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Bei dem Appell, der nach dem ersten Angriff »er Truppen veranstaltet wurde, fehlten insgesamt 14 Wächter, die vermutlich von den Aufrührern als Gei ßln sestgehalten werden. Starke Truppenabteilungen »reisen den Südwestflügel erneut mit Tränengasbom- »en an. Es wird versucht, die Stahltüren mit Sauerstoff- Brennern zu öffnen. Die Zuchthäusler, die sich des »«samten Waffenlagers beinächtigt Haven, haben ein vildes Feuer auf die Truppen eröffnet, »erstärlungen sür die Truppen sind unterwegs. Nach nichtamtlichen Meldungen sind bei dem Auf- Hand im Staatsgefängnis von Aubourn bis jetzt zwölf Personen getötet worden. Das Ende. Ter Aufstand im Zuchthaus ist nach heftige« j stampf endgültig niedergeschlagen worden. Im Ver- - lauf des Schluhkampfcs wurden acht Zuchthäusler und ! ein Wärter getötet. , Vereitelte Massenslncht. Einem in allen Einzelheiten ausaearbetteten ! Fluchtversuch von etwa 200 Gefangenen ist man im > Gefängnis von Limoges in Frankreich auf die Spur l gekommen. Ein Schwerverbrecher, dem es bereits meh- ; cere Male gelungen war, auszubrechen, hatte sich I Nachschlüssel verschafft und während des Spazierganges f ruf den, GefüngniShof mit anderen Gefangenen in Ver- ! bindung gesetzt. Es wurde beschlossen, lange Stricke > llnzufertigen, um einen Teil der Gefangenen an der l Mauer herabzulassen. Die übrigen Gefangenen sollten Die sieben Wärter erdrosseln. In letzter Minute kam der Plan durch die Auffindung eines Strickes in einer der Zellen ans Tageslicht. „Sklareks" in Mülheim. Eine größere Betrugsangelegenheit, von der dis ' Mülheimer Stadtverwaltung betroffen wird, beschäf tigt die Mülheimer Kriminalpolizei. Verwickelt in diese Betrügereien ist die Firma Haverkamp Nach folger (Inhaber Josef Schleicher und dessen Sohn Wil helm), oie fortlaufend Arbeiten für die Mülheimer ! Stadtverwaltung auSgeftthrt hat, und der städtische ! Heizungsingenieur Karl Klaus. - Nachdem die betrügerischen Machenschaften der Kriminalpolizei bekannt geworden waren, schritt diese sofort zur eingehenden Durchsuchung der Geschäfts räume der Firma und zur Beschlagnahme sämtlicher Geschäftsbücher und Paprere und nahm auch die drei Beschuldigten wegen Verdunkelungsgefahr fest. Durch die bisherigen Zeugenvernehmungen und durch die Teilgestäudnisse der Beschuldigten ist erwiesen, daß Joses Schleicher und sein Sohn in den letzten vier bis fünf Jahren laufend sogenannte Schwarzrechnungcn über angeblich ausgefnhrte Arbeiten ausgestellt und hierfür das Geld empfangen haben, wobei ihnen Klans insofern behilflich war, als er in seiner Eigenschaft als städtischer Beamter die Richtigkeit dieser Schwarz rechnungen bescheinigte. i Tetr ver so erworbenen Gelder floß natürlich dem Klaus zu. Die Höhe des Gesamtschadens läßt sich ! heute noch nicht genau angeben. Die Nachpvüfung der Rechnungen wird hierüber erst genaue Anhalts punkte geben. „Hexen" vor Gericht. Riesenprozeß gegen 100 Gattenmörderinnen. In der Tisza-Ecke, am Zusammenfluß des Tisza mit der Donau, in Ungarn, haben im Lause der letz ten Jahre etwa 100 Frauen ihre ihnen unbequem gewordenen Männer durch Glühwein mit Arsenik ver giftet. Tie Mörderinnen sind Franc» zwischen zwanzig »nv siebzig Jahren. Bon allen vermutet man, daß sie durch gewisse Frauen, die auch das Gist lieferte» und somit gewissermaßen die Anführerinnen der gan- ! zen Mordbande waren, zu ihren Taten verführt wor den sind. Man hat die Mehrzahl dieser „Hexen" ermittelt. ! Drei von ihnen begingen sofort nach der Verhaftung j oder kurz vorher Selbstmord. Unter ihnen war auch eine Susi Olah, eine berufsmäßige Giftmischerin, aus ! deren Konto mindestens hundert