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irisier diese, der andere jene Lösung für die richtige halte. Wenn man bedenkt, daß Gladstone und seine näheren Freunde mehr al» sieben Jahre lang diese Frage zu studieren Zeit hatten, und nun hört, daß ste über den Hauptpunkt sich in ebenso hoffnungsloser Uneinigkeit befinden wie je zuvor, kann man e» da den Unionisten verdenken, daß sie der Bill einen so unausgesetzten Widerstand rntgegenbrachten, und eS dem Oberhause verübeln, daß eS die Regierung zwingt, von neuem die Meinung deS Volkes über diese all bedeutende Vorlage zu befragen. Sofort wird die» allerdings nicht geschehen. An gesicht» der hervorragenden Stellung, welche man der Homerulebill seit Jahren im liberalen Programm ein geräumt, sollte man eigentlich erwarten, daß das Ministerium den Handschuh aufnehmen werde, welchen ihm da- Oberhaus hingeworfen. Die Regierung kann sich auf viele Präzedenzfälle berufen, daß die Ver werfung einer ihrer Vorlagen, wenn auch der vor- nehmlichsten, feilens deS Oberhauses nicht den Rück tritt de- Ministeriums oder die Auflösung des Parla ments nach sich ziehen muß; sie wird darum eben die Verwerfung der Bill nicht mit der sofortigen Ausschreibung von Neuwahlen beantworten. Ein solcher Wahlkampf würde sich thatsächlich allein um Homerule drehen, und wenn auch im Unterhause die verschiedenen Gruppen der ministeriellen Partei mit einer ganz unerwarteten Ein- mütigkeit das Ministerium unterstützt haben, so wissen die liberalen Parteiführer doch sehr wohl, daß unter der Wählerschaft die Zahl der Unzufriedenen beträcht lich genug ist, und welche Antwort sie auf ein allei niges Homerulewahlgeschrei erhalten würden. Wie im Vorjahr soll daher auch bei den im nächsten Sommer zu erwartenden Wahlen die Entscheidung über die irische Bill in Verbindung mit anderen eifrig ge wünschten Reformen den Wählern vorgelegt werden, und am besten läßt sich dieses jedenfalls dadurch er reichen, daß man inzwischen eine Anzahl anderer Punkte des liberalen Programms dem Parlament zur Be ratung vorlegt. Nimmt das Unterhaus dieselben an, so kann das Ministerium auf greifbare Erfolge Hin weisen und sich seine Anhänger zu Dank verpflichten; werden diese Reformentwürfe aber abgelehnt, so lenkt die erneute Agitation für dieselben wenigstens die Aufmerksamkeit von der irischen Vorlage auch auf jene über. Die Zahl der versprochenen und von den Wählern laut geforderten Reformen ist indessen so groß, daß die gewöhnliche Tagung des nächsten Jahres nicht zur Erledigung des kleinsten Teiles derselben ausreichen würde, und aus diesen Gründen hat sich die Regierung entschlossen, nach kaum sechswöchigen Ferien das Par lament zu einer Nachsession im November und Dezember einzuberufen. Diese Herbstsitzungen werden der neuen Landgemeindeordnung und der Novelle zum Haftpflichtgesetz gewidmet sein. Die Auswahl ist eine sehr geschickte. Beide Reformen sind dringend erforder lich und so populär, daß auch die Opposition denselben keinen ernsten Widerstand entgegenzusetzen gedenkt. Sie kommen außerdem allen Arbeitern in der Stadt und auf dem Lande zu gute, und die Regierung ist sich wohl bewußt, daß diese mit der Masse ihrer Stim men bei den Wahlen den Ausschlag geben. Tagesgelchichte. Dresden, 27. September. Se. König!. Hoheit der Prinz Friedrich August, Herzog zu Sachsen, traf gestern, Dienstag, abends 9 Uhr 58 Min. aus Rehefeld wieder in Dresden ein und begab Höchstsich direkt nach Wachwitz. * Berlin, 27. September. Se. Majestät der Kaiser haben gestern die Rückreise