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Zschopauer Tageblatt ««d Anzeiger Mittwoch, den LV. Dezember 1937 Rah und Fern Schwerverbrecher verhaftet Der Mörder von zwei Polizeibeamten Der erfolgreichen gemeinsamen Fahndnngsarbeii der deutschen und niederländischen Polizei ist es gelungen, in veek, in der Provinz Limburg, den langgesuchten Schwerverbrecher und Mörder Stephan Rosen berg, einen Zigeuner, der verschiedene Morde, Einbrüche und andere Delikte auf dem Gewissen hat, festzunehmen. Rosenberg hat in Deutschland u. a. z w c i P o l i z e t - beamte e'r schossen, die den Verbrecher zu stellen versuchten. In Utrecht beging Rosenberg einen Naulwer- such, bei dem der Uebersallene getötet wurde. Schließlich gelang es der Polizei, Rosenberg, der sich in den letzten Jahren in Belgien und Hollckkd Herumtrieb und dort eine große Anzahl von Verbrechen beging, in einem Wohn wagen in dem Zigeunerlager in Beek aufzuspüren. Das ganze Lager wurde von Polizeibeamten und Gendarmerie umstellt, so daß jeder Fluchtversuch von vornherein un möglich gemacht wurde. Der Mörder wurde in einem Wohnwagen überrascht, festgenommen und nach Maastricht abtransportiert. Aller Voraussicht nach wird dem deutschen Antrag auf Auslieferung des Mörders stattgegeben wer den. Auch die Frau des Verbrechers wurde wegen zahl reicher Diebstähle festgenommen. Feuer vernichtet 100000 Schallplatte» »Die Stimme seines Herrn" in London niedergebranni Das Gebäude der Grammophon-Gesellschaft „Die Stimme seines Herrn" in der Oxford-Street in London ist einer Feuersbrunst zum Opfer gefallen. Nachmittags wurde Alarm gegeben. Die fünf Stockwerke standen in kurzer Zeit in Flammen. 30 Löschzüge mit 250 Feuer wehrmännern waren zur Bekämpfung des Grobfeuers ein gesetzt. Trotzdem brannte das gesamte Gebäude nebst einem Lager von 100000 Schallplatten und teuren Originalanfnahmen völlig aus. Der Wächter Wil liams kam in den Flammen ums Leben. Vier Stunden lang mußte die Oxford-Straße für jeden Verkehr gesperrt werden. Neber die Ursache des Brandes ist noch nichts bekannt. Jigarettenstummel verursacht Schadenbrand Durch einen brennend fortgeworfenen Zigarettenstum mel wurde in einem fahrenden Zuge bei Moji auf der lüdjapanischen Insel Khyushu ein Gepäckstapel Zelluloid- lpielsachen zur Explosion gebracht. Zwei von den sieben Wagen des Zuges verbrannten, wobei es sieben Tote »nd 34 Verwundete gab. Auch ein Neujahrsgeschent Fahrpreiserhöhung auf den Pariser Verkehrsmitteln Ab 1. Januar werden in PartS die Fahrpreise auf den Autobussen und auf der U-Bahn umetwalOv. H. erhöht. So wird der Einheitstarif der U-Bahn künftig in der 2. Klasse statt 1 Franken 1,10 Franken und in der 1. Klasse statt 1,50 1,60 Franken betragen. Im gleichen Verhältnis erhöhen sich auch die Hin- und Rückfahrkarten der U-Bahn und auf den Autobuslinien die Teilstrecken larife. Streik im pariser Lebensmittelgroßhandel Der Streik im Pariser Lebensmittel- großhandel und im Transportgewerbe dauert trotz der Bemühungen des Ministerpräsidenten «nd des Arbeitsministers an. Am Montag konnte zwar in ge wissen Punkten eine Annäherung zwischen den Auf fassungen der Parteien hergestellt werden, aber in wesent- Uchen Punkten beharren sie auf ihren Forderungen. Die Arbeitgeber verlangen völlige Handlungsfreiheit bei der Auswahl der wegen Arbeitsmangel zu entlassenden An gestellten, während die Arbeitnehmer die Entlassungen nach der Anstellungsdauer durchgeführt sehen wollen. In Rouen hat sich die Streikbewegung der Schiffs- besatzungen weiter ausgedehnt. 