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1 (ll Klaffe) ch chirurgische der Droschke it über 14 M. 1. d. 21. Nov. " gezeichneter ) ietcr — glatt, etc.) 1 :l5-1l «.» 1.A5»- 9.KV I 25- « :t<» 2 4 . »- S.K.'» 2.25-1N.KU »45- 5 8.» 'niner«»»«, - steuerfrei 8 Traill). >edwig verw. Dresden; Hr. a Rathaus!» Hugo Welzel rl. Lilli Türk Koch, früher in Dresden; b Schumann ismann Carl der Firma »emniv; Hr. (öl I) in rstor Selma in Dresden; drich August . mecl Karl Hr Rentier osen (6.t I.) ' r Ulme, e r. lr 1896. sl, ,1 «Ski», 840 844 vir 8. »»»»«-!, SU. n. Ober- Müller, Erste Beilage zu 27 des Dresdner JoNNMls. Montag, den 3. Februar 1896, abends. . ! ————— —i—S——. m, -H--—W Deutscher Reichstag. 2». Sitzung vom 1. Februar 189». 1 Uhr. Am BundeSratStisch»: Nieberding In erster und zweiter Beratung wird zunächst die am 90. September in Bern vereinbarte Zusatz erklärung zu dem internationalen Übereinkommen über den Eifenbahn- srachtverkehr vom 14. Oktober 1890 erledigt. Daraus wird die zweite Beratung deS ReichShauS- haltsetats sür 1898/97 fortgesetzt mit dem Etat der Reichs- Justizverwaltung. Bei den Ausgaben sür dasReichSjustizamtTit. 1 „Staats sekretär 24 ovo M " bringt Abg. Bassermann (nl.) die ungünstige Lage der Hand- lungsgehilsen zur Sprache und wendet sich gegen die jetzt gel tenden Vorschriften über die Kündigungsfrist und gegen die sogenannte Konkurrenzklaufel, Erstere müsse sür den Prinzipal und den Angestellten dieselbe sein, sonst würde ein kausmänn- ifchcS Proletariat entstehen. Die Konkurrenzklausel bedürse dringend einer neuen gesetzlichen Regelung; die Konventional strafen, die darin festgesetzt würden, feien unverhältnismäßig groß. Staatssekretär Nieberding erwidert, die Bestimmungen des Handelsgesetzbuches seien in dieser Hinsicht sür die Gegen wart nicht mehr ausreichend, und die Regierung sei der Ucber- zeugung, daß bei einer Neuregelung der Materie die Gehilfen frage berücksichtigt werden müsfe. Es fei das ernste Bemühen der Regierung, den Wünschen der Handlungsgehilfen gerecht zu werden Ab. Singer (Soz): Ich habe das Wort erbeten, um die Thätigkeit des jüngst verstorbenen Landgericktsdircktors Brause wetter zur Sprache zu bringen. In dem bekannten Gummi, schlauchprozeß, bei sich aus Anlaß einer Polizciattacke gegen Arbeitslose hier in Berlin gegen die Opser dieser Polizeiattacke abspielte, ging Hr. Brausewetter mit den sonderbasten Argumenten gegen die Verteidiger vor (Redner citiert einige derselben.) Alle diese Äußerungen beweisen, daß der Mann seit Jahren nicht mehr den Ansprüchen genügt hat, die an den Inhaber eines so verantwortungsvollen Postens des Vorsitzenden einer Strajkammer gestellt werden müssen. Daß Hr. Brausewetter feines krankhasten Zustandes wegen schon seit Jahren die sür einen Richter notwendige Selbstbeherrschung nicht mehr besaß, beweisen diese AuSlas ungen in drastischer Weise Seine Krank heit kam im Dezember in voller Stärke nach einem heftigen Gewitter zum Ausbruch; wenige Tage danach wurde er in eine Heilanstalt übergesührt. In der Zwischenzeit aber hatte er noch em Gerichtsurteil abgefaßt, durch welches zwei sozialdemokra tische Schriftsteller, welche eine beleidigende Äußerung gegen einen Meiningenfchen Beamten in das von ihnen redigierte Protokoll des Franksurter Sozialdemokratischen Parteitages übernommen hatten, zu der horrenden Strase von je drei Monaten Gefängnis verurteilt wurden. (Hört! hört!) Dabei ist erwieien, daß schon zwei Jahre vorher der GerichtsphysikuS zu einer Erklärung veranlaßt worden war, wonach die Hand lungen des Hrn. Brausewetter schon damals unter einem krank haften Einfluß gestanden haben. (Präsident v. Buol hält da für, daß diese ganze persönliche Darstellung vor den preußischen Iustizminister gehört ) Ich habe dies anführen müssen, um die Unterlage sür die an den Staatssekretär