Giftmorde zu setzen ! sind. In dem Augenblick, als die Polizei sie verhaften . wollte, erstach sie sich mit einem Küchenmesser. Ihre ! Schwester Lydia Olah fand keine Zeit mehr, sich selbst s umzubringen und wird sich jetzt vor Gericht zu ver- ! antworten baben. ' Am heutigen Freitag begann in der Stadt Gzok nok die erste Serie dieser Hexenprozesse, die erst mög, lich geworden sind, nachdem die angesteNten ersten MV tersnchungen ergeben haben, daß allein von fünfzig Verstorbenen sechsundvierzig mit Arsenik «mgebraO Word«« sind. Neuer Sturm über Dänemark. Kaum ist der mehrtägige Sturm über Dänemari abgeflaut, als schon wieder ein neuer Sturm droht, Dementsprechend sind die Sturmsignale für die West küste Jütlands, des Kattegatts und die Ostsee ge< hißt worden. Die Temperatur ist in Dänemark kaum noch über Null, während von Island schon ein Grad Frost gemeldet wird. Unter den Nachwirkungen deS letzten Sturmes Hal immer noch die Stadt Nyköbing in WestiSland zu lei den, deren niedriger gelegenen Teile unter Waffe» gesetzt worden sind, nachdem verschiedene Dämme ge brochen waren- Das Wasser steht stellenweise auf den Straßen eineinhalb Meter hoch, so daß ein Fährennowerkehr eingerichtet werden mußte. Berichtet wird ferner über die Strandung eines englischen Fischdampfers, der mit sieben Mann Be satzung am Freitag voriger Woche Grimsby verlassen hat. Das Fahrzeug war in der Nordsee vier Lag« und Nächte lang ein Spielball der Wellen, bis es in der vergangenen Nacht bei Skallingen an der West küste Jütlands auf Grund geriet. Das Schiff könnt« sich mit eigener Kraft wieder freimachon, doch hat es erhebliche Beschädigungen erhalten. Scherz und Ernst. tk. Ein Sträfling, ein Wort. Kürzlich geriet in einem Städtchen bei Kapstadt «in Kloster in Brand; die Nonnen schwebten in Lebensgefahr. Im nahen Gefängnis hörte man das Läuten der Alarmglocke, und man wußte, daß die Feuerwehr nicht mehr zu rechtkommen würde. Der geistesgegenwärtige Direktor machte nun mit wenigen Worten den rasch zusammen gerufenen Gefangenen klar, es sei ihre Menschenpflicht, zu helfen, doch müßten sie ihr Ehrenwort geben, daß sie nicht entfliehen würden. Als die Sträflinge diesem Wunsch entsprochen hatten, machten sie sich an die Löscharbeiten und konnten nach mehrstündigem harten Kampf das Feuer löschen, wobei sie unter eigener Le bensgefahr die Nonnen, die Schätze und Schriften der Klosterkirche retteten. Beim Appell im Gefängnis fehlt« kein einziger von ihnen. Der Justizmtmster kargte nicht mit Anerkennung und begnadigte drei Gefangene. Zwei Mörder und ein Haar. Ein kriminalistisches Meisterstück. — Frankreichs her« vorragenvste Detektive an der Arbeit. — Wie »er rätsel hafte „Fall von Nantoin" aufgeklärt wurde. Was sorgfältige kriminalistische Arbeit zu leisten vermag, beweist die restlose Aufklärung des in Frank reich viel erörterten „Falles von Nantotn", der das berühmte Kriminallaboratorium von Lyon, in dem die hervorragendsten Kriminalisten Frankreichs arbeiten, lange Zeit beschäftigt hat. Dem Fall liegt folgender Tatbestand zugrunde: An einem Sonntagmorgen im Dezember vorigen Jahres unternahm Mansard, Chef der Gendarmerie von Nantoin, einem kleinen Dörfchen im Departement Jsöre, eine Fahrt durch die Walder seines Bezirke». Auf einem einsamen Waldweg, der steil bergab führte, fand er die verstümmelte Leiche eine« Mannes. De» Tote wurde als der Gelegenheitsarbeiter Olivier fest gestellt, der als Wilderer bekannt war. Olivier hatte, wie die Landleute erzählten, die Gewohnheit, einen Wagen hinter sich herzuziehen und sogar Berge hinunterzulaufen, ohne der Gefahr zu achten, unter den Wagen zu geraten uyd überfahren zu werden. Allem Anschein nach