von Wien nach Potsdam angetreten. — DaS „W. T. B." ist in den Stand gesetzt, die zwischen Sr. Majestät dem Kaiser und dem Fürsten Bismarck gewechselten Depeschen in ihrem Wortlaute zu veröffentlichen: Güns, den tS. September. An Fürst Bismarck, Kissingen. Ick habe zu M inem Bedauern jetzt eist erfahren, daß Euere Durchlaucht eine nicht unerhebliche Erkrankung durch- gemacht haben. Da Mir zugleich, Cott sei Lank, Nachrichten über die stetig sortschreitends Besserung zugegangen sind, spreche Ich Meine wärmste Freude hierüber au». In dem Wunsche, Ihre Genesung zu einer recht vollständigen zu gestalten, bitte Ich Euere Durchlaucht, bei der klimatisch wenig günstigen Lage von Varzin und Friedrichsruh, sür die W nterzeiten in einem Meiner in Mitteldeutschland gelegenen Schlosser Ihr Quartier auszuschlagen Ich werd- nach Rücksprache mit Meinem Hosmarschall das geeignetste Schloß Euerer Durch laucht namhasl machen Wilhelm. kicherte in ihr Schnupftuch, Robert lächelte und Sibylle blickte wie eine Verzweifelte drein. Allein Waldstedt rechtfertigte die allgemeine Erwar tung nicht. Er war mit einem Satz über den Bach, warf seine Flinte, seine Jagdbeute zur Erde, suchte und fand am Ufer ein paar große Steine und hatte seiner Be gleiterin im Nu eine Brücke damit improvisiert. Sie aber schien dem Ding nicht recht zu trauen. Sie streckte den Fuß vor, zog ihn wieder zurück, schüttelte sich ängstlich, lachte, machte noch einen zweiten vergeblichen Ver such, lachte wieder und preßte dann beide Hände auf das Herz, wie um gewaltsam ihren treulosen Mut heraufzubeschwören. Dieser schien sich denn auch ein zustellen, wenigstens schwebte sie plötzlich über dem Wasser, aber — sie hatte äußerste Mühe, ihr Gleich gewicht zu bewahren. Sie strauchelte, schwankte, kreischte gellend auf und wäre gefallen, wenn er sie nicht in seinen Armen aufgefangen hätte. Mr Seymour stampfte mit dem Fuß auf, Sibylle sprangen hinter dem vorgehattenen Sonnenschirm Thränen der Wut in die Augen. „Das verächtliche Geschöpf!" schrie eS in ihr. Unten schien die Sache mittlerweile nicht so ganz glatt abgelaufen zu sein. Die Dame hatte sich den Fuß vertreten oder gar verstaucht, jeden falls hinkte sie so, daß Waldstedt ihr den Arm reichen mußte. „DaS gehört alles zu ihrem Programm," sagte sich Sibylle in ihre- Herzens Bitterkeit. „Ich wollte, ich brauchte wenigsten» nicht hinzusehen!" Aber e» war etwa» in ihr, da» sie zu ihrer eigenen Qual zwang, da» Paar im Auge zu behalten. Sehr langsam kam e» heraufgestiegen. Lisstnar», dl» 1». Erptemb«. A» Se Majestät dea Deutfche» Kaiser, Güo« Euerer Majestät danke ich i» tiefster Ehrfurcht sür Aller höchstster» huldreiche» Ausdruck der Teil nähme a» meiner Erkrankung und neuerlich eingetretener Besserung und nicht minder sür die Abficht gnädiger Fürsorge für di« Forderung meiner Genesung durch Gewährung eine» klimatisch günstigen Wohnfiste«. Meine ehrfurchtsvolle Dankbarkeit für diese huldreiche Intention wird durch die Überzeugung nicht abgeschwächt, daß ich meine Herstellung, wenn sie mir nach Gotte« Willen überhaupt in Aussicht steht, am wahrschein lichsten in der altgewohnten Häuslichkeit und deren Zubehör an Einrichtung und Umgebung zu finden glaub«. Da mein Leiden nervöser Natur ist, so glaube ich mit meinem Arzte, daß das ruhige Winterleben in den gewohnten Umgebungen und Beschäftigungen da» Förderlichste sür meine Genesung sein würde, und daß dieselbe durch den Übergang in neue, mir bisher fremde Umgebungen undLerkehrSkreise, w-e er die Folge einer Verwirklichung