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Bettage zur Weitzeritz-Zeitung Nr. 239 Sonnabend, am 12. Oktober 1929 95. Jahrgang Achtstundentag wird Gesetz Vor wenigen Tagen ist bekannt geworden, daß das Reichsautzcnministerium und das Reichsarbeitsmi nisterium gemeinsam dem Reichsrat einen Gesetzent wurf zur Bestätigung des Washingtoner Ueber- e im kommens über den Achtstundentag unterbreitet haben. Ungefähr zu der gleichen Zett legte der Unter staatssekretär im englischen Arbeitsministerium dem Unterhaus« ebenfalls einen Gesetzentwurf zur Ratifi zierung des Washingtoner Uebereinkommens vor. So mit wollen zwei große industrielle Staaten Europas nunmehr in ihre nationale Gesetzgebung das Ueber einkommen von Washington übernehmen und damit den Achtstundentag als Maßstab für alle Arbeitszeit bestimmungen in ihren Ländern nehmen. Es hat lange Zeit gebraucht, bevor das Washing toner Uebereinkommen seiner gesetzlichen Formulierung nahegebracht werden konnte. Tenn die Konferenz in Washington fand im Jahre 1919 statt! Sie hat zu dem Entwurf eines Uebereinkommens geführt, in dem die Arbeitszeit in den gewerblichen Betrieben auf acht Stunden täglich und 48 Stunden wöchentlich festgesetzt wurde. Aus Gründen, die in der politischen und wirt schaftlichen Entwicklung der ersten Nachkriegsjahre la gen, war es nicht möglich, den Entwurf dieses Ueber einkommens in die Form der nationalen Gesetze zu klei den. Eine genaue Betrachtung des Entwurfs zeigte sofort, daß noch eine Reihe von Ergänzungen not wendig waren, sie wurden zum Teil vorgenommen aus der Londoner Konferenz der Arbeitsminister bzw. durch besondere Uebereinkommensentwürfe, welche auf ein zelnen Tagungen des Internationalen Arbeitsamts in Genf zustandekamen. Tie deutsche Bestätigung des Washingtoner Ueber einkommens kommt in ihrer praktischen Form mit der Annahme des Arbettsschutzgesetzes zustande. Ter Entwurf des Arbeitsschutzgesetzes, der nach der Ver abschiedung durch den Reichsrat im Januar dem Reichs tag zugcleitet wurde, liegt zur Zeit dem Sozialpoli tischen Ausschuß vor. Tie Verabschiedung des Gesetz entwurfs durch den Ausschuß ist für die Zeit nach der Annahme des Uoungplans zu erwarten. In seinem Paragraph 11 übernimmt der Ent wurf des deutschen Aroeitsschutzgesetzcs die Bestimmun gen des Washingtoner Uebereinkommens. Es heißt dort: „Tie Arbeitszeit des einzelnen Arbeitnehmers darf acht Stunden täglich nicht überschreiten." Nicht als Ar beitszeit gelten die innerhalb der Arbeitszeit liegenden Ruhepausen, deren Gewährung im voraus feststeht. Tas deutsche Arbeitsschutzgesetz macht nicht die Ein schränkung, die das Washingtoner Uebereinkommen fest legt, denn sein Paragraph 11 sieht den Achtstunden tag für sämtliche Arbeitnehmergruppen vor, während im Washingtoner Uebereinkommen nur die Arbeitneh mer der gewerblichen Betriebe und die Angestellten der technischen Betriebe eingeschlossen waren. Somit kommet yer z« mir! AIS der große Künstler Thorwaldsen den Auftrag -erhalten hatte, für den Altarschmuck einer Kirche in Kopenhagen den Heiland darzustellen in der Mitte seiner Jünger, sagte er: „So muß er stehen, die Hände ausgestreckt, als wollte er jedermann entgegenrufen: Kommet her zu mir alle!" uns er schuf Me wundervolle Gestalt, die über all unter dem Namen des segnenden Christus bekannt geworden ist, und in Nachbildungen unzählige Christen- Häuser heute noch schmückt und vielen Trost in Trauen und Kraft in Anfechtung geschenkt hat. In dieser Hal tung haben wir den Herrn am liebsten. Damit sind trotzige Herzen überwunden, harte Herzen geschmolzen, verwundete und todesmatte Herzen geheilt und auf gerichtet worden. Alle sind zu ihm geladen, denn alle sind beladen. Nichts anderes fordert er von uns, als daß wir kom men, kommen, wie wir sind, mit allem, was uns drückt und auält, als Menschen, die ehrlich zu Selbst erkenntnis gelangen und sich freuen, einen Führer, einen Freund gefunden zu haben, der