30 französische Schiffe liegen im Hafen wegen Streiks fest. Aus Marseille ent sandte Ersatzmannschaften haben sich sofort nach ihrer Ankunft in Rouen mit den Streikenden solidarisch erklärt ,Juden ohne Maske* Die große politische Schau „Der ewige Jude" im Biblio- theksbau des Deutschen Museums in München wurde bis her von 321000 Personen, darunter vielen Ausländern, be sucht. Wegen des anhaltenden Interesses ist die Ausstellung zunächst bis zum 15. Januar 1938 verlängert worden. Berechtigtes Aussehen erregt zur Zett ein in der Ausstellung laufender neuer Film „Juden ohne Maske". Er bringt einen breiten Ausschnitt durch das jüdische Filmschaffen der System- zeit und zeigt nicht nur die gewalige Verzuvung der Film industrie vor 1933, sondern läßt auch die furchtbare Wirkung erkennen, die jüdischer Geist auf den Kinobesucher ausüben muß. Der Film wurde aus einer großen Zahl bekannter Filme jüdischer Produktion zusammengeschnttten. Schwere Autounfälle in Westdeutschland Auf der Reichsttraße Hamm — Werl ereignete sich kurz hinter der Kleinbahnhaltestelle Kump ein schwerer Verkehrs- Unfall. Ein von einem Betrunkenen gesteuerter Wagen fuhr in voller Fahrt aus ein entgegenkommendes Auto. Die fünf Insassen der beiden Wagen, die vollständig zertrümmert wurden, erlitten schwere Verletzungen und mußten in daS Marienhospital gebracht werden. Der betrunkene Fahrer kam von einer Bierreise zurück. — Ein auf der Fahrt von Duis burg nach Düsseldorf befindlicher Personenkraftwagen stieß in Kaiserswerth gegen den Autobus der Lime Essen- Krefeld. Aus dem völlig zertrümmerten Personenwagen wurden der Fahrer und der neben ihm sitzende Mitfahrer tot sowie drei weitere Insassen schwer verletzt geborgen. — Auf der Landstraße Kaife rswerth—N a t in g en fuhr ein Motorradfahrer auf einen Kraftwagen auf. Der Motorrad fahrer wurde auf der Stelle getötet, während einer der Insassen des Kraftwagens, der durch die Wucht des Zusammenpralles umgestürzt war, eine lebensgefährliche Gehirnerschütterung davontrug. „Jagdkönig" Schmeling. Mar Schmeling hat die Weih nachtsfeiertage benutzt, um nach seinem großen Boxersolg weitere Lorbeeren zu pflücken, diesmal aber als Jäger. Er hatte mit seinem Freund Max Machon eine Einladung zu einer großen Treibjagd nach Frankfurt a. d. O. an genommen und konnte bei der Jagd ganz groß abschneiden. Auf der Treibjagd, die von dem Frankfurter Fabrikanten Dillges veranstaltet wurde, wurde Max Schmeling mit dem Abschuß von 18 Hasen „Jagdkönig". „Kronprinz" wurde Bau- meister Lange, Max Machon hatte acht Hasen und einen Fasan erlegt. Im ganzen wurden von den 15 Schützen 124 Hasen, ein Fuchs, ein Fasan und ein Hühnerhabicht geschossen. Kriegsbeschädigter gewinnt 50 000 Mark. Ein Gewinn der Arbeitsbeschafsungslotterie in Höhe von 50000 Marl siel nach Gütersloh. Der glückliche Gewinner ist «in vct einem dortigen Werk beschäftigter Kriegsbeschädigter. Zwei Schäferhunde töten 108 Schafe. Ein Blutbad richteten zwei Schäferhunde in einer Schafherde an, die in Sinsteden tKreiS Grevenbroich-Neuß) in einem Stroh schober lagerte. Die Schäfer waren während der Feiertage abwesend, so daß das Unglück erst am Morgen bemerkt wurde. Die Hunde waren in die Herde eingebrochen. Eine ganze Anzahl Schase wurde von ihnen gerissen. Die Tiere, die nicht von oen Hunden getötet wurden, wurden von Strohballen, die in dem Schober ausgetürmt waren, erstickt. Insgesamt handelt es sich um 108 Tiere, die verendet waren oder nol- geschlachtet werden mußten. 