der huldreichen Absicht Euerer Majestät sein würde, in meinem hohen Alter im Interess« der Bes«itigung der vorhandenen Störungen meine« Nerven system« zu vermeiden sein würde. Professor Schwesinger behätt sich vor, diese seine und meine Überzeugung in schriftlichem Bericht sachlich zu begründen. v. Bi-marck. — Die unter dem Vorsitz des Staatssekretärs des ReichsfchatzamteS, deS Grafen v. PosadowSky Wehner, in den letzten Wochen gepflogenen Beratungen der Tabaksteuerkommtssion sind am Montag abend zum Abschluß gelangt. Ihr Verlauf darf al» ein befriedigender bezeichnet werden. Es wurde eine weit gehende Übereinstimmung in betreff der hauptsächlich in Bettacht kommenden Gesichtspunkte erzielt, und es läßt sich erwarten, daß der nunmehr im Reichsschatz amt nach Beendigung der kommissarischen Beratungen und nach Anhörung der Sachverständigen auszu arbeitende Gesetzentwurf auch die Zustimmung des BundeSrateS finden werde. Die in Aussicht genommene Art der Besteuerung der Tabaksfabrikate will nichts weniger, als in die bisherige Art der Produktton und des Handels zerstörend eingreifen. Sie lehnt sich im Gegenteil an die Formen derselben durchaus an. Insbesondere soll auch die Hausindustrie erhalten bleiben, und zwar ebenso da, wo Arbeiter für Fabriken zu Hause arbeiten, als da, wo Unternehmer mit wenigen Personen für eigene Rechnung Tabaksfabrikate Herstellen und selbst vertreiben. . .. Wie die „B. P. N." in Übereinstimmung damit berichten, ist ins besondere Vorsorge getroffen, daß die kleinen Betriebe durch die Steuer weder bedrückt noch in ihrer freien Bewegung infolge lästiger Kontrolle gehemmt werden. ES soll nämlich in der Absicht liegen, die Steuer für die kleinen Tabak- und Cigarrenproduzenten zu pau schalieren auf Grund deS aus deren Büchern ermittelten jährlichen FabrikationSquantumS. — In Fortsetzung ihrer gestrigen Auslassungen schreiben heute die „B. P. N.": Das Reich und die Bundesstaaten haben einen besonderen fest von einander abgearenzten Kreis von staatlichen Aufgaben. Dieser Lage der Dinge aber entspricht die Ordnung des Finanz wesens nicht Indem versäumt ist, wie die staatlichen Aufgaben, so auch die zur Lösung derselben erforderlichen Einnahmen fest zwischen Reich und Bundesstaaten zu ver teilen, ist man mit dem steigenden Ausgabebedarf im Reiche zu dem Zustande gelangt, daß das Reich die Mittel zur Deckung der von ihm beschloßenen Ausgaben von den Bundesstaaten einzieht. Während Preußen noch 1888/89 80 Millionen aus der Reichskasse erhielt, ist im laufenden Jahre bereit» da» entgegengesetzte Verhältnis eingetreten, und insbesondere weroen die Kosten der Heeresverstürkung für 1893/94 in vollem Bettage durch Matrikularumlagen, denen Überweisungen nicht gegenüber stehen, aufgebracht werden. Aber auch abgesehen von orn Kosten der Heeresverstärkung werden in den nächsten Jahren, falls nicht Abhilfe crntritt, weitere erhebliche An forderungen an die Bugcts der Einzelstaaten vom Reiche gestellt werden müssen. Haben die reichen Überweisungen früherer Jahre den Bundesstaaten insofern nicht zum Segen gereicht, als diese sich vielfach dadurch zur Steiger ung der dauernden Ausgaben verleiten ließen und nun mehr nach dem Fortfall jener Überweisungen für diese anderweit Deckung schaffen müßen, so ist das gegenwärtige Verhältnis der Reichsfinanzen zu denen der Bundesstaaten durchaus unhaltbar. Letztere können eine sichere, geordnete Finanzwirtschast nicht führen, wenn sie Aufwendungen von im voraus nicht zu übersehender Höhe für Ausgaben zu gewärtigen