zu stellenden Fragen zu haben. Ich srage: Kann der Staatssekretär es zulasten, daß ein Zustand in der Strafrechtspflege fortdaurrt, der das Rechtsbewußlsein des Volkes in der ärgsten Weife verwirren muß; daß Urteile rechtsbcständig bleiben, auch wenn sie von Geisteskranken gefällt werden? Bei civil- rcchtlichen Sachen, wie Tcstamentscrrichtungcn u. f w., kann dieser Umstand zur Vernichtung der betreffenden richterlichen Handlung führen; warum hier nicht ? Wir fordern eine lei Brausewetter, durch welche vorgeschlagcn wird eine Revision sämtlicher Prozesse, die unter Brausewetters Vorsitz seit der Zeit verhandelt worden sind, wo seine Geistesstörung erwiesen ist. Noch sitzen Hunderte, nicht bloß Sozialdemokraten, deren Verurteilung ja eine Spezialität des Herrn war, sondern auch viele Angehörige bürgerlicher Parteien, in den Gesängnissen, die vielleicht von einem geistig normal besetzten Gericht ein anderes Urteil erfahren hätten Legen Sie Wert auf das An sehen der Justiz, dann verhindern Sie das Eintreten von Folgen, wie sie hier zu Tage liegen. Urteile, die ein notorisch wahnsinniger Mann gesävt hat, müssen revisibel sein. (Beisall links.) Staatssekretär des Reichsjustizamts, Geh. Rat Nieber ding: M. H., der Hr. Vorredner hat zur Begründung der Fragen, die er am Schluffe seiner AuSsührungen an mich ge richtet hat, eingangs seiner Rede persönliche Beziehungen eines verstorbenen Mannes in die Debatte hineingcsührt, die hinein,usühren nach meiner Meinung nicht notwendig war Ich würde, auch ohne daß er das Haus mit diesen Erinner ungen an einen verstorbenen unglücklichen Mann besaßt hätte, in der Lage gewesen sein, seine Schlußsragen zu beantworten. Ich werde auch aus dir Ausiührungcn, die er über den Ver storbenen gemacht hat, soweit sie thatsächlicher Natur sein sollen, nicht weiter eingehen. Ich bestreite, daß sie richtig sind, und ich habe um so mehr Grund, das zu thun, als der Herr Abgeordnete kein Bedenken getragen hat, hier Aus führungen eines Blattes vorzulcsen, das er nicht einmal mit Namen genannt hat und sür dessen Inhalt er die Verantwortlichkeit nicht übernehmen will (Zuruf bei den Sozialdemokraten) — Ich bin der Meinung, daß, wenn der Herr Abgeordnete hier gravierende Thatfachen über einen Verstorbenen, der sich nicht mehr verteidigen kann, vor- sührt, so sollte er auch soviel Veranlwortlichkcitsgcsühl haben, daß er persönlich sür diese Thatfachen einznstehen geneigt ist. «Sehr richtig! rechts.) M. H., der Hr. Abgeordnete hat die Sache dann so dargcstellt, als wenn eS sich hier um einen Richter handle, der seit längerer Zeit geisteskrank gewesen sei und in diesem krankhasten Zustande an der Rechtsprechung teil- gcnommen habe Soweit mir die thatfächlichen Verhältnisse be kannt sind, muß ich die Richtigkeit dieser Behauptung bestreiten. (Zuruf bei den Sozialdemokraten.) — Nein, es ist nicht von dem preußischen Justizministerium zugegeben worden, im Gegen teil! Der Hr. Vertreter des preußischen Justizministeriums hat sich in der Kommission sür den Strafprozeß dahin ausgesprochen, Werde ;um Weib. Roman von Ida Boy-Ed. 12 (Fortsetzung) Sie hatte Eugen Hesberg bemerkt. Eine unaus sprechliche Bestürzung bemächtigte sich ihrer — sie war errötet, sie hatte es deutlich gefühlt. Warum? Warum? Und ihr war, als müsse ihr jedermann von der Stirn das flammende Mal dieses thörichten Schreckens lesen. Eugen Hesberg stand vor einer Wand, hielt den Chapeau rlague, in dessen Rand die Handschuhe ein geklemmt waren, in den znsammengclcgten Händen vor sich hin und sah mit einer unverhohlenen Neu gier in die sich durcheinanderschicbende Menschen menge hinein. Plötzlich leuchtete sein Auge ans, er sah Marie Luise Sandbach auf sich zusteuern, konnte ihr aber nicht entgegen, weil gerade vor ihm sich zwei kleine, dicke und sehr gesprächige Damen aufgepslanzt