300 Kilogramm Opiuin in Oesterreich beschlagnahmt. Der Nauschgiftstelle der Wiener Polizei ist ein ausgezeichneter Fang geglückt. In einem aus dem Ausland nach Wien ge kommenen Eisenbahnwaggon wurden in Säcken unter Weizen- klcie versteckt 300 Kilogramm Rohopinm gefunden, die größte Nauschgistmenge, die bisher in Oesterreich ans einmal be schlagnahmt werden konnte. Im Zusammenhang damit wurden drei Verhaftungen vorgcnommcn. Banknotenfälschcr in Genua verhaftet. Nach umfassenden monatelangen Fahndungen glückte es der italienischen Polizei in Genua, eine weit verzweigte Fälschcrbande zu verhaften, die in letzter Zett nicht nur Kupons ausländischer Wertpapiere gefälscht und einkassiert, sondern auch ausländische Banknoten nachgemacht und in Umlauf gebracht hatte. Gerade in diese» Tagen sollten wieder größere Beträge falscher Dollarbank noten in Umlauf gesetzt werden. Es gelang der Polizei, falsche Noten im Betrage von fünfzig Dollar zu beschlag, nahmen, während andere gefälschte Banknoten im Betrage von über 10 000 Dollar von den Fälschern im letzten Augen blick verbrannt wurden. Zunehmende Maul, und Klauenseuche in Luxemburg. Die in Luxemburg grassierende Maul- und Klauenseuche nimmt immer noch zu. Die Negierung hat sich entschließe» müssen, schärfste Abwehrmaßnahmen durchzusühren. Säim- liche Kinder von Gehöften, auf denen die Maul- und Klauen- scuche herrscht, sind vom Schulbesuch entbunden Die Ktrchcnbehörden haben den Bewohnern verseuchter Bezirke die Teilnahme am Gottesdienst erlassen. Ein Tunnel unter dem Acrmelkanal? Wie aus London verlautet, soll die englische Admiralität nunmehr mit dem Bau eines Frankreich und England verbindenden Tunnels unter dem Äermelkanal einverstanden sein. Mit dem Beginn des Baues könne mit 1938 gerechnet werden. Der Tunnel soll 90 Meter unter der Sohle des Kanals in doppelter Aus- führung mit einer Gesamtlänge von 50 Kilometer errichtet werden. Die zylinderförmigen Röhren sollen einen Durch messer von acht Nieter erhalten. Sie sollen in drei Abteilungen ausgestellt werden, deren oberste der Frischluftversorgung dient, während die mittlere dem Kraftwagenverkehr Vorbehalten bleibt und die untere die verbrauchte Luft aufnimmt. Warme Quellen als Zentralheizung. Die Pläne, die heiße» Quellen von Island für ein Zentralwärmesystcm auszu- nutzen, stehen jetzt vor der Verwirklichung. Die Reykjavik» Stadtverwaltung hat von einem englischen Unternehmen ein Darlehn von 3,75 Millionen isländischen Kronen angebolen bekommen unter der Voraussetzung, daß das englische Unter- nehmen den Ausführungsauftrag bekommt. Die Quelle Reykier, um die es sich handelt, gibt in jeder Sekunde 150 Liter Wasser. Diese Menge genügt, um zunächst die Hälfte aller Reykjavik» Häuser mit Wärme zu versorgen. Wirbelsturin reißt Zuschaucrtribüne ein. Ueber Mittel- brasilien ging ein Wirbelsturm hin, der besonders in Uberaba, ein» Grenzstadt zwischen den Provinzen MtnaS Geraes und Sa» Paulo, ein schweres Unglück verursachte. Bei einem Fußballspiel riß er eine vollbesetzte Zuschauer tribüne ein. Ueber 100 zum Teil schwer Verletzte wurden aus den Trümmern hervora»-«-" Lest Eure Heimatzeitung! M MMM »kl blonden M " Noma» von Anny v. Panhuy«. 5. Fortsetzung. Wäre die geliebte Frau bei ihm geblieben, müßte er Lch jetzt wohl nicht vor dem reinen Blick seines Kindes Minen. Er erinnerte sich jetzt so deutlich an alles, was In dieser Nacht geschehen. Wieviel aber wußte Renate davon? Er schob sich sitzend ein Stück auf dem Boden weiter, »nd gleich darauf vermochte er auch schon auf seinen Füßen zu stehen. Doch nur für Sekunden, denn sofort fiel er auf die Chaiselongue nieder. Wohltuend war das nach dem langen Liegen auf der harten Erde. Renate war ihm ängstlich gefolgt. Sie sagte wie trö stend: „Nun muß ja der Fremde bald mit dem Doktor kommen." Franz Wittenborn erschrak. Er schien doch nicht ganz im Bilde zu sein. Rauh fragend stieß er hervor: „Was für