haben, deren Bemessung nicht in ihrer Hand liegt, sondern im Reiche erfolgt. Wenn daher jetzt durch eine friedliche Scheidung zwischen Reich und Bundesstaaten betreffs der Einnahmen dasselbe Ver hältnis sestgestellt werden soll, wie es betreffs der Kreise der staatlichen Aufgaben längst besteht und sich bewährt hat, so handelt es sich dabei nicht um eine Maßnahme von im engeren Sinne rein finanzieller Natur, sondern um eine solche von nationaler Bedeutung. Es handelt sich darum, die Finanzen im Reich und in den Bundes staaten so zu ordnen, daß an beiden Stellen eine sicher geregelte Finanzwirtschaft geführt werden kann. Ist dies geschehen, jo wird es bei sparsamer und vorsichtiger Wirt Eine Unterhaltung schien Mrs. Seymours lei dender Zustand nicht zuzulassen. Ihr Antlitz zeigte eine solche Märtyrermrene, daß ihres Gatten eifersüchtiger Ärger in Mitleid umschmolz, noch bevor sie Halbwegs oben war. Einige hundert Schritte that er ihr entgegen. Die Worte, die gewechselt wurden, waren auf der Höhe deutlich wahrnehmbar. „Es ist doch keine Verstauchung, Marion?' er kundigte er sich besorgt. „Was eS ist, weiß ich noch nicht ", lautete die Entgegnung in schmerzlich bitterem Tone, „aber eS könnte mir den Ball heute abend gründlich verderben. Übrigens finde ich Dich reizend liebenswürdig, John! Du siebst Dir von Deiner stolzen Höhe gemütlich meinen Unfall an und rührst weder Hand noch Fuß, überlässest eS anderen, meine schwere Last den Berg hinaufzuschleppen. Ja, meine furchtbare schwer- Last — Herr Waldstedt, sagen Sie nichts dagegen! — ich weiß, ich wiege hundertundzwanzig Pfund und John weiß es auch!" „So nimm jetzt wenigstens meinen Arm, Marion l" „Tausend Dank! Jetzt lohnt's nicht mehr der Mühe — jetzt sind wir im Moment oben — nicht wahr, Herr Waldtstedt?" Die schöne Frau schaute wie ein gekränkter Engel drein, der hünenhafte Mann wie ein gescholtener Schulknabe. „Sie müssen verzeihen," bat er, sich zu Waldstedt wendend, „aber — we'ß der Himmel, was ich im Kopfe hatte! — ich kam gar nicht auf den Gedanken, Sie abzulösrn!" . . „Ein Glück," entgegnete Waldstedt, „denn der Ge ¬ schäft gelingen, ohne Überspannung der Steuerkraft di« Mittel zur Erfüllung der dem Reich und den Staaten gestellten Aufgaben bereitzupellen Wenn hierzu in Verbindung mit der Beschaffung der Deckungsmittel für die Heere«Verstärkung eine Vermehrung der eigenen Ein nahmen de» Reich« vorbereitet wird, so wird damit weder etwa» Unerschwingliche« gefordert, noch die veschaffuna von Deckungsmitteln für künftige Au«gaben bezweckt, et» geschieht vielmehr nicht« andere«, al« wa« zur Sicherung der Finanzen im Reich und in den Bunde«staaten in der Zu kunft unbedingt notwendig ist. — Im ReichSamt des Innern fand gestern vor mittag eine Besprechung der an den Verhandlungen über den deutsch-russischen Handelsvertrag be teiligten Ressortchefs und Beamten de» Reich» und Preußen» statt. Bei den Verhandlungen wird, dem Vernehmen nach, der Staatssekretär deS ReichSamtS deS Innern, Staatsminister v. Bötticher, den Vorsitz führen. ES ist selbstverständlich, daß über die Ver handlungen deS ZollbeiratS sowohl wie über die eigent- Uchen Verhandlungen der Kommißare Geheimhaltung proklamiert werden wird. — Der „Grashdanin" erwähnt ein „Gerücht", welches in den verschiedensten Kreisen St. Petersburgs besprochen werde und welches besage, daß die russi schen Vertreter zur Berliner Zollkonferenz sehr weitgehende Vollmachten erhalten hätten, um nötigenfalls Zugeständnisse zu machen und den wirt schaftlichen Frieden mit dem