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434 Anscheine nach aus officiösen Kreisen stammende! lungen und gewagte Voraussetzungen nicht verwirren sollte. Köln. Ztg." sagt in Anknüpfung an jene frühere j noch keines der drei konstitutionellen Gesetze beendet. — „ES liegt wohl auf der Hand, daß der General, einer ihm überreichten Adresse französischer Pilger sagte der Wien, 8. Mai. Der Prinz G.org und die Prinzessin Georg von Sachsen sind heute Vormittag hier eingetroffen. Der Aufenthalt des russischen Kaisers in Wien ist. auf 14 Tage festgesetzt. Der Fürst von Serbien, Milan, trifft in Wie» am 20. d. ein und verbleibt daselbst eine Woche. Wien, 9. Mai. Nach einer Meldung der „N. Fr. Pr." bot den Anlaß zu der heutigen Sistirung der Börsengeschäfte die Insolvenz dcS eines besonderen CrcditS sich erfreuenden BörscncomptoirS vonPetschcck und sollte durch dieSisti- nmg einer unerhörten Deroute vorgebeugt werde». Eine große Zahl von Bör- senbesuchern verlangt, daß die Regierung eine acht bis vterzehntägigr GeschäftS- sistirung mit Moratorien verordne. Die Börsenkammer gedenkt den Finanz- minister aufzusorrern, die gegenwärtige Vörsenlage zum Gegenstände schleuniger Maaßregeln zu mach.», um den Auöbruch einer Geld- und Handelskrisis zu verhindern. Der Börsenkammcrpräsident begab sich zum Finanzminister, um zu erwirken, daß die Nationalbank Wechsel reichlich escomplire und daß aus Rc- gierungekassenbcständcn den Banken Geldmittel zur Einlösung der fälligen Cou pons gegen Bedckung zur Verfügung gestellt werden, damit die Banken von Ansammlung großer Reserven enthoben seien. Die Creditanstalt berief eine Eontcrenz von Bankdirectoren ein. Frankreich. Der Minister deS Innern hat von den Präfectcn ihre Meinung über das beste Wahlsystem verlangt, welches vom conservativ-republicanischen Standpunkt aus in Anwendung zu bringen sei. Derselbe will wissen, ob sie für besser halten: 1) die individuelle Abstimmung per Arrondissement; 2) die gegenwärtige Abstim mung nach Listen; 3) das gemischte System, d. h. eine einzige AbstlmmungS- liste für die kleinen Departements und mehrere Listen für die großen Departe ments, oder 4) die Theilung aller Departements in mehrere Bezirke mit Ab- stimmungSlistcn für drei oder vier Namm. Bei der Beantwortung dieser Fragen sollen dl- Präfekten damit rechnen, daß die eine Kammer 500 und die zweite 250 Mitglieder zählen würde. Der französische Kassationshof hat dieser Tage einen Beschluß gefaßt, wel cher ein gewisses Aufsehen erregt. Der Sachverhalt ist folgender: Am 15. December v. I. brachte der Progreö de la Somme nachstehende Petition: „Die unterzeichneten Wähler, in Erwägung, daß die Souverainetät ausschließ lich in dem Volke liegt, das seinen Willen durch das allgemeine Stimmrecht auSdrückt; daß die Bevollmächtigten de» Volkes keine anderen Gewalten haben als die, welche sie von den Wählern erhalten; in Anbetracht, daß der, welcher das Mandat gibt, und nicht oer, welcher eS erhalten, dessen Ausdehnung zu b:stimmcn hat; daß cS d.n Wählern und nicht den Dcputirten zusteht, zu ent scheiden, ob diese letzteren mu der constltuirenv.