ein Fremder kommt mit dem Doktor? Wer hat einen Doktor bestellt?" Seine Rechte griff nach dem Halse, als müsse er ein» Hand davon lösen. Eine Hand, die doch schon längst los- gelassen. Renate stotterte heraus, daß der Fremde, mit dem er lich gezankt, den Doktor habe holen wollen. Sie setzte hinzu: „Ich weiß ganz genau, gleich nachdem er weggegan gen, schlug der Regulator drei Uhr, und jetzt ist es bei- »ahe fünf. Er bleibt sehr lange fort." Franz Wittenborn atmete schon etwas ruhiger. Der Fremde war sicher froh gewesen, entwischen zu können, der hatte sich bestimmt nach keinem Arzt umgesehen. Der Fremde und er waren jetzt quitt. Er hatte ihm Has Geld abgenommen, aber der Mensch hätte es sich bei nahe von ihm mit dem Leben bezahlen lassen. Wittenborn trank jetzt ein Elas Wasser, und dann mußte ihm Renate ein weiches Kissen unter den schmerzen den Kopf schieben. Er war entsetzlich müde und wollte Lier auf der Chaiselongue schlafen. Er fühlte sich zu kraft los, um sich auszukleiden und ins Bett zu gehen. Er schickte Renate zur Ruhe, die sich sofort gehorsam" entfernte. Aber kaum hatte sie sich wieder niedergelegt, da hörte sie den Vater nebenan wie rasend schimpfen und toben, es war, als werfe er alles um. Sie zitterte wie Espenlaub. Du lieber guter Eott, dachte sie, nun hat er bemerkt, daß sein neuer Schlips naß geworden ist. Ihre Fingerchen krochen zusammen, falteten sich wie zum Gebet. Jetzt sprang die Tür auf, im grauenden Licht des Mor gens stand thr Vater auf der Schwelle und schrie sie an: „Hast du mein« silberne Börse gesehen? Rede doch, rasch, rede!" Renate schüttelte verwundert den Kopf. „Nein, ich habe sie nicht gesehen!" Sie war froh, daß er sich nicht über den Schlips auf- regte. Die Börse würde sich finden, die hatte der Vater wohl nur verlegt. Franz Wittenborn fluchte häßlich. „Die hat mir also der Kerl gestohlen, natürlich nur er! Er entriß sie mir ja, würgte mich dabei. Ein Dieb ist der Halunke, ein ganz gemeiner Dieb." Er rang verzweifelt die Hände. „Daß mir so etwas passieren muß, mein ganzes Geld war in der Börse, mein ganzes Geld. Der Hund, der nie derträchtige Hund hat ein gutes Geschäft gemacht." „Aber warum hast du den Mann denn nachts mit in unsere Wohnung gebracht, Vater?" fragte Renate mit ern sten Augen. Franz Wittenborn runzelte die Stirn. „Das sind Eeschäftssachen, davon verstehst du nichts." Sie sagte leise: „Er nannte dich Falschspieler, Vater. Was hat er damit gemeint?" Er senkte flüchtig den Blick vor den Augen, die wie die seines schönen toten Weibes waren. „Ein dummer Witz von dem Kerl," gab er hastig zu rück, „aber das ist ja alles Nebensache, meine Börse ist weg und das viele schöne Geld." Er knirschte wütend mit den Zähnen. „Und das Medaillonbild deiner Mutter war auch in der Börse, ich trug es ja immer bei mir!" Renate kauerte mit emporgezogenen Knien in ihrem Bett. „Du mußt alles nachher auf der Polizei anmelden, Vater," rief sie aufgeregt, „du mußt den Dieb von der Polizei suchen lassen, damit du das Geld und Mütterchen- schönes Bild wiederbekommst. Nimm mich mit auf dl- Polizei, Vater, ich kann den fremden Mann gut beschrei ben. Und weißt du, als er sich über dich beugte, hat er mit der linken Hand an seine linke Stirnseite gefaßt und> da habe ich, als sich sein Haar verschob, ein komisches Zei chen unter seinem Haar gesehen. Wie eine kleine braune Schlange sah es aus. Daran erkennt man ihn leicht." Franz Wittenborn dachte, daß er selbst allen Gründe hatte, die Polizei nicht in die Angelegenheit zu ziehen.! Lieber wollte er das Geld verlieren, lieber sogar das Bild«! chen, denn es blieb ihm ja doch nichts anderes übrig, als sich