hatten. Sie nickte und lächelte schon von weitem. Und nun hatte sie ihn erreicht, von der Seite hervor- kommend, wo sie durch ein befehlshaberisches „Pardon" die Leute zwang ihr Raum zu geben. Sic schüttelten sich die Hände wie alte Bekannte. „Ich bin ein unbescheidener Mensch, Sie wissen eS schon", sagte er mit einem so glücklichen Lächeln, da^ Marie-Luise sich daran erquickte „Ich will Eie fünf Minuten für mich haben, damit Sie mir daß nichts vorliege, was zu der Annahme berechtige, daß der Verstorbene bei den Urteilen, an denen er teilgenommen habe, in einem Zustande geistiger Umnachtung thälig gewesen sei. Solange mir keine thatfächlichen Beweist von feiten der Herren beigebracht werden, können Sie von uns nicht verlangen, daß wir sie glauben, und bin ich jedenfalls berechtigt, sie zu be streiten Der Hr. Abgeordnete hat die Sache fo dargestellt, als wenn die übrigen Mitglieder des FünsmännrrlollcgiumS, die mit dem Verstorbenen an der Rechtsprechung teilgenommen haben, von feinem Zustand geistiger Umnachtung Kenntnis ge habt hätten (Widerspruch bei den Sozialdemokraten) und trotz dieser Kenntnis an der Urtcilsfällung teilgcnommen und nicht an zuständiger Stelle von der Lage der Sache Mitteilung gemacht hätten. Ich bestreite, daß die Herren Kenntnis davon gehabt haben, und wenn der Hr. Abgeordnete jetzt feine Bemerkung dahin auslegt, daß sie Kenntnis davon hätten haben müssen, so frage ich ihn, woher denn dieses sein Urteil kommt, das ihn ermächtigt, den Herren den Vorwurf zu machen, daß sie ihre Pflicht verletzt hätten, indem sie, obwohl sie in der Lage gewesen wären, den Zustand des Mannes als einen krankhaften zu würdigen, doch diese Erkenntnis nicht ge wonnen hätten. (Sehr richtig!) Ter Hr. Abgeordnete hat es dann fo dargrstellt, als wenn der preußische Hr Iustizminister feine Pflicht verletzt hätte, indem er diefem Zustand der Tinge längere Zeil ruhig zugesehcn habe, ohne einzugreiscn Ich muß zunächst immer wieder sagen, daß alle diese Vorwürfe, ob sie nun gegen den Verstorbenen, ob sie gegen seine Kollegen im Richteramt, oder ob sie gegen die Justizverwaltung im all gemeinen sich richten, aus fupponirrlen Thatfachen ausgebaut sind, für die dcr Hr. Abgeordnete den Beweis bis dahin nicht erbracht hat, und ich bestreite ihm das Recht, aus solche bewciS- lose Behauptungen hin der preußischen Justizverwaltung Len Vorwurf zu machen, daß sie ihre Pflicht vernachlässigt habe. Bravo!) Meine Herren, wenn die preußische Justizverwaltung die Erkenntnis gehabt hätte, daß eS ft re Pflicht sei, hier eiw- zufchreiten, fo hätte es ihr an den Mitteln dazu nicht gefehlt, und ich komme damit aus die Frage, die der Hr. Abgeordnete an mich gerichtet hat, welche Mittet auf gesetzgeberischem Wege geboten werden sollen, um Dingen, wie er sie hier dargestellt hat, für die Zukunft vorzubeugen Neuer Mittel hierzu bedarf eS nicht. Tie bestehende Gesetzgebung giebt die Mittel bereits an die Hand, indem sie die Verwaltung ermächtigt, in den Fällen, in denen eine Geisteskrankheit nachgennefen oder wahrscheinlich ist, einen Richter im Wege des gesetzliche» Verfahrens von feinem Amt vorläufig zu entheben und demnächst die dauernde AuS- fchließung vom Richteramt hcrbeizuführen. Zu diefem Ver fahren hätten ja diejenigen, die sich über den Richter beschwer ten, die Anregung geben können, indem sie die Thatfachen, die ihnen bekannt waren, als Zeichen der geistigen Krankheit des ManneS an der zuständigen Stelle anbrachten. Anonyme Mit teilungen in den Zeitungen find nicht geeignet, die Justizver waltung zu einem Einschreiten mit fo schwerwiegenden Kon sequenzen zu veranlassen. (Sehr richtig! rechts; Heiterkeit bei den Sozialdemokraten) Dann hat der Hr. Abgeordnete ein be sonderes Gewicht daraus gelegt und auch der Justizverwaltung daraus einen Vorwurf gemacht, daß dieser Mann