Deutschen Reiche wieder^ herzustellen. DaS bekanntlich sehr schutzzöllnerifche Blatt erblickt in den Gerüchten ein Zeichen des Klein muts, sowie das Bestreben, die „russische Politik"" deS Finanzministers Witte zu schädigen; eS glaubt nicht an die Wahrheit derselben, giebt aber die Thatsache unumwunden zu, daß in St. Petersburg und selbst in Moskau, dem Sitze der wirtschaftlich engherzigsten russischen Industrie, ganz allgemein von einem even tuellen weiten Entgegenkommen der russischen Regie rung Deutschland gegenüber gesprochen werde. — Mit Bezug auf die Meldungen des „Jmpar- cial" betreffs deS deutsch-spanischen Handels vertrages erfährt die „Nat.-Ztg.", daß zunächst die Verhandlungen über ein Provisorium zum Abschluß gelangen werden, welches bis zur Ratifikation deS neuen Handelsvertrages in Kraft treten soll. — DaS Kaiser!. Gesundheitsamt macht folgende Cholerafälle bekannt: In Hamburg wurden vom 25. bis 26. September morgens 5 Neuerkrankungen, dar unter eine mit tödlichem AuSgange, festgestellt. In Berlin ist der laut „Dresd. Journ." Nr. 221 er krankte Schiffer gestorben. Wien, 26. September. Se. Majestät der Deutsche Kaiser ließen heute in der Kapuzinergruft einen prächtigen Kranz auf den Sarg deS Kronprinzen Rudolf niederlegen. Die Schleife deS Kranzes trägt die Inschrift: „Seinem teuersten Freunde, Kron prinzen Rudolf, Kaiser Wilhelm II." — Se. Majestät der Kaiser Wilhelm sind heute früh kurz nach 8 Uhr in Hetzendorf eingetroffen und von Sr. Majestät dem Kaiser Franz Joseph, welcher die Uniform seines preußischen Kaiser Franz Gardegrenadier regiments angelegt hatte, am Bahnhose empfangen worden. Die Monarchen reichten sich die Hände und küßten sich zweimal. Se. Majestät der Kaiser Wilhelm hatten Sich jeden offiziellen Empfang ver beten. Auf dem Bahnhofe war auch der Overftjäqer- meister Graf Abensperg-Traun erschienen, in dessen Begleitung Sich Se. Majestät der Kaiser Wilhelm alsbald nach der Ankunft in Schönbrunn trotz deS RegenS auf die Birsche nach dem Tiergarten in Lainz begaben. Dortselbst hielten Se. Majestät eine Jagd ab, welche bis 1 Uhr dauerte und wobei sechs Hirsche und mehrere Stücke Schwarzwild geschossen wurden. Nach der Rückkehr nach Schönbrunn be gaben Sich Se. Majestät der Kaiser in der Uniform seines österreichischen HusarenregimentS zum Hofdiner, an welchem Se. Majestät Kaiser Franz Joseph, der Botschafter Prinz Reuß, die Mitglieder der Deutschen Botschaft, dar Gefolge Sr. Majestät des Deutschen Kaisers, der Ministerpräsident Graf Taaffe, der Mi nister des Auswärtigen Graf Kalnoky, der Chef des Generalstabs Frhr. v. Beck, die Ehrenkavaliere und die Spitzen der Hofömter teilnahmen. Um ^4 Uhr begaben Sich die Majestäten gemeinschaftlich zu Wagen nach dem Nordbahnhof, woselbst der Botschafter Prinz Reuß, die Mitglieder der Deutschen Botschaft, der Württembergische Gesandte v. Varnbüler, der Deutsche Vizekonsul v. Viv.not sich bereits eingefunden hatten. Ihre Majestäten der Kaiser Wilhelm und der Kaiser Franz Joseph hielten Cercle, worauf nach überaus huldvoller Verabschiedung Sr. Majestät deS Deutschen Kaisers von den Ehrenkavaliere« und dem Geh de» Kaiser» Franz Joseph, die Majestäten auf . Perron "hinauöttaten. Nachdem Se Majestät Kaiser Wilhelm von dem leiser Franz Joseph EU durch herzliche Umarmung und wlederholten Hände, druck verabschiedet hatten, bestiegen Se. Majestät da Waggon und verweilten bi» zum Abgänge de» Zügel im Gespräch mit dem Kaiser Franz Joseph. Suda Zug sich in Bewegung setzte, nefen Se. Majestät da Deutsche Kaiser