-n G-Walt bekleidet sind, — erklären, daß sie den von ihnen in die National-Versammlung gesandten Dcputirten nicht das Recht gegeben haben, eine Verfassung zu machen. Sie protestlren deshalb gegen jeden Anspruch, welchen die Mitglieder der genannten Versammlung er heben könnten, um dem Lande eine Verfassung zu geben, was eine Usurpation der Gewalt und ein Attentat gegen die Nationalsouverainctät constiturren würde." Ler Gerant deS Progrbs de la Somme wurde wegen der Veröffentlichung die ses DocummtS verfolgt. Da die Anklagckammer deS AsfisenhofeS erklärte, daß kein Grund zur Verfolgung vorliege, so brachte die Staatsbehörde die Sach: vor den CaffanonShof, der aber der Ansicht der Anklagekammer beipflichtele uns erklärte, „daß der Artikel nichts enthalte, was einen Angriff gegen d:e Rechte und die Autorität der Versammlung feststelle." Dieser Beschluß deS obersten Gerichtshofes ist in so fern wichtig, als er daS PctitionSrecht sicherstem und eS für kernen Angriff gegen die Rechte der Versammlung hält, wenn man ihr die constituinnde Gewalt abspricht. Die „Rcpubliefue Fran^aise" (Gambclta'ö Organ) schließt ihren neuesten Leitartikel mit folgenden Worten: ES ist unsere feste Ueberzeugung, daß seit achtzig Jahren keine Regierung so stark war, als eS die des Präsidenten der Republik ist. Sonderbarer Weise scheint dieselbe daran Gefallen zu finden, schwach und kleinmüthig zu erscheinen. Wenn Herr ThierS wollte! hört man überall und mit Recht sagen; worauf die Aufwiegler mit maßloser Unverschämt heit erwidern: Was veimag Herr ThierS gegen die souveräne Assemblee von Versailles zu wellen? WaS er wollen kann, ihr Herren Monarchisten? Er kann beim Zusammentritte der Assemblee sagen wollen, daß in seinem Geiste wie in dem Frankreichs die Auflösung eine vollendete Thatsache ist; daß die allgemeinen Wahlen staltfinden werden, sobald der Fremde daö Territorium ge räumt hat, und daß dies das einzige Mittel ist, den Befürchtungen der Nation ein Ende zu machen. DicS kann Herr ThierS wollen. Es ist dies weder ein Staatsstreich, noch eine Usurpäiicn oder ein Verbrechen; eS ist einfach Ver nunft und gesunder Menschenverstand. Allerdings liebt Herr ThierS, die Ver nunft und den gesunden Menschenverstand mit einer kleinen Dosts von List und Schlauheit zu würzen, und dies eben erklärt seine Unentschlossenheit, sein Zau der». Er sucht Umwoge und Hindernisse, anstatt gerade auf sein Ziel vorzuschrriten. Paris, 8. Mat. Bien Public warnt vor den über die Arbeiten des MinisterratHS verbreiteten Gerüchten; da das Geheimniß bewahrt werde, so sei über di- Arbeiten und Meinungen der Minister nichts bekannt. Diese Arbeiten wären so wichtig, daß man die öffentliche Meinung durch zweifelhafte Enthül-! Änftbejn Hatte. Eine allem l Berliner Korrespondenz der „Köln. , Mittheilupg dcr „D. A. Z>": „ES siegt wohl auf der Hand, daß »venu seine gegenwärtige Mission in Frankreich erledigt ist, eine seinen unleugbar großen Verdiensten entsprechende Verwendung, resp. Auszeichnung erhalten wird. Ein Mann, der im Krüge und im Frieden eine so hervorragende Rolle gespielt bat, kann nicht einfach wieder an die Spitz- eines Armeekorps gestellt werden. Die Steve eines Gouverneurs von Berlin ist im Augenblick die einzige, welche ihm angeboten werden kann. Ihn in eine so ausgezeichnete Stellung zu bringen, da dieselbe vacant ist, gebietet di« Rücksicht der militärischen Etiqu-tte — wenn ich so sagen darf, welcher der König voraussichtlich gem Statt geben wird. Der Sin rritt einer solchen Berufung erklärt sich also von selbst." Daß der General später sogar zum Ministerpräsidenten auöersehen sei, wird von der K. Z.in Abrede gestellt. Frankfurt a. M., 6. Mai. Die Zahl der bei dem Biertumult Ge rösteten und an ihren Wunden verstorbenen beträgt bis j )t 20, unter denen keiner von Seiten dcr Truppen over Schutzmannschaft. Zwölf Leichen find ins Hospital zum heiligen Geist getragen worven und 8 von den 38 eingebrachten Verwundeten sind Sarin gestorben. Dieselben erlagen sämmtlich Schußwunden. Einer dcr eingebrachtcn Verwundeten war so betrunken, daß er die Zerschmette rung seines Armes gar nicht fühlte