fo lange Zeit in feinem Amt als Vorsitzender einer Kammer thätig gewesen fei. Ja, m. H, was hat denn die Justizverwaltung damit zu thun? Sie haben ja immer der Justizverwaltung das Recht abgebrochen, sich in diese Dinge einzumrschen, Sic wollen ja nicht, daß die Justizverwaltung irgend einen Teil an der Be setzung der Kammern habe (Sehr richtig! rechts und bei den Nationalliberalcn.) Sie wollen das ja in der Hand der Ge richtshöfe lassen. Wie können Sie da in demselben Augenblick, wo Sie nach dieser Richtung hin den Standpunkt einnehmen, daß die Justizverwaltung kein Recht und keine Möglichkeit haben soll, hier einzugreisen, dieser Verwaltung den Vorwurf machen, daß sie nicht eingegriffcn habe? Ich muß also auch in diesem Punkte die Vorwürfe, die gegen die Justizverwaltung er hoben sind, als unberechtigt zurückwciscn Also, m.H , die Sache liegt ganz einfach, lassen wir den Toten ruhen, das Grad hatsichüber dem Unglücklichen geschloffen, wir brauchen unS mit feiner Pcr- fönlichkcit nicht zu befassen. Wir wollen uns auf diejenigen objektiven Verhältnisse beschränken, die uns nötigen könnten, einen Akt der Gesetzgebung hcrbeizuführen, und da liegt doch die Sache so: Werden Richterfprüche gefällt, an denen ein Richter leilgcnommen hat, der geistig krank gewesen ist, fo girk" den beteiligten Parteien dos Gesetz die Möglichkeit, hier Abhilfe zu schaffen; denn daS Gericht ist dann nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, und der Weg der Revision steht den Parteien offen. Sollte ferner die Justizverwaltung die Überzeugung be kommen, daß ein Richter nicht mehr in der Lage ist, seines Amtes zu wallen, weil er feiner Geisteskräfte nicht mehr mächtig ist, so bietet auch hier das Gesetz die Möglichkeit, cinzugrcisen. Ter Richter kann suspendiert und cs kann das Verfahren aus Entlassung aus dem Dienst eingelcitet werden: Aljo die Be forgniS, die der Hr. Abgeordnete hier ausgesprochen hat, ist nicht begründet. Wir leben auch, was diese Tinge angeht, in vollständig rechtlichen Zuständen (Lebhaftes Bravo! bei den Nationalliberalcn und rechts) Abg. Schröder (sreif. Vereinig): Der Fall Braufewcttcr, wie ihn Hr Singer vorgctragcn hat, beweist, mit welchen Über treibungen nian ans allem und jedem von gewisser Seite politi sches Kapital zu schlagen sucht Man verlangt ohne weiteres, daß eine große Zahl von Ürteilen einer nachträglichen Revision unterworfen werde, und selbst, daß der Versuch einer Spczialgeichgcb- ung nach dieser Richtung gemacht werde. Ein gesetzlicher Grundsür ein Wiederaufnahmeverfahren und für dieRevision aller dieser Prozesse existiert nicht Es ist unerhört, wenn gesagt wird, jemand, dcrgeistcs krank ist, fei schon früher geisteskrank gewesen. (Zwischenruf links) Hier nutzen Vermutungen nichts, sondern da braucht man erweisliche Thatfachen. Tie können Cie nicht beibringcn, weil Sic doch nicht fo weit gehen werden, zu behaupten, daß die übrigen Beisitzer trotz der Erkenntnis der Geisteskrankheit ihres Kollegen ruhig weiter ihres Amtes gewaltet hätten (Leb hafte Zustimmung.) Wir wollen doch gerade dem Gericht das Urteil darüber lasten, wie die Verteilung der Geschäfte zu er folgen hat; wenn das große Kollegium des Landgerichts I keinen Wechsel in der A.ntsverteilung für nötig hiclt, so genügt das Gerade um die Achtung der Justizpflcgc zu festigen, muß ich diesen Angriff cntschicdcn zurückweifen Einem einzelnen Urteil, einer einzelnen Amtshandlung gegenüber können Sic, Helsen können, die Tochter des Hauses zu suchen, der ich mich vocstellen soll " „Nicht nur das", antwortete sie und stellte sich neben ihm auf, „ich will Ihnen die ganze Gesell schäft erklären, in welche ich Sie hincinstarrcn sah etwa wie einen Menschen, der noch nie im Aquarium war, in die Glaswand des Bassins, in dem es von wunderlichen Ungetümen wimmelt." „Die ganze