fügen. Auch das Bildchen war ihm verloren, sein Talisman,! an dessen helfende, glückbringende Kraft er fest glaubte. „Ich werde doch erst noch einmal gründlich suchen," sagte er und verschwand. Er suchte nicht mehr, er wußte genau, es hatte keinen Zweck. Er selbst trug die Schuld an dem Ausgang dieser Geschichte. Wie hatte er den Menschen, dem er den letzten Pfennig abgenommen, auch noch durch Entgegenhalten der Börse und Hohn reizen dürfen! Er mußte mit dem Verlust fertig werden. Die Polizei war für Leute wie er nicht empfehlenswert. Renate aber sann in den immer Heller werdenden Morgen hinein, daß sie ssch einen Dieb bisher eigentlich ganz anders vorgestellt als den Fremden. Er hatte ein so offenes, ehrliches Gesicht, schien es ihr, und so traurige Augen. , Und dann war es für sie Zeit, aufzustehen. > s Renate fragte gespannt: „Heute gehst du doch zur Po-j jltrei. nicht wahr. Vater?" , , < > ' Er vermied den Blick der klaren Augen. „Nein, es hat keinen Zweck, so ein Mensch ist ja doch nicht zu fassen, und ich habe nur Lauferei." Renate schrie auf. „Aber Mütterchens Bild, denke doch an Mütterchens Bild, Vater. Das darfst du dem schlechten Mann doch nicht lassen! Das geht doch nicht! Und ich kenne ihn be stimmt wieder. Die Polizei wird schon suchen nach ihm. Ich beschreibe ganz genau das Zeichen, das unter seinem Haar ist." Franz Wittenborn schlug mit der Faust auf den Tisch. ! „Höre doch nun endlich damit aus! Ich zeige es nicht an. Ich will nicht jeden Taa Polizeibesuch haben und ! immer wieder aufs Revier bestellt werden zu Ausfrage reien. Ich will nicht, weil ich mehr zu tun habe." Er lachte grimmig. „Aber wenn dir der Mensch mit dem jZeichen auf der Stirn einmal im Leben in den Weg läuft, dann kannst du ihm ja sagen, daß er ein miserabler, er bärmlicher Schuft ist. So, nun Schwamm darüber, ich will nichts mehr von der Geschichte hören." Renate wagte keine Silbe der Entgegnung. Ihre zehn Jahre grübelten und sannen, ohne den Schlüssel des Ver stehens zu finden. Allein das Bild der Mutter wäre es wert gewesen, daß der Vater hundertmal auf die Polizei gelaufen wäre. Sie meinte es vor sich zu sehen, klar und deutlich. Helle Tränen drängten sich in ihre Augen und sie empfand Zorn und Groll gegen den Räuber. ! Ihr Vater hatte recht. Wenn ihr'dieser Mensch ein mal im Leben in den Weg lief, wollte sie ihm sagen, welch ^ein miserabler, erbärmlicher Schuft er war. Zu Franz Wittenborn kamen nicht viele Leute in die Sprechstunde. Ab und zu verlief sich ein kleiner Handwerker, der ihn befragte, ob er ihm nicht den Steuerzettel ausfül len wollte, oder es erschien eine verschüchterte Frau, die an Scheidung dachte und nicht wußte, wie sie das anfangen sollte. Aber dem ehemaligen Rechtsanwalt lag auch gar nicht so besonders viel an der Kundschaft dieser Gegend. " § Da saß Franz Wittenborn während der Sprechstunde und las Zeitungen oder interessante Bücher und des Nachts flog er auf Beute aus wie ein Raubvogel, und wehe dem, der in seine Fänge geriet. Er war ein glänzender Falsch spieler und bisher hatte ihn noch niemand dabei ertappt. Noch niemand? Nein, dessen durfte er sich nun vor sich selbst nicht mehr rühmen, denn dieser fremde, junge Mensch hatte es ihm direkt ins Gesicht geschleudert, daß er ein Falschspieler sei. ' Hoffentlich traf er den Menschen niemals wieder. Hof fentlich genügte dem die Silberbörse, um einen weiten Bo gen um ihn zu machen. Franz Wittenborn sprang nervös auf. Er war doch heute völlig durcheinander. Jetzt mußte er wieder an Re nate denken und an ihre erschreckten, entsetzten Augen, al» j«r ihr sagte, er würde den Diebstahl nicht anzeigen. (Forts, folg«.).