war Olivier dies mal seiner eigenen Unvorsichtigkeit zum Opfer gefallen. Das eine Rad des Handwagens wies Blutspritzer auf, der Kopf war eine einzige blutige Masse. Der alle Polizeiarzt des Städtchens stellte nach flüchtiger Un tersuchung „Tod durch Unglücksfall" fest. Olivier, dem niemand nachtrauerte, wurde begraben. Vierzehn Tage später wäre der Unglücksfall voll ständig vergessen gewesen, wenn nicht der Sohn eines Gastwirtes zufällig an einem von der Unglücksstelle ziemlich weit entfernten Ort einen grünen Hut ge funden hätte, in dem der Wirt den Hut Oliviers erkannte. Jetzt erst fiel dem Ches der Gendarmerie «in, daß man an der Unglücksstelle gar keinen Hut gesunden hatte! Der Hut war an mehreren Stellen, offenbar durch einen Schrotschuß, durchlöchert. Auf Anordnung des Untersuchungsrichters wurde die Leiche im Beisein (27. Fortsetzung.) Die uyr schlug zwölf und schreckte ihn aus seinem Denke» auf. Er nahm die Mütze vom Haken und ging. Frau Körner, die im Flur Kartoffeln schälte, hörte ihr sagen: „Er darf nicht zur Ruhe kommen," urw wußte nicht was er meinte. „Nanu?" sagte Ernst Zeuner, als Bürgermeister Körnei bei ihm eintrat. Und noch e'nmal: „Nanu? Ich glaube gar!' Körner lachte. „Netter Wirt! Wundert sich, wenn Gäst- kommen." „Darüber wundere ich mich nun nicht. Aber unser Bürger meister war noch nie unter denen, die schon um den Mittag herum zu trinken anfangen." „Keine Bange, Zeuner, Euer Bürgermeister wird kein Lumperich " „Das möchten wir uns auch sehr schön oerbeten haben.' Beide Männer schmunzelten sich an Sie kannten sich gul »nd es kam oft vor, daß sie sich gegenseitig berieten oder wichtige Dinge gemeinsam besprachen, bevor diese Dinge im Gemeindeausschuß zur Debatte gestellt wurden. „Allo was gibt es, Herr Bürgermeister?" „Das müßte ich als Gast fragen " „Ach io!" — Zeuner besann sich auf seine Pflichten — „Wie immer: Dünnes, bitteres Lagerbier. Ich verstehe nicht, wie jemand das Zeug laufen kann." „Man stirbt nicht davon." „Das ist aber auch alles." „Ich möchte trotzdem " „Na ichön " - Zeuner stellt« ihm ein Glas Bier hin und setzte sich zu ihm Sie sahen sich et» Weilchen an, vorsichtig wägend, aber nicht mißtrauisch Zeuner wußte sehr gut, daß der Bürgermeister etwas auf dem Herzen hatte, und der Bürgermeister war sich noch nicht ganz klar, wie er lein Anliegen Vorbringen lollte. „Wollen wir ausknobeln, wer anfängt?" fragte Zeuner und zwinkerte dem anderen zu. „Nein, nein, diesmal bin ich an der Reihe," sagt« der Sürgermeister „Schönt — Also um wen oder was geht es?" „Um Jochen!" „Ei verflucht!" — Zeuner fuhr sich durch die Haare. — „Um den Dickkopfl Hat mich noch nicht mal besucht — Was hat er denn ausgefressen?" „Nichts! Aber Dickkopf ist wohl halb und halb die richtige Bezeichnung. Er ist beleidigt." „Das weiß ich. Seine Mutter erzählte mir davon. Ganz zrundlos ist er es nicht." „Nein! Aber wenn jemand plötzlich in Verhältnisse ge- »rängt wird, die «nicht sonderlich erfreulich sind, darf man »lesem Jemand manches nachsehen, denk« ich." „Wohl schon, aber —" „Nun mal kein aber, Zeuner! Wir wollen die Saiye unter ilußerachtlassung aller Gefühlsmomente bettachten. Ich »erde fragen, Sie werden antworten." „Bitte!" „Kann Fräulein Martha den Anschützschen Besitz ver walten?" „Schwerlich!" „Ist es zu verantworten, wenn dieser Besitz zerfällt?" „Nein!" „Soll man einen Herrn T B von Gott weiß woher kommen ässen und ihn Fräulein Anschütz präsentieren?" „Wenn man keine Gewähr für seine Qualitäten hat, ollte man es bleiben lassen." „Die hat man eben nicht. — Und wer aus unserm Neste käme als — sagen wir: Verwalter da wohl in Frage?" „Hm — den kennen Sie ebenso gut als ich." „Und wenn der nun