Gesellschaft erklären?" fragte er zweifelnd, „in fünf Minuten?" „Ich zeige Ihnen nur immer daS Klischee, nach der je eine Gruppe gebildet ist, wie Sie nach her selbst beobachten werden Also sehen Sie die sehr stattliche Frau mit dem klugen, orientalischen Gesicht und den Brillanten im Haar? — nein, ich nieine nicht die und nicht jene, welche Sie mit den Blicken streifen, — ich meine die mit der himbeerfarbenen Plüschrobe. Es ist Frau Kommerzienrat Seligmann. Sie spricht sechs lebende Sprachen, hat eine groß artige Bibliothek und eine stets offene Hand, ein stets offenes Haus für junge Litteraten. Daß ihre Schwestern, Cousinen und Tanten einen anderen Sport haben: die eine Malerei und Gemälde, die andere Philo sophie, die dritte Nationalökonomie und Wohlthätig- keit im größten Stil, thut nichts zur Sache Blen dend gebildet sind sie alle." „Haben sie auch Herz?" fragte Eugen. „O, für einander — ja!" sägte Marie-Luise. „Wie kommen diese Leute hierher?" fragte Eugen weiter. wenn cS Ihnen gelingt, »achzuwrisen, daß der Richter in geistiger Umnachtung gehandelt hat, Remedur auf dem Wege der Begnadigung fuchen (Lachen bei den Sozialdemokraten); ja, ein anderer Weg kann nicht befchritten werden Dem Anfehen des Rechtes haben Sie keinen bcfondercn Dienst geleistet Abg. Schmidt Warburg (Z): Ter Abg Singer hat Kollegen von mir angegriffen, weil sie ruhig unter dem Vorsitz dcs Hrn Brausewetter weiter amtiert hätten, obwohl sie seinen Zustand gekannt hätten. Dieser Borwurs ist unberechtiyt. Die vorgelcsenen Äußerungen kannte ich schon; ich habe sie seiner Zeit auch nicht mit Behagen gelesen, sondern mit der Empfind ung, daß eS nicht angemessen sei, daß Hr. Brausewetter seine per fönliche Meinung über die Schuldfragc so ost in den Vordergrund stellt; nicht bloß die Beisitzer, sondern auch die gesamte Öffent lichkeit hat die Verhandlungen anhören und beurteilen kön nen, aber niemand von Ihnen (zu den Sozialdemokraten) hat sich in der Presse gerührt, und da sollen die Beisitzer unter allen Umständen diese Wahrnehmung gemacht haben? Nein, Herr Singer, das ist deplaciert! In der Justizkommission haben wir ja schon einen Antrag erhalten, daß das Wiedcrausnahmevcr- sahren auch zulässig sein soll, wenn rin geisteskranker Richter bei der Urleilssällung mitgewirkt hat. Ter Antrag ist einst weilen abgclehnt worden, wird aber bei der zweiten Lesung m der Kommission wiederkommcn. Den Entrüstungssturm über die Hindeutung auf die Begnadigung verstehe ich nicht. Wie foll cs denn gemacht werden, wenn das Gefetz einen anderen Au-weg nicht zeigt? Sollen wir Parlamentsjustiz machen und diese oder jene richterlichen Urteile sür nichtig erklären? Das geht doch nicht an. Tann muß eben die Begnadigung ange nommen werden. Abg. Singer: Nach allen Äußerungen medizinischer Autori täten, die hier in Betracht kommen, ist cs unumstößlich, daß das Leiden des Hrn. Brausewetter schon jahrelang vorhanden und der plötzliche Zusammenbruch nur das Ende war. Die vor die Brausewetterkammcr geladenen Zeugen haben wiederholt Hrn. Brausewetter abgelehnt, weil er das objektive Recht nicht zu finden im stände sei; ist das auch kein Umstand, der die Aufmerksamkeit der Justizverwaltung aus diesen Vorsitzenden lenken konnte? Ich habe den Staatssekretär gefragt, was er zu thun gedenke, iq« den zu harten Strafen durch diesen Geistes kranken Verurteilten die Möglichkeit der Remedur zu geben, um eine Nachprüfung der Prozesse zu ermöglichen Daraus hat er mir nicht geantwortet. Die Kollegen Brausewetters mußten nach meiner scsten Überzeugung wissen, daß sie eS mit einem Geistes kranken zu thun hatten; das geht aus allen den Thatfachen hervor, die nach der Erkrankung und nach dem Tode Brause wetters veröffentlicht sind. Das Ansehen der Justiz verlangt gerade, daß hier eingcschrittcn wird, sonst wird diesem Anfehen ein