen und Mitarbeiter. W. S. Universitätszeitung, 28. 3. 1961, S. 3