ihnen mittragen hilft. Viele rufen uns zu: Komm doch her zu mir! Oft sind wir diesen Stimmen gefolgt. Goldene Berge wur den uns versprochen, hernach kam die bittere Enttäu schung. An so manche Tür haben wir geklopft, und ebenso traurig, wie wir kamen, mußten wir weiter ziehen. Sie suchten alle nur das ihre. Aber hier ist Liebe, die nicht das ihre sucht. Der Herr will nicht nehmen, sondern geben, das Höchste, was es gibt, und was nur er geben kann: Frieden für die Seele, Ruhe und Frieden bei allen Mühen und Kämpfen. Hört seinen Ruf, ihr friedlosen, müden Seelen: „Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und be laden seid, ich will euch erquicken!" 28 »UiSSI' Luppen wüi>5sl F/vsA -dws/s/? L/vE/v A-zrÄro/' /ssz/o/re/ Fs-FvÄrÄz« "özrzFzz, ^z/^ zVocz/zzzl/s Verufsverlretungen, die Handels-, Gewerbe-, Handwerks- und Landwirtschaftskammern mit der Durchführung des Gesetzes betraut werden. Bei diesen sollen paritätische Ausschüsse ge bildet werden. Schon jetzt macht man darauf aufmerksam, daß es nicht angängig ist, die Besetzung dieser Ausschüsse von Arbeiterseite lediglich den sogenannten Monopolgewert- schaften zu überlassen, so daß der größere Teil der Arbeiter schaft ohne eine ihnen genehme Vertretung bleibt. Da es sich bei der Berufsausbildung um nichts Neues handelt, ist es verständlich, daß da, wo durch das Gesetz Neueinrichtungen geschaffen werden, diese mit bereits be stehenden kollidieren müssen. Aber wir leben nun einmal in einer Zeit, in der Gesetze, Verordnungen, neue Behörden und dergl. Dinge, wie Pilze aus der Erde schießen. Leute vom alten Schlag mit gesunden Ansichten schütteln schon längst den Kopf. Wir sind doch bald so weit, daß sich auch der Handwerksmeister für jedes Spezialgebiet einen juristischen Beirat halten muß. Durch das Steuerwesen findet sich schon längst kein Mensch mehr durch. Die Personalstagen werden immer komplizierter gestaltet. Die Bearbeitung des Lohn- und Versicherungswesens erfordert reichlich doppelte Arbeit. Jetzt heißt es aufpassen, daß für die eigentliche „Arbeit" noch Zeit und Leute übrig bleiben. Es fehlte nur noch, daß man das Berufsausbildungsgesetz auch noch mit 100 l Paragraphen ausstattet, so daß es erforderlich wird, jeden Meister einen einjährigen Kursus mitmachen zu lassen, damit er sich durch die Bestimmungen hindurchfindet. Von dem Anerkennungsverfahren für jeden einzelnen Lehr betrieb ist der Entwurf Gott sei Dank abgekommen; man hätte zur Durchführung einen riesenhaften Apparat notwendig gehabt. Nunmehr soll dem Lehrherrn, der persönlich den Voraussetzungen nicht genügt, d. h. dem man die Inne haltung der Schutzbestimmungen für die Jugendlichen nicht zutrauen darf oder der selbst bzw. dessen Betrieb zur Lehr lingsausbildung ungeeignet ist, die Berufsausbildung Jugend licher entzogen werden. Auch die Anzahl der jugendlichen Arbeiter bzw. Lehrlinge in Beruf und Betrieb kann nach den vorgesehenen gesetzlichen Bestimmungeu beschränkt werden, Die gesetzlichen Berufsvertretungen regeln die Länge der Lehr lingszeit (die 4 Jahre nicht überschreiten darf), sie können fiir bestimmte Berufe ärztliche Untersuchungen und Eignungs prüfungen vorschreiben. Binnen 4 Wochen seit Eintritt des Lehrlings soll der Lehrvertrag (nicht muß) schriftlich fest gelegt sein. Diese 4 Wochen gelten als Probezeit; sie kann in Ausnahmefällen auf 3 Monate ausgedehnt werden. Es ist Vorschrift, daß der Lehrherr oder seine Vertreter 24 Jahre alt sein und die Meisterprüfung abgelegt haben müssen. Ueber den Eeburtenausfall während des Krieges und den dadurch zu erwartenden Facharbeitermangel ist schon berichtet und auch die Möglichkeit beleuchtet worden, ob durch den weiteren Rückgang der Geburten eine Dauerkrise auf dem Arbeitsmarkt entstehen könne. Vor der Hand tritt dieser Mangel an Nachwuchs noch nicht deutlich in die Erscheinung. Es wird darüber noch die Dauer der Lehrzeit und vielleicht noch einige Jahre mehr vergehen. Zudem läßt