und mt demselben noch Bewegungen zu machen versuchte. Di- 38 Verwundungen therlen sich in 10 durch Kolbenhiebe am Kopf, 3 durch Bajomtstich und 25 durch Schüsse. -Oesterreich. . . Laut National ist noch keines der drei konstitutionellen Gesetze beendet. — Bei Beantwortung einer ihm überreichten Adresse französischer Pilger sagte der Papst: Frankreich befinde sich in einer Zeit der Heimsuchung, nach deren Ende Jesus Christus wieder unter die katholische Ratton komme» «erde. Die Heimsuchung sei noth wendig, weil nicht alle ihre Pfltcht gethan hätten, jede werde die Rückkehr deS Retters beschleunigen; er werde lagen: Friede sei mit euch! Dieser Friede werde Kraft zu großen Kämpfen geben. Der Papst hofft für Frankreich einen Sieg wie der Plus' V. gegen die Türken. Gott habe getagt: Ich sah die Verherrlichung deS Gottlosen, ich ging vorüber und er war nicht mehr. Italien. Rom, 4. Mai. Man schreibt der K. Ztg.: Die Krisis ist beigelegt, aber nicht erledigt. Denn ihre gehelme Ursache dauert fort. Der oberste Verwalter der Finanzen steht nach wie vor der Unmöglichkeit gegenüber, sein Programm durchzusühren, zu sparen und Gleichgewicht tn'S Budget zu bringen. Seit die Kammer in Rom ist, wirft sie Geld mit vollen Händen aus, das Deficit wächst und die Umgestaltung der Armee erfordert immer größere Summen. Um ir gendwie der Wehrkraft der meisten übrigen europäisch-n Staaten gewachsen zu sein, bedarf daö Land einer Vermehrung der Flotte, neuer Anlagen von Festungen md Befestigung einiger Kriegshäfen. Mit halben Maßregeln, durch welche nur dcr Schein gewahrt, in der That aber nichts Lebens- und Widerstandsfähiges erzielt werden würde, sind im Grunde nur die heimlichen Verehrer Frankreichs einverstanden. Sie können den Gedanken nicht fassen, daß sich für Italien ei nes TageS die Nothwendigkeit Herausstellen sollte, der verehrten Schwesternation gerüstet entgegen zu treten. Indessen wendet sich die öffentlich- Meinung immer mehr von der lendenlahmen Politik dieser Moderati ab. Wenn die Kammer fort und fort größere Ausgaben für das Kriegsbudget beschließt, so gibt sie damit nur einer entschiedenen St. mmung der öffentlichen Meinung Ausdruck. Sella ist aber schwerlich der Mann, welcher auf die Dauer sich so das Concept verderben lassen will. Sein Rücktritt und mit ihm der des ganzen CabinetS ist also wohl aufgeschoben, aber nicht aufgehoben. Engkanv. Der Lordmayor von London hat von dem Feldmarschall Santiago Gonzalez, Präsidenten der Republik San Salvador, einen Brief erhalten, in welchem die Hülfe des britischen Publikums für die Verunglückten in Anspruch genommen wird. , In der Nacht des 19. April", heißt eS in dem Briefe u. A., „wurde die Hauptstadt der Republik durch drei besondere Erdstöße heimgcsucht, welche so heftig und verhänguißvoll waren, das, noch ehe die ahnungslosen Bewohner zu einem Gefühle dcr hereinbrechenden Gefahr erwachen konnten, viele aus ihren Betten geworfen wurden, um unter den Rainen ihrer Häuser begraben zu wer den. Der zweite Stoß ließ kein Dach mehr an seinem Platze, und was eben noch eine lebhafte, wohlhabende Stadt von etwa 30,000 Einwohnem war, wur de in einem Augenblicke zu einem Haufen von Ziegelsteinen und Mörtel, zu ei nem Schauplatze vollständiger Zerstörung." Der Präsident fährt fort, das Un glück zu beschreiben, welches in der ganzen Republik, zumal die Aerntczeit her annahe, empfunden werde, und bittet das englische Publicum, durch Geldsen dungen den plötzlich Verarmten beizustehen. Der Verlust an Menschenleben wird als sehr gering in dem Briefe und als in gar keinem Verhältnisse zu der ange richteten Verwüstung stehend