dem Kaiser Franz Joseph zn: „Sos Wiedersehen!" Nach Abgang de» Zuge» richtete Kaiser Franz Joseph eine Ansprache an den deutsche, Botschafter Prinzen Reuß, indem er demselbru die Hand reichte. Hierauf kehrte der Kaiser Franz Joseph nach Schönbrunn zurück. — Der neuernannte Krieg»Minister wird w den meisten Wiener Blättern mit Worten der An erkennung begrüßt. Da» „Frrmdeublatt" rühmt a» Hr». v. Kritgh«»»« je»«» offenen Blick für die Vrdürfaiff« der Truppe, der ganze, Armee, jene« Wohlwollen n id jen« unbeugsame Gerecht^, welle dem Führer ein kostbare« Gut, da» Vertrauen de« 8ol> baten, erwerben. E« rühmt seine Sonsequeu» und ein« Euerm, welche von dem Begriffe eine« vortrefflichen Reiterführer« utz zu trennen ist. LaS vornehme Wesen, da» einen Grundz,, seiner Persönlichkeit bildet, werde dem vrrantwortlichen Reich«. Minister in seine» Vielsachen und schwierigen Beziehuugni u anderen Faktoren im staatlichen Leben, namentlich aber in sei«, Verkehre mit den Delegationen von außerordentlichem 8«: teile sein. Die „Presse" schildert den neuernannte» KriegSminißa al» einen General von gesundem, klarem Blick, al» einen kühl denkenden Mann von entschloßener Thatkrast und sein ent wickeltem Taktgesühl. Die geistigen Eigenschaften, welche m« ihm nachrühme, lassen mit Zuversicht erwarte», daß er sich auch aus dem parlameutarischen Boden mit Glück beweg!« werde. * Prag, 26. September. Der letzte Prager Be richt des in Pilsen erscheinenden jungtschechisch n Blattes „PlzenSky Obzor" enthält nähere Angaben über da» nächste Aktionsprogramm der jungtfche- chischen Parteivertretung im Wiener Reichsrate. Man erfährt au» demselben, in welcher Weise die io Prag durch die AuLnahmeverfügungen gemaßregelten Jungtschechcn an der Regierung und am Reichsrate Wiedervergeltung üben wollen, falls letzterer die den Ausnahmezustand in Prag und Umgebung betreffende Jndemnitätsvorlage der Regierung gutheißen sollte. In dem besagten Berichte des Pilsener Blattes wird gemeldet, daß die jungtschechischen Abgeordneten in den nächsten Tagen ihr schon sen geraumer Zeit an- gekündigteS Manifest an das tschechische Volk erlaßen, worin sie ihren Standpunkt betreffs deS Ausnahme zustandes ausführlich klarlegen werden. Im übrigen planen die Jungtschechen noch eine Reihe sehr gewich tiger Schritte, worüber die jungtschechische Partei leitung selbst aus Gründen der Taktik Stillschweigen bewahrt. Der Berichterstatter weiß indessen darüber zu melden, daß diese Schritte vor allem in der äußersten Obstruktion im ReichSrate bestehen werden. Die im Reichsrate zur Verhandlung kommenden Vor lagen über das Wehrgesetz, über die Reform der Steuerwesens und der Strafgesetze werden mit ihren zahllosen Paragraphen eine reichliche Gelegenheit dazu bieten. Bei jedem Paragraphen werden endlose Reden gehalten werden, und falls der Präsident die Redner zur Sache rufen und auf diese Weise ihrem Rede ströme hindernd entgegentreten sollte, dann werden dieselben ihre Deklamationen in einer dem jeweiligen Vorsitzenden unverständlichen Sprache fortsetzen. Ein zelne jungtschechische Dauerredner werden die bereits gehaltenen Vorträge in mehreren Sprachen wiederholen, so vr. Vasaty deutsch, tschechisch und russisch, Vr. Slama polnisch u. s. w. Bei jedem äußeren Anlässe sollen große Debatten und Sturmscenen veranstaltet, und die Verhandlungen deS ReichSrateS durch jung tschechische Anträge und Interpellationen aufgehalten und gestört werden. Jede Konfiskation eines tschechi schen Blattes und jedes Verbot einer tschechischen Versammlung