nicht will?" „Dann wird er, wie gesagt, seine Gründe haben." „Und die werden Sie ihm ausredenl" Zeuner verzog das Gesicht. „Leicht gesagt — ausredenl* „Die Gründe wackeln schon," erklärte Körner und erzählte «ine Unterredung mit Jochen. Das Wesentliche unterstrich ;r sehr vernehmbar und deutlich. Dann schloß er: „Ich denk« inir die Sache folgendermaßen: Sie gehen morgen zu ihm, »m besten vor der Beerdigung — er wird zu Hause sein — and reden ihm gut zu. Sie kennen ihn ja und wissen» wie Sie ihn zu nehmen haben. Dann komme ich und bringe Fräulein llnschütz mit." „Weiter nichts?" .Nein! — Das übrige überlassen wir den Göttern. — Sol llnd nun noch ein Tlas zum Abgewöhnen." Zeuner brachte zwei. Beide stießen auf gutes Gelingen am 16. Jochen saß am Fenster des Wohnzimmers an Mutter Krügers kleinem Nähtisch und hatte an Anita Arveda einen Srief geschrieben. Den glaubte er ihr schuldig zu sein. Jetzt zog er eine Sait« auf sein« Geige Mutter Krüger, im schwar zen Kleid, letzt« die Haube auf, deren iange breite Bänder anter dem Kinn zur Schleife gebunden werden mußten An- chütz wurde ja heute beerdigt und es hatte zum ersten Male zeläutet Sie mußte sich beeilen Beim zweiten Läuten nutzte sie im Trauerhause lein, denn beim dritten trug man »en Toten hinaus i „Du willst ihm nicht die letzte Ehre erweisen, Jochen?* fragte die Mutter. „Er hat dir doch manches Gute getan. Das vergiß nicht." „Das vergesse ich auch nicht Und was er mir Uebtes getan »at. ist ausgelöscht — Mehr kann ich nicht tun." „Mitgehen könntest du doch " „Damit selbst auf dem Friedhof die Geyersbacher von mir »brücken! Laß', Mutter, ich trage nur Unruhe unter die ' Menschen. Anschütz ichläft auch ohne mich." „Und Martha imd Kathrein, was werden die sagen?" „Wenn Sie klug sind, werden sie einsehen, daß ich recht ' me." Die Flurglocke ritz das Gespräch ab. Jochen legte die Geige weg und ging zur Tür. ' Jemand öffnete von außen. „Ernst!" — Jochen streckte Zeuner die Hände entgegen. -- „Das ist lieb, daß du kommst." Zeuner erfaßte die Hände, umarmte Jochen. Für einen Augenblick hörten sie ihre Herzen klopfen. „Menschenskind, du erdrückst mich ja," sagte Jochen. Zeuner scherzte: „Das ist die Strafe dafür, daß du dein« nächsten Verwandten noch nicht besuchtest." „Ich konnte doch nicht," entschuldigte sich Jochen. „Du kennst ja die Geyersbacher." „Trotzdem! Man geht niemandem aus dem Weg, Jochen wenn man es nicht nötig hat. — Darüber reden wir noch." Mutter Krüger schob «inen Stuhl zurecht. „Setz' dich Ernst. Ich bin gleich fettig, nur noch die Schleife binden," aber mit den alten, zitterigen Händen ging es schlecht. „Meinetwegen brauchst du dich nicht zu beeilen, Tante," sagte Zeuner. „Ich will Jochen Gesellschaft leisten." Mutter Krüger erschrak. „Auch du gehst nicht mit, Ernst? — Um Himmelswillen zwei aus der Familie fehlen! Was sollen die Leute sagen?" „Latz sie sagen, was sie wollen. Sie reden ja so selten Gutes — Ich sehe mir den Zug vom Fenster aus an. An schütz wird mir's nicht übel nehmen, wenn ich fernbleibe." Mutter Krüger konnte das nicht begreifen. „Diese Zeit und diese Menschen!" seufzte st«. „Früher, wenn ich bedenke, wie einer zum andern stand! Hinte» einem Sarg fehlt« niemand Heute bleiben die nächste» Nachbarn zu Haus« und morgen wird man die Toten bei Nacht bestatten, damit nur ja kein Mensch mitzugeheil braucht. — Jochen, bind' mir doch mal die Schleif«, ich kommt nicht zurecht." Jochen war ihr behilflich. „Fein siehst du aus, Mutter. Wenn die Schleif« weiß wär, würd« ich sagen: Wie ei» Aepfelchen im Schlafrock." „Nun mach auch noch Witze, unheiliger Junge! Geh' lieber mit mir zur Herrje, jetzt läutet's zum andere» Male!" Fvrttetzwui kt«i