bezeichnet. Wie wir aus anderen Quellen wissen, sind nur etwa 10 Menschen umgekommen. Königreich Sachsen. An den Börsenplätzen deö Kontinents vollzieht sich jetzt ein Prozeß, der ein Schauspiel für Götter und Menschen wäre, würven nicht die weitesten Kreise in seine Strudel gerissen. In Paris unterhandelt ThierS mit den Börsenvor- ständcn, um dem Sinken der Papiere Einhalt zu thun, in Wien entwerten sich die Effecten jeder Art aufs Grauenvollste, die Berliner Börse trauert in Sack und Asche, die Frankfurter krümmt sich vor Bauchkneipen, als habe sie in Sachsen hausen säuern Aeppele-Wein getrunken, aus München kommen gurgelnde Laute wie von Ertrinkenden, und wenn unsere DreSvner Börse sich noch so leidlich hält, so macht sie vermöge der verhälinißmäßig großen Solidität ihrer Geschäfte eme glückliche Ausnahme, deren Dauer allerdings Niemand verbürgen kann. Der reine Börscnmann, dem die Course ein Spielball sind, der Kaufmann, dcr von der Bewegung ,u profitiren gedachte, der Banquicr, der die Börscnströmung unter allen Umständen zu beherrschen wähnt, und der Privatmann, groß wie klein, der gern „mitthut" und seinen Rcppach mitnimmt — Alle leiden unter der kolossalen Entwerthung der Papiere, die ungeahnte Dimensionen annimmt. Die Börse ist nun einmal der größte Markt geworden, der Mittelpunkt dcS großartigsten Verkehrs, sie repräsenlirt einen nicht unbedeutenden Theil deS Na- nonalv rmögens, mit ihrer Hilfe und durch sie erhält der Schaffensdrang neue Nahrung, eröffnen sich dun VerkehrSlebcn neue Gebiete. I tzt find binnen wenigen Wochen, ja Tagen, Millionen verschwunden, der Credit hat gelitten, Insolvenzen und Banqucrotte häufen sich in Wien und Berlin, weitere Zahlungseinstellungen werden gefürchtet. Die Opfer, die gefallen sind, zu zählen, ist Unmöglich. Schwer büßt die Börse, was sie gesündigt. Der Uebermuth der Gründer, der mit lustigem Schellengeläute t urch die Welt galoppirte, war zu dreist geworden, die Tollkühn heit dcr Speculation setzte sich über alle Schranken hinweg und „nahm" gleich einem Stecplechase Pferde alle Hindernisse, Hecke» und Wassergräben der Moral; die. Agiotage — dieses schärfste Merkmal unserer Tage — umfaßte alle L benö- gcbi t-, auch die der Pflichten, der Grundsätze, dcr Tugend. Vollzieht sich jetzt ein Neinigungvprozeß, der zur Besonnenheit zurückführt und moralische Nachwirkungen hinterläßt, so sind die Opfer, die sich jetzt im Staube wälzen oder verduften, nicht umsonst dahin geschlachtet: sie sind der Culturdünger eines solideren Geschäfts, bei dem ein Papier nur den Werth hat, der ihm reell innewohnt. (Dr. N.) * Bet den Zulu-Kaffcrn in Südafrika beträgt der Preis, um den man sich eine Gattin erwerben kann, rundweg — zehn Kühe. Das ist dort LandeS- gesctz und Liebe somit viel kostspieliger als bei unk Wcnn ein Käufer ein Mädchen besonders werthschätzt, so kann er auch mehr Kühe geben, aber der Verkäufer darf nicht mehr verlangen. Dieses Gesetz wurde gegeben, weil ein mal ein Spekulant die Frauen künstlich vertheuerte. Er kaufte nämlich alle junge Mädchen und verlangte dann exorbitante Preise dafür. Der Handelsmann im tiefen Süden, der dadurch die zulu-kafferischen Junggesellen sehr in die Enge trieb, war wohl gewiß ein habgieriger Engländer. . Eibenstock. Die Resultate dcr dießjährigcn Recrutirung im AuShe- bungSbezirke Eibenstock beziffern in folgender Weise: Von 720 Gestellungs pflichtigen sind 365 für vollkommen dienstfähig erachtet, 198 zeitlich unbrauch bar, 54 dauernd unbrauchbar, 39alSErsatzreservtflen l. Cl., 57 als Ersatzreservisten I!. El. auSgehoten und 7 al- augenscheinlich dienstunfähig auSgemusierr worden.