tödlicher Schlag versetzt. (Lebhafter Beisall bei den Sozial demokraten) Staatssekretär des Reichsjustizrats Geh. Rat Nieberding: Ter Hr. Vorredner hat trotz der Gegenaussührungcn, die ihm aus dem Hause und von diesem Tische aus gemacht worden sind, zwei Behauptungen wiederholt, die von solcher Bedeutung sind, daß ich sie nicht unwidersprochen lassen kann Er hat zu nächst wiederholt gesagt, der verstorbene Richler sei während seines Dienstes notorisch geisteskrank gewesen; ich habe vorher erklärt, das ist nicht richtig. (Widerspruch links) Keine Spur von Beweis ist dafür erbracht. Ja, wenn Sie das behaupten, wiederholt behaupten, dann bringen Sie die Beweise dajür. Wenn Sie hier vor dem Lande die Justiz verunglimpfen und die Autorität der Richter zu erschüttern suchen mit solchen Be hauptungen, wenn Ihnen von anderen Herren aus dem Hause, die mit in dem Berliner Richtcrkollcgium sitzen, cntgcgengcstclli wird, daß nach ihrer persönlichen Beurteilung keine Veranlass ung vorgelegen habe, anzunehmcn, daß irgendwie eine geistige Störung des Mannes vorhanden gewesen sei, dann sind Sie verpflichtet, beweisende Thatsachen bcizubringcn Zweitens hat der Hr. Abgeordnete gesagt, die Richter des Berliner Gerichts hätten zwar nicht gewußt, aber wissen müssen, daß der Mann geisteskrank gewesen, d. h. die vier Richterkollcgicn, die im Lause der letzten Jahre mit dem Verstorbenen zusammen in der Kammer gesessen haben — sie wechseln doch mit ter Zeit, es sind daher nicht vier im ganzen, cs ist eine ganze Anzahl, — ferner das ganze Kollegium von 84 Richtern im Präsidium, angesehene, untadelhaste Männer von unanfechtbarer Autorität, diese Männer alle zusammen wären in der Lage gewesen, zu erkennen, daß der Verstorbene geisteskrank war und sic hätten doch diese Erkenntnis nicht gewonnen Tas ist ein Vorwurf von solcher Ungeheuerlichkeit, daß ich ihn aufs entschiedenste zurückweisen muß. Ich bin fest überzeugt, die öffentliche Meinung wird die Wirkung dieses Vorwurfs aus Sic zurück- fallcn lassen. Abg Lenzmann (freis. Bolksp) Ganz nach meinem Ge schmack ist die Art und Weise, wie Hr. Singer hier den Fall vorgesührt und verwertet hat, nicht, aber das Volk versteht in der That nicht, wie die Uneile aufrcchterhalten bleiben können, die unter dem Vorsitz eines geisteskranken Richters gefällt wurden Tie Beeinflussung der Gerichte bei der Geschäftsveitcilung wäre allerdings ein Schlag gegen die Freiheit des Volke-; dos wollen wir nicht. Hier mußte aber das Präsidium selbst mit der Justizverwaltung durch die Stimmen gedrängt werden, welche über das Gebaren des Hrn. Brausewetter verlauteten; wenn dieser Weg nicht beschritten wurde, so sind jene beiden Instanzen von der Verantwortlichkeit für die Folge nicht frcizufprechen. Tie positive Foidcrung des Hrn. Singer ist aber nicht zu er füllen Man kann doch nicht icden Richter probeweise auf 6 Monate in eine Irrenanstalt zur Beobachtung schicken. Ein Gesetz zu erlassen, welches alle Ürlcile aushcbt, unter denen dcr Name Brausewetter steht, ist absolut unzulässig, damit ginge die Rechtssicherheit verloren. Ter Hinweis auf die Gnadeninstanz ist ein Notbehelf, den ich aecepticre; aber dazu sollte man nur im äußersten Notfälle schreiten, wenn die Gesetzgebung gänzlich versagt. Denn bei jedem Gnadengesuch würde doch zuerst dcr Staatsanwalt zu hören sein, und er würde sich, natürlich immer domc Lite, sehr schwer entschließen, bei einem verurteilten Sozialdemokraten das Gnadengesuch zu besürworten Ganz so ratlos stehen wir aber nicht da. Munckel und ich haben be antragt, unter die Fälle der Wiederausnahmc des Verfahrens auch diesen Fall zu subsumieren Wir haben allerdings gehört, daß die Begriffsbestimmung „geisteskrank" sehr schwer sei; wir haben unsere Anregung dann dahin eingeschränkt, daß Grund zur „Frau Aüing ist doch eine gedorcuc