wird zum Gegenstände einer langen Interpellation gemacht werden, wobei die mit Be schlag belegten Zeitungsartikel wörtlich zum Vortrage gelangen sollen. Auch beabsichtigen die jungtschechl- schen Abgeordneten, verschiedene Anträge auf Minister- anklaqen dem ReichSrate zu überreichen, welche der jungtschechischen Delegation abermals die Möglichkeit langer Debatten verschaffen würden. Mit einem Worte — die Jungtschechen wollen den Reichrrat in die Unmöglichkeit versetzen, irgendwelche Vorlage zu Ende zu beraten und zu erledigen. Dadurch glauben sie auf Regierung und Reichsrat eine „furcht bare Wirkung"" hervorzurufen, und erstere zwingen zu können, mit ihnen hmnwtt'ch der W-edernuthebung danke wäre nicht rmmg beleidigend gewesen. Wenn ich nicht mehr die Kraft habe, eine Dame zu stützen, so soll man mir den Hal» umdrehm und mich ohne Sang und Klang begraben." Indem er noch sprach, langte man oben an. MrS. Seymours wehmutsvoller Blick durchwanderte Ver gebung flehend den Kreis der Wartenden. ,Jch bin eine schreckliche Spielverderberin," seufzte sie. „Es war eine Dummheit von mir, John nach zulaufen.'" „Ach so!" erinnerte sich dieser plötzlich „Wie kamst Du eigentlich dazu, Herrn Waldstedt für mich zu halten?"" „Wie ich dazu kam? Mein lieber John", ant wortete sie halb spöttisch, halb mitleidig,, wenn man in der Entfernung eines Menschen Gesichtszüge nicht mehr unterscheiden kann, so hält man sich an solche Neben dinge wie Körperlänge und Kleidung. Nun meine ich, Herr Waldstedt giebt Dir in der Größe wenig nach und — wenn Du jetzt auch merkwürdigerweise in einem braunen Rock steckst — als ich Dich heute morgen zuletzt sah, trugst Du einen von demselben Hellen Grau wie er, daS weiß ich gewiß! " Ja, sie hatte recht wie immer und wie immer blieb ihm nichts übrig, al» sich in aller Demut abzu mühen, ihre verscherzte Gunst wieder zu gewinnen. Auch dieser und jener auS der Gesellschaft mochte Ur sache haben, ihr einen schwarzen Verdacht abzubitten, jedenfalls war mau sehr zuvorkommend bemüht, ihr einen bequemen Sitz auiuweisen und ihr weiche Decke« unter den kranken Fuß zu schieben. So thronte sie denn bald wie eine Königin unter ihre« Vasallen und während e» am Himmel immer dunkler ward, brach durch ihre Schwermut hell und Heller die Soane. Der junge Herzog mußte mitunter die Augen schließen, so blendend fiel sie auf ihn. (Fortsetzung folgt.) K. Hofthrater. Zum Besten dcS Pensiontsond» für die Mitglieder des SingechorS wird morgen die zweiaktige Oper „Fidelio" von Ludwig van Beet hoven gegeben werden. Zu der Trefflichkeit der ge botenen Aufführung dieses klassischen Werkes gesellt sich somit ein edler Zweck als ein zweites Moment, daS die Teilnahme unseres Publikums in stärkstem Maße zu beanspruchen berechtigt ist. Ein Pröbchen Juristen - Deutsch veröffentlicht der „Ostdeutsche Lokalanzeigrr": In einer Anklage schrist der Bromberger Behörde gegen einen Bäcker Gustav S. heißt eS: „S. ist angeklagt, am 27. Juni 1893 im Kreise Jnowrazlaw den Entschluß, in der Absicht, sich einen rechtswidrigen Vermögen-Vorteil zu verschaffen, das Vermögen de» Holzhändler» R. um etwa 36 M. dadurch zu beichädigen, daß er durch Vorspiegelung der falschen Tyatsache, die Königliche Staatsanwaltschaft zu Bromberg habe ihn auf eine von ihm gegen R. gemachte Anzeige wegen Diebstahl« aufgefordert, zunächst seinerseits nochmal» den R. z» ersuchen, ihm zum Ersätze der versehentlich abgk führten fünf Klafter Holz acht Klafter Holz zu erstatten, wo bei die Königliche Staatsanwaltschaft rhm, de« G. S.,