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--Roman-Beilage-» copvUskt dx UsrUa rsucktsnmser, Nolls lLools) « 0 I« kl VOdl öl^x VVRL vor4_ Eine halbe Stunde später bummelte Meister Lienhart behaglich durch die Straßen. Er hatte die ihm zugeteilte Aufgabe erfüllt und freute sich dessen. Nun blieb ihm immer noch eine gute Zett, sich zu erholen. Es war prächtig, ein reicher Mann zu sein. Um diese Zeit war er des Werk- rags noch niemals durch die Straßen spazieren gegangen. Das Gefühl seines Glücks wurde stärker und stärker, wenn er rings um sich Menschen sah, die eUig der Arbeit nach gingen. Handwerker mit ihren Gesellen, Tagwerker, Fabrikarbeiter, Dienstleute... Er brauchte ja nicht mehr zu arbeiten. Er gründete sich ein großes Geschäft und lebte von den Erträgnissen. Vielleicht dann und wann, wenn es ihm gerade einfiel, konnte er ja einmal nach dem Rechten sehen und des Spaßes halber einige Stiche machen. Er sühlte sich so wohlig und behaglich bei den Ge danken an sein künftiges Leben, daß er, die Hände be quem aus den Rücken legend, die Lippen spitzte, um ein Liedchen zu psetsen. Aber er ließ es bleiben und begann unwillkürlich seinen Schritt zu beschleunigen, und ein sorgenvoller Zug zeigte sich in seinem Gesicht. Wenige Häuser vor sich sah er einen Laden mit riesigen blanken Schaufenstern, in denen eigentümlich große, schwere, massive Objektive zur Schau standen. Kassenschränke l Potz Blitz I Die beiden Weiber allein zu Hause mit dem vielen Geld! Wenn sie nur nichts Dummes machten oder ihnen was Dummes passierte, da doch die halbe Stadt von seinem Glück wußte! Es war entschieden ein sträflicher Leichtsinn, all den Reichtum in einem einfachen Glaskasten und einer alten Schreib kommode aufzubewahren... Selbstverständlich war ein Kassenschrank das Allernotwendigste, das erste, was er brauchte... Sofort trat er auf die Ladentür zu und drückte die Klinke nieder. Die Tür war verschlossen. Natürlich, einen Kassenschrank kaufte man nicht alle Tage! Er setzte das Klingelwerk kräftig in Bewegung. Wenn man einen Kaffenschrank kaufte, hatte man auch das Recht, kräftig zu klingeln. Herr Pantleon erschien etwas unwillig. »Sie wünschen, Herr Lienhart?" fragte er den ihm be kannten Schneidermeister von oben herab. Lienhart bemerkte es wohl. Aber er war nicht un gehalten. Der Mann wußte anscheinend noch nichts von seinem, Lienharts Glück. Du wirst gleich höflicher werden, sagte er sich. Dann ließ er seinen Blick wohlgefällig über die Un getüme laufen, die blank und sauber in unerschütterlicher Ruhe und Vornehmheit aus dem granitenen Boden standen. »Ich möchte mir mal gern Ihre Kaffenschränke ansehen, wenn Sie es erlauben, Herr Pantleon." Hei, wie das wirkte! Sofort nahm der Herr Obenherab eine leicht nach vorn geneigte Haltung ein, und rieb sich einschmeichelnd die Hände. »Sie suchen einen Kassenschrank, Herr Lienhart? Für sich selbst, wenn ich fragen darf?" „Ich denke!" entgegnete Lienhart mit Gleichgültigkeit „Ah? Suchen Sie etwas Größeres oder Kleineres?" Lienhart bewahrte immer noch das gleiche Wesen. «Wie hoch würde sich der Preis für diesen da stellen?" Er wies auf einen Kaffenschrank größter Art, der für die Zwecke einer Kreissparkasse genügt hätte. „Ah!" sagte aufmerksam der Ladenbesttzer wieder. Seine Haltung wurde zusehends geneigter. Er überflog mit einem schnellen Blick die Gestalt seines neue» Kunden, und jetzt erst fiel ihm der feine schwarze Tuchrock auf, den Lienhart immer noch trug und der, da der Meister sorg fältig daraus bedacht war, die Rückseite zu verdecken, einer kritischen Musterung standhalten konnte. „Sie", sagte er vertraulich, und legte dem Schneider meister die Hand auf die Schulter, „lieber Herr Lienhart, ohne indiskret sein zu wollen, Sie haben gewiß geerbt? Halt! Gerade sällt mir ein, dieser Tage war ja Ziehung? Haben wir gewonnen?" „Wäre nicht unmöglich", erwiderte Lienhart «tt-breiteM Schmunzeln. „Man sagt's!" „Ich gratuliere bestens!" Herr Pantleon war ei«-herz licher Mann, und schüttelte dem Schneidermeister kräftig und bieder die Hand. „Und anscheinend nicht wenig?" fragte er pfiffig. „Es ist ein hübsches Stück Geld. Ich bin zufri^en. Einen Kassenschrank brauchen wir nötig, und zwar sofort.'" * Zehn Minuten später war Lienhart tölSdr ckvf h» Straße. Er hatte die Hand auf den Rücken gelegt, um die Wunde des Rocks zu verbergen und lüstete leicht den Hut, während Herr Pantleon eine recht artige Verbeugung machte. „Also morgen früh wird er aufgestellt. Sie können sich darauf verlassen, Herr Lienhart. Beehren Sie mich wieder!" Lienhart winkte scherzhaft mit der Hand. fürS erste habe ich genug." Er strahlte vor Wonne und Würde. „Ja, wen« MM Geld hat!" murmelte er. „Jetzt will jedermann, der uttch vorher nicht angeguckt hat, des Schneidermeisters Lienhart Freund sein!" In der nächsten Straße blieb er wieder an einem Laden stehen. Ein länglicher, die ganze Höhe des Erd geschosses erreichender gläserner Aushängekasten erweckte seine Neugier. Eine Menge ausgelegte Kärtchen in jeder Form und Größe und mit Schriftzeichen der verschiedenste» Gattung interessierten ihn lebhaft. Dann studierte er ein fettgedrucktes Plakat» Visitenkarten in jeder Preislage. Es kann darauf gewartet werden. - Schnelldruckeret Polischick. Lienhart setzte seinen Kneifer aus die Nase, den ihw rinmal ein Hausierer zum besseren Lesen der Zeittmg ausgeschwatzt hatte, und er las jeden einzelnen Ramen, von oben bis unten. Das wäre hübsch, wenn sein Name auch darurüor stände! Noch nie in seinem Leben hatte er Visitenkarten besessen. Aber selbstverständlich mußte er jetzt welche haben. Rasch entschlossen, trat er in den Laden. Ein junger Mann musterte den Eintretenden Mit Miß trauen; aber seine Miene klärte sich auf, als er LienharK Wunsch vernahm. Dienstfertig legte er ihm das Muster buch vor.