Seligmann, wußten Sie das nicht?" „Nein", sprach Eugen verdutzt, denn er hatte der anmutigen, blonden Frau Alling, die trotz ihrer vierzig Jahre noch durch schlanke, graziöse Schönheit glänzte, gar keinen semitischen Zug angemerkt. „Nun", meinte Maric-Luise, „ihre Mutter war eine Norwegerin, ihr Vater hat sich taufen lassen. Aber alle anderen Seligmänner, davon sie hier ein Dutzend und mehr sehen — welche heißen auch Cohn und Goldberger — sind dem Glauben ihrer Väter treu geblieben. DaS männliche Klischee will ich Ihnen auch noch geben: Eleganz, die nicht wirkt, weil zu große Körperfülle ihrem Wesen entgegenarbeitet, rast loser Fleiß, Geschäftsgenie, Großartigkeit des Gebens bei öffentlichen Gelegenheiten, Witz mit starker Neig ung zum CynismuS." Eugen hörte ihrer halblauten Erklärung zu. Nun ging ihr Blick wieder suchend umher. „Dort", sagte sie, „sehen Sie den großen, blond bärtigen Mann mit dem kahl geschorenen Haupt und dem Kneifer am schwarze« Bande, der sich so über legen bewegt und dessen Lächeln einen Stich ins Leut selige hat? ES ist Lebrecht Eberhardt, der mit seinen, Verleger Alling fo lange intim befreundet bleiben wird, al» die Mode, welche eine Laune für ihn hat, seinen Büchern eine große Anzahl von Auflagen be reitet. Rauscht diese Zeit vorüber, läßt Alling den Mann fallen, dessen Art und Geistesrichtung ihm tief unsympathisch ist. Ich habe hier schon manchen Wiederaufnahme dann vorhanden fein foll, wenn anzunehmen ist, daß einer dcr Richler zur Zeit dcr Urtcilsfällung in Wahn- sinn verfallen war Der Antrag ist nur mit Stimmengleichheit gefallen und wird in zweiter Lesung wohl durchdringen. Gelingt »ns dies, dann werden auch die verbündeten Regierungen, wie ich hoffe, dieses Novum annehmen und auch den im Falle Brausewetter vielleicht Geschädigten zu ihrem Recht verhelfen. Abg Stadthagen (Soz-Dem.): Ich habe den Lrnd- gerichtsdirektor Brausewetter 10 Jahre lang gekannt und stelle fest, daß es nicht richtig ist, daß den vorgesetzten Behörden und dem preußischen Justizministerium die Vorgänge und die Thal- fachen ganz und gar unbekannt geblieben seien. TieseS Material findet sich in einer Fülle von Eingaben an das Justiz ministerium, die sich alle aus Ablehnungsgesuche gegen den Hrn. Brausewetter beziehen Schon 1889 ist darin dasjenige zum Ausdruck gebracht worden, was sich Ende 1895 so kraß bestätigt hat, natürlich in Formen, welche eine Beleidigung ausschloffen, aber jedem Juristen vci stündlich machen mußten, was gesagt werden sollte. (Redner citiert eine Anzahl der be treffenden Stellen aus den Eingaben.) Alles dieses ist aber auch in Zeitungen und in öffentlichen Versammlungen behauptet, und es ist also die Beschuldigung in aller Öffentlichkeit erhoben worden. Daß nichts geschehen ist, das liegt in der subalternen Stellung, die heute dem Richterstand überhaupt angewiesen ist, soweit er nicht in Präsidialstelle sich befindet. Wenn der Staats sekretär die Akten des Justizministeriums liest, muß er zu der Üeberzeugung kommen, daß wenigstens dcr dringende Verdacht in dcr bezeichneten Richtung vorlag. So lange der Staats sekretär nicht eine genügendere Antwort gegeben hat, bitte ich den Reichstag, das Gehalt des Staatssekretärs nicht zu be willigen. (Heiterkeit) Abg Lütgenau bespricht den Prozeß vor dcm Schwur gericht Essen gegen den Bergmann Schröder und Genossen — Aus seine Anregung einzugehcn sieht sich niemand aus dcm Hause veranlaßt. Damit schließt die Diskussion. Ter Etat der Reichs justizverwaltung wird unverändert genehmigt, des gleichen der Etat deS Rechnungshofes. In die außerdem noch auf der Tagesordnung stehende erste Lesung der Novelle zur Gewerbeordnung wird wegen der vor gerückten Stunde nicht mehr eingetrcten. Schluß A 5 Uhr. Nächste Sitzung Montag 1 Uhr. Erste Lesung dcs Entwurfes eines Bürgerlichen Gesetz buches. Vom