sich die Aus wirkung wesentlich dadurch abschwächen, daß die Jugendlichen nach Beendigung der Lehrzeit in größerem Umfange, als das bisher möglich war, als Facharbeiter eingestellt werden. Früher mußte nämlich mancher Lehrling infolge Stellenmangels nach Beendigung seiner Lehrzeit versuchen, in irgendeinem unge lernten Berufe unterzukommen. Durch die besseren Aussichten wird natürlich der Anreiz für die Jugendlichen erhöht, von vornherein einen gelernten Beruf zu ergreifen. Manche Arbeit, die sonst durch Jugendliche verrichtet wurde, läßt sich heute maschinell erledigen. Für andere wieder könnte man aus der großen Zahl der arbeitslosen älteren Leute Kräfte nutz bar machen. Dem Mangel in der Anzahl soll so weit wie möglich durch eine besonders sorgfältige Fachausbildung des Nachwuchses begegnet werden. Daran sind natürlich Arbeit nehmer wie auch Arbeitgeber in gleichem Maße interessiert. Nur ein tüchtiger Arbeiterstamm wird allen Anforderungen gewachsen sein, die der moderne Produktionsprozeß erfordert, s Nur durch Qualitätsarbeit werden wir bei der auf die Spitze j getriebenen Konkurrenz den 3n- wie auch den Auslandsmarkt ! halten und erobern können. ! Es braucht unter diesen Umständen nicht weiter zu wundern, daß in der Nachkriegszeit Arbeitnehmer wie auch Arbeitgeber, Regierung und Fachschullehrkräfte ein erhöhtes Interesse für die berufliche Ausbildung des Nachwuchses an den Tag legten. Schon gleich nach dem Kriege hat sich eine paritätische Kom mission unter Beteiligung von Regierungsbeamten und Schul männern mit der Frage der Lehrlingsausbildung befaßt. Natürlich schossen diese ersten Ansätze zu einer Regelung der Berufsausbildung dem verworrenen Geiste der damaligen Zeit entsprechend über das Ziel hinaus. Auch die Arbeitgeberseite befaßte sich eingehend und ernsthast unter dem Vorsitz des Geheimrates Ernst von Vorsig mit diesen Fragen im Arbeits ausschuß für Berufsausbildung. Diesen Arbeiten schlossen sich der Deutsche Industrie- und Handelstag, der Reichsverband des deutschen Handwerks, die Vereinigung der deutschen Arbeit geberverbände, der Reichsverband der deutschen Industrie, der Deutsche Handwerks- und Eewerbekammertag sowie der Deutsche Ausschuß für technisches Schulwesen an. Schon im Jahre 1927 hat der deutschen Neichsregierung ein Entwurf zum Berufsausbildungsgesetz vorgelegen, der mehrfachen Ab änderungen und Ueberarbeitungen unterworfen wurde. Schließ lich haben sich die Länderregierungen und auch der Reichsrat mit dem Entwurf befaßt, und am 2. Juli d. I. wurde er vom Reichsrat verabschiedet. Der Wortlaut des Entwurfes wird demnächst als Reichsdrucksache erscheinen. Damit wird der Gesetzentwurf in das entscheidende Stadium treten. Es steht nicht zu erwarten, daß das Gesetz kampflos den Reichs tag passieren wird. Der Entwurf regelt in Form eines Rahmengesetzes, dem die nötigen Aussührungsbestimmungen noch seitens der Reichs und Länderregierungen und der Verufsvertretungen beigegeben werden müssen, in großen Zügen die berufliche Ausbildung aller jugendlichen Arbeitnehmer, der Lehrlinge lowohl wie der jugendlichen an- und ungelernten Arbeiterkräfte, und um faßt somit den gesamten Nachwuchs, die 14—18jährigen in . der Industrie, dem Handwerk, den freien Berufen und der Kaufmannschaft. Für die jugendlichen Arbeitskräfte der Land wirtschaft soll der besonderen Verhältnisse wegen eine eigene Regelung bald getroffen werden. Neue Behörden will man zum Zwecke der Durchführung des Gesetzes nicht schassen. Die freien Gewerkschaften hätten am liebsten gesehen, wenn die Durchführung des Berufs ausbildungsgesetzes der Reichsanstatt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung übertragen worden wäre. Doch ! fanden sie mit ihrem Vorschläge nicht einmal bei den anderen Das kommende Verufsausbildungsgesetz picklig kür ftanäwlrtktiakt, ttanckuerk unck Kaufmannschaft. Bon O. Polster, Dresden. Während die Handwerkskammern verpflichtet werden, GefeÜen- und Gehilfenprüfungen abzuhalten und Ausschüsse einzurichten, vor denen Meisterprüfungen abgehalten werden können, können die übrigen Verufsvertretungen, die Industrie- und Handelskammern, gleichfalls Gesellen- und Gehilfenprüfungen abhalten. Man will also den Handel nicht verpflichten Prüfungen abzuhalten. Das entspricht auch der Auffassung' weiter Kreise des Handels, die bisher von einer Hineinziehung der kaufmännischen Lehrlinge in das Gesetz nichts wissen wollen und die noch völlig unerprobte Einführung von Prüfungen für bedenklich halten. Die Landwirtschaft hat sich vorläufig aus der Eesetzesbearbeitung ausgeschaltet. Auf den Bergbau werden die Vorschriften des Rahmengesetzes nur insoweit in Anwendung kommen, als nicht die zuständigen Länder regierungen etwas anderes bestimmen. Wenn schon hierdurch anerkannt wird, daß die örtlich verschiedenen Verhältnisse be rücksichtigt werden müssen, so sind die Abweichungen der gesamten Arbeitsverhältnifse und entsprechend auch die Ausbildung des Nachwuchses durch die Verschiedenartigkeit des Untertage betriebes von einem normalen Fabrikbetrieb so groß, daß die Gesetzesbestimmungen nicht schematisch auf ihn übertragen werden können; höchstens könnten die übertage beschäftigten Jugendlichen ihm unterworfen werden. Man spricht im Berg bau auch -nicht von Berglehrlingen, sondern von Bergiung- leuten. Den Bergmannsberuf kann ;a der Jugendliche erst unter Tage erlernen, also erst vom vollendeten 16. Lebens- iabre ab und auch hier verbringt er die ersten beiden Jahre noch nicht mit eigentlicher Bergarbeit, sondern mit Neben arbeiten Nach seiner Eingewöhnung setzt erst — frühestens mit dem 18 Lebensjahr — die Sauerausbildung ein, also in* einem Alter, das durch das Berufsausbildungsgesetz nicht güht Vas deutsche Arbeitsschützgesetz in einzelnen Be stimmungen über das Washingtoner Uebereinkommen hinaus. Tie Beschränkung des Washingtoner Uebereinkom- mens auf die gewerblichen Arbeitnehmer ist von den Angestellten von Anfang an bekämpft worden. Den Wünschen der Angestellten ist das Internationale Ar beitsamt inzwischen nachgekonnnen: es hat einen Frage- b°8en über die Arbeitszeit der Angestellten den ein- zelnen Regierungen zugestellt. Tie Regierungen sind gehalten, ihre Antwort dem Internationalen Arbeits- amt möglichst bald mitzuteilen, damit die Beratungen über die Arbeitszeit der Angestellten, die auf der kom menden Konferenz des internationalen Arbeitsamts in Genf im Juni 1930 stattfinden sollen, keinerlei Ver zögerung erleiden. Liese Vorgänge zeigen, daß nunmehr die gesetz liche Regelung des Ueber-einkommens demnächst erfolgen wird. Praktisch wird eine gesetzliche Festlegung der Ar beitszeit auf acht Stunden täglich in den großen In dustriestaaten kaum eine Veränderung des augenblick lichen Zustandes Hervorrufen. In fast allen großen Industriestaaten ist für den größten Teil der Arbeit nehmer, wo nicht gesetzlich, so doch zum mindesten tarif vertraglich eine achtstündige Arbeitszeit vorgesehen. Allerdings müssen Mr dte besonderen Fälle des Wirt schaftslebens Ausnahmen gestattet werden. In der Ratifizierung des Washingtoner Ueberein kommens liegt eine Anerkennung der Notwendigkeit einer internationalen Regelung der Arbeitsbedin gungen. Gewerkschaften Gegenliebe, well gerade diese Behörde perio disch so stark unter Arbeitsüberlastung leide, so daß sie keine weiteren Aufgaben übernehmen könne; zudem erscheine es nicht wünschenswert, daß sie sich bei etwaigen Streitigkeiten über Arbeitsbedingungen oder durch Strasmaßnahmen, die , ——- ,. » . doch nicht zu vermeiden wären, nach beiden Seiten unbeliebt mehr erfaßt Aud^lst d e und die mache, wo es doch Pflicht der Reichsanstalt sei, bei der Durch- Hauerprüfung bereits berggch Siegelt, und an diese sührung ihrer heutigen umfangreichen Aufgaben allen gerecht ! bestehendeNtBerhallnisse sollte man nicht rühren., zu wcrden*-.Da erfcheint^es schon richtiger, daß Lie gesetzlichen !