Landtage. Trcs-en, 3. Februar. Die Zweite Kammer erledigte in ihrer heutigen Sitzung in Gegenwart Sr. Excellenz des Hrn. Staatsministers v. Seydewitz sowie des Hrn. Geh. Rats vr. Waentig, der Herren geh. Schulräte Kockel und Dr. Vogel und des Hrn. geh. Regierungsrates Kretzschmar die Kap. 88 bis 93 des Abschnittes H des Kultusetats, Kultusministerium, Landeskonsistorium, katholische Behörden, Universität Leipzig, Polytechnikum und evangelische Kirchen be treffend. Die Fiuanzdeputation schlug die Be willigung sämtlicher Kapitel nach der Vorlage vor und ersuchte die Regierung um thunlichste Beschränk ung der Forderungen namentlich bei den Kapiteln Universität und Polytechnikum. Abg. Schmale be klagte die Besetzung einer wendischen Pfarrstelle mit einem der wendischen Sprache unkundigen Geistlichen. Se. Excellenz der Hr. Staatsminister erklärte, daß diese Angelegenheit nicht zur Zuständig keit des Kultusministeriums gehört habe. Abg. Lpitz erneuerte seine Wünsche nach einer Ab änderung dcs juristischen Studiums und regte die Frage der Zulassung der Frauen zum akademischen Studium an. Abg. vr Minckwitz sprach sich gegen die Zulassung der Frauen, besonders zum ärztlichen Studium aus; Abg. Goldstein empfahl diese Zulassung. Gegen den Sparsamkeitsantrag der Deputation wen dete sich Abg. vr. Schill, verteidigt wurde dieser An trag von den Abgg. Uhlemann-Görlitz, Georgi und Hähnel. Se. Excellenz der Herr Staatsminister v. Seydewitz sicherte zu, daß dcr Pflege unserer Mutter sprache immer die größte Sorgfalt gewidmet werden würde, daß Erörterungen wegen Abänderung dcs juristischen Studiums, insbesondere wegen Einführung einer Zwischenprüfung, angestellt aber noch nicht ab geschlossen seien, und erklärte schließlich, daß man kein zwingendes Bedürfnis habe, zur Zeit die Zulassung der Frauen zum akademischen Studium zu be schließen, er auch prinzipiell dieser Zulassung nicht sympathisch gegenübersiehe. Abg. ^pm dankte dem Hrn. Minister für seine Erklärungen, Abg. Gold stein verwendete sich nochmals für die Zulassung der Frauen zum akademischen Studium. — Beim Kapitel Polytechnikum bat Abg. Seim darum, daß das Ab solutorienzcugnis der Chemnitzer Gewerbeschule dem Maturitätszeugnis bei Ablegung des technischen Staats examens gleichgestellt werde nmöge. Se. Excellenz der Hr. Staatsminister v Seydewitz glaubte, daß sich das Finanzministerium mit dieser Frage beschäftigen werde. Sämtliche Kapitel wurden bewilligt; dcr Sparsamkeits antrag der Deputation wurde angenommen. — Nächste Sitzung morgen. kommen, herrschen und gehen sehen. Nutzen und Mode würfeln hier oft Menschen zusammen. Rechte Stabilität wie in Ihren Kreisen giebt es nicht, denn all' diese Menschen sind im letzten Sinn ja ihre eigenen Herren, und keine Bcamtenpsiicht und keine Unterthänigkeit gebietet ihnen mit Leuten und in Häusern zu verkehren, denen sie bei freier Wahl fern bleiben würden. So verschiebt sich eben das Bild fast von Mal zu Mal: eS ist kaleidoskopisch — bald fällt hier ein buntes Glassplitterchcn in den Vorder grund, bald taucht dort eins unter — wie gesagt, Nutzen, Mode, Laune, vielleicht auch Intriguen schütteln das Rohr: Sie schauen durchs Guckloch hinein und sehen ganz etwas anderes wie zuvor." „Ich kann nur zuhören," sagte Eugen, „das wird für heute meine bescheidene Rolle bleiben, merke ich schon. Und am liebsten möchte ich den ganzen Abend hier mit Ihnen zusammenbleiben; Sie geben mir daS Gefühl, als ob diese Menschen sich vor uns aus- und abbewegten, extra für Sie und mich zum Schauspiel." „Für mich sind sie auch nur ein Schauspiel, dem ich kritisch zusehe", sprach Marie-Luise in einem schweren Ton, während das Lächeln von ihren Lippen verschwand. Er sah sie an und erstaunte. AllcS Licht schien erloschen, das noch eben so warm aus ihren